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Analyse: Der ukrainische Außenhandel mit der postsowjetischen Region | Ukraine-Analysen | bpb.de

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Analyse: Der ukrainische Außenhandel mit der postsowjetischen Region

Dmitri Stratievski

/ 8 Minuten zu lesen

Lange Zeit setzten ukrainische Wirtschaft und Politik auf unterschiedliche Stratgien. Die Unternehmen förderten den Handel mit GUS-Ländern, die Regierung bemühte sich hingegen um Zugang zum EU-Markt. Mittlerweile zeichnet sich ab: Die wichtigsten Handelspartner der Ukraine sind nicht mehr im Osten zu finden.

Der Warenverkehr zwischen der Ukraine und anderen Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten leidet unter den Handelsbeschränkungen Moskaus. (© picture-alliance/dpa)

Einleitung

2016 feiert die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) das 25. Jahr ihres Bestehens. Die GUS, eine politisch amorphe und von vielen Akteuren in der Region für längst überflüssig gehaltene Organisation, fungiert heute hauptsächlich als sprachliches Sammelbecken der ehemaligen Sowjetrepubliken, dem nur das Baltikum nicht angehört. Sie ist allerdings auch ein Wirtschaftsraum, obwohl die postsowjetischen Staaten derzeit unterschiedlichen politisch-wirtschaftlichen Bündnissen angehören bzw. Mitgliedschaften in ihnen anstreben. Die Ukraine ist als Teil dieses sprachlich-wirtschaftlichen Raums zu verstehen.

Rückblick

Der ukrainische Außenhandel der 1990er und 2000er Jahre war maßgeblich von vier Faktoren geprägt: 1. Die Abhängigkeit von Rohstofflieferungen aus Russland und die damit einhergehenden zwischenstaatlichen Streitigkeiten sowie Gas- und Erdölpreisschwankungen. 2. Die Fortführung des "Smeshniki"-Systems, also die Beibehaltung fester Handelsbeziehungen mit Zulieferbetrieben aus der Zeit der sowjetischen Planwirtschaft. 3. Zoll- und Steuervergünstigungen für ukrainische Exporte in die GUS. 4. Ein eingeschränkter Zugang zu westlichen Absatzmärkten.

Entscheidend waren nicht zuletzt stets die politischen Präferenzen der jeweiligen ukrainischen Regierung, die sich entweder russlandfreudlich verhielt oder eine stärkere Westbindung anstrebte. Weitere wichtige Akteure waren lokale und nationale Oligarchen, die ihre eigenen Interessen verfolgten. In den ersten Jahren der Unabhängigkeit gingen die ukrainischen Exporte in die ehemaligen Sowjetrepubliken zwar überraschend deutlich zurück (um mehr als 30 %), ihr Anteil am ukrainischen Gesamtexport lag 1999 aber immer noch bei 34 %.

Vor der Weltwirtschaftskrise von 2008 wuchsen die Ausfuhren nach Russland deutlich: 2005 betrugen sie etwa 8 Mrd. USD, 2007 lagen sie bei 13 Mrd. USD- ein Anstieg um über 40 %. Noch 2010 war Russland der wichtigste Handelspartner der Ukraine, 26 % aller Exporte gingen dorthin. Der Exportanteil in die GUS-Staaten insgesamt betrug 36 %. Im Zuge der andauernden politischen Unstimmigkeiten zwischen Moskau und Kiew veränderte sich die Exportsituation schrittweise. Der ukrainische Export nach Russland sank 2013 um 14 %, zugleich beflügelten eine positive Weltmarktkonjunktur für Metall und Chemie sowie der WTO-Beitritt der Ukraine seit 2008 den Handel mit dem Westen.

2014, im Jahr des Machtwechsels in Kiew, beliefen sich die ukrainischen Exporte nach Russland auf 11 Mrd. USD und machten damit 18 % des Gesamtexportvolumens aus. Davon waren 32 % Maschinen, Motoren und Anlagen, unter anderem für Züge und Straßenbahnen, Metalle lagen bei 22 %, anorganische Chemikalien und andere chemische Stoffe beliefen sich auf 16 %, Lebensmittel auf 9 %, Salze, Schwefel, Schotter, Zement und Stein auf 8 % und Papier und Zellulose auf 2 %. Russland lieferte 2014 Waren im Wert von 17 Mrd. USD in die Ukraine, davon waren 62 % Rohstoffe, 16 % Chemische Produkte, 10 % Maschinen und Anlagen, 4 % Metalle und Metallwaren, 3 % landwirtschaftliche Erzeugnisse und 2 % Holz.

Vor 2014 war auch die Kooperation zwischen Russland und der Ukraine im Rüstungsbereich von herausragender wirtschaftlicher Bedeutung. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung 1991 arbeiteten 750 ukrainische Betriebe mit insgesamt 1,45 Mio. Beschäftigten für das sowjetische Militär, das waren 35 % aller ukrainischen Betriebe. Die Zahl der Rüstungsbetriebe blieb mit mehr als 140 hoch, wobei fast zwei Drittel ihrer Gesamtproduktion für den Export, vor allem nach Russland, bestimmt waren. 2013 kooperierten ukrainische Rüstungs- und Dual-Use-Unternehmen mit etwa 1.300 meist noch altbewährten russischen Partnern, etwa dem Turbinenhersteller Motor Sitsch, dem Flugzeugreparaturbetrieb NARP in Mykolajiw oder der Kiewer Forschungsanstalt für Optik und Feuerlenkung. Die entsprechende Open Source-Liste führt etwa 7.000 Produkte und Projekte auf.

Neben Russland war Belarus ein ausgesprochen wichtiger Handelspartner der Ukraine. 2014 betrug der Warenaustausch zwischen der Ukraine und Belarus fast 6 Mrd. USD. 4 Mrd. USD davon waren Exporte, etwa von Metall, Medikamenten, Strom und dem Re-Export russischen Öls; der Import belief sich auf 2 Mrd. USD, importiert wurden etwa Düngungsmittel, Traktoren, Haushaltsgeräte, Lebensmittel und Getränke.

Der Einfluss der Ukraine-Krise

Seit der Annexion der Krim, den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine und den Unruhen und der politischen Destabilisierung in verschiedenen Landesteilen gilt die ukrainische Wirtschaft als stark angeschlagen. Laut einer Aussage des Präsidenten Petro Poroschenko vom September 2015 kostet jeder Kriegstag die Ukraine 5 Mio. USD. Laut Statistischem Amt der Ukraine gibt es 1,5 Mio. Binnenflüchtlinge im Land, zahlreiche Fabriken im Donbass wurden zerstört oder befinden sich unter Kontrolle der Separatisten. Der Anteil der Krim am ukrainischen Bruttoinlandsprodukt lag vor der Annexion bei 3,5 %.

In Folge dieser Entwicklungen brach das BIP der Ukraine 2014 um 7,5 % ein, 2015 um weitere 10 %. Verbunden war dies mit einem Absturz des Wechselkurses und einem starken Rückgang der Kaufkraft. Betroffen waren davon nicht nur das Realeinkommen der Bevölkerung und die Haushaltslage des Landes, auch der Außenhandel ging erheblich zurück, nicht zuletzt der mit dem postsowjetischen Raum.

2015 sank der ukrainische Außenhandel um ein Drittel, gleichzeitig wurden die Handelsaktivitäten der Ukraine grundsätzlich neu ausgerichtet. In diesem Jahr war die EU zum ersten Mal der Hauptwirtschaftspartner der Ukraine: In die Länder der Europäischen Union wurden Waren im Gesamtwert von 13 Mrd. USD exportiert (das ist im Vergleich zu 2014 ein Rückgang um 23 %), die GUS-Staaten einschließlich Russlands importierten dagegen ukrainische Güter im Wert von knapp 8 Mrd. USD (was einem Rückgang um 48 % entspricht). Diese Tendenz setzt sich im laufenden Jahr fort. Im ersten Halbjahr 2016 sank der ukrainische Außenhandel mit den ehemaligen Sowjetrepubliken um etwa 30 %. Gleichzeitig verzeichnete das ukrainische Amt für Statistik einen Anstieg des Exports in die EU um 7 % und einen Anstieg des Imports von dort um 3 %. Derzeit werden nur noch in zwei ukrainischen Grenzregionen, Sumy und Charkiw, mehr Waren mit dem Osten als mit dem Westen ausgetauscht.

2014 erreichten die ukrainisch-russischen Beziehungen einen Tiefpunkt. Die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich lag aus politischen Gründen fast vollständig auf Eis und Russland sanktionierte stufenweise die Einfuhr ukrainischer Güter. Am stärksten war davon die ukrainische Lebensmittelproduktion betroffen. Inzwischen hat sich die russische Verbotsliste nahezu verdoppelt, im vergangenen Jahr umfasste sie Schokolade, Pralinen, Sonnenblumen, Sojabohnen, Milch und Milchprodukte, Kartoffeln sowie alkoholische Getränke und bestimmte Konservenmarken. Die russische Regierungsverordnung vom 21. Dezember 2015 erklärt die Einfuhr von "Agrarprodukten, landwirtschaftlichen Primärprodukten und Lebensmitteln, deren Herkunftsland die Ukraine ist" ab dem 1. Januar 2016 für endgültig nicht mehr gestattet. Begründet wurde diese Maßnahme mit der "Implementierung des wirtschaftlichen Abschnitts des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU". Die Ukraine reagierte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen, obwohl etliche Lebensmittel aus russischer Produktion nach wie vor in die Ukraine geliefert werden dürfen. Außerdem sind russische Konsumgüter (etwa Parfüm, Kosmetik, Kinder- und Babyartikel, Haushaltsgegenstände sowie Zahnreinigungs- und Körperpflegeprodukte) in großen Mengen in ukrainischen Drogerien erhältlich. Ihr Verkauf lohnt sich wegen ihrer vergleichsweise günstigen Preise und einer hohen Beliebtheit bei den Konsumenten.

Die ukrainische Wirtschaft ist nach wie vor in hohem Maße rohstoffabhängig und auf russische Energieträger angewiesen, wobei sich das gesamte Energiehandelsgeflecht zwischen der Ukraine und Russland tiefgreifend verändert hat. Das spiegelt sich etwa in der Zusammensetzung der Importposten wider. Zu den Top 5 der ukrainischen Einfuhren aus dem Ausland gehört immer noch Erdgas, 2016 macht es 6 % des Gesamtvolumens aus. Direkt kauft die Ukraine jedoch kein russisches Gas mehr, sondern erwirbt diesen in Russland geförderten Rohstoff im Rahmen eines Reverse-Charge-Verfahrens in der Slowakei sowie in Österreich und Polen. Die Einfuhr von Erdölprodukten macht 7 % der ukrainischen Importe aus. Ein wichtiger Akteur ist hier neuerdings auch das Nachbarland Belarus mit seinen aus russischem Öl hergestellten Treibstoffen.

Der Handel mit anderen postsowjetischen Ländern

Neben Russland und der Republik Moldau ist Belarus einer der unmittelbar an die Ukraine angrenzenden GUS-Staaten; außerdem ist das Land Mitglied in der Zollunion und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft, beides von Moskau dominierte Organisationen. Der Warenumsatz zwischen Belarus und der Ukraine ist in den letzten Jahren rapide gesunken: 2013 betrug er gut 6 Mrd. USD, 2015 lag er bei gut 3 Mrd. USD und im ersten Halbjahr 2016 belief er sich auf 1,4 Mrd. USD, wobei momentan etwa 70 % des ukrainischen Imports aus Belarus Benzinlieferungen sind. Vormals wichtige Einfuhrposten, etwa kostengünstige Haushalts- und Landwirtschaftsgeräte (Kühlschränke, Herde, Minitraktoren usw.), verlieren drastisch an Attraktivität; in erster Linie geht das auf den aktuell niedrigen Griwna-Kurs zurück, denn die beiden Staaten wickeln ihre Geschäfte in US-Dollar ab.

Auch Moldau mit seiner Hauptstadt Chișinău hat eine gemeinsame Grenze mit der Ukraine. Entlang der Region Odessa liegt die abtrünnige, international nicht anerkannte Republik Transnistrien. Sie gehört völkerrechtlich zu Moldau und behindert den Warenaustausch mit der Ukraine nicht. Moldau ist Mitglied in der Organisation für Demokratie und Wirtschaftsentwicklung (GUAM), die für eine stärkere Unabhängigkeit von Moskau eintritt. Wirtschaftspolitisch schützt Chișinău die eigene durch die russischen Sanktionen stark angeschlagene Lebensmittelproduktion und hat in diesem Zuge im April 2016 die Einfuhr ukrainischer Milchprodukte mit Einschränkungen belegt, die bis zum Jahresende in Kraft sind. Auch der Import von ukrainischem Zement wurde sanktioniert. 2015 betrug der Warenaustauch zwischen der Ukraine und Moldau 0,6 Mrd. USD, das sind 0,2 Mrd. USD bzw. 30 % weniger als im Vorjahr. Die ukrainischen Ausfuhren nach Moldau beliefen sich 2015 auf 0,5 Mrd. USD, das sind ebenfalls 30 % weniger als 2014. Der ukrainische Import aus Moldau weist zwar eine positive Tendenz auf, sein Umfang ist aber sehr gering.

Wegen einer starken politischen Verbundenheit zwischen der Ukraine und Georgien kommt Georgien unter den kaukasischen Staaten traditionell eine Sonderstellung im ukrainischen Außenhandel zu. Die Krise hat dem ukrainisch-georgischen Handel jedoch erheblich geschadet. 2015 registrierte das georgische Nationale Amt für Statistik einen Warenaustausch in Höhe von 0,5 Mrd. USD, das ist ein Rückgang um 25 % gegenüber 2014. Die Ausfuhr ukrainischer Güter nach Georgien sank um 17 % bzw. 0,5 Mrd. USD, die Einfuhr georgischer Güter in die Ukraine ging um 57 % bzw. 0,06 Mrd. USD zurück. Bei einigen traditionellen georgischen Importgütern kam es zu dramatischen Rückgängen, etwa bei Wein und alkoholfreien Getränken, darunter auch Mineralwasser (minus 61 %) und bei Erdnüssen (minus 64 %).

Auch der Warenverkehr zwischen der Ukraine und anderen GUS-Staaten leidet unter den Handelsbeschränkungen Moskaus. 2016 erließ Wladimir Putin zwei Anordnungen, die den ukrainischen Transithandel mit Kasachstan und Kirgisien über russisches Gebiet de facto unmöglich machen. Entsprechend ist der ukrainische Ex- und Import nach und aus Kasachstan von Januar bis April 2016 eingebrochen, der Export sank im Vergleich zum Vorjahr um 48 %, der Import ging um 13 % zurück. Dem ukrainischen Magazin Apostroph zufolge hat die Ukraine durch diese Blockade über eine Milliarde USD verloren.

Ausblick

In seinem Bericht vom September 2016 stellte der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft fest: "Nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit einem scharfen Einbruch der Wirtschaftsleistung scheint die Ukraine wirtschaftlich allmählich wieder auf dem Weg der Besserung zu sein". Auch im bilateralen ukrainisch-deutschen Handel hat 2016 eine kräftige Erholung eingesetzt (plus 31 % im ersten Halbjahr). Die ukrainische Wirtschaft erholt sich schrittweise von der tiefsten Krise seit der Unabhängigkeit. Das ist dem Einkehren einer gewissen politischen Stabilität sowie dem verstärkten Handel mit den nicht-postsowjetischen Märkten zu verdanken. Eine Rückkehr zur russlandorientierten Wirtschaft ist wenig wahrscheinlich. Der russische Markt genauso wie die Wirtschaftsräume anderer ehemaliger Sowjetrepubliken, vor allem Kasachstans und Belarus’, bietet gewiss ein Potential für die Ukraine. Eine deutliche Erhöhung des Außenhandels ist hier aus politischen Gründen aber nicht zu erwarten.

Fussnoten

Dr. Dmitri Stratievski ist Politologe und Historiker sowie stellvertretender Vorsitzender des Osteuropa-Zentrum Berlin e.V.