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Die Galerie de LOCH | Autonome Kunst in der DDR | bpb.de

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Die Galerie de LOCH

Dr. Klaus Michael Klaus Michael

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Die Wohnungsgalerie „de LOCH“ im Hinterhaus der Schönhauser Allee 50 im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg gehörte zu den Spätgründungen der 1980er Jahre.

Aktion „Brot+Sekt“ in der Galerie De Loch, Berlin, 1986: Torsten Götzel und Holger Stark. (© Stefan Nestler)

Die Wohnungsgalerie "de LOCH“ im Hinterhaus der Schönhauser Allee 50 im Ostberliner Stadtteil Prenzlauer Berg gehörte mit der Interner Link: Galerie Wohnmaschine, der Galerie manufraktur von Martin Schröter und der Galerie der Umweltbibliothek in der Berliner Zionskirchstraße zu den Spätgründungen der 1980er Jahre. Sie entwickelte sich zu einer wichtigen Schnittstelle zwischen den Populär- und Offkulturen Ost- und Westberlins. Darüber hinaus schrieb die Galerie Kulturgeschichte, weil sie zu den wenigen Einrichtungen der Kunstszene gehörte, die Ende der 1980er Jahre der Staatsräson zum Opfer fielen.

Beeinflusst durch Vorbilder aus der amerikanischen Popkultur und der Sponti- und Beatnikbewegung wollte der Galeriegründer Jörg Deloch, Jahrgang 1965, in die eigene Generation hinein Akzente setzen, wie sich der Grafiker, Autor und Herausgeber Thomas Günther erinnert.

Von September 1986 bis Juni 1988 fanden insgesamt 15 Ausstellungen statt. Am Anfang stand eine Exposition von Holger Stark (Dresden) und Catrin Große, deren Arbeiten zum Teil durch eine Malaktion auf dem Hof der Schönhauser Allee 50 entstanden waren. Es folgten Fotografien von Rainer Jestram, der später mit elektronischer Musik bekannt werden sollte. Die anschließende Ausstellung im Dezember 1986 von Mita Schamal und Frank Lanzendörfer wurde begleitet von einer Malperformance beider Künstler und von Filmen von Lanzendörfer, der sich selbst Flanzendörfer nannte. Sie ist von Bedeutung, weil sich Lanzendörfers künstlerischen Spuren nach seinem Freitod 1988 verlieren, und es sich hier um seinen ersten und einzigen eigenständigen Auftritt handelte. Auch von den zahlreichen Filmen ist bis auf einen von einem Diplomaten in der Galerie gefertigten Videomitschnitt nichts überliefert. Im März 1987 stellte Jörg Deloch Malerei und Grafik von Carsten Nicolai aus, der zu dieser Zeit noch in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) lebte und heute nicht nur zu den erfolgreichen Künstlern der Interner Link: Galerie Eigen+Art zählt, sondern auch zu den bekanntesten Vertretern der zeitgenössischen elektronischen Musik.

Größere Aufmerksamkeit in den westlichen Medien wurde der im Juni 1987 mit Lesungen von Maria Anastasia Druckenthaner und Max Goldt aus Westberlin eröffneten Comic-Cartoon-Rauminstallation des AG Mauerstein-Künstlers Igor Tatschke zuteil. Nachdem auf behördlichen Einspruch und nach einer Strafverfügung von 300 Mark die Installationen abgebaut werden mussten, fand die Ausstellung eine Fortsetzung in der Galerie der Umweltbibliothek der Zionskirche. Igor Tatschke, der durch großflächige Graffiti-Bemalungen von Bunkern im Berliner Umland aufgefallen war und auch mit Punk- und Elektronikmusikern zusammenarbeitete, reiste im Januar 1988 aus der DDR aus. Zunächst ignorierte Deloch die Zuweisung eines Arbeitsplatzes und die Strafandrohungen für den Fall, dass er seine Galerietätigkeit nicht einstellen würde und zeigte im Oktober 1987, allen behördlichen Ermahnungen zum Trotz, Malerei von Clemens Wallrot, nach 1989 einer der Mitbegründer des Kunsthauses Tacheles in Berlin-Mitte.

Mit dem Verbot der für Mai 1988 geplanten Ausstellung von Thomas Günther, der sich mit Claus Bach und Sabine Jahn als Herausgeber originalgrafischer Künstlerbücher einen Namen gemacht hatte, begann sich das Ende der Galerie abzuzeichnen. Das Verbot verwundert, weil die Ausstellung von Schriftcollagen, im Gegensatz zu der Schockpräsentation von AG Mauerstein, nicht an die oppositionelle Brisanz der Vorgängerausstellungen anknüpfen konnte. Die Lesung zur Ausstellungseröffnung fand am 1. Mai vor leeren Wänden statt, die Hängung der Exponate wurde zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Offensichtlich ging es den Behörden darum, grundsätzlich zu verhindern, dass sich die Galerie zu einem Versammlungsort für kritische Künstler und als Zentrum für Undergroundaktivisten aus Ost und West entwickelte.

Am Ende der 15. Ausstellung mit Collagen von Johann Lorbeer stellte die Galerie de LOCH am 10. Juli 1988 ihre Tätigkeit ein.

Quellen / Literatur

Thomas Günther: Die Lesung an der Wand – und danach Party. Ein Porträt des Ausstellers Jörg Deloch. In: LIANE 6/1989.

Peter Böthig und Klaus Michael (Hrsg.): Frank Lanzendörfer – unmöglich es leben: texte zeichen bilder. Berlin 1992.

Fussnoten

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Geb. 1959, promovierter Germanist, ist seit 1997 Präsidialsekretär der Sächsischen Akademie der Künste in Dresden.