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Auszug: Pecunia non olet: Fiskalischer Erfindungsreichtum | Steuerpolitik | bpb.de

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Auszug: Pecunia non olet: Fiskalischer Erfindungsreichtum

Constanze Hacke

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Die erste geschichtlich verbürgte fiskalische Kuriosität versteckt sich in einem geflügelten Wort: Pecunia non olet – Geld stinkt nicht. Kaiser Vespasian (9–79 n. Chr.) begründete damit seine neue Steuer auf öffentliche Bedürfnisanstalten. Damit verbunden ist auch die erste "Steuerausweichreaktion“: Die öffentlichen "Toiletten“ wurden mehr und mehr abgebaut – was die Ausbreitung von Seuchen begünstigte. Aber auch in anderen Ländern war man erfinderisch im Beschaffen neuer Einnahmen: Kaiser Otto IV. (1175–1218) kam auf die Idee, den Minnedienst mit einer Art Minnesteuer zu belegen. Zar Iwan IV. (1530–1584) schuf vor allem Steuern, um seine Militärausgaben zu finanzieren und seine Berufsarmee auszurüsten. Um das notwendige finanzielle Aufkommen dafür in die Staatskasse zu bekommen, erfand der Zar mit dem Beinamen "Der Schreckliche“ nicht nur "Tatarensteuern“, sondern auch "Flintengelder“, "Salpetergelder“, "Festungsgelder“ und eine "Schützensteuer“.

Zar Peter der Große (1672–1725) wiederum lieferte mit seinen zum Teil sehr kurios anmutenden Steuern gute Beispiele dafür, wie über Steuerpolitik Verhalten gelenkt werden sollte. Er führte Steuern auf Bärte, Mützen und Stiefel, Bäder und Eichensärge, Gurken, Nüsse und Bienen ein. Da er etwa der Auffassung war, dass seine Bürger ohne Bart kultivierter, europäischer aussahen, erließ er die Bartsteuer, um sie zum Rasieren zu bewegen. Und wer einen Bart trug, musste auch seine Steuermarke dabei haben – ansonsten wurde er öffentlich rasiert. Zu Zeiten des Absolutismus fanden Luxussteuern weite Verbreitung in Europa – dazu zählten etwa Fenster-, Haarpuder, Strumpf- und Hutsteuern. In England wurden außerdem Karossen und Silbergeschirr besteuert. Ihren Höhepunkt hatte diese Phase der Besteuerung im 17. und 18. Jahrhundert. Die Besteuerung von "Luxusgütern“ beruhte allerdings weniger auf willkürlichen Entscheidungen, sondern vielmehr auf der Tatsache, dass eine Einkommensbesteuerung im heutigen Sinn noch nicht möglich war. Allein aufgrund der vielen Naturalleistungen, mit denen Arbeiten und Dienste, aber auch die Nutzung von Land entgolten wurden, war man noch nicht in der Lage, eine Einkommensteuer sinnvoll zu erheben. Also hielt man sich an das, was man sah – im wörtlichen Sinne.

Erfinderisch sind die Steuerverantwortlichen bis heute: In Köln gibt es seit 2004 zum Beispiel eine Sexsteuer – eine Abgabe von 150 Euro, die für "die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs oder Kraftfahrzeugen“ pro Monat erhoben wird. Prostituierte, die in Teilzeit arbeiten, zahlen sechs Euro pro Tag. In China werden seit 2006 Essstäbchen besteuert, fünf Prozent des Kaufpreises kassiert seitdem der Staat.

Auszug aus: Constanze Hacke, Steuern und Finanzen, Informationen zur politischen Bildung 288/2012, S. 14.

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M.A., geb. 1968; Inhaberin von "Wirtschaft – leicht gemacht!", Steuerjournalistin, Dozentin und Moderatorin. E-Mail Link: ch@c-hacke.de Externer Link: http://www.c-hacke.de