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Editorial | Köln | bpb.de

Köln Editorial Kölle. Oder: Der schlechte Ruf der Hölle Die Silvesternacht und ihre Folgen Politik im Kölner Rathaus "Gastarbeiter" in Köln zwischen 1955 und 1983 Eine ganz normale Stadt Die Stadt und der Dom "Kein Kölsch für Nazis"

Editorial

Lorenz Abu Ayyash

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Kölle du bes e Jeföhl – Köln du bist ein Gefühl, so lautet eine der unzähligen musikalischen Liebeserklärungen an die Stadt. Die Band Höhner behauptet darin, die Städte der Welt gesehen zu haben, die alle auf ihre Art gut und schön seien. Doch eines habe sie auf ihren Reisen stets vermisst: die jode, echte kölsche Aat – die gute, echte Kölner Art. Viele Kölnerinnen und Kölner glauben, ihre Heimatstadt zeichne sich traditionell durch eine besonders eigensinnige Lebensart aus. So sei der Kölner besonders obrigkeits- und herrschaftsfeindlich, freiheitsliebend, weltoffen und unkompliziert.

Diese Selbstzufriedenheit wurde den Kölnern spätestens mit dem Einsturz ihres Historischen Archivs 2009, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen, aber vor allem nach den massenhaften sexuellen Übergriffen der Silvesternacht 2015/16 vorgehalten. Die Nacht wurde als "Schande", "Schock" und von Bundesjustizminister Heiko Maas sogar als "zeitweiliger Zivilisationsbruch" bezeichnet. Der rheinische Froh- und Leichtsinn sei nicht nur für den Kölner Klüngel und für kommunalpolitische Pannen verantwortlich, sondern sei ebenso Teil einer falsch verstandenen politischen Korrektheit, welche die Ereignisse auf dem Bahnhofsvorplatz begünstigt habe.

In wenigen deutschen Städten scheint die Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung so groß zu sein wie in Köln. Vielleicht macht gerade das die Kölner "Eigenart" aus und führt dazu, dass in der Öffentlichkeit immer in besonderer Weise auf die Stadt geschaut wird. Seit dem vergangenen Jahr kämpft die Kölner Stadtgesellschaft um ihr Image im In- und Ausland, aber auch um ihr Selbstverständnis als weltoffene Stadt, das nach der Silvesternacht erschüttert wurde, und fragt sich: Wofür steht Köln?