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Editorial | Politische Kultur - politische Bildung | bpb.de

Politische Kultur - politische Bildung Editorial Kultur und Identitäten Handlungsorientierung und Kontroversität Die politische Handlungsbereitschaft von deutschen Jugendlichen im internationalen Vergleich Neue Medien und Internet Herausforderungen an die Pädagogik

Editorial

Klaus W. Wippermann

/ 3 Minuten zu lesen

Politische Bildung beinhaltet eine mehrfache Zielsetzung in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Aspekte: Politik, Pädagogik, Partizipation, Bildung und Kultur. Diese können sich ergänzen, aber auch zueinander in Widerspruch geraten.

Einleitung

Politische Bildung beinhaltet eine mehrfache Zielsetzung in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Aspekte: Politik, Pädagogik, Partizipation, Bildung und Kultur. Diese können sich ergänzen, aber auch zueinander in Widerspruch geraten. Die "Kunst" der politischen Bildung ist es, nicht nur eine "politisch ausgewogene" Darstellung und Analyse von Sachverhalten zu vermitteln sowie zu eigenem Tun anzuregen, sondern dabei auch die anderen Aspekte im Blick zu behalten. Bildung ist "ein weites Feld" - sie muss neben der Vermittlung von Faktenwissen einerseits ausbildungsorientiert sein und andererseits immer wieder kulturelle Bedingungen bzw. Prägungen von Politik und Gesellschaft sichtbar machen.

Wie eng Kultur und Politik zusammengehören - auch im Konflikt -, darauf verweist Hermann Glaser in seinem Essay: Werte, Normen, Moral oder Ethik sind angesichts der jüngsten Ereignisse und ihres globalen, spannungsreichen Kontextes keine rhetorischen oder akademischen Floskeln mehr - sie waren es auch nie, wurden aber oft als kleine Münze gehandelt -, sondern sie sind stets das Fundament für die eigene wie für fremde Selbstvergewisserung. "Achtung und Bewahrung von kultureller Identität" - in dieser Aufforderung ist sowohl die Toleranz gegenüber dem Fremden als auch das Bemühen um das Eigene enthalten. Weder das eine noch das andere darf verabsolutiert werden. Wie bei der politischen Bildung geht es auch hier um die Ausgewogenheit. Nicht zuletzt steht selbst die Globalisierungsdebatte unter diesem kulturpolitischen Aspekt.

Politische Bildung hat ihre unterschiedlichen Zielsetzungen nur zum Teil erreicht, wenn vermitteltes Wissen nicht auch verhaltenswirksam wird. Hier rückt das Politische der Bildung in den Vordergrund: Das Ideal des mündigen Bürgers ist ohne verantwortliches Handeln nicht realisierbar. Inwieweit Handlungsorientierung im Sozialkundeunterricht auch der neuen Bundesländer (hier Sachsen-Anhalt) schon Wirklichkeit ist, untersucht Catrin Kötters-König auf der Grundlage einer empirischen Studie. Dabei ist noch ein weiterer Aspekt der politischen Bildung wie der politischen Kultur wichtig: Konflikte lassen sich umso besser bewältigen, je intensiver schon in der Schule das Austragen - und Aushalten - von Kontroversen geübt wurde.

Die Auswirkungen der schulischen Situation auf den Lernerfolg der politischen Bildung untersucht Detlef Oesterreich anhand einer internationalen Umfrage. Im Mittelpunkt des Interesses steht hier ein Vergleich der Handlungsbereitschaft von Jugendlichen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld. Die Ergebnisse bestätigen diesbezügliche Vermutungen: Je ärmer ein Land ist und je weniger wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen es gibt, desto intensiver ist das soziale und politische Engagement von Jugendlichen. Eine weitere Rolle spielt das jeweilige Schulsystem: Ganztagsschulen - diese sind in den meisten untersuchten Ländern die Regel - motivieren mehr zum gesellschaftlichen Engagement. Sie wirken zugleich der sozialen Isolation und dem Wohlstandsegoismus von Kindern und Jugendlichen entgegen.

Eine ganz andere Herausforderung für die politische Bildung sieht Jörg Becker aufgrund seiner kritischen Bilanz über die Verwendung und die Effizienz jeweils "neuer Medien" für die Pädagogik. Das Internet ist Teil einer globalen Kultur geworden, mit der schon die Jugendlichen umgehen wollen und können. Aufgabe der Erziehung sei es aber, gegenüber diesem neuen Mittel der Information und Kommunikation nicht neue Abhängigkeiten entstehen zu lassen. Auch die kulturellen Vermittlungschancen durch die "neuen Medien" würden allzu oft zugunsten ökonomischer Kalküle vernachlässigt.