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Reformvorschläge zur Änderung des Wahlrechts | Wahlsystem und Wahlrecht | bpb.de

Wahlsystem und Wahlrecht Editorial Reformvorschläge zur Änderung des Wahlrechts Vollständig personalisierte Verhältniswahl Von Überhangmandaten und Gesetzeslücken Das Wahlverhalten eingebürgerter Personen in Deutschland

Reformvorschläge zur Änderung des Wahlrechts

Eckhard Jesse

/ 27 Minuten zu lesen

Die Bundesrepublik Deutschland hat seit 1949 ein personalisiertes Verhältniswahlsystem, das nicht zur Disposition steht. Der Beitrag behandelt die bisherigen Reform und diskutiert mögliche Wahlrechtsänderungen.

Einleitung

Die Bundesrepublik Deutschland ist ungeachtet mancher Aufgeregtheiten ein stabiles Gemeinwesen. Die Anhänger des Mehrheitswahlsystems, die in den fünfziger und sechziger Jahren auf eine Änderung des Wahlmodus drängten, sind seit mehr als drei Jahrzehnten größtenteils verstummt. Ein Grund dafür liegt in folgendem Umstand: Was sie gefordert hatten (u.a. Stabilität der Regierungen; gemäßigte Parteien; faktische Wahl der Regierung durch das Volk ohne Koalitionshändel; Regierungswechsel in gewissen Abständen), war weitgehend auch unter den Bedingungen der Verhältniswahl eingetroffen. Daneben spielten pragmatische Überlegungen eine Rolle. Wer als Politiker für ein mehrheitsbildendes Wahlsystem votiert, bringt die Liberalen und die Grünen gegen sich auf - Parteien, die dann kaum eine Chance auf den Gewinn eines Direktmandats hätten, auch bei einer Halbierung der Größe der Wahlkreise.

Wurde das 1949 eingeführte personalisierte Verhältniswahlsystem im Kern nicht geändert (das trifft auch für die Länder zu, deren Wahlrechtsregelungen sich nur geringfügig voneinander unterscheiden), so gab es eine Reihe von Modifikationen des Wahlgesetzes. Und immer wieder sorgen Vorschläge zurÄnderung einzelner Bestimmungen für Aufmerksamkeit, so die jüngst initiierte fraktionsübergreifende Bundestagsdrucksache Mehr Demokratie wagen durch ein Wahlrecht von Geburt an. In ihr fordern 46 Bundestagsabgeordnete die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzentwurfes auf, der ein Wahlrecht von der Geburt an vorsieht. Dieses würden bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres die Eltern für die Kinder treuhänderisch ausüben. Der Vorschlag soll Anlass sein, sich damit und mit anderen Reformanregungen eingehend zu befassen.

Weniger Furore machte die Kritik daran, dass die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die bei der Bundestagswahl mit ihrer Erststimme für die beiden erfolgreichen Kandidaten der PDS votierten, berücksichtigt wurden. (Auf diese Weise kam die SPD zu einem Vorsprung von 6 027 Stimmen vor der Union. Ohne die umstrittenen Stimmen hätte die Union mit einigen tausend Stimmen vorn gelegen). Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss von 1988 auf die "Regelungslücke" hingewiesen. Zwar seien die Zweitstimmen derjenigen Wähler ungültig, die mit ihrer Erststimme parteilosen Wahlkreisbewerbern oder Kandidaten einer Partei ohne Landesliste in dem betreffenden Land ein Direktmandat ermöglicht haben. Jedoch würden die Zweitstimmen derjenigen Wähler berücksichtigt, die mit ihrer Erststimme in einem oder zwei Wahlkreisen Kandidaten einer - an der Fünfprozenthürde gescheiterten - Partei zum Erfolg verholfen haben. Hier fehle es an Konsequenz. "Der Gesetzgeber wird im Blick auf die im Wahlrecht in besonderem Maße gebotene Rechtsklarheit zu erwägen haben, § 6 Abs. 1 Satz 1 BWG entsprechend zu ergänzen." Freilich unterließ der Gesetzgeber diese Ergänzung. Als bei der Bundestagswahl 2002 die PDS mit zwei Direktmandaten an der Fünfprozenthürde gescheitert war, wurden die Zweitstimmen derjenigen Wähler, die mit ihrer Erststimme für Petra Pau und Gesine Lötzsch votiert hatten, mitgezählt obwohl die Rechtsprechung des Gerichts dies keineswegs nahe legt. Da SPD und Grüne im Wahlprüfungsausschuss entsprechende Einsprüche zurückgewiesen hatten, dürften die Beschwerdeführer eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einlegen. Wie das Beispiel zeigt, steckt der Teufel im (Wahlrechts-)Detail.

Der Beitrag gibt zunächst eine Übersicht zu Wahlrechtsänderungen, also zu Reformvorschlägen, die Praxis geworden sind. Berücksichtigung finden dabei nur die wichtigsten: die Verschärfung der Sperrklausel, die Einführung des Zweistimmensystems, die Etablierung der Briefwahl und die Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre. Im Anschluss daran geht es um (relevante) Wahlrechtsreformvorschläge, die in der Öffentlichkeit auf ein größeres Echo stoßen, um sinnvolle und weniger sinnvolle: die Einführung des Wahlrechts von Geburt an, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre, die Abschaffung oder die Senkung der Sperrklausel, die Abschaffung der Überhangmandate, der Alternativklausel und des Zweistimmensystems. Welche Kriterien werden zugrunde gelegt, damit eine Reform als "sinnvoll" gelten kann? In Anlehnung an die Überlegungen von Winfried Steffani zu Parlamentsreformen handelt es sich um die Elemente von "Effizienz", "Transparenz" und "Partizipation". Wer eine Bestimmung zu eliminieren oder eine neue einzuführen gedenkt, hat die Beweislast. Die Frage der Bewertung wird ergänzt durch die Frage nach den (mutmaßlichen) Auswirkungen der Reform.

Wahlrechtsänderungen

Vielzahl der Wahlrechtsänderungen

Galt das erste Bundeswahlgesetz nur für die erste und das zweite Wahlgesetz lediglich für die zweite Bundestagswahl, so wurde 1956 nach heftigen Auseinandersetzungen ein Wahlgesetz verabschiedet, das in seinen Wesenszügen trotz zahlreicher Modifikationen im Einzelnen bis heute unverändert gültig ist. Die meisten der über 80 Modifikationen seit 1949 waren eher technischer Natur. Zu den winzigen Änderungen, die zur Bundestagswahl 2002 in Kraft getreten sind, zählen etwa der Verzicht auf die Auslegung der Wählerverzeichnisse ebenso wie der auf die Verwendung des Wahlumschlages bei der Wahl im Wahllokal. Eine Reihe von ihnen beeinflusste freilich die Zusammensetzung des Bundestages.

Zu den Reformen gehörten u.a. die Abschaffung von Nachwahlen (1953) beim Ausscheiden eines Wahlkreisabgeordneten aus dem Parlament - nach Wilhelm Hennis "eine der bedauerlichsten verfassungspolitischen Maßnahmen der Nachkriegszeit". Seit der Bundestagswahl von 1953 liegt die Zahl der Wahlkreisabgeordneten bei 50 Prozent (zuvor 60 Prozent), seit der von 1957 ist den Parteien eine Verbindung ihrer Landeslisten gestattet. Die Zahl der Bundestagsabgeordneten wurde immer wieder geändert. Betrug sie - jeweils ohne Überhangmandate - 1949 noch 400 (ohne die nicht voll stimmberechtigten Berliner Abgeordneten, von denen es erst acht gab, später 19 [ab 1952] und schließlich 22 [ab 1953] bis 1990), stieg sie 1953 auf 484, schließlich (durch die Eingliederung des Saarlandes) auf 494 (1957), dann auf 496 (1965). Nach der deutschen Einheit nahm die Zahl der Abgeordneten auf 656 zu, ehe sie der Bundestag 1996 ab der Bundestagswahl 2002 auf 598 reduzierte.

1985 erfuhr das Auszählverfahren eine Änderung: Der Verrechnungsmodus nach Hare/Niemeyer löste das d'Hondt'sche Höchstzahlverfahren ab. Unter dem Strich kann dies dazu führen, dass wegen des Wegfalls der geringfügigen Begünstigung für die großen Parteien eine kleine Partei ein Mandat mehr erhält als zuvor. Im selben Jahr beschloss der Bundestag das Wahlrecht für Auslandsdeutsche. Alle in den EU-Staaten lebenden Deutschen erhielten das Wahlrecht, ebenso jene anderen Auslandsdeutschen, sofern seit ihrem Fortzug nicht mehr als zehn Jahre vergangen sind. Im Jahr 1998 wurde auf eine Initiative der Grünen hin allen Auslandsdeutschen das aktive Wahlrecht gewährt, unter der Voraussetzung, dass sie sich zuvor mindestens drei Monate ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben.

Größere Bedeutung kommt der Regelung zu, dass von nun an die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises vom Durchschnitt um nicht mehr als 15 Prozent abweichen darf (bisher: 25 Prozent). Eine Neuabgrenzung wird seit der Bundestagwahl 2002 bei einer Abweichung von mehr als 25 Prozent (bisher: 33 1/3 Prozent) zwingend. Die folgenden Wahlrechtsänderungen gehen in der Bedeutung über die eben genannten hinaus.

Verschärfung der Fünfprozentklausel

Die 1949 von den Ministerpräsidenten der Länder nachträglich in das Wahlgesetz eingeführte Sperrklausel wurde 1953 und 1956 verschärft. Seit dem Jahr 1953 muss eine Partei, um an der Mandatsverteilung beteiligt zu werden, im gesamten Bundesgebiet fünf Prozent der Stimmen erreichen. Zuvor genügte für die parlamentarische Repräsentanz ein Stimmenanteil von mindestens fünf Prozent in einem Bundesland. Wer ein Direktmandat gewann, war von der Sperrklausel ausgenommen. 1956 wurde diese Alternativklausel auf das Minimum von drei Direktmandaten verschärft.

Ungeachtet aller Kritik hat sich die Fünfprozenthürde bewährt. So ist die Regierungsbildung erleichtert worden. Diese Sperrklausel ist nicht derart hoch, dass sie die erfolgreiche Etablierung einer neuen Partei unmöglich macht, zugleich aber hoch genug, um kleinen Parteien den Einzug ins Parlament zu verwehren. Sie ist für kleinere Parteien deutlich weniger restriktiv als etwa die Einführung der relativen Mehrheitswahl. Vor allem die Anwendung der Sperrklausel auf das gesamte Wahlgebiet, wie sie die Reform 1953 vorsah, ist unter den Aspekten von Effizienz und Transparenz, weniger unter dem von Partizipation (ein Teil der Wähler verliert seine Mitsprache im Prozess der politischen Willensbildung), überaus sinnvoll. Es handelt sich um die Wahl eines Bundesparlaments, bei dem regionalisierte Sperrklauseln keine Rolle spielen dürfen. Insofern ist die Effizienz vollständig gegeben. So kann nämlich nicht der Sinn einer Sperrklausel (die Ausschaltung kleinerer Parteien von der parlamentarischen Repräsentanz) unterlaufen werden. Eine solche Regelung, die für jeden gut nachvollziehbar ist, sorgt zudem dafür, dass Parteien mit mehr als fünf Prozent in dieser Größenordnung im Parlament vertreten sind (anders als nach der Regelung von 1949). Weitaus weniger positiv ist die Alternativklausel zu sehen. Sie sorgt als eine Ausnahme von der Ausnahme der Einschränkung der Verhältniswahl zwar für ein höheres Maß an Partizipation, aber es mangelt ihr an Effizienz wie an Transparenz. Man kann eine höhere Repräsentationswürdigkeit von Hochburgenparteien kaum überzeugend begründen.

Die Auswirkungen der Fünfprozenthürde sind zwar beträchtlich, freilich nicht exakt zu beziffern, da eine solche Klausel - jedenfalls in Grenzen - auch das Wahlverhalten verändert. Gleichwohl besitzt die Sperrklausel einen beträchtlichen, wie auch immer zu veranschlagenden Anteil am schwindenden Erfolg der kleinen Parteien. Sie hat zwar das bundesweite Aufkommen der Grünen zunächst gebremst, später aber nicht verhindert. Der parlamentarische Einzug der NPD im Jahre 1969 (4,3 Prozent) ließ sich dadurch unterbinden. Die Alternativklausel hat den Erfolg des Zentrums (1953), der Deutschen Partei (1953 und 1957) sowie der PDS (1994) ermöglicht.

Einführung des Zweistimmensystems

Durch das 1953 eingeführte Zweistimmensystem (bei der ersten Bundestagswahl zählte die einzige Stimme des Wählers sowohl für den Wahlkreiskandidaten als auch für die Partei) - der Grund lag wesentlich darin, Wahlkreisabsprachen zu ermöglichen - konnten die Wähler ihre Erst- und Zweitstimme gegebenenfalls gesondert abgeben. Allerdings hat die Erststimme ihre Funktion als "Persönlichkeitsstimme" niemals erfüllt, da nur einem geringen Teil der Wähler der Name des Wahlkreiskandidaten überhaupt bekannt war. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Gleichwohl machen immer mehr Wähler vom Splitting Gebrauch. Das hängt wesentlich damit zusammen, dass Zweitstimmenwähler der FDP oder der Grünen, deren Kandidaten keinerlei Chancen auf den Gewinn eines Wahlkreismandates haben, für den Bewerber der größeren Partei, mit der "ihre" Partei eine Koalition eingehen will, ihre Stimme abgeben.

Das Urteil über das Zweistimmensystem fällt unter den Aspekten von Effizienz, Transparenz und Partizipation nicht positiv aus. Effizient ist es nicht, weil durch die Wahl eines Wahlkreisbewerbers der Kandidat der anderen großen Partei häufig über die Liste einzieht. Das Zweistimmensystem ruft vor allem einen kosmetischen Effekt hervor. Es handelt sich mithin um eine Scheinpartizipation. Und dieses System lässt für den überforderten Bürger jegliche Transparenz missen. Manche glauben, einen Kompromiss begangen zu haben, indem sie mit der Erststimme für den Kandidaten von der Partei A und mit der Zweitstimme für die Partei B votieren.

Die Auswirkungen des Zweistimmensystems sind umstritten - nicht zuletzt deshalb, weil die Diskrepanzen zwischen Erst- und Zweitstimmen bei einer Partei nur schwer zu deuten sind. Beispielsweise: Die Grünen erreichten bei der Bundestagswahl 2002 8,6 Prozent der Zweitstimmen und nur 5,6 Prozent der Erststimmen. Handelt es sich bei den Zweitstimmenwählern der Grünen, die mit der ersten Stimme eine andere Partei gewählt haben (die SPD zu 59,7 Prozent, wie die repräsentative Wahlstatistik zeigt), um "Leihstimmenwähler" anderer Parteien (insbesondere der SPD) oder um überzeugte Wähler der Grünen, die ihre Erststimme nicht "verschenken" wollten? Diese Frage lässt sich empirisch nicht fundiert beantworten. Kleine Parteien werben gezielt um Zweitstimmen, damit sie nicht an der Fünfprozenthürde scheitern. Die Annahme, durch die unterschiedliche Abgabe von Erst- und Zweitstimmen seien Überhangmandate möglich, ist so nicht eingetroffen.

Etablierung der Briefwahl

Die auf das Jahr 1956 zurückgehende Einführung der Briefwahl wurde damit begründet, dass es jedem Staatsbürger, ob er nun am Wahltag krank oder sonst wie verhindert ist, möglich sein müsse, "seine" Volksvertretung zu wählen. Die Briefwahl ist mittlerweile unumstritten, wiewohl sich nicht prüfen lässt, ob die Stimme tatsächlich geheim abgegeben worden ist. Dieser Hinweis ist vor allem vor dem Hintergrund einer nahezu stetig steigenden Briefwählerquote (bei der Bundestagswahl 2002 beantragten 14,9 Prozent der Wahlberechtigten einen Wahlschein) von Relevanz.

Die Briefwahl lässt sich mit Blick auf die erwähnten drei Kriterien gut rechtfertigen: Die Partizipation der Wahlberechtigten steigt dadurch beträchtlich; die Effizienz ist ebenso gegeben; Transparenz liegt ungeachtet gewisser bürokratischer Hindernisse bei der Besorgung der Briefwahlunterlagen auch vor, was sich darin zeigt, dass die Quote der ungültigen Stimmen bei den Briefwählern stets unter jener der Wähler ohne Briefwahl liegt. Bei der Bundestagswahl 1990 votierten 0,9 Prozent der Briefwähler mit ihrer Erststimme (bei den Wählern ohne Briefwahl: 1,6 Prozent) und 0,5 Prozent mit ihrer Zweitstimme (bei den Wählern ohne Briefwahl: 1,2 Prozent) ungültig. Allerdings fehlt es an Transparenz insofern, als niemand sicher weiß, ob die Briefwähler ihren Stimmzettel eigenständig und unbeobachtet ausgefüllt haben.

Briefwähler neigen überproportional der Union, der FDP und dem Bündnis 90/Die Grünen zu. Freilich hat sich eine Angleichung vollzogen. Wählten 1957 60,3 Prozent der Briefwähler die Union und bei den Wählern ohne Briefwahl 49,6 Prozent, so lag die Differenz 1990 nur noch bei 1,3 Prozentpunkten. Schnitten die FDP-Wähler 1957 bei den Briefwählern mit 2,1 Punkten besser ab, waren es 1990 lediglich 1,2 Punkte. Demgegenüber hat sich die Unterrepräsentanz der SPD bei den Briefwählern verringert: von 11,3 Punkten (1957) auf 2,7 Punkte. Da sich die Quote der Briefwähler gegenüber 1957 aber verdoppelt hat (1957: 4,9 Prozent; 1990: 10,9 Prozent [Gebietsstand vor dem 3. Oktober 2000] bzw. 1990: 9,4 Prozent [Gebietsstand ab dem 3. Oktober 1990]), machen sich die Unterschiede im Gesamtergebnis nach wie vor bemerkbar. Allerdings wären bei einer fehlenden Briefwahl die jetzigen Briefwähler nicht alle zu Hause geblieben. Viele beantragen die Briefwahlunterlagen schlicht aus Bequemlichkeit.

Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre

Der Herabsetzung des aktiven Wahlalters von 21 auf 18 Jahre im Jahr 1970 ging eine intensive politische wie wissenschaftliche Diskussion voraus. Die Studentenunruhen in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre beeinflussten diese insofern, als viele nun der Meinung waren, eine Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre könne zur Integration protestierender Jugendlicher beitragen. Die Tatsache, dass junge Männer bereits mit 18 Jahren zur Bundeswehr einberufen werden konnten, erwies sich als ein durchschlagendes Argument. Kaum jemand brachte den nahe liegenden Zusammenhang zwischen dem aktiven Wahlalter und der Volljährigkeit zur Sprache, wohl aber den zwischen dem passiven Wahlrecht und der Volljährigkeit.

Die Herabsetzung des Wahlalters ist unter dem Aspekt der Partizipation positiv zu würdigen. Zusätzlich drei Jahrgänge erhielten das aktive Wahlrecht. Auch die Effizienz ist unbestritten, wiewohl die Wahlbeteiligungsquote der 18- bis 20-Jährigen deutlich unter der durchschnittlichen Wahlbeteiligung liegt, zwar höher als die der 21- bis 24-Jährigen, aber niedriger als die der 25- bis 29-Jährigen. Die Transparenz nahm Schaden, weil zwischen 1970 und 1974 der wohl zwingende Zusammenhang zwischen dem Wahlalter und der Volljährigkeit unberücksichtigt geblieben ist.

Die Auswirkungen halten sich schon deshalb in Grenzen, weil die 18- bis 20-Jährigen nur einen Bruchteil der Wählerschaft stellen. Bei der Bundestagswahl 2002 waren dies 3,0 Prozent aller Wähler. Wie die repräsentative Wahlstatistik belegt (sie war für die Bundestagswahlen 1994 und 1998 ausgesetzt), sind die 18- bis 24-Jährigen bei der Union (32,0 Prozent; insgesamt: 38,5 Prozent) deutlich und bei der SPD (38,1 Prozent; insgesamt: 38,5 Prozent) schwach unterrepräsentiert. Hingegen schneiden die Grünen (11,2 Prozent; insgesamt: 8,6 Prozent) und vor allem die Liberalen (10,2 Prozent; insgesamt: 7,4 Prozent) in dieser Altersgruppe überdurchschnittlich gut ab. Bei der Bundestagswahl 1990 traf dieses Ergebnis für die Union und die Grünen ebenso zu, während das für die SPD schwach überdurchschnittlich, das für die FDP schwach unterdurchschnittlich ausfiel.

Wahlrechtsreformvorschläge

Vielzahl der Wahlrechtsreformvorschläge

Die Zahl der von politischer und wissenschaftlicher Seite unterbreiteten Wahlrechtsreformvorschläge ist Legion (gewesen). Das fängt mit Verfahren zur Umsetzung von Wählerstimmen in Mandate an und hört mit mannigfachen Vorkehrungen zur Erleichterung der Wahl von Frauen (z.B. durch Einrichtung von Doppelwahlkreisen) nicht auf. Manche Ideen gehen auf die Wissenschaft, manche auf die Politik zurück. Der Deutsche Bundestag befasste sich mehrfach mit der Einführung des Ausländerwahlrechtes, jedoch ohne Erfolg. So wollten die Grünen 1989 das aktive und passive Wahlrecht auf Ausländer bei einer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von mindestens fünf Jahren übertragen; die PDS suchte in eigenen Gesetzentwürfen daran anzuknüpfen.

Eine Reform von beträchtlicher Tragweite wäre die Einführung der begrenzt-offenen Liste. Die Enquete-Kommission "Verfassungsreform" hatte bereits 1976 folgende Empfehlung ausgesprochen: Der Wähler soll mit seiner Zweitstimme - gemäß dem bayerischen Landtagswahlrecht - die Möglichkeit erhalten, die von den Parteien aufgestellteReihenfolge der Kandidaten zu ändern ("begrenzt-offene Liste" statt der bisherigen "starren Liste"). Dieser Vorschlag ist von der Politik nicht aufgegriffen worden. Die Grünen brachten 1989 einen Gesetzentwurf ein, der den Bürgern die Möglichkeit geben sollte, durch Kumulieren die Reihenfolge der Bewerber auf den Landeslisten zu ändern; die PDS wollte Präferenzstimmen vergeben lassen. Wer die erwähnten drei Kriterien zugrunde legt, kommt zu einem ambivalenten Ergebnis: Gewiss würde sich die Partizipation bei der personellen Auswahl der Abgeordneten für die Bürger erhöhen, doch ist es weder mit der Transparenz noch mit der Effizienz sonderlich gut bestellt. Die Bürger würden wohl nicht hinreichend nachvollziehen können, wonach sich der Einzug von Kandidaten ins Bundesparlament richtet, und da viele Wähler die vorgegebene Liste akzeptierten, wäre das Ausmaß der Reform vermutlich nicht hoch.

Auch die Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre, wie das mittlerweile in der Mehrheit der Bundesländer der Fall ist (nicht in Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommerm, Sachsen-Anhalt), kommt immer wieder auf die politische Agenda. Viele halten eine solche Reform für sinnvoll, um die Periode zu vergrößern, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der vorhergehenden und zukünftigen Wahl steht. Gewiss würde den Wählern damit Partizipation etwas beschnitten (sie könnten in 20 Jahren nur vier- statt fünfmal wählen), doch könnte eine solche Reform die Effizienz stärken, und es wäre auch größere Transparenz gegeben.

Einführung des Wahlrechts von Geburt an

Als Konrad Löw 1974 für "wirklich allgemeine Wahlen" eintrat, hätte er kaum zu denken gewagt, dass keine drei Jahrzehnte danach im Bundestag ein überfraktioneller Gesetzentwurf eingebracht wird, den prominente Repräsentanten der Parteien unterschrieben haben: Rainer Eppelmann, Werner Hoyer, Cornelia Piper, Hermann Otto Solms, Werner Schulz, Wolfgang Thierse, Antje Vollmer. Sie bekommen prominente Unterstützung, u.a. durch die Familienministerin Renate Schmidt, den Altbundespräsidenten Roman Herzog, den früheren Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof, Kardinal Lehmann sowie von Olaf Henkel, dem früheren Chef der Arbeitgeber.

In dem Gesetzentwurf heißt es u.a., die demographische Entwicklung mit der zunehmenden Überalterung in Deutschland gefährde die Zukunft der Gesellschaft. Eine kinderfreundliche Politik sei notwendig. Familien sollten größeren Einfluss auf die Politik erhalten. Deswegen sollte das Wahlrecht ab der Geburt im Grundgesetz verankert werden. Bis zum 18. Lebensjahr übten die Eltern dies aus. Die folgenden Überlegungen schaffen zusätzlichen Zündstoff: "Eltern sollten bei der Ausübung des Wahlrechts in Stellvertretung ihres Kindes dessen wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln berücksichtigen. Die Wahlentscheidung sollte von den Eltern, soweit es nach dem Entwicklungsstand des Kindes angezeigt ist, mit dem Kind besprochen werden."

Für die Anhänger des Wahlrechts von Geburt an ist es nicht akzeptabel, etwa 20 Prozent der Bevölkerung vom Wahlrecht auszuschließen. Es handle sich um den "vielleicht wichtigsten Beitrag zum Thema Generationengerechtigkeit". Kritiker wenden ein, beim Familienwahlrecht liege ein Verstoß gegen das Prinzip "one man, one vote" vor. Es liefe auf eine Art Pluralwahlrecht hinaus. Das Wahlrecht sei ein höchstpersönliches Recht, das nicht delegiert werden dürfe.

Die Parteien sind in dieser Frage gespalten. Am meisten engagieren sich die Liberalen für den Vorschlag, die stärksten Vorbehalte kommen von den Grünen, auch wenn aus ihren Reihen, wie gezeigt, Unterstützung signalisiert wird. Wiewohl die Parteien mehrheitlich noch skeptisch eingestellt sind, vermag eine solche Initiative eine große Dynamik zu entfalten. Das Unterfangen kann allerdings nur erfolgreich sein, wenn sich im Parlament eine Mehrheit für die Änderung der Verfassung findet, die das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag mit dem 18. Lebensjahr beginnen lässt. In absehbarer Zeit ist eine solche Mehrheit nicht zu erreichen.

Unabhängig davon, ob ein Wahlrecht von Geburt an verfassungsrechtlich bedenklich ist: Wer den politischen Einfluss der Familie steigern will, muss dies über eine bessere Familienpolitik tun. Man kann die Gleichberechtigung der Frau ja auch nicht mit dem Argument befördern wollen, ihr (vorübergehend) ein größeres Stimmrecht zu gewähren. Für den Verfasser überwiegen also die Bedenken gegenüber diesem ungewöhnlichen Vorschlag. Das Kriterium der Partizipation würde durch diesen Vorschlag zwar bestens erfüllt, aber die Transparenz bliebe auf der Strecke. Und es ist zu bezweifeln, ob ein solcher Schritt tatsächlich effektiv im Sinne der Initiatoren wäre.

Herbsetzung des Wahlrechts auf 16 Jahre

Was Friedrich Karl Fromme 1968 vermutet hatte, eine Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre werde Forderungen nach einer weiteren Herabsetzung nach sich ziehen, ist mit einem gewissen Zeitverzug eingetroffen. Einige Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein haben das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre gesenkt. Die PDS und die Grünen starteten Initiativen für ein aktives Wahlalter von 16 Jahren auch bei Bundestagswahlen. Manche Wissenschaftler wie der Bielefelder Pädagoge Klaus Hurrelmann gehen wegen des großen politischen Interesses Jugendlicher sogar noch weiter.

Unabhängig davon, ob 16-Jährige genügend politische Reife und Urteilskraft besitzen, das Hauptargument gegen das Wahlrecht für die 16-Jährigen ist darin zu sehen, dass auf diese Weise Wahlalter und Volljährigkeit entkoppelt werden. Aber zwischen beiden Altersgrenzen besteht eine starke Abhängigkeit. Rechte und Pflichten gehören zusammen. Die Volljährigkeitsgrenze auf 16 Jahre nach vorne verlegen will jedoch - zu Recht - praktisch niemand. Insofern erweist sich die Diskussion über die Senkung des Wahlalters als akademisch. Wer 16-Jährigen das Wahlrecht verleiht, ihnen aber die Volljährigkeit verweigert, entwertet es.

Die Herabsetzung des Wahlrechts auf 16 Jahre würde zwar die Partizipation fördern, aber durch die Entkopplung von Wahlalter und Volljährigkeit käme ein hohes Maß an Intransparenz auf, das zu Verwirrung führte. Zudem würde sich ein solcher Schritt angesichts der wahrscheinlich niedrigen Wahlbeteiligungsquote kaum als effizient erweisen.

Abschaffung oder Absenkung der Sperrklausel

Immer wieder ist von der Notwendigkeit die Rede, die Fünfprozenthürde abzuschaffen - sei es aus prinzipiellen Erwägungen, sei es deshalb, weil sich die Bundesrepublik Deutschland zu einem stabilen Land entwickelt habe. Die Grünen machten sich 1990 im Bundestag für die Abschaffung der Fünfprozenthürde stark, die Postkommunisten ebenso (zum Teil auch für die Absenkung auf drei Prozent). Wer für eine Absenkung des Fünfprozent-Quorums votiert, müsste negative Konsequenzen der Sperrklausel in der bisherigen Höhe nachweisen.

Kritikwürdig ist der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht eine Anhebung der Sperrklausel über fünf Prozent prinzipiell nicht duldet. "Es müssen ganz besondere zwingende Gründe gegeben sein, um eine Erhöhung des Quorums über den gemeindeutschen Satz von 5% zu rechtfertigen." Aber für die Einführung der relativen Mehrheitswahl sind solche zwingenden Gründe nicht nötig, obwohl diese doch viel einschneidender wirkt als eine "künstliche" Hürde in Höhe von fünf Prozent. Offenbar gelten "natürliche" Hürden als weitaus weniger problematisch.

Auch wenn die Sperrklausel aus den erwähnten Gründen zu rechtfertigen ist, weist sie ein gravierendes Manko auf. Wer für eine Partei votiert, die weniger als fünf Prozent erreicht, hat faktisch für den "Papierkorb" gestimmt. Seine Stimme zählt für die politische Willensbildung nichts. In einer parlamentarischen Demokratie sollte jedoch gerade das Wahlrecht als der wichtigste Partizipationsakt so konstruiert sein, dass möglichst jede Stimme zählt. Eine Möglichkeit bestünde darin, jedem Wähler eine Nebenstimme zu geben. Bekäme die Partei, für die sich der Wähler mit der Hauptstimme ausgesprochen hat, keine fünf Prozent der Stimmen, dann würde sie zwar nicht im Bundestag vertreten sein, das Votum der Wähler aber gleichwohl Berücksichtigung finden. Der Vorschlag besitzt weitere Vorteile. So können die Wähler für die Partei votieren, die ihnen am sympathischsten erscheint, weil kein Risiko vorliegt. Auf diese Weise kommt der viel berufene "Wählerwille" besser zur Geltung, zumal es so nicht mehr möglich ist, dass die Stimmen für eine Partei unterhalb der Fünfprozenthürde verloren gehen, die Stimmen für eine Partei, die knapp diese Hürde überwindet, hingegen zählen. Die "Strategie der Abschreckung", die die Wähler mitunter in ein Dilemma bringt, büßte ihre Bedeutung ein.

Der Vorschlag würde die Vorteile der Fünfprozentklausel (vor allem: Sicherung einer regierungsfähigen Mehrheit) beibehalten und deren Nachteile (vor allem: Auftreten von "Papierkorbstimmen") vermeiden. Er trägt dem Gedanken der Partizipation Rechnung, ebenso dem Prinzip der Effizienz, denn die Wirksamkeit ist vielfältig gegeben. Vielleicht stiege sogar die Wahlbeteiligung, weil jeder weiß: "Meine" Stimme kommt zum Zuge. Hingegen gilt es bei der Transparenz des Verfahrens Abstriche zu machen.

Abschaffung der Alternativklausel

Wer die Fünfprozentklausel prinzipiell für rechtens ansieht, muss nicht auch die Alternativ- oder Grundmandatsklausel bejahen, denn diese unterläuft die Sperrwirkung der Hürde zum Teil wieder. Für das Bundesverfassungsgericht stellt eine Partei, die Direktmandate erreicht, "eine besondere politische Kraft" dar. Sie habe damit Anliegen aufgegriffen, "die eine Repräsentanz im Parlament rechtfertigen". Es leuchtet schwerlich ein, dass eine Partei mit einem Anteil von 3,4 Prozent der Stimmen und sechs Direktmandaten in das Parlament einziehen kann, nicht aber eine Partei, die 4,6 Prozent der Stimmen auf sich vereinigt, aber ohne Direktmandate bleibt.

Gewiss sollen einer Partei, die Direktmandate errungen hat, diese verbleiben, doch kann es nicht sein, dass dieser Umstand von der Kautele der Fünfprozentklausel entbindet. Es bietet sich eine ersatzlose Streichung der Alternativklausel an. Dies schüfe Transparenz; eine solche Entscheidung verhülfe der Sperrklausel zu größerer Effizienz als die gegenwärtige Regelung. Der Partizipationsgedanke wird durch die Alternativklausel ebenso wenig gefördert. Schließlich begünstigt diese Minderheitspositionen. Die Streichung der Alternativklausel dürfte jedoch erst dann vorgenommen werden, wenn eine Partei (nach menschlichem Ermessen kann es nur um die PDS gehen) keine Chance (mehr) hat, von ihr zu profitieren. Andernfalls käme das Argument auf, es gehe um Wahlmanipulation. Parteien, die bei der Etablierung einer solchen Regelung diesem Vorwurf Nahrung gegeben haben, sollten ihn diesmal zu meiden suchen.

Abschaffung der Überhangmandate

Überhangmandate kommen dann zustande, wenn Parteien in den Bundesländern mehr Direktmandate erhalten, als ihnen nach dem Zweitstimmenanteil zustehen. Die Gesamtzahl der Sitze erhöht sich um diese Mandate ("Überhangmandate"). Sie spielten vor allem in den neunziger Jahren eine größere Rolle (1990: 6; 1994: 16; 1998: 13). Bei der Bundestagswahl 2002 erzielte die SPD deren vier, die CDU eines. Die Ursachen gehen auf Faktoren zurück, die sich teils wechselseitig bedingen, teils aufheben: nicht nur auf das spezifische Wahlverhalten in einem Bundesland (knappe Wahlkreismehrheiten; niedrige Wahlkreisgewinne wegen starker Drittparteien; Stimmensplitting; niedrige Wahlbeteiligungsquote), sondern auch auf die unterdurchschnittliche Wahlkreisgröße in einem Bundesland sowie auf Zufälle bei der Reststimmenverwertung.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Überhangmandate immer wieder gerechtfertigt, weil sie eine "notwendige Folge des besonderen Charakters der personalisierten Verhältniswahl" seien. Tatsächlich können sie häufig zufallsbedingt auftreten. Ihre Existenz lässt sich schwerlich mit Partizipations-, Transparenz- und Effizienzkriterien legitimieren. Eine Abschaffung der Überhangmandate ist daher notwendig. Sie entfielen durch die Verrechnung der Direktmandate einer Partei von ihren Listenmandaten, ohne diese zunächst auf die einzelnen Länder aufzuteilen. Die Reform könnte umgehend erfolgen, da sich Überhangmandate im Voraus nicht kalkulieren lassen. Ihre Abschaffung garantiert die Kongruenz von Stimmen- und Mandatsanteil. Die stimmenstärkste Partei wäre auch die mandatsstärkste.

Abschaffung des Zweistimmensystems

Wie oben ausgeführt, hat sich das Zweistimmensystem nicht sonderlich bewährt. Es fördert den Missbrauch, zumindest aber Missverständnisse in eklatantem Maße. Das Stimmensplitting trägt zur Verwirrung bei. Vor allem kann es nicht die Möglichkeit der personellen Funktion erfüllen. In der Tat wirkt sich das Zweistimmenmodell "negativ auf die Legitimität des demokratischen Systems" aus. Daher wäre eine Rückkehr zum Einstimmensystem von 1949 sinnvoll, Defizite des gegenwärtigen Systems ließen sich so beseitigen. Der personelle Faktor gewönne gerade bei einem Einstimmensystem eine Bedeutung, die er heute nicht annähernd hat. Sollte der Wähler zwischen dem Kandidaten der Partei A und der Partei B schwanken, müsste er sich entscheiden, wem er die Stimme gibt. Das Votum für den Kandidaten der Partei A käme zugleich der Partei zugute, das Votum für die Partei B zugleich ihrem Kandidaten. Parteien wären gezwungen, überall Kandidaten aufzustellen. Vielleicht würde sich so die politische Rekrutierung für die Parlamente verbessern. Dieses Verfahren entzieht dem Wähler zwar eine Partizipationsmöglichkeit, doch unter dem Aspekt von Effizienz und Transparenz verdient das Einstimmensystem den Vorzug.

Die möglichen Auswirkungen sind schwer einzuschätzen. Gewiss würden die Wahlkreiskandidaten bei dem Wählervotum weiterhin wohl nur eine marginale Rolle spielen. Doch in dem Fall, in dem jemand sich ganz bewusst für einen Kandidaten entscheidet, hat dies Konsequenzen für die Größenverhältnisse der Parteien.

Schlussbemerkung

Das Urteil über die (wesentlichen) Wahlrechtsänderungen wie über die Wahlrechtsreformvorschläge fällt unterschiedlich aus. Einige Revisionen wie die Verschärfung der Sperrklausel mit der Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet und die Einführung der Briefwahl sind sinnvoll, andere wie die Etablierung des Zweistimmensystems und die Senkung des Wahlalters (ohne zugleich das Alter der Volljährigkeit zu reduzieren) problematisch. Ähnlich fällt der Befund für die Reformvorschläge aus. Sie erscheinen zum Teil überzeugend (wie die Abschaffung des Zweistimmensystems, der Alternativklausel und der Überhangmandate), zum Teil weniger einleuchtend (wie das Wahlrecht von Geburt an, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre sowie die Abschaffung der Fünfprozentklausel).

Wer die nur angedeutete Vielzahl der Vorschläge Revue passieren lässt, darf angesichts von begrenzter Relevanz nicht der Vorstellung huldigen, eine solche Reform symbolisiere den Stein der Weisen. Und: Die Annahme, sie habe diese oder jene Auswirkung, muss so nicht stimmen. Der Wille der Wähler - er ist glücklicherweise unberechenbar. Es besteht kein zwingender Zusammenhang zwischen der prinzipiellen Notwendigkeit einer Reform und der Aussicht, dass sie auch zustande kommt. Politische Überlegungen verwässern manche Reform.

Eingangs war davon die Rede, dass die Diskussion über die Einführung eines Mehrheitswahlsystems verstummt ist. Diese könnte unter bestimmten Voraussetzungen wie den folgenden wieder aufleben: Verhinderung einer Mehrheit durch eine als "regierungsunfähig" geltende Partei; weite Auffächerung des Parteiensystems bis hin zu erfolgreichen extremistischen Parteien von links und rechts; Bildung anderer Koalitionen als vor der Wahl verkündet; permanente Asymmetrie des Parteiensystems; mangelnde Zurechenbarkeit politischer Entscheidungen durch Kungeleien in den Ausschüssen. Doch spricht für eine solch "große Wahlrechtsreform" wenig. Politiker, Publizisten und Politologen werden sich auf absehbare Zeit mit "kleinen Wahlrechtsreformen" bescheiden müssen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Nach 1957 gewann die FDP nur ein Direktmandat (im Jahr 1990 durch Uwe Lühr), und Bündnis 90/Die Grünen errang bisher erst ein einziges Direktmandat (im Jahr 2002 durch Christian Ströbele).

  2. Vgl. Heinrich Pehle, Ist das Wahlrecht in Bund und Ländern reformbedürftig? Eine Bilanz seiner Mängel und Ungereimtheiten nach 50 Jahren, in: Gegenwartskunde, 48 (1999), S. 233 - 256. Im Jahr 2004 findet zum ersten Mal - in Hamburg - ein Volksentscheid über die Reform des Landtagswahlrechts statt. Die Initiatoren des Volksbegehrens "Mehr Bürgerrechte - Ein neues Wahlrecht für Hamburg" fordern u.a. Mehrmannwahlkreise und mehrere Stimmen für jeden Wähler.

  3. Vgl. Bundestagsdrucksache 15/1544 vom 11. 9. 2003, insbes. die Ausführungen in Abschnitt III.2.

  4. Freilich wäre die SPD dank des Gewinns von vier Überhangmandaten (CDU: ein Überhangmandat) die stärkste Fraktion geblieben und hätte weiterhin das Amt des Bundespräsidenten gestellt.

  5. Beschluss des Zweiten Senats vom 23. 11. 1988 - 2 BvC 3/88 -, S. 6.

  6. Vgl. Joachim Peter, Wahlergebnis: Union will offenbar Verfassungsklage anstrengen, in: Die Welt vom 10. 10. 2002; ders., Union legt Beschwerde gegen Wahlergebnis ein, in: ebd. vom 11. 10. 2002; Friedrich Karl Fromme, Ist die SPD zu Recht die stärkste Fraktion?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.12. 2002.

  7. Vgl. Joachim Peter, Zählverfahren der Wahl 2002 nicht korrekt?, in: Die Welt vom 14. 10. 2003; ders., Prüft Karlsruhe die Bundestagswahl?, in: ebd. vom 24. 10. 2003.

  8. Vgl. Winfried Steffani, Parlamentarische Demokratie. Zur Problematik von Effizienz, Transparenz und Partizipation, in: ders. (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Opladen 1973, S. 17 - 40.

  9. Darüber informiert minutiös Wolfgang Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag. Kommentar zum Bundeswahlgesetz, Köln 20027; vgl. ferner Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999. Eine Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, Baden-Baden 1999, S. 27 - 47.

  10. Wilhelm Hennis, Amtsgedanke und Demokratiebegriff, in: ders., Missverstandene Demokratie, Freiburg u.a. 1973, S. 145f.

  11. Vgl. für Einzelheiten: Eckhard Jesse, Wahlrecht zwischen Kontinuität und Reform. Eine Analyse der Wahlsystemdiskussion und der Wahlrechtsänderungen in der Bundesrepublik Deutschland 1949 - 1983, Düsseldorf 1985, S. 211 - 367.

  12. Allerdings war dies nicht in jedem Fall eine Verschärfung. Denn 1949 zogen Parteien nur in jenen Bundesländern in den Bundestag ein, in denen sie mehr als fünf Prozent der Stimmen erreicht hatten. So konnte die KPD (mit 5,7 Prozent der Stimmen) lediglich gut drei Prozent der Mandate erhalten. Hingegen profitierten die Bayernpartei (4,2 Prozent), die Deutsche Partei (4,0 Prozent), das Zentrum (3,1 Prozent), die Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (2,9 Prozent) und die Deutsche Rechtspartei (0,8 Prozent) von der Regelung des Jahres 1949.

  13. Vgl. Michael Antoni, Die Legende von Weimar - 30 Jahre grundgesetzwidrige 5%-Klausel, in: Demokratie und Recht, 7 (1979), S. 402 - 415; ders., Grundgesetz und Sperrklausel. 30 Jahre 5%-Quorum - Lehre aus Weimar?, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen (ZParl), 11 (1980), S. 93 - 109.

  14. Umso mehr muss es irritieren, dass selbst Anhänger der Mehrheitswahl wie Dolf Sternberger die Fünfprozenthürde kritisiert haben - offenbar deshalb, weil sie aus einem Wahlrechtsdogmatismus heraus nur die relative Mehrheitswahl oder die reine Verhältniswahl als rechtens ansehen.

  15. Zum Sonderfall des Jahres 1990 mit den Sperrklauseln für das Wahlgebiet Ost und das Wahlgebiet West vgl. Eckhard Jesse, Die institutionellen Rahmenbedingungen der Bundestagswahl vom 2. Dezember 1990, in: Hans-Dieter Klingemann/Max Kaase (Hrsg.), Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 1990, Opladen 1994, S. 15 - 41.

  16. Zur Kritik vgl. u.a. Ulrich Wenner, Sperrklauseln im Wahlrecht der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt/M. 1986; Ernst Becht, Die 5 %-Klausel im Wahlrecht. Garant für ein funktionierendes parlamentarisches Regierungssystem?, Stuttgart 1990.

  17. Die zweite Ausnahme betrifft die Parteien nationaler Minderheiten. So konnte der Südschleswigsche Wählerverband bei der Bundestagswahl 1949 mit 0,3 Prozent der Stimmen ein Mandat gewinnen. Vgl. für Einzelheiten Angelika Kühn, Privilegierung nationaler Minderheiten im Wahlrecht der Bundesrepublik Deutschland und Schleswig-Holsteins, Frankfurt/M. 1991.

  18. Tatsächlich spielten bei der Einführung der Alternativklausel strategische Überlegungen eine große Rolle.

  19. Vgl. Harald Schoen, Mehr oder weniger als fünf Prozent - ist das wirklich die Frage?, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 51 (1999), S. 565 - 582.

  20. Allerdings wurde der Einzug des Zentrums 1953 und der Deutschen Partei (DP) 1957 in den Deutschen Bundestag nur durch Wahlkreisabsprachen mit der CDU ermöglicht.

  21. Vgl. zu den Hintergründen Erhard H.M. Lange, Wahlrecht und Innenpolitik. Entstehungsgeschichte und Analyse der Wahlgesetzgebung und Wahlrechtsdiskussion im westlichen Nachkriegsdeutschland 1945 - 1956, Meisenheim am Glan 1975, insbes.S. 411 - 563.

  22. Vgl. Eckhard Jesse, Split-voting in the Federal Republic of Germany: An Analysis of the Federal German Elections from 1953 to 1987, in: Electoral Studies, 7 (1988), S. 109 - 124; Geoffrey K. Roberts, The "second-vote" strategy of the West German Free Democratic Party, in: Journal of Political Research, 16 (1988), S. 317 - 337; Richard Hilmer/Nicolaus Schleyer, Stimmensplitting bei der Bundestagswahl 1998. Strukturen, Trends und Motive, in: Jan van Deth/Hans Rattinger/Edeltraud Roller (Hrsg.), Die Republik auf dem Weg zur Normalität? Wahlverhalten und politische Einstellungen nach acht Jahren Einheit, Opladen 2002, S. 173 - 197.

  23. Vgl. Rüdiger Schmitt-Beck, Denn sie wissen nicht, was sie tun (...) Zum Verständnis des Verfahrens der Bundestagswahl bei westdeutschen und ostdeutschen Wählern, in: ZParl, 24 (1993), S. 393 - 415; Harald Schoen, Eine oder zwei Stimmen - fundierte Debatte oder viel Lärm um nichts?, in: J.van Deth/H. Rattinger/E. Roller (Anm. 22), S. 145 - 172.

  24. Die Vorstellung, dass 5,6 Prozent der Wähler die Grünen mit beiden Stimmen gewählt haben, ist nicht triftig, da nur 49,4 Prozent der Erststimmenwähler der Grünen dies auch mit ihrer Zweitstimme taten. Mithin votierten bloß 2,8 Prozent der Wähler mit beiden Stimmen für die Partei.

  25. Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wahl zum 15.Deutschen Bundestag am 22. September 2002. Heft 4: Wahlbeteiligung und Stimmabgabe der Männer und Frauen nach dem Alter, Wiesbaden 2003, S. 20.

  26. Vgl. bereits kurz nach der Einführung der Briefwahl: Karl-Heinz Seifert, Briefwahl und Grundgesetz, in: Die Öffentliche Verwaltung, 11 (1958), S. 513 - 516.

  27. Vgl. Statistisches Bundesamt (Anm. 25), S. 10.

  28. Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Wahl zum 12. Deutschen Bundestag am 2. Dezember 1990. Heft 5: Textliche Auswertung der Wahlergebnisse, Wiesbaden 1992, S. 37.

  29. Vgl. ebd., S. 46.

  30. Vgl. Siegfried Brill/Franz Xaver Butterhof, Wählen mit 18?, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn o.J. (1969).

  31. Seit dem 1. Januar 1975 ist die Volljährigkeit mit dem Beginn des 18. Lebensjahres gegeben (und damit auch das passive Wahlrecht).

  32. Vgl. Matthias Metje, Die Beteiligung von Frauen und Männern an Bundestagswahlen. Eine Untersuchung der Alters- und Generationseffekte, in: ZParl, 22 (1991), S. 358 - 376.

  33. Vgl. Eckhard Jesse, Die Bundestagswahlen von 1990 und 2002 im Spiegel der repräsentativen Wahlstatistik, in: ZParl, 34 (2003) 4 (i.E.).

  34. Vgl. Hans Rattinger, Das Wahlverhalten bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl nach Alter und Geschlecht: Ergebnisse der "Repräsentativen Wahlstatistik", in: ZParl, 23 (1992), S. 266 - 280.

  35. Vgl. Eckart Bomsdorf, Ein neues Verfahren zur Umsetzung von Wählerstimmen in Mandate, in: ZParl, 18 (1987), S. 221 - 228.

  36. Vgl. Dieter Nohlen, Wahlsystemreform: Ein wirkungsvoller Weg zur Steigerung des Frauenanteils in Parlamenten?, in: ZParl, 18 (1987), S. 228 - 231; Kathrin Heepe, Bessere Wahlchancen von Frauen durch Personalwahlsysteme?, in: ZParl, 20 (1989), S. 102 - 113.

  37. Vgl. Bundestagsdrucksachen 11/4462 vom 3. 5. 1989, 12/5128 vom 15. 6. 1993, 13/3520 vom 17. 1. 1996.

  38. Vgl. Joachim Henkel, Die Auswahl der Parlamentsbewerber. Grundfragen - Verfahrensmodell, Berlin-New York 1976.

  39. Vgl. Bundestagsdrucksache 11/5918 vom 29. 11. 1989.

  40. Vgl. Bundestagsdrucksache 12/5128 vom 15. 6. 1993.

  41. Die Wahlperiode im Kommunalwahlrecht beträgt fünf Jahre - bis auf Bayern (sechs) und Sachsen-Anhalt (vier).

  42. Vgl. Konrad Löw, Das Selbstverständnis des Grundgesetzes und wirklich allgemeine Wahlen, in: Politische Studien, 25 (1974) 213, S. 19 - 29.

  43. Vgl. Matthias Gierth, Kinder an die Macht, in: Rheinischer Merkur vom 21. 8. 2003.

  44. Bundestagsdrucksache 15/1544 vom 11. 9. 2003, S. 4.

  45. Vgl. Lore Maria Peschel-Gutzeit, Das Wahlrecht von Geburt an: Ein Plädoyer für den Erhalt unserer Demokratie; Winfried Steffani, Wahlrecht von Geburt an als Demokratiegebot?, beide in: ZParl, 30 (1999), S. 556 - 563, S. 563 - 569.

  46. Kathrin Spoer, Kinderwahlrecht, in: Die Welt vom 11. 8. 2003.

  47. Vgl. Ingo von Münch, Kinderwahlrecht, in: Neue Juristische Wochenschrift, 48 (1995), S. 3165f.; Rudolf Wassermann, Das Kinderwahlrecht - ein Irrweg, in: MUT, (1999) 6, S. 36 - 41.

  48. Vgl. Friedrich Karl Fromme, Reformen und Reförmchen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. 6. 1968.

  49. Vgl. Klaus Hurrelmann, Für eine Herabsetzung des Wahlalters, in: Christian Palentien/KlausHurrelmann (Hrsg.), Jugend und Politik. Ein Handbuch für Forschung, Lehre und Praxis, Neuwied 1998, S. 280 - 289.

  50. Vgl. Christoph Knödler, Wahlrecht für Minderjährige - eine gute Wahl?, in: ZParl, 27 (1996), S. 553 - 571.

  51. Vgl. Ursula Hoffmann-Lange/Johann de Rijke, 16-jährige Wähler - erwachsen genug? Die empirischen Befunde, in: ZParl, 27 (1996), S. 585.

  52. BVerfGE 1, 256.

  53. Vgl. E. Jesse (Anm. 11), S. 254 - 260.

  54. Wolfgang Hartenstein, Den Wählern auf der Spur. Mit einem Geleitwort von Jörg Schönenborn, ARD-Wahlmoderator, St. Ingbert 2002, S. 175.

  55. 2 BvC 3/96, S. 20.

  56. Ebd., S. 21.

  57. Das Beispiel ist nicht konstruiert: Die DP zog bei der Bundestagswahl 1957 wegen ihrer Direktmandate mit 3,4 Prozent der Stimmen in den Bundestag (dank der Unterstützung der CDU, die in einigen Wahlkreisen auf die Aufstellung von Kandidaten verzichtet hatte), nicht jedoch der Gesamtdeutsche Block/Block der Heimatvertriebenen (BHE) mit 4,6 Prozent der Stimmen (aber ohne den Gewinn von Direktmandaten).

  58. Vgl. David N. Rauber, Überhangmandate - keine Überraschungen (mehr), in: ZParl, 34 (2003), S. 116 - 122. Anmerkung der Redaktion: Zu Überhangmandaten siehe auch den Beitrag von Joachim Behnke in dieser Beilage.

  59. Vgl. Florian Grotz, Die personalisierte Verhältniswahl unter den Bedingungen des gesamtdeutschen Parteiensystems. Eine Analyse der Entstehungsursachen von Überhangmandaten seit der Wiedervereinigung, in: Politische Vierteljahresschrift, 41 (2000), S. 707 - 729; Joachim Behnke/Ruth Kamm/Thomas Sommerer, Der Effekt der Neueinteilung der Wahlkreise auf die Entstehung von Überhangmandaten, in: ZParl, 34 (2003), 122 - 145.

  60. BVerfGE 16, 140.

  61. Dietrich Thränhardt, Die DVU: eine virtuelle Partei, durch manipulierbares Wahlrecht begünstigt - ein Plädoyer zur Wahlrechtsreform, in: ZParl, 29 (1998), S. 448.

  62. Dafür wurde bereits früher plädiert. Vgl. E. Jesse (Anm. 11), S. 307 - 311.

  63. Vgl. ders., Ist das Wahlsystem zum Deutschen Bundestag reformbedürftig? Eine politikwissenschaftliche Analyse, in: Hans-Dieter Klingemann/Max Kaase (Hrsg.), Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 1998, Wiesbaden 2001, S. 503 - 527.

Dr. phil., Dipl.-Pol., geb. 1948; Professor für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz.
Anschrift: Reichenhainer Str. 41, 09126 Technische Universität Chemnitz.
E-Mail: E-Mail Link: eckhard.jesse@phil.tu-chemnitz.de

Veröffentlichungen u. a.: Die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung in das politische System, Baden-Baden 1997(8); (Hrsg.) Eine Revolution und ihre Folgen, Berlin 2001(2); (Hrsg. zus. mit R. Sturm) Demokratien des 21. Jahrhunderts im Vergleich, Opladen 2003; (Hrsg.) Bilanz der Bundestagswahl 2002, Wiesbaden 2003; (Hrsg.) Deutsche Geschichte - vom Kaiserreich bis heute, München 2003; (Hrsg. zus mit U. Backes) Jahrbuch Extremismus & Demokratie (seit 1989).