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Partizipation und Repräsentation von Frauen in arabischen Ländern | Frauen wählen | bpb.de

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Partizipation und Repräsentation von Frauen in arabischen Ländern

Hoda Salah

/ 20 Minuten zu lesen

In fast allen arabischen Staaten gibt es mittlerweile das Frauenwahlrecht. Von gleichberechtigter Teilhabe sind die Frauen aber oft weit entfernt. Das Spannungsfeld zwischen Religionsgesetz und (semi-)säkularem Staat bildet das Haupthindernis für die Umsetzung ihrer Rechte.

In Syrien, Tunesien, Ägypten und im Libanon erhielten Frauen in den 1950er Jahren das Wahlrecht – in Saudi-Arabien durften Frauen erst 2015 wählen gehen, und dies nur auf Gemeindeebene. Dies zeigt, wie unterschiedlich Prozesse der (politischen) Ermächtigung von Frauen in verschiedenen arabischen Ländern verlaufen sind. Alle Besonderheiten einzelner Gesellschaften und Frauenbewegungen zu behandeln, würde den Rahmen dieses Beitrags überschreiten, daher werde ich Entwicklungen in ausgewählten Staaten exemplarisch behandeln. Zunächst gehe ich auf die Wellen der Frauenbewegung bis in die Gegenwart ein, um anschließend einige Statistiken zur politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Integration von Frauen in arabischen Staaten zu präsentieren. Aktuelle Herausforderungen im Spannungsfeld von Staat, Religion und Zivilgesellschaft, in dem sich arabische Frauen als politische Akteurinnen und Trägerinnen des Wandels bewegen, skizziere ich am Schluss.

Die ersten drei Wellen der Frauenbewegung

Die erste Welle der Frauenbewegung ist in der sogenannten kolonialen Phase der arabischen Länder zwischen 1890 bis 1950 verortet. In Bezug auf Länder wie Ägypten oder dem Libanon wird in der Forschung diese Phase trotzdem oft als liberale Phase bezeichnet. Denn in dieser Zeit blühte die Kunstszene auf, insbesondere die Film- und Literaturproduktion. Neue Parteien und Bewegungen wie die Frauenbewegung, die Arbeiterbewegung, die marxistische Bewegung, die Muslimbruderschaft und die nationalistische Bewegung entstanden in dieser Zeit, die einen großen Gestaltungsspielraum bot. Seit dieser Frühphase hat sich bis heute die Frauenbewegung in verschiedenen arabischen Ländern weiter ausdifferenziert. Dazu gehören unterschiedliche Strömungen wie die säkularen, die liberalen, die nationalistischen, die kommunistischen und die islamischen Frauenbewegungen, die teilweise unterschiedliche Ziele verfolgen.

In ihrer Frühphase war die Frauenbewegung mit ihren Strömungen in den arabischen Ländern Bestandteil der Widerstandsbewegung gegen die britische, französische, italienische oder spanische Kolonialherrschaft. In Ägypten, Marokko, Tunesien oder Algerien verließen Frauen den abgeschlossenen Bereich des Harems, legten ihr Kopftuch beziehungsweise ihren Gesichtsschleier ab und nahmen an Demonstrationen gegen den Kolonialismus teil. Sie kämpften auch gegen ihre heimischen Genossen und Kontrahenten, die Frauenrechte ablehnten oder keine Frauen in ihren Parteien zulassen wollten. Die Frauenbewegung war zugleich auch Ausdruck des Zeitgeistes der "Al-Nahḍa", das heißt der arabischen Renaissance beziehungsweise Erwachen, Erneuerung oder Modernisierung. Obwohl der Frauenbewegung weitgehend fromme Musliminnen, Jüdinnen und Christinnen angehörten, war sie weltlich ausgerichtet. Zu ihren Zielen zählten die Unabhängigkeit ihrer Länder, die Gleichberechtigung der Frauen, die Adaption liberaler Ideen der Moderne wie die Einführung der Demokratie sowie die Neuinterpretation religiöser Normen. Frauenrechtlerinnen forderten in den 1920er Jahren gleiche Bildungschancen und die Einführung des Wahlrechts und damit den Zugang zum politischen und öffentlichen Leben; sie kämpften aber auch um die Rechte der Frauen im Privatbereich. Hier traten sie in erster Linie für Reformen des Familienrechts ein, wie etwa für das Verbot der Polygamie.

Die zweite Welle der Frauenbewegung entstand in den 1950er bis 1970er Jahren. In dieser Zeit übernahmen viele der postkolonialen, neu gebildeten arabischen Staaten sozialistische und panarabische Ideologien (mit Ausnahme des Libanons oder Monarchien wie in Marokko). Aus Angst vor einer drohenden inneren Spaltung beendeten die Machthaber in Tunesien, im Irak oder in Syrien die liberale Phase und schalteten beispielsweise in Ägypten, in Syrien oder im Sudan die verschiedenen Parteien, Bewegungen und Verbände unter einer eigenen staatlichen Organisation und sozialistischen Union zusammen. Die verschiedenen Frauenorganisationen wurden wie andere Bewegungen unterdrückt oder aufgelöst. Die autoritären Staaten zwangen den BürgerInnen ihren Wertekanon auf. Eine parlamentarische Opposition, die kontroverse Debatten anstößt, wurde nicht zugelassen; Meinungspluralismus war nicht erwünscht.

United Nations Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017, S. 9, Externer Link: https://www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/women-political-representation-arab-region-english.pdf.; Interparlamentarische Union, o. D., Externer Link: http://archive.ipu.org/wmn-e/suffrage.htm; UN Women, Progress of the World’s Women: In Pursuit of Justice, 2011, Externer Link: www.unwomen.org//media/headquarters/attachments/sections/library/publications/2011/progressoftheworldswomen-2011-en.pdf?la=en&vs=2835. (© United Nations Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017)

Die Grundsätze für Frauenrechte wurden von staatlicher Seite verordnet und flossen in die Verfassungen der arabischen Staaten ein. In diesem Zusammenhang spricht man in der Forschung von "Staatsfeminismus". Frauen wurde das Recht auf Bildung, auf Arbeit und auf politische Partizipation zugesprochen. Das Erbe dieser sozialistischen Phase mit ihrem Staatsfeminismus ist seit den 1950er Jahren bis in die Gegenwart wirksam. Gemäß den semisäkularen Verfassungen in den meisten arabischen Ländern, besonders in den nordafrikanischen sowie im Libanon, in Syrien, im Irak und in Jordanien, sind Frauen als Staatsbürgerinnen den Männern rechtlich gleichgestellt. Frauen aus der unteren und mittleren Schicht wurde der Zugang zu kostenloser Bildung ermöglicht, und ihre Aufstiegschancen stiegen. Allerdings mussten sich arabische Frauenrechtlerinnen das allgemeine Wahlrecht hart erkämpfen. Zum Beispiel in Ägypten: Als sich der ägyptische Staat unter Präsident Gamal Abdel Nasser weigerte, den Frauen ihr Wahlrecht zu geben, organisierte die Frauenrechtlerin Doria Shafik mit 1500 Frauen eine Demonstration. Sie besetzten das Parlament und traten in den Hungerstreik. Unter nationalem und internationalem Druck erkannte der Staat unter Nasser den Frauen das Wahlrecht zu. Zwei Jahre später, 1956, erhielten ägyptische Frauen das aktive und das passive Wahlrecht. Andere arabische Länder folgten (zur Einführung des Frauenwahlrechts in arabischen Staaten siehe die Zeittafel).

Die dritte Welle der Frauenbewegung setzte in den 1970er Jahren ein, unmittelbar nach der Niederlage Ägyptens, Syriens und Jordaniens gegen Israel 1967, die mit dem Scheitern des Sozialismus einherging und die arabischen Hoffnungen hinsichtlich einer Modernisierung des Staates und einem damit verbundenen Wohlstand zerstörte. Viele arabische Staaten orientierten sich zunehmend an westeuropäischen Staaten sowie den USA, rekonstruierten die Zivilgesellschaft und adaptierten ein ökonomisches Mischsystem zwischen neoliberaler und sozialer Marktwirtschaft. Die politischen Systeme der meisten arabischen Ländern sind daher pluralisierte autoritäre Systeme. Die Frauenbewegungen erlebten einen Aufschwung. In dieser Zeit entstand wieder eine Vielzahl von Frauenorganisationen aller Strömungen, ob säkular bis islamisch, nasseristisch bis nationalistisch, liberal bis konservativ. Die Frauenrechtsaktivistinnen waren gut vernetzt und gründeten Gender-Studies-Abteilungen an den Universitäten; im Libanon bereits 1973, in den Maghrebstaaten Ende der 1980er Jahre und in anderen Ländern in den 1990er Jahren.

Bis heute im Gange ist eine "NGOisierung" der Frauenbewegung, die in dieser Phase ihren Anfang nahm; zugleich setzten zunehmend auch eine Zersplitterung und ideologische Konflikte in der Frauenbewegung ein. Geld aus westlichen Ländern kommt primär säkularen Frauenbewegungen zugute, islamische Bewegungen hingegen werden durch Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar unterstützt. Im Gegensatz zur liberalen Phase der 1920er Jahre, als die meisten Frauenbewegungen von einheimischen Sponsoren unterstützt wurden und daher eher unabhängiger agierten, sie ihre Arbeit vielfältig und selbstbestimmt gestalten konnten und von vielen freiwilligen Frauenrechtlerinnen getragen waren, sind die Frauenbewegungen seit den 1980er Jahren vorwiegend von internationalen Geldgebern abhängig. Diese Abhängigkeit, die sich auch auf die Auswahl der Themen und Projekte erstreckt, die Entstehung eine Berufselite von Menschenrechtlerinnen, der fehlende Wille und die Unfähigkeit, inländische Geldgeber zu finden sowie Freiwillige zu gewinnen, sind neben der Bindung an die Tradition und die autoritären Systeme einige der großen Hindernisse und auch Herausforderungen, denen die Frauenbewegungen in arabischen Ländern gegenüberstehen.

Islamischer Feminismus

Seit den 1970er Jahren stellt der politische Islam beziehungsweise Islamismus in arabischen Ländern als alternative Ideologie zu Liberalismus und Sozialismus die einflussreichste gesellschaftliche und politische Kraft dar. Die islamische Frauenbewegung ist in den 1990er Jahren entstanden und wird in der Forschung "islamischer Feminismus" genannt. Dieser ist ein Frauenrechtsdiskurs, der sich im Rahmen des islamischen Paradigmas bewegt und Frauenrechte auf religiöse Texte anwendet. Islamische Aktivistinnen weltweit bezeichnen ihr Engagement für Frauenrechte mit dem arabischen Wort "Jihad", was so viel wie "Bemühung" oder "Anstrengung" bedeutet. Die meisten führen die Unterdrückung der Frau auf eine patriarchalische Interpretation der Religion zurück und versuchen dagegen vorzugehen, indem sie den "Ijtihad" – das Bemühen um eine eigenständige neue Interpretation der heiligen Schrift – einfordern. Sie wollen die Re- und Dekonstruktion bisheriger Lesarten durch eine gendersensitive Lesart der heiligen Schriften wie auch der Geschichte der Frauen im Islam ersetzen. Der islamische Feminismus ist zwar ein Zweig des nichtmilitanten Islamismus beziehungsweise politischen Islam, wehrt sich aber dagegen, dass Frauenrechte im Namen der Religion missachtet werden.

Im islamischen Feminismus lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Die erste Gruppe steht für komplementäre Geschlechterrechte, ihre Akteure sind SalafistInnen, Muslimbrüder und -schwestern und die Mehrheit der konservative Muslime. Die jeweiligen Unterschiede der Geschlechterrollen begründen die Aktivistinnen zum einen durch biologische Unterschiede und zum anderen mit der Stabilisierung der islamischen Gemeinschaft durch die sich ergänzenden Geschlechterrollen. Diese islamischen Frauenrechtsaktivistinnen engagieren sich für die Gleichwertigkeit der komplementären Geschlechterrollen, nicht für Gleichberechtigung. Zudem sehen es die Vertreterinnen dieses Diskurses als berechtigt an, dass die Frau weniger erbt als der Mann oder einige Berufe nicht ausüben darf. Dies sei keine Diskriminierung, sondern entspreche der "Natur der Frau". Die Dominanz des Mannes wird als finanzielle Verantwortung und Bürde des Mannes gegenüber Frau und Familie interpretiert. Statt auf das Gehorsamkeitsprinzip zu verweisen, betonen diese islamischen Frauenrechtsaktivistinnen die im Koran erwähnte Ehe als einen Bund der Zärtlichkeit und Zuneigung, der auch in Einzelfällen die materielle Unterstützung des Mannes durch die Frau nicht ausschließt.

Es gibt eine zweite, kleinere Gruppe: Al-Wasat, die Mitte. Ihre Mitglieder verwenden explizit den Begriff "Feminismus" und sehen im Islam eine feministische Religion, in der die Gleichberechtigung seit 1400 Jahren tief verankert sei. Frauen würden im Koran in gleichem Maß wie Männer angesprochen und besäßen dieselben Rechte und Pflichten. Al-Wasat stellt die Frau dem Mann emotional und physisch gleich, beschränkt die Vormundschaft des Mannes (Qawama) nur auf seine Familie und lässt nicht zu, dass sie sich auf Frauen in der Öffentlichkeit erstreckt. Dies bedeutet nichts Geringeres als die Gleichstellung von Mann und Frau in der Öffentlichkeit.

Die dritte Gruppe ist eine winzige Minderheit und bildet einen Gegendiskurs, der den hegemonialen offiziellen Diskurs über den Islam und die Frauenrechte und andere islamische feministische Strömungen herausfordert. Ihre Mitglieder betonen, dass der Islam für die partnerschaftliche und gleichberechtigte Beziehung zwischen Mann und Frau stehe – auch im Privatbereich und im Erbrecht.

Die vierte Welle der Frauenbewegung

Die vierte Welle der Frauenbewegung begann einige Jahre vor dem sogenannten Arabischen Frühling und dauert bis in die Gegenwart. WegbereiterInnen der Revolutionen waren vor allem auch junge Frauenbewegungsaktivistinnen sowie Jugendbewegungen aller Strömungen von säkular über sozialistisch und nationalistisch bis islamisch. Seitdem vollziehen sich gravierende Veränderungen auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft, in der Familie, zwischen den Generationen und den Geschlechtern, auf den Straßen und an den Arbeitsplätzen. Religiöse, kulturelle, soziale und künstlerische Initiativen in arabischen Gesellschaften greifen gesellschaftliche Tabuzonen auf und bieten alternative Lebensmodelle an. Anhand ihrer Fokussierung auf Themen wie den Frauenkörper, die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen, die Ächtung sexueller Gewalt in der Ehe und die Bestrafung der sexuellen Belästigung in der Öffentlichkeit lässt sich zeigen, dass der Arabische Frühling auch eine kleine "sexuelle Revolution" war. Diese soziopolitischen Dimensionen des arabischen Umbruchs sind als Folge der Generationen- und Geschlechterkonflikte zu würdigen.

Die in den arabischen Ländern nach dem Arabischen Frühling entstandenen neuen Frauenbewegungen laden viele Männer aktiv dazu ein, sich an den Diskussionen und Aktivitäten zu beteiligen. Dies stellt eine Neuerung gegenüber den "alten" beziehungsweise tradierten Frauenbewegungen dar, die Männer zumeist ausgeschlossen hatten. Diese neue Generation von Frauen eröffnet auch den Männern eine Möglichkeit, über ihre Männlichkeit zu reflektieren. Männliche Aktivisten verändern die Gesellschaft von unten nach oben. Während in den traditionellen Repräsentationen von Staatlichkeit in der arabischen Welt formale, Stärke zeigende, repräsentative Bilder männlicher "Führer" imaginiert werden, präsentieren insbesondere in den vergangenen zehn Jahren kulturelle, soziale und künstlerische Initiativen zunehmend auch alternative Repräsentationen arabischer Männlichkeiten und Geschlechterverhältnisse. Eine wachsende Zahl arabischer Männer sieht in den aktuellen Umbrüchen auch Chancen für eine gesellschaftliche Transformation ihrer Rollen. Die Männerrechtsaktivisten distanzieren sich von männlicher und patriarchalischer sexueller Gewalt gegen Frauen, religiösem Eifertum und von der Unterdrückung der Homosexualität. Sie bieten neue Geschlechterrollen als egalitäre und fürsorgliche Partner. Männliche Aktivisten nutzen die Künste wie Malerei, Grafik, Musik, Theater als Form von Kritik und Widerstand gegen die Strukturen der Gesellschaft und des Staates und stoßen dadurch Debatten und Praktiken zu Veränderungen an.

Auch immer mehr arabische Frauen stellen alte Konzepte infrage und konstituieren neue Paradigmen und Interpretationen von Ehre und Schande, Jungfräulichkeit, aber auch von Liebe, Leidenschaft und vom Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Sie fordern die gesellschaftliche Anerkennung von Homosexuellen und kämpfen für das Recht, als Single oder als geschiedene Frau allein zu wohnen. Sie zielen auf Veränderungen der Geschlechter- und Generationenverhältnisse und wirken aus der Familie, über die Arbeitsplätze, die Straße in die Öffentlichkeit hinein. Frauenrechtsaktivistinnen bewegen sich vielfältig und lebendig in der Gesellschaft. Sie versuchen, durch ihre aktive Partizipation in Netzwerken, NGOs, Parteien, Medien, Theatern und Selbsthilfegruppen auf die verschiedenen Ebenen der Gesellschaft bis hin zum Gesetzgebungsverfahren Einfluss zu nehmen. Außerdem hat eine zunehmende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Frauenrechte und Gewalt gegen Frauen stattgefunden. Im Internet, im Radio und im Fernsehen werden Frauenbewegungen sichtbar und gehört, Medien berichten über sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen.

Neue Verfassungen, die 2014 in Ägypten und Tunesien entstanden sind, gewähren den Frauen rechtlich die völlige Gleichberechtigung. Dank der Debatten zur Sexualität und über die Rechte unehelicher Kinder wird in Ägypten nun auch das Recht des Kindes auf Name, Schule und Versicherung garantiert. Sexuelle Belästigung kann als Verbrechen bestraft werden. Als die Islamisten in Tunesien versuchten, die Polygamie zurückzubringen, führten die Debatten darüber zu einem Konsens in der Gesellschaft, Praktiken der Polygamie zu verwerfen. Die Gleichberechtigung in den Erbgesetzen ist in Tunesien seit 2018 durchgesetzt. In Marokko ist 2016 das islamische Familienrecht dahingehend reformiert worden, dass beide Eheleute gleiche Rechte und Verantwortung haben. In Jordanien, im Jemen und im Libanon gibt es seit 2016 Gesetze, um sogenannte Ehrenmorde und Vergewaltigung von Frauen hart zu bestrafen. Die Einführung des neuen Scheidungsgesetzes (Al-Khulà) in den meisten arabischen Ländern gilt jedoch mit der Einschränkung, dass Frauen sich nur dann scheiden lassen können, wenn sie auf ihre finanziellen Rechte verzichten.

Entwicklung der Repräsentation von arabischen Frauen

United Nations/Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017, S. 66 f., Externer Link: www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/women-political-representation-arab-region-english.pdf. (© United Nations/Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017.)

Laut Statistiken von Weltbank, Vereinten Nationen und Interparlamentarischer Union stieg die politische Teilnahme arabischer Frauen im Parlament ab 2010 deutlich von 7 auf 21 Prozent der parlamentarischen Sitze in 2017. Sie liegt zwar immer noch unter dem globalen Durchschnitt von 25 Prozent, aber arabische Frauen sind mächtiger geworden, und der Arabische Frühling hat diesen Prozess beschleunigt. Die Machthaber, nicht nur diejenigen in den Ländern des Arabischen Frühlings, sondern auch die in den Königreichen der Golfstaaten sowie in Marokko und Jordanien sehen sich durch die Umbrüche ab 2010 veranlasst, ihren BürgerInnen mehr Freiheiten einzuräumen, um Ausschreitungen oder Unzufriedenheit der Bevölkerung zu vermeiden. Staaten wie Ägypten, Tunesien, Marokko und Algerien haben 2010 bis 2013 Gesetze erlassen, in denen die politischen Parteien aufgefordert wurden, Kandidatinnen in die Wahllisten der Parteien aufzunehmen, wobei höhere Quoten für größere Wahlkreise festgelegt wurden. In den Golfstaaten haben die Könige die Frauen für die Beratungsgremien selbst ernannt. Mithilfe dieser staatlichen Frauenquoten, Ernennungen und reservierten Sitze für Frauen ist in manchen arabischen Ländern das Ziel des vierten Weltfrauenkongresses 1995 in Peking erfüllt, dass die Parlamente eine Mindestquote von 30 Prozent erreichen sollen (Abbildung 1). Die Vereinigten Arabischen Emirate sind das einzige arabische Land, in dem eine Frau Sprecherin und Präsidentin des Parlaments war (2015).

In den Positionen der Regierungen sind auch Verbesserungen bei der Vertretung von Frauen zu beobachten (Abbildung 2). Allerdings bekleiden Frauen oft "weibliche" oder "softe" Ministerposten, die wie Bildung, Gesundheit, Soziales mit den traditionellen Rollen von Frauen in der Gesellschaft assoziiert sind. Es gibt aber auch einige Ministerinnen für "harte" Themen, wie in Tunesien (Finanzen), Ägypten (Internationale Zusammenarbeit) oder im Jemen (Justiz).

United Nations/Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017, S. 66 f., Externer Link: www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/women-political-representation-arab-region-english.pdf. (© United Nations/Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017,)

In der Ministerialverwaltung sind arabische Frauen in Bereichen, die mit ihren traditionellen Rollen assoziiert sind, überrepräsentiert. Im jordanischen Gesundheitsministerium sind beispielsweise 58 Prozent der Beschäftigten Frauen. Dagegen sind in Ministerien wie dem Innen-, Finanz- oder Verteidigungsministerium Frauen weniger vertreten. Seit dem Arabischen Frühling findet hier auch ein Wandel statt: 2016 beispielsweise haben die Vereinigten Arabischen Emirate drei Botschafterinnen in Europa ernannt.

Darüber hinaus wurde auf internationaler Ebene eine bahrainische Frau als Präsidentin der Generalversammlung der Vereinten Nationen berufen, eine saudische Frau als Direktorin des United Nations Population Fund, eine jordanische und eine jemenitische Frau als Direktorinnen der Regionalbüros der Vereinten Nationen für Entwicklungspolitik, und schließlich eine ägyptische Frau als stellvertretende Generaldirektorin des Internationalen Währungsfonds.

In Algerien waren 2010 ein Drittel der RichterInnen weiblich, es folgten Tunesien mit 28 Prozent und Marokko mit 20 Prozent. Bis 2017 stieg der Anteil in letztgenannten Ländern auf 39 beziehungsweise 24 Prozent an. Allerdings sind die meisten Richterinnen in Verwaltungsgerichten oder auf niedrigen Instanzen tätig. Bei religiösen oder Familiengerichten gibt es kaum Frauen. In Ägypten war eine Frau von 2003 bis 2013 Präsidentin des Obersten Verfassungsgerichts. 2006 wurde in Bahrain als erstem Land des Golfkooperationsrats eine weibliche Richterin ernannt. 2016 stieg die Zahl auf 21 Richterinnen an (etwa 10 Prozent). Arabische Frauen sind auch in einigen internationalen Gerichten vertreten wie am Internationalen Strafgerichtshof für Ruanda.

Laut Statistiken der Weltbank und des Weltwirtschaftsforums liegt die Erwerbstätigkeit der arabischen Frauen insgesamt bei 26 Prozent – ein im Vergleich zum globalen Durchschnitt von 49 Prozent niedriger Anteil. Unter den 15 Ländern mit der niedrigsten Beteiligung von Frauen an der Erwerbsbevölkerung sind 13 in der arabischen Welt zu finden. Die Golfstaaten schneiden bei der Frauenerwerbstätigkeit als Beste ab: Spitzenreiter ist Katar mit 57 Prozent, es folgen Kuwait (49%), Bahrain (44%), die Vereinigten Arabischen Emirate (42%) und Oman (30%). Unter 30 Prozent liegt die Frauenerwerbsquote in Libyen (26%), Marokko (25%), Tunesien (25%), Sudan (23%), Libanon (23%), Ägypten (23%) und Saudi-Arabien (21%). Schlusslichter sind Algerien (15%), Jordanien (14%) und der Jemen (6%).

Nach Angaben des Weltwirtschaftsforums wurde jedes dritte Start-up in der arabischen Welt von Frauen gegründet oder geleitet. Die neuen Technologien und die neuen Sozialen Medien ermöglichen es arabischen Frauen gerade in tribalen Strukturen wie in Saudi-Arabien, Jordanien, Katar oder Jemen, die Geschlechternormen ihrer Gesellschaften zu überwinden und neue innovative Wege für ihre Karriere finden.

Im Gegensatz zu Saudi-Arabien gibt es in Ländern wie Ägypten, Tunesien, Algerien, im Libanon, Syrien oder dem Irak eine lange Tradition weiblicher Teilnahme am öffentlichen Leben, die den Frauen eine Doppelrolle als Berufstätige und Mutter ermöglichen. In der Folge sind erwerbstätige Frauen in Tunesien, Marokko, Ägypten, Syrien und dem Libanon zu mehr als 30 bis 50 Prozent in gehobenen beruflichen Positionen als Ärztinnen, Professorinnen und Lehrerinnen vertreten. Universitäten und Arbeitsplätze sind gemischt. In Ägypten und im Libanon sind 50 Prozent der RundfunkmitarbeiterInnen Frauen. Auch in nichttraditionellen Berufen wie Mechanikerinnen, technischen Berufen und im Rechtsbereich sind Frauen tätig. Im Irak und in Ägypten sind 30 Prozent der IngenieurInnen Frauen. In den Golfstaaten sind mehr als 60 Prozent der Studierenden Frauen, und sie schließen ihre Ausbildung erfolgreicher ab als die Männer.

Alle diese Errungenschaften spiegeln den Willen der Frauen sowie der politischen Führung wider, Frauen in das öffentliche Leben einzubeziehen. Dies wird sowohl in offiziellen Erklärungen staatlicherseits als auch in den Schattenberichten der Frauen-NGOs an das UN-Frauenrechtskomitee der Frauenrechtskonvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, CEDAW, hervorgehoben. Im Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums 2017, der weltweit die Situation der Frauen nach ihrer ökonomischen Partizipation, Zugang zu Bildung und Gesundheit sowie zur Ermächtigung der Frauen vergleicht, stehen die arabischen Frauen aber nach wie vor ganz hinten auf der Weltrangliste. Am Ende der Liste von 144 Staaten steht der Jemen. Die Emirate stehen an 120., Bahrain an 126., Algerien an 127., Kuwait an 129. und Ägypten an 130. Stelle.

Aktuelle Herausforderungen im Spannungsfeld von Staat, Religion und Zivilgesellschaft

Die meisten arabischen Staaten, außer Saudi-Arabien und Sudan, lassen sich als "semisäkular" bezeichnen. Obwohl die Shariʿa zu einer Quelle, ja sogar zur Hauptquelle der meisten Verfassungen erklärt wird, schlagen sich Shariʿa-rechtliche Regelungen nur im Familienrecht nieder. Andere Religionen wie Christentum und Judentum haben ihr jeweils eigenes Familienrecht, das das Erb-, Ehe- oder Scheidungsrecht bestimmt. Diese Bestimmungen für Familienrechte und Gesetze gelten je nach Religion für alle Frauen und Männer zugleich, gleichgültig ob bekennende Muslimin, Jüdin oder Christin. Es gibt in den meisten arabischen Ländern außer im Libanon keine Zivilehen. Hingegen sind seit der sozialistischen Phase die politischen Grundrechte, das Zivil- und das Strafrecht häufig säkularen Ursprungs und entstammen vorwiegend französischem und schweizerischem Recht. Körperstrafen oder islamische Strafgesetze werden in den meisten arabischen Ländern, mit Ausnahme Saudi-Arabiens und Sudans, nicht praktiziert. Wenn der Staat "religionslos" ist, wie dies in Ägypten, Syrien, Tunesien und dem Libanon zum Teil der Fall ist, ist die Gesellschaft in institutioneller Hinsicht säkular ausgerichtet.

Alle arabischen Länder außer dem Sudan haben das Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, CEDAW ratifiziert und sind verpflichtet, jegliche Diskriminierung von Frauen zu beseitigen. Vorbehalte haben sie gegen die Änderung der religiösen Familienrechte, weil einige Artikel (vor allem Artikel 2, 9 und 16) zur sexuellen Selbstbestimmung (etwa Erlaubnis von vorehelichen Beziehungen oder Homosexualität) oder Gleichberechtigung nicht mit dem Islam vereinbar seien. Während die Salafistinnen und die Muslimschwestern die Sexualität von Frauen und Männern gesetzlich, aber auch kulturell und traditionell kontrollieren wollen, verlangen säkulare Frauenrechtlerinnen in ihren Schattenberichten an das CEDAW-Komitee oft, dass die arabischen Staaten alle Vorbehalte gegen CEDAW aufheben und eine klar geregelte Gesetzgebung für die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern erlassen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, die Rechte von Frauen sowohl in der öffentlichen als auch in der privaten Sphäre zu sichern. Sie fordern weiterhin eine Quote, die eine größere Repräsentation von Frauen in den staatlichen Institutionen und im Parlament garantiert.

Während die Transformation zum demokratischen System in Tunesien einen positiven Einfluss auf das Einüben individueller Freiheiten hatte, haben der Militärputsch in Ägypten sowie die Konflikte in Syrien, im Jemen und in Libyen zur Festigung der autoritären Systeme, auch in den Königreichen des Golfs, geführt. Daher neigen BürgerInnen in autoritären Systemen der arabischen Länder im Gegensatz zu BürgerInnen in demokratischen Rechtsstaaten eher zu unkonventionellen, informellen und unauffälligen Partizipationsformen. Ihre Aktivitäten sind auf den ersten Blick nicht unbedingt als direkt politisch zu identifizieren. Die Teilnahme an konventionellen und direkten Partizipationsformen wie der Parlaments- oder Präsidialwahl ist in den meisten arabischen Ländern niedrig. Gründe dafür sind Zweifel an den Wahlergebnissen und Korruption und Gewalt während der Wahlprozesse. Stattdessen gründen Aktivistinnen künstlerische, soziale und kulturelle NGOs, entsprechende Netzwerke oder Selbsthilfegruppen ohne unmittelbar als solche erkennbare politischen Ziele. Auf diese Weise ist es möglich, der Repression und Verfolgung durch den Staat zu entgehen. AktivistInnen kritisieren nicht direkt den Staat oder das Königshaus. Stattdessen greifen sie gesellschaftliche Tabuzonen an wie restriktive Familiengesetze oder autoritäre Generationen- und Geschlechterverhältnisse, Gewalt in der Familie oder sexuelle Gewalt auf der Straße oder in Gefängnissen.

Es ist festzuhalten, dass die autoritär geführten Staaten mit Blick auf die Gesetzgebung – wie beispielsweise die Frauenquote – frauenfreundlicher und liberaler erscheinen beziehungsweise sind als große Teile der Bevölkerung. Die Frauenquote hat die Partizipationschancen von Frauen in den Parlamenten wesentlich verbessert. Entfiele diese staatliche Einflussnahme, würde die Realität der Frauenfeindlichkeit in der Bevölkerung klar zutage treten. Hinzu kommt, dass männliche Parteimitglieder Frauen bei einer Wahlkandidatur kaum unterstützen, oftmals sogar behindern. Zudem werden in Ägypten, Saudi-Arabien oder im Sudan Aktivistinnen verfolgt, ihre Gelder eingefroren, ihre NGOs geschlossen, sie werden ins Gefängnis gesteckt, ihnen wird Reiseverbot erteilt und sie werden mit dem Tod bedroht, wenn sie den Staat direkt kritisiert haben.

Viele Säkulare und Liberale, darunter auch Teile der Frauenbewegung, die in autoritären Staaten sozialisiert wurden, sind auch weiterhin UnterstützerInnen der Armee oder der Machthaber der Königshäuser. Wie ihre islamischen Konkurrenten sind sie selbst zum Teil autoritär und elitär. Die Gründe, warum selbst bei AktivistInnen der Autoritarismus teilweise tief verwurzelt ist, müssen noch weiter erforscht werden.

In den meisten arabischen Ländern gibt es kaum Debatten darüber, eine Frau als Staatspräsidentin oder Ministerpräsidentin in der Regierung, als Präsidentin einer Universität oder als Vorsitzende eines Gerichts zu akzeptieren. In meiner Untersuchung brachten die islamischen und säkularen Aktivistinnen ihre tiefe Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass nicht nur die mehrheitlich konservativ eingestellte arabische Gesellschaft oder die Islamisten Frauen in politischen Führungspositionen ablehnen, sondern dass es gerade die "männlichen Intellektuellen und Aktivisten" sind, die sich ungeachtet ihrer politischen Zugehörigkeit oft gegen die Forderung der Gleichberechtigung wenden. Diese säkulare männliche intellektuelle Elite bezeichnet sich selbst zwar als progressiv und versteht sich als "Frauenrechtler". Doch im Gegensatz zu ihrer Selbsteinschätzung verhält sie sich in der Praxis eher patriarchalisch.

Und der "Arabische Frühling" mag zwar der Frauenbewegung einen Schub gegeben haben, aber auch dem radikalen Islamismus und dem Salafismus, der auch im Vergleich als extrem frauenfeindlich zu bezeichnen ist. Für sich als "säkular" verstehende Frauen, die in liberalen, sozialistischen oder konservativen Gruppierungen organisiert sind, stellt dies ein großes Problem dar, zumal im Verhältnis zu Islamistinnen. Frauen der säkularen Frauenbewegung lehnen Kontakte zu islamischen Aktivistinnen meistens ab. Für sie ist es nicht nachvollziehbar, wie Frauen unter der Fahne des Islamismus, der ihrer Meinung nach konservativ und frauenfeindlich ausgerichtet sei, aktiv sein können.

Die "ursprüngliche" Frauenbewegung, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert entstanden ist und bis in die Gegenwart wirkt, ist von der weit "konservativeren" islamischen "Tochterbewegung", die in den 1970er Jahren ihre Anfänge nahm, enttäuscht. Anhängerinnen der "alten säkularen Frauenbewegung" konstatieren, dass Frauenrechte, die vorwiegend in den semisäkularen Verfassungen der meisten arabischen Ländern garantiert sind und von Frauenrechtsaktivistinnen seit den 1920er Jahren hart erkämpft wurden, von islamischen Frauenrechtlerinnen in Marokko, im Jemen, in Tunesien, im Libanon oder in Ägypten zum Teil wieder infrage gestellt werden. Die Mehrheit dieser islamischen Aktivistinnen hat genauso wie die arabischen Staaten Vorbehalte gegen die UN-Frauenrechtskonvention CEDAW bezüglich sexueller Selbstbestimmung und Gleichberechtigung. Die hitzige und von gegenseitigem Misstrauen geprägte Debatte erzeugt eine unerträgliche, aggressive Atmosphäre in vielen arabischen Ländern.

Vieles von dem, was die arabischen Frauenbewegungen seit über 100 Jahren bekämpfen, bleibt unverändert bestehen, insbesondere der Konflikt zwischen der Rolle der Frauen im öffentlichen und im privaten Bereich und die Spannung zwischen der egalitären Verfassung und dem nicht egalitär ausgelegten muslimischen, christlichen und jüdischen Familienrecht. Frauen bleiben ihren Männern, ihren Eltern oder ihren Brüdern faktisch untergeordnet. Dieses Spannungsfeld zwischen Religionsgesetz und Säkularstaat bildet das Haupthindernis für die Umsetzung der Rechte der Frauen und behindert die Möglichkeit der Frauen, die gleichen Bürgerrechte zu praktizieren. Das wird die nächste Herausforderung für Aktivistinnen und ihren Kampf um Frauenrechte sein.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Albert Hourani, Arabic Thought in the Liberal Age 1798–1939, Cambridge 1983; Beth Baron, Egypt as a Woman: Nationalism, Gender, and Politics, Berkeley 2007; Margot Badran, Feminism in Islam: Secular and Religious Convergences, Oxford 2008.

  2. Vgl. Leila Ahmed, Women and Gender in Islam: Historical Roots of a Modern Debate, Kairo 1998.

  3. Vgl. Mervat F. Hatem, Economic and Political Liberation in Egypt and the Demise of State Feminism, in: International Journal of Middle East Studies 2/1992, S. 231–251.

  4. Vgl. Cynthia Nelson, Doria Shafik, Egyptian Feminist: A Woman Apart, Miami 1996.

  5. Vgl. Islah Jad, The NGO-isation of Arab Women’s Movements, in: IDS Bulletin 4/2004, S. 34–42.

  6. Vgl. Omaima Abu-Bakr, Islamic Feminism: What’s in a Name? Preliminary Reflections, in: Middle East Women’s Studies Review 4/2011, S. 1–4.

  7. Vgl. Hoda Salah, From Ijtihad to Gender-Jihad: Islamic Feminists between Regional Activism and Transnationalism, in: Claudia Derichs (Hrsg.), Diversity and Female Political Participation. Views on and from the Arab World, Berlin 2010, S. 27–46.

  8. Vgl. ebd.

  9. Vgl. Nasser Hamid Abu Zaid, Dauaʿer Al-Khuf. Qiraʿa fi Khetab Al-Maraʾa (Die Kreise der Angst. Analyse des Diskurses über Frauen), Beirut 2000.

  10. Vgl. Hoda Salah, The Transformation of Sexual Morality within the Sunni World and its Effect on Family, Attachment and Care, in: Hans Bertram (Hrsg.), Family, Ties and Care. Family Transformation in a Plural Modernity, Opladen 2012, S. 569–587; Shereen El Feki, Sex and the Citadel: Intimate Life in a Changing Arab, London 2014.

  11. Vgl. United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women/Inter-Parliamentray Union, Women in Politics. Situation on 1 January 2017, Externer Link: http://www.unwomen.org/-/media/headquarters/attachments/sections/library/publications/2017/femmesenpolitique_2017_english_web.pdf?la=en&vs=1123.

  12. Vgl. United Nations Economic and Social Commission for Western Asia, Women’s Political Representation in the Arab Region, 2017, S. 12, Externer Link: http://www.unescwa.org/sites/www.unescwa.org/files/publications/files/women-political-representation-arab-region-english.pdf.

  13. Vgl. ebd., S. 13.

  14. Vgl. ebd., S. 14.

  15. Vgl. Weltbank, Labor Force Participation Rate, Female (% of Female Population Ages 15+) (Modeled ILO Estimate), 2017, Externer Link: https://data.worldbank.org/indicator/SL.TLF.CACT.FE.ZS?end=2014&start=1990&view=mapder; World Economic Forum, The Global Gender Gap Report 2017, Externer Link: http://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2017.pdf.

  16. Vgl. Weltbank (Anm. 14). In diesen Statistiken tauchen allerdings informelle, nichtregistrierte und nichtversicherte Formen von Arbeit nicht auf.

  17. Vgl. Kelly Ommundsen, How Women Are Transforming the Arab World’s Start-up Scene, 16.7.2018, Externer Link: http://www.weforum.org/agenda/2018/07/start-up-middle-east-arab-women-transforming-entrepreneurship.

  18. Vgl. Weltwirtschaftsforum, The Global Gender Gap Report 2014, Externer Link: http://reports.weforum.org/global-gender-gap-report-2014.

  19. Vgl. Weltwirtschaftsforum, The Global Gender Gap Report 2017, www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2017.pdf.

  20. Das führte neben den bereits erwähnten Fortschritten für Frauen auch dazu, dass 2017 zum ersten Mal in einem arabischen Staat ein Treffen von LGBT (Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender) offiziell mit Staatsschutz erlaubt war. In anderen arabischen Ländern werden LGBT-Aktivisten verfolgt.

  21. Vgl. Hoda Salah, Die sozio-politische Dimension: Arabischer Umbruch als Folge von akuten Generationen- und Geschlechterkonflikten am Beispiel der islamischen Bewegungen in Ägypten., in: Peter-Christian Müller-Graff (Hrsg.), EU-Nachbarschaftspolitik-Nordafrika und Nahost, Baden-Baden 2017, S. 21–51.

  22. Die Selbstbezeichnung ist allerdings nicht "säkular", sondern "Tayar Madani", eine Zivilströmung. Dieses Wort gibt es im Deutschen nicht. Vgl. zu den säkularen Frauenbewegungen Leila Ahmed, Women and Gender in Islam: Historical Roots of a Modern Debate, Kairo 1998; Vgl. Saba Mahmood, Politics of Piety: The Islamic Revival and the Feminist Subject, Princeton 2005, S. 40; Lila Abu-Lughod, Remaking Women: Feminism and Modernity in the Middle East, Princeton 1998, S. 244.

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ist promovierte Politik- und Islamwissenschaftlerin und habilitiert zurzeit an der Universität zu Köln zum Thema "Demokratisierung als performative kulturelle Praxis: Die Revolutionierung traditioneller Repräsentationen von Männlichkeit in arabischen Staaten". E-Mail Link: hodasalah1966@gmail.com