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Kulturstiftungen in Deutschland

Dominik von König

/ 15 Minuten zu lesen

Ohne Kulturstiftungen wäre die Kulturszene erheblich ärmer. Sie sichern und beleben die Vielfalt. Den Staat bei seinen Aufgaben in der Kultur ernsthaft entlasten können sie allerdings nicht. Dazu fehlt ihnen in der Regel die finanzielle Ausstattung.

Einleitung

Die Wurzeln unseres heutigen Stiftungswesens liegen im religiös geprägten Mittelalter. Die Sorge um das persönliche Seelenheil, die Fürsorge für die Mitmenschen und die Vorsorge für den eigenen Nachruhm auf dieser Welt - das waren die Motive der Stifter. Ihre Stiftungen decken im Wesentlichen die sieben Werke der Barmherzigkeit ab; es waren mildtätige Stiftungen, nicht selten Spitäler. Mit solidem Vermögen - in der Regel Grund und Boden - ausgestattet, haben sie sich vielfach als dauerhafter als Staatengebilde erwiesen. Die älteste noch heute existierende Stiftung, die Vereinigten Pfründner-Häuser Münster, stammt aus der Zeit um 900.


Die erste deutsche nicht mehr religiös gebundene Stiftung entstand im kulturellen Bereich: die Stiftung Städelsches Kunstinstitut in Frankfurt am Main. Ihrer Errichtung im Jahre 1815 ging ein langer Rechtsstreit um die Kernfrage voraus, ob ein Satzungszweck, der eindeutig nicht eine "pia causa" - eine fromme Ursache - habe, stiftungsfähig sei. Die Frage wurde letztendlich bejaht. In der Folge hat sich bis heute die "gemeinnützigkeitskonforme Allzweckstiftung" als herrschender Typus im Stiftungswesen durchgesetzt. Praktisch alle Tatbestände des Gemeinnützigkeitsrechts haben "ihre" Stiftung gefunden.

Kulturstiftungen: Ein weites Feld

Auch das Feld der Kulturstiftungen hat sich differenziert. Wir finden auf dem Gebiet der Kulturstiftungen all jene Rechtsformen, die unter der - immer noch ungeschützten - Flagge "Stiftung" segeln: die privatrechtliche (zum Beispiel die Stiftung Niedersachsen) und die öffentlich-rechtliche (zum Beispiel die Kulturstiftung Rheinland-Pfalz) sowie die Stiftungs-GmbH (zum Beispiel Stiftung Neuhardenberg GmbH) - um nur die wichtigsten Rechtsformen zu nennen. Sowohl die Länder wie der Bund haben sich unterschiedlicher Rechtsformen bei der Gründung von Stiftungen bedient. Auch Unternehmen gründen Kulturstiftungen (z.B. die Allianz-Kulturstiftung oder die Kulturstiftung der Deutschen Bank). Es gibt die großen Trägerstiftungen, deren einziger Zweck es ist, eine Kulturinstitution zu führen (z.B. Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen), und die vielen Stiftungen, deren Fördertätigkeit sich auf das Feld der Kultur in all seiner Vielfalt erstreckt.

Viele der großen und finanzstarken deutschen Stiftungen widmen sich, neben anderen Satzungszwecken, auch der Förderung der Kultur: so z.B. die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, die ZEIT-Stiftung oder die Körber-Stiftung. Eigens zu nennen sind die in den letzten Jahren gegründeten Stiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe. Derzeit sind es 580 Stiftungen, von denen sich mehr als 180 lokal, regional und deutschlandweit für kulturelle Belange engagieren. Die Stiftungsausschüttungen der Kulturstiftungen der Sparkassen-Finanzgruppe betrugen im Jahr 2003 rund 25 Millionen Euro. Es ist - vor allem für die Antragsteller - nicht leicht, einen Überblick speziell über die Kulturstiftungen und ihre jeweilige Ausrichtung zu erhalten. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen, die Kulturstiftung der Länder und der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI wollen daher ein "Deutsches Informationszentrum Kulturförderung" einrichten.

Kulturstiftungen arbeiten - wie andere Stiftungen auch - fördernd, d.h., sie nehmen Anträge entgegen, und/oder operativ, d.h. in Eigenvorhaben. Nicht ganz 20 Prozent der rund 12 000 bekannten Stiftungen sind reine Kunst- und Kulturstiftungen. Ihr Vermögen ist in der Regel sehr begrenzt. Die Mittel, die sie für die Kultur zur Verfügung stellen, betragen rund ein Prozent der Ausgaben für Kultur insgesamt. Damit wird nichts über den Wert und die Tätigkeit der einzelnen Stiftungen gesagt. Aber die Zahl beugt der Illusion vor, Stiftungen könnten - selbst wenn sie es wollten - den Staat bei seinen Aufgaben in der Kultur entlasten. Sie sollen es auch nicht. Einzig dem in der Satzung niedergelegten Stifterwillen verpflichtet, bringen sie ihre rechtliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit auch in der fördernden Tätigkeit zum Ausdruck.

Kulturstiftungen der öffentlichen Hand - "at arm's length" vom Stifter

Für die Kulturpolitik der Länder sind besonders die Kulturstiftungen interessant, die seit den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von den Ländern gegründet wurden. Einige agieren in weitgehender Unabhängigkeit von der Landeskulturpolitik, andere eher als Kulturagenturen des Landes, das einige seiner Tätigkeitsfelder an die Stiftung "outgesourct" hat. Nähe und Ferne zur jeweiligen Regierung sind auch hinsichtlich des parteipolitischen Einflusses in allen Spielarten vertreten. Wie auch immer, die Tätigkeit dieser Stiftungen bleibt in Reichweite des Staates. Ihre Handlungsweise lässt sich am besten mit der pragmatisch-ungenauen englischen Kennzeichnung "at arm's length" charakterisieren.

Landeskulturstiftungen bestehen in Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Schleswig-Holstein. Auch hier herrscht keine Uniformität: Teils handelt es sich um öffentlich-rechtliche, teils um privatrechtliche Stiftungen. In Baden-Württemberg gibt es getrennte Stiftungen für den Ankauf von Kunst und für die Denkmalpflege, in Nordrhein-Westfalen für Kunst und für Heimatpflege und in Niedersachsen zwei vom Land gegründete Stiftungen für den gesamten Kulturbereich. Die Aufzählung der Besonderheiten ließe sich fortführen: z.B. die bereits 1972 gegründete Bayerische Landesstiftung, die sowohl Soziales wie Kultur fördert, die Stiftung Preußische Seehandlung in Berlin oder die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz. Die alten Bundesländer haben gemeinsam 1987 die Kulturstiftung der Länder errichtet, deren Hauptzweck die Sicherung nationalen Kulturgutes ist. 2002 errichtete der Bund die Kulturstiftung des Bundes mit dem Schwerpunkt der Förderung "innovativer Programme und Projekte im internationalen Kontext". Inhaltlich gehören beide Stiftungen zusammen, denn das Neue fußt auf dem Alten - ob in Kontinuität, kritischer Auseinandersetzung oder auch im Bruch mit der Tradition. Eine Fusion beider Stiftungen hat die sogenannte "Entflechtungsdebatte" verhindert, in der man sich bis heute auf eine praktikable Trennung dessen, was der Bund und die Länder in der Kultur tun (und zahlen) dürfen, nicht einigen konnte oder wollte. Die Vision Willy Brandts von einer Nationalstiftung ist immer noch uneingelöst.

Kulturstiftungen: Ihre Stärken und ihre Schwäche

Ohne Kulturstiftungen wäre die Kulturszene erheblich ärmer. Ob es sich um Ankäufe für Museen, Stipendienprogramme, Künstlerförderung, gezielte Stärkung bedeutender kultureller Einrichtungen oder innovative Projekte handelt - von Stiftungen gehen Anregungen und Initiativen aus, die der Staat zum Teil gar nicht leisten und die überdies auch nicht von ihm erwartet werden können.

Beispiel Denkmalpflege: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz leistet mit ihrer Förderung einen großen Beitrag für die Kulturlandschaft in Ostdeutschland. Zugleich kann sie durch Patenschaften, Spenden und Unterstiftungen für bestimmte Objekte ein breites bürgerschaftliches Engagement und erhebliche zusätzliche Mittel mobilisieren.

Beispiel Fotografie: Eine Reihe von Stiftungen war mit Stipendien, Ankäufen, Ausstellungsförderungen und Preisvergaben Wegbereiter und -begleiter der erstaunlichen Entwicklung, welche die Fotografie in der Kunstszene genommen hat. An erster Stelle sind hier die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, dann die SK Stiftung Kultur Köln, die Niedersächsische Sparkassenstiftung und die Stiftung Niedersachsen zu nennen. Mit gutem Gespür konnten durch Stiftungen frühzeitig Sammlungen angelegt werden, die heute keines der kooperierenden Museen mehr finanzieren könnte.

Beispiel Sicherung nationalen Kulturgutes: Ein Blick auf die Reihe der rund 260 "Patrimonia"-Hefte der Kulturstiftung der Länder genügt, um einen Eindruck von der Fülle und Qualität der Kunstwerke und Sammlungen zu gewinnen, die diese Stiftung im Verbund mit den jeweiligen Landeskulturstiftungen, aber auch zahlreichen privaten Stiftungen für die Allgemeinheit erwerben konnte.

Die Stiftungsförderung sichert und belebt die Vielfalt. Niemand möchte sie missen. Aber nahezu alle von der öffentlichen Hand gegründeten Kulturstiftungen verbindet, dass sie unterkapitalisiert sind. Die Bayerische Landesstiftung mit ihrem bedeutenden Vermögen sowie die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur und die Stiftung Niedersachsen gehören zu den wenigen, die aus den Erträgen des Kapitals über die Deckung der Verwaltungskosten hinaus tatsächlich fördernd tätig werden können. Die anderen werden entweder aus Lotto-Mitteln gespeist oder erhalten ihre Mittel "nach Maßgabe der Haushaltspläne". Zweifellos ist es kontraproduktiv, wenn im gleichen Landeshaushalt sowohl die Mittel für die Stiftungen wie die der von ihnen zu fördernden kulturellen Einrichtungen gekürzt werden. Es fehlen in der Kultur umfassende Lösungen, wie sie die öffentliche Hand in der Wissenschaftsförderung durch die Errichtung und Kapitalausstattung der VW-Stiftung oder der Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefunden hat: Landesstiftungen, die im Wettbewerb des Kulturföderalismus aufgrund ihrer finanziellen Autarkie eine maßgebliche Rolle einnehmen können.

Zur Unterkapitalisierung tritt vielfach auch die Unterfinanzierung durch die öffentliche Hand, eben aufgrund der schrumpfenden staatlichen Haushalte. Eklatant ist das Missverhältnis z.B. zwischen der Kulturstiftung der Länder (ca. 8 Millionen Euro) und der großen Ausnahme, der Kulturstiftung des Bundes (ca. 38 Millionen Euro). So können die Kulturstiftungen in der Regel nur Anstöße, z.B. zu strukturverändernden Maßnahmen geben, diese aber nicht aus eigener Kraft umsetzen. Stiftungen sollten grundsätzlich keine Daueraufgaben übernehmen. Eine zunehmende und konstante Mittelbindung schränkt eine ihrer wichtigsten Eigenschaften ein: die Beweglichkeit.

Verbindet sich die mangelnde finanzielle Ausstattung auch noch mit einer Ex-officio-Besetzung der Stiftungsgremien, steht die Unabhängigkeit der Stiftung auf noch schwächeren Beinen: Denn das von einem Ministerium, einer Fraktion oder einem sonstigen Amt in das Gremium einer Stiftung entsandte Mitglied vertritt in erster Linie die Interessen seines Ressorts oder Amtes.

Die karge Ausstattung von Kulturstiftungen wirft die Frage nach den gesellschaftspolitischen Prioritäten auf. Kultur und Kunst haben offensichtlich nur in politischen Sonntagspredigten Priorität, nicht im politischen Handeln. Die Frage nach dem Stellenwert von Kultur in unserer Gesellschaft bedarf einer sorgfältigen Untersuchung und dann einer Antwort jenseits der üblichen Legitimationsklischees.

Trägerstiftungen: Die öffentliche Hand entlässt ihre Kulturinstitutionen

Die Idee der Trägerstiftung stammt aus dem Mittelalter. Damals erstreckte sich die Regierungsgewalt noch keineswegs auf alle gesellschaftlichen Gebiete. So gehörten z.B. Kranken- und Altenpflege in den kirchlichen Bereich und wurden dort oft auf der Basis von mildtätigen Stiftungen geleistet - eine Praxis, die sich in Teilen bis heute erhalten und neben den staatlichen Einrichtungen durchaus bewährt hat.

Von ihrem Ursprung her sind die großen Kulturinstitutionen - Museum, Bibliothek, Theater, Oper, Orchester etc. - Zeugnisse fürstlicher Repräsentation oder bürgerlicher Emanzipation und städtischer Freiheit. Die Länder haben die Hinterlassenschaft der Fürsten übernommen; die Städte pflegen und entwickeln ihr kommunales Erbe. Länder und Kommunen waren und sind bis heute überwiegend Träger dieser Einrichtungen. Seit geraumer Zeit ist der Trend bei der öffentlichen Hand erkennbar, die Kulturinstitutionen aus der unmittelbaren Trägerschaft zu entlassen und ihnen eine andere Rechtsform zu verleihen. Unter den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten - u.a. GmbH, Verein, Anstalt des öffentlichen Rechts - scheint die Stiftungsform besonders attraktiv zu sein. In der Tat hat sie sich als private wie öffentliche Gründung, in privatrechtlicher wie öffentlich-rechtlicher Gestaltung, bereits vielfach bewährt. Erwähnt sei allen voran die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, dann die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf (privatrechtlich!); ferner Stiftungen, bei denen sich Public-Private-Partnership widerspiegelt, wie beim museum-kunst-palast in Düsseldorf oder dem Lehmbruck Museum in Duisburg; außerdem die von Privatpersonen gegründeten Einrichtungen wie die Kunsthalle Emden/Stiftung Henri und Eske Nannen und Schenkung Otto van de Loo und die Stiftung Buchheim mit ihrem Museum der Phantasie am Starnberger See - um einige markante Beispiele zu geben. Der Bundesverband Deutscher Stiftungen zählte im Jahr 2000 233 Trägerstiftungen im Kulturbereich.

Alle diese durchweg nach dem Krieg gegründeten Stiftungen antworten mit der Stiftungsform in höchst unterschiedlicher Weise auf eine Problemlage. Gemeinsam ist ihnen, dass sie zwar über unermessliche Vermögenswerte in Form von Kunstwerken verfügen, aber in keinem Fall ein Kapitalvermögen aufgebracht werden konnte, aus dessen Erträgen die Institutionen sich selbst finanzieren können. So wurden zum Teil sehr phantasievolle Wege gefunden, um in Mischfinanzierungen den Museumsbetrieb sicherzustellen. Die oft komplexen Finanzierungsschlüssel zeigen besonders gut, wie beweglich und offen das Institut der Stiftung für Gestaltungsmöglichkeiten ist. Es gibt Ausnahmen: So kann sich z.B. die Stiftung (kirchlichen Rechts) Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche Emden aus den Erträgen des eigenen Kapitals erhalten. Das Kunstmuseum Wolfsburg ist durch die Kunststiftung Volkswagen als Träger und als Destinär der Erträge der Holler-Stiftung ebenfalls autark.

Aufsehen erregte der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, als er am 1. Januar 1999 seine sieben Museen in Stiftungen öffentlichen Rechts umwandelte. Diese Aktion wurde sorgfältig begleitet und dokumentiert und ist daher in gewisser Hinsicht ein Musterfall, an dem sich Stärken und Schwächen des Modells erkennen lassen.

Zu den Zielen der Umwandlung gehörte u.a. die Übertragung der eigenverantwortlichen Führung auf die Museen, die Steigerung der Wirtschaftlichkeit und die langfristige Erhöhung des Grades der Kostendeckung sowie die Erschließung neuer Einnahmemöglichkeiten.

Durch die Stiftungsgründung soll ein erweiterter und verbesserter Gestaltungsspielraum im Personal- und Finanzmanagement erreicht werden - ein höchst erstrebenswertes Anliegen! Unter den angegebenen Zielen befindet sich jedoch kein einziges, das für eine Stiftung typisch wäre oder nur durch die Rechtsform der Stiftung erreicht werden könnte. Es ist schlechterdings nicht erwiesen, ob diese Ziele nicht genauso gut - oder besser - auf dem Wege einer Umwandlung z.B. in einen Landesbetrieb, eine Anstalt öffentlichen Rechts oder eine GmbH erreicht werden könnten. Im Unterschied zu den oben genannten Trägerstiftungen wird bei der hamburgischen Lösung das Kernmerkmal einer Stiftung vermisst, nämlich das Gestiftete. Es wird nichts gestiftet. Die Sammlungen und Häuser bleiben in Staatseigentum. Das Hamburger Gesetz über die Errichtung von Museumsstiftungen besagt in § 4, "Stiftungsmittel": "Die Stiftungen erfüllen ihre Aufgaben aus den Zuwendungen der Freien und Hansestadt Hamburg nach Maßgabe des Haushaltsplanes und aus sonstigen Einnahmen." "Nach Maßgabe des Haushaltsplanes" bedeutet, dass Wohl und Wehe des Museums weiterhin dem Ermessen und der Etatlage des Landes unterliegen. Über "sonstige Einnahmen" kann das Museum frei verfügen. Jeder Euro aus der Landeskasse unterliegt jedoch der Landeshaushaltsordnung. Damit ist nicht viel gewonnen. Bleibt das Prinzip Hoffnung, mit dem die öffentliche Hand gerne die Verselbstständigung der Museen begründet: die "Erschließung neuer Einnahmemöglichkeiten". Die Erwartung, private Mittel ließen sich durch eine Stiftung besser akquirieren, hat sich jedoch bislang nicht erfüllt.

Wo Stiftung drauf steht, muss auch Stiftung drin sein

Die Umwandlung der Hamburger Museen berührt das Grundverständnis einer Stiftung. "Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation sind die wesentlichen Elemente des Stiftungsbegriffs", heißt es im "Handbuch des Stiftungsrechts". Anders sieht dies Günter Winands, Ministerialdirigent bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien: "Der Staat nimmt auf die Tätigkeit von ihm (mit) gegründeter Stiftungen auf zweifache Weise Einfluss: durch eine Repräsentanz in den Entscheidungsgremien der Stiftung und parallel dazu als Zuwendungsgeber über das öffentliche Zuwendungsrecht. Eine dauerhafte zuwendungsrechtliche Steuerungs- und Kontrollmöglichkeit besteht bei all jenen Stiftungen, bei denen Bund, Länder oder Kommunen nicht einmalig ein ausreichendes Stiftungskapital bereitstellen, sondern - wie im Regelfall (sic!) - die Erfüllung des Stiftungszwecks durch jährliche Zuschüsse nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes sichern."

Für Winands sind also die Hamburger Museums-Stiftungen der Regelfall. Bei der öffentlichen Hand hat sich der Name "Zuwendungsstiftungen" eingebürgert - eine auch bildliche Aushöhlung des Stiftungsbegriffes: die Stiftung als leere Schale, bereit, die milden Gaben des "Stifters" - natürlich nach Maßgabe des Haushaltsgesetzes - und von Privatleuten aufzunehmen. Hier hat sich ein Verhältnis umgekehrt, das der hannoversche Mäzen Bernhard Sprengel exemplarisch so formulierte: "Bürger unserer Stadt haben in der letzten Zeit durch große Stiftungen mehrfach gezeigt, dass ihnen die Pflege der Kunst am Herzen liegt. Diese privaten Stiftungen sollten öffentliche Gelder jedoch nicht etwa ersetzen, sondern vielmehr hervorlocken." Die öffentliche Hand will nun ihrerseits private Gelder "hervorlocken" - aber ohne eigenen Einsatz, nur mit dem Namen und dem guten Ruf einer Stiftung. "Sie profitiert vom öffentlichen 'good will', der ihr - im Gegensatz etwa zur 'Anstalt' oder auch zur Körperschaft - von außen her entgegengebracht wird." Genau dieser öffentliche "good will" wird aber abgenutzt, wenn dem Namen der Stiftung die Substanz - das Vermögen - abhanden kommt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Einrichtung einer Trägerstiftung gute Perspektiven hat, wenn die materiellen und ideellen Voraussetzungen so sind, dass die Stiftung alle institutionseigenen sowie personellen und finanziellen Entscheidungen selbst treffen kann. In der Sache bedeutet dies eine langfristige, gesetzlich oder vertraglich abgesicherte Grundfinanzierung der Institution und ihrer Kernaufgaben. Im Idealfall würde die Trägerstiftung im Besitz des Gebäudes, der Vermögenswerte und eines Kapitals sein, dessen Erträge die Arbeit der Institution ermöglichen. Unzureichend ist eine stets erneut zur Debatte stehende Zuwendung von Haushaltsmitteln, die der Stiftung Planungssicherheit vorenthält. Wo nichts gestiftet wird, sollte schließlich gelten: Es muss nicht immer Stiftung sein.

Exkurs: Was ist falsch an einer kommunalen oder Landeseinrichtung?

In der Drucksache 16/1537 des Hamburger Senats zur rechtlichen Verselbstständigung der Hamburger Museen wird als Anforderung an die neu zu wählende Rechtsform u.a. die "Weiterentwicklung des Profils der Einrichtung durch nach außen klar wahrnehmbare Trennung vom Staat als zusätzlicher Anreiz für Mäzene und Stifter" genannt. Der Satz stimmt nachdenklich. Im 19., aber auch im 20. Jahrhundert wetteiferten Personen darum, ihre Sammlungen insbesondere dem Gemeinwesen, in denen sie lebten, anzuvertrauen. Sie taten das im Vertrauen und mit Stolz auf "ihre" Stadt, auf "ihren" Staat. Und die zuständigen Beamten durften sich als Treuhänder, ja als Erben der fürstlichen, großbürgerlichen und mäzenatischen Hinterlassenschaft fühlen. Das hat sich gründlich geändert. Heute wird genau anders herum argumentiert: Nicht mehr städtisches, nicht mehr Landesmuseum soll es sein, sondern eine anonyme GmbH - oder eben eine Stiftung. Es wird ausdrücklich argumentiert, dass eine "Trennung vom Staat als zusätzlicher Anreiz für Mäzene und Stifter" fungiere. Wer etwas schenken möchte, so die Vermutung, tut dies offenbar nur dann, wenn die betreffende Institution möglichst unabhängig von der öffentlichen Hand ist. Die öffentliche Hand als Bürgerschreck - das ist eine interessante Entwicklung. Der Staat glaubt nicht mehr an sich selbst und unterstellt, dass auch seine Bürgerinnen und Bürger ihm nicht mehr vertrauen. Ob diese wirklich so denken, ist schwer festzustellen. Man muss jedoch weder besonders staatsgläubig noch Etatist sein, um diese Vorwegnahme der Staatsverdrossenheit nicht nachdenkenswert zu finden. Gibt es denn nicht bereits Wege innerhalb der Gemeindeordnung und der staatlichen Verfassung, die starren Fesseln des Bundes-Angestelltentarifvertrags und der Kameralistik abzumildern?

Dem Argumentationsstrang einer "nach außen klar wahrnehmbaren Trennung vom Staat" widersprechen die Aussagen von Winands, der feststellt, der stiftende Staat könne sich den Folgen seines Handelns nicht entziehen; ihm werde nicht nur der einmalige Stiftungsakt, sondern auch die laufende Stiftungstätigkeit zugerechnet. Sein Fazit lautet: "Bei einer vorurteilsfreien und differenzierten Betrachtung sind 'staatsnahe' Stiftungen ein vor allem in den Bereichen von Kultur, Bildung, Wissenschaft und Sport kaum mehr wegzudenkendes erfolgreiches Instrument staatlicher Aufgabenerfüllung."

Wahrnehmbare Trennung oder Instrument staatlicher Aufgabenerfüllung - in diesem Rahmen bewegt sich die Diskussion, die weitergeführt werden muss. In ihren Konsequenzen zu Ende gedacht ist sie noch lange nicht.

Ausblick

Kaum ein Politiker verzichtet bei einer Rede zu Stiftungsangelegenheiten darauf, auf die vielen Billionen Euro hinzuweisen, die im nächsten Jahrzehnt vererbt werden sollen. In der Tat hat die erste "Erbengeneration" nach dem Zweiten Weltkrieg bereits zu einem kräftigen Stiftungsboom beigetragen und wird wohl auch künftig das Stiftungswesen nach Kräften stärken. Soziale Stiftungszwecke - die "Linderung von allerlei Not", wie es Robert Bosch formulierte - werden im Vordergrund stehen. Aber es gibt auch Anzeichen dafür, dass sich der Anteil der Kulturstiftungen eher vergrößern wird. Denn einerseits ist es offensichtlich, dass sich die öffentliche Hand mehr und mehr aus dem Bereich der Kultur zurückzieht, da er nicht zu den Pflichtaufgaben des Staates gehört. Andererseits werden Stiftungen immer bemüht sein, an ihrem Sitz ein attraktives kulturelles Umfeld zu erhalten oder zu schaffen: Man denke z.B. an die Einrichtung der Bucerius-Kunsthalle durch die ZEIT-Stiftung in Hamburg. Die Mischfinanzierungen durch die öffentliche Hand und durch private Stiftungen bei bestehenden Kulturinstitutionen werden zunehmen. Zudem lassen sich unterschiedliche Modelle der Public-Private-Partnership besonders gut in Stiftungsform organisieren.

Je mehr sich die Erkenntnis durchsetzt, dass Kultur nicht nur angenehmes Beiwerk, sondern gesellschaftliche Notwendigkeit ist, desto mehr werden sich auch (potenzielle) Stifter diesem Gebiet zuwenden. An Aufgabenstellungen jenseits der traditionellen Förderung von Kunst und Kulturgut fehlt es nicht: Die Vermittlung von Kultur mit dem Ziel einer breiten Partizipation ist in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar. In diesen Zusammenhang gehört auch die Kreativitätsförderung von Kindern in allen Sparten der Künste. Wir müssen die Probleme, die sich durch die Migration ergeben, als kulturelle Herausforderung begreifen und die Integration entsprechend fördern. Und es ist gleichfalls eine kulturelle Herausforderung, einerseits ein Bewusstsein für die Einheit der europäischen Kultur zu schaffen und andererseits die kulturelle Vielfalt der Nationen und Regionen in Europa zu stärken.

In einer Zeit, die so sehr neuer Denk- und Lösungsansätze bedarf, tut die öffentliche Hand gut daran, die Rahmenbedingungen für die Entfaltung des Stiftungswesens insgesamt zu verbessern und den von ihr gegründeten Stiftungen ein hohes Maß an Unabhängigkeit zu geben. Denn gut geführte Stiftungen sind dem Zeitgeist, aber auch der herrschenden Kulturpolitik immer ein Stück voraus.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hungrige speisen, Durstige tränken, Fremde beherbergen, Nackte kleiden, Kranke pflegen, Gefangene besuchen, Tote bestatten (Mat. 25, 31-46).

  2. Eine gute Darstellung von Kulturstiftungen und ihren speziellen Aspekten liefert das Handbuch Kulturstiftungen. Ein Ratgeber für die Praxis, Berlin 2002; zur Stiftung Städelsches Kunstinstitut s.S. 98.

  3. Vgl. die Kapitel von Bert Antonius Kaufmann zu Düsseldorf und Christoph Brockhaus zu Duisburg, in: Hartmut John/Susanne Kopp-Sievers (Hrsg.), Stiftungen und Museen. Innovative Formen und zukunftsorientierte Modelle, Bielefeld 2003, S. 73 - 85.

  4. Mit der Umwandlung hat sich auch der Arbeitskreis Kunst- und Kulturstiftungen auf einer Tagung 2001 in Hamburg, veranstaltet vom Bundesverband Deutscher Stiftungen und vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI, beschäftigt. Die Diskussion ist unter dem Titel "Stiftungen als Träger von Kultureinrichtungen" in der Reihe "Forum Deutscher Stiftungen", Band 14, erschienen.

  5. Werner Seifart/Axel von Campenhausen (Hrsg.), Handbuch des Stiftungsrechts, München 1999 2 , S. 2.

  6. Günter Winands, Der Staat als Stifter: Notwendigkeit, Möglichkeiten und Grenzen des staatlichen Einflusses, in: Rupert Graf Strachwitz/Volker Then, Kultureinrichtungen in Stiftungsform, Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 2004, S. 67.

  7. Ansprache von Dr. Bernhard Sprengel beim Empfang anlässlich seines 80. Geburtstages am 17. April 1979 im Alten Rathaus Hannover.

  8. Michael Kilian, Stiftungserrichtung durch die Öffentliche Hand, in: Enrico Bellezza/Michael Kilian/Klaus Vogel, Der Staat als Stifter. Stiftungen als Public-Private-Partnership im Kulturbereich, Gütersloh 2003, S. 50. Die Publikation bietet einen differenzierten Einstieg in die gesamte Problematik des Staates als Stifter.

  9. G. Winands (Anm. 6), S. 67 u. S. 76.

Dr. phil.; Generalsekretär der Stiftung Niedersachsen und Mitglied im Beirat des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Leiter des Arbeitskreises der Kunst- und Kulturstiftungen.
Anschrift: Generalsekretär der Stiftung Niedersachsen, Sophienstraße 2 (Künstlerhaus), 30159 Hannover.
E-Mail: E-Mail Link: koenig@stnds.de