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Slowenien und Portugal Editorial Blick auf Slowenien - Essay Portugal und die EU Slowenien in der Europäischen Union EU-Kleinstaaten: Motoren der Integration? Sloweniens historische Bürde

Slowenien in der Europäischen Union

Jernej Pikalo

/ 22 Minuten zu lesen

Slowenien hat mit dem EU-Beitritt eine Erneuerung aller Lebensbereiche erfahren. Die Europawahl 2004 hat gelehrt, dass es nicht ausreicht, in der EU nur "mit dem Strom zu schwimmen".

Einleitung

Der Beitritt Sloweniens zur Europäischen Union (EU) am 1. Mai 2004 markierte für die nördlichste Republik des ehemaligen Jugoslawien das Ende der so genannten "Übergangsperiode" und stellte zugleich den Höhepunkt jener Anstrengungen dar, die in den 13 Jahren zuvor in unterschiedlichen Gesellschaftsbereichen unternommen worden waren, um den Weg zu einer - so hoffte man - neuen und anderen Herangehensweise an Politik zu ebnen. Es hatte den Anschein, als werde die kleine Alpenrepublik ein neues Kapitel in ihrer Geschichte aufschlagen. In den 13 Jahren seit der Erlangung der Unabhängigkeit 1991 hatte die slowenische Gesellschaft einen weit reichenden und tief gehenden Wandel durchlaufen. Dies waren keineswegs die einzigen drastischen Veränderungen im vergangenen Jahrhundert gewesen, und doch herrschte das Gefühl vor, dass sie für die gegenwärtige und zumindest eine Reihe künftiger Generationen prägend waren und das Ereignis ihres politischen Lebens darstellten.


Dieser Beitrag zeichnet diese Veränderungen vor dem Hintergrund der wichtigsten Faktoren nach, die das politische Leben Sloweniens innerhalb der EU prägen. Er skizziert zunächst die politische Kultur und Landschaft des Landes, denn althergebrachte politische Verhaltensmuster sind noch immer ausgeprägt und unerlässlich zum Verständnis der Gegenwart. Slowenien setzte seine Unabhängigkeit gegen Jugoslawien durch, um die Mitgliedschaft in dem einen Verband gegen die in einem anderen auszutauschen, eben jene in der EU. Der Beitrag vollzieht den Weg Sloweniens in die EU nach und analysiert die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2004, das bislang "europäischste" politische Ereignis in Slowenien.

In der zweiten Hälfte der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre vollzog sich die Pluralisierung und Demokratisierung des politischen Lebens in Slowenien, deren Ergebnis die Einführung des Mehrparteiensystems war. Die Höchstzahl von 124 Parteien reduzierte sich auf 38, die derzeit im staatlichen Register aufgeführt werden. Zurückgegangen ist auch die Zahl jener Parteien, die sich um einen Sitz in der Nationalversammlung bewerben: An der Wahl von 1990 nahmen 15 Parteien teil, 1992 waren es 33 sowie 22 im Jahr 1996 und 23 im Jahr 2000. 1990 schafften neun Parteien den Sprung ins Parlament, 1992 acht, 1996 sieben, 2000 trotz der erhöhten Sperrklausel acht sowie 2004 sieben Parteien. Mit der Konsolidierung der Demokratie hat sich die Zahl der Parteien weiter reduziert und wird wohl noch weiter sinken, da den übrig gebliebenen Parteien mit Ausnahme einiger außerparlamentarischer Gruppierungen ein mehr oder weniger begrenztes politisches Leben beschieden zu sein scheint.

Lager, Trennlinien und Parteien

Slowenien ist eine pluralistische Gesellschaft. Vielfalt steht in Slowenien aber nicht nur für Unterschiede, sondern auch für gesellschaftliche Konflikte. Häufig ist es so, dass die Errungenschaften, die ein gesellschaftlicher Teilbereich für sich erzielt, von anderen Teilbereichen als Niederlage begriffen werden und die verschiedenen Gruppen zu keinen Zugeständnissen bereit sind, wenn es um Dinge geht, auf die sie ihre Identität stützen. Sozialer Zusammenhalt kann sich deshalb nur entwickeln und vertiefen, wenn diese entscheidenden Identitätsmerkmale keinem plötzlichen oder revolutionären Frontalangriff ausgesetzt werden. Die politische Kultur Sloweniens ruht auf drei Säulen. Der festgefügteste und bestorganisierte Teilbereich der slowenischen Gesellschaft ist der katholische Block; ihm folgen das sozialistische und das liberale Lager.

Menschen, die zur katholischen Sektion zählen, leben vor allem in ländlichen Gebieten, während Anhänger der sozialistischen und liberalen Richtung vor allem in urbanen Zentren anzutreffen sind. Der katholische Block hat eine Reihe eigener politischer Parteien und neuer Interessengruppen ins Leben gerufen sowie eine eigene Tageszeitung ("Slowenec") und Radio- und Fernsehprogramme gegründet. Er hat weiterführende Schulen sowie Kindergärten eingerichtet und ist bemüht, im öffentlichen Schulsystem an Einfluss zu gewinnen. Dennoch operiert der katholische Block nicht als politische Einheit - vielmehr ringen die Parteien des so genannten "Slowenischen Frühlings" miteinander um die Vormachtstellung innerhalb des katholischen Lagers. Dieser innere Kampf hat die Parteien bis zum Jahr 2004 davon abgehalten, eine politische Koalition einzugehen. Vor zwei Jahren wurde eine Mitte-Rechts-Regierung gebildet, die bis heute amtiert.

Die Regierungskoalition wird von der Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) angeführt, die 1989 nach einem Streik der Gewerkschaften in der Fabrik von Litostroj entstanden war und bis September 2003 den Namen Sozialdemokratische Partei Sloweniens trug. Erster Vorsitzender der SDS war France Tomsic, sein Nachfolger Joze Pucnik. Zwischen 1992 und 1993 bereitete die SDS den Boden für das Zusammengehen mit den Sozialisten und Reformkommunisten, mit der Übernahme der Parteiführung durch Janez Jansa aber gab die Partei viel von ihrem sozialdemokratischen Wahlprogramm auf, so dass aus diesem Zusammenschluss letztlich nichts wurde. Heute gilt die SDS als liberal-konservativ und ist politisch der rechten Mitte zuzuordnen. Seit den Wahlen des Jahres 2000 unternimmt sie den Versuch, sich wieder der politischen Mitte anzunähern, und hat aus diesem Grund auch ihren Namen in Slowenische Demokratische Partei geändert. Die SDS hatte von 1990 bis 1994 der Regierungskoalition angehört, verließ diese aber nach einem gegen den damaligen Verteidigungsminister Jansa gerichteten Misstrauensvotum. 1992 erhielt die SDS Beobachterstatus bei der Sozialistischen Internationalen, der 1996 wieder aberkannt wurde. Sie ist Mitglied der Internationalen Demokratischen Union (IDU) und der Europäischen Volkspartei (EVP). Im Jahr 2000 stellte die SDS für vier Monate die stärkste Kraft in der Regierung, und seit Oktober 2004 bildet sie zusammen mit der Partei Neues Slowenien (NSi), der Slowenischen Volkspartei (SLS) sowie der Demokratischen Partei der Rentner Sloweniens (DeSUS) eine Regierungskoalition, die eine Mischung aus neoliberalen Wirtschaftsideen und traditionalistischen Denkweisen vertritt und der Jansa als Ministerpräsident vorsteht.

Die im Frühjahr 1988 gegründete Slowenische Volkspartei (SLS), die zweitstärkste Kraft in der Koalition, entstand aus dem slowenischen Bauernverband; ihre ersten Vorsitzenden waren Ivan Oman und Marjan Podobnik. Oberstes politisches Ziel der SLS ist der Schutz der ländlichen Gebiete und der Grundlagen der Landwirtschaft. Zahlenmäßig hatte die SLS nur wenige Funktionäre aufzubieten, und so stellte sie, obwohl von 1990 bis 1992 zweitstärkste Kraft in der Regierungskoalition, in diesen Jahren nur ein Kabinettsmitglied. 1996 ging die SLS erneut als zweitstärkste Partei aus den Wahlen hervor, ihr Regierungshandeln während des Jahres 2000 schadete ihrem Ruf jedoch nachhaltig. Im April 2000 schloss sich die SLS mit den Slowenischen Christdemokraten (SKD) zu einer neuen Partei zusammen, die sich ebenfalls Slowenische Volkspartei nennt und unter dem Kürzel SLS firmiert.

Die SKD war jene Partei, die den Rückhalt der katholischen Kirche genoss und vor allem in ländlichen Gebieten zahlreiche Anhänger fand. Ihre Vorläufer hatte die 1989 gegründete SKD in der katholischen Bewegung; ihr Vorsitzender bis zum Zusammenschluss mit der SLS war Lojze Peterle, der erste demokratisch gewählte Ministerpräsident der Republik Slowenien. Bei den Parlamentswahlen konnte die SKD zuletzt immer weniger Stimmen auf sich vereinen; zudem machte der noch unerfahrene Peterle in seiner Amtszeit als Ministerpräsident (bis 1992) viele Fehler, indem er wichtige Aufgaben an seine Minister übertrug. Von 1993 bis 1997 gehörte die SKD der Regierung an und stellte den stellvertretenden Ministerpräsidenten. Die SKD war Mitglied der Christdemokratischen Internationalen (IDC-CDI) und der Europäischen Demokratischen Union (EDU) und nahm im politischen Spektrum eine Stellung rechts von der Mitte ein. Nach dem Zusammenschluss mit der SLS im April 2000 übernahmen einige ihre Mitglieder Ämter in der Koalitionsregierung.

Erster Parteivorsitzender dieser "neuen", aus SLS und SKD formierten Slowenischen Volkspartei (SLS) war France Zagozen; seine Stellvertreter waren die beiden früheren Parteivorsitzenden sowie Andrej Bajuk, der im Jahr 2000 fünf Monate als Ministerpräsident amtierte. Als einzige politische Aktion dieses Parteizusammenschlusses wird die Bildung einer Koalitionsregierung im Juni 2000 in die Geschichte eingehen. Als nämlich die SLS im Juli 2000 vorgeschlagene Verfassungsänderungen unterstützte, hatte dies den Rücktritt zweier stellvertretender Parteivorsitzender zur Folge. Diese riefen nun ihrerseits eine neue Gruppierung ins Leben, die Partei Neues Slowenien (NSi), und halbierten damit faktisch den Einfluss der SLS, die trotz ihres Zerfalls und ihrer Wahlniederlage drei Minister in die Regierung entsandte. 2001 wurde Franci But zum Parteivorsitzenden der SLS gewählt. 2004 fuhr die Partei zwar ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Erlangung der Unabhängigkeit ein, wurde aufgrund des Bündnisses mit der SDS, der NSi und der DeSUS aber dennoch wieder Regierungspartei. Die SLS ist als rechtsliberal einzustufen und Mitglied der Europäischen Volkspartei (EVP).

Die christlich orientierte Partei Neues Slowenien (NSi) wurde, wie bereits beschrieben, von ehemaligen Mitgliedern der SLS gegründet; zum ersten Parteivorsitzenden wurde Andrej Bajuk gewählt. Die nach der Wahl 2000 eingegangene formale Koalition und enge Zusammenarbeit zwischen NSi und SDS, der Slowenischen Demokratischen Partei, setzte sich auch nach den Parlamentswahlen fort, als beide Parteien in die Opposition gingen. Wie die SDS reiht sich auch die NSi unter das Dach der EVP ein, allerdings ist sie so stark konservativ ausgerichtet, dass ihre Stellung am äußeren rechten Rand des politischen Spektrums anzusiedeln ist. Aufgrund dieser organisatorischen Entwicklungen mussten alle Parteien, die sich um eine Aufnahme in die EVP bemühten, ihren Antrag formell neu einreichen - auch wenn die SLS und die SKD in den neunziger Jahren bereits mit der EVP zusammengearbeitet hatten. Im Juli 2001 sprach sich der Erweiterungsausschuss der EVP für die Aufnahme aller drei slowenischen Parteien aus. Das politische Büro der EVP erteilte ihnen im September 2001 den Status von Beobachtern, der im Mai 2003 schließlich zu einer assoziierten Mitgliedschaft heraufgestuft wurde. Mit dem Beitritt Sloweniens zur EU wurden die Parteien Vollmitglieder der EVP.

Der sozialistische Block ist im Vergleich zu seinem rechten, katholischen Gegenpol weniger gut organisiert. Politische "Dachorganisation" sind die Sozialdemokraten, die enge Beziehungen zur größten Gewerkschaft des Landes pflegen. Das sozialistische Lager weist keine anderen Interessengruppen oder Zusammenschlüsse auf, die meisten seiner Initiativen gehen daher auf einzelne Gruppen oder Personen zurück. So wie der katholische Block in einzelne Fraktionen aufgesplittert ist, verteilen sich auch die Anhänger des sozialistischen Lagers auf eine ganze Reihe politischer Parteien, im Besonderen die Sozialdemokraten, die Christlichen Sozialisten, die Demokratische Partei, die Demokratische Partei der Rentner (DeSUS) und die Partei der Jugend (SMS).

Die 1993 gegründeten Sozialdemokraten (SD) waren bis 2005 unter dem Namen Vereinigte Liste der Sozialdemokraten (ZLSD) bekannt und bündelten Kräfte aus der Partei der Demokratischen Erneuerung (die früheren Kommunisten), der Sozialdemokratischen Union sowie Teilen der Sozialistischen Partei und der Arbeiterpartei. Erster Vorsitzender der Partei war Janez Kocjancic. Der Stimmenanteil der ZLSD ging zunächst mit jeder Parlamentswahl kontinuierlich zurück; seit dem politischen Aufstieg von Borut Pahor und den für sie recht erfolgreichen Wahlen des Jahres 2000 aber hat sich ihr politischer Einfluss erheblich gesteigert. Seit 1996 gehört die ZLSD der Sozialistischen Internationalen an, hatte zunächst Beobachterstatus bei der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und erhielt 1999 den Status eines assoziierten Mitglieds. In einer Ausnahmeregelung gestand die SPE allen Parteien aus Beitrittsländern mit Unterzeichnung der Beitrittsverträge die Vollmitgliedschaft zu, die für die ZLSD ab dem 16. Mai 2003 galt. Die ZLSD fühlt sich der Gewerkschaftsbewegung nach wie vor eng verbunden und nimmt einen Platz in der linken Mitte des politischen Spektrums ein. Zwischen 1993 und 1996 war sie Mitglied der Regierungskoalition, verließ diese jedoch ein Jahr vor den Wahlen wegen einer Verletzung der Koalitionsvereinbarung. Nach den vergleichsweise erfolgreichen Wahlen des Jahres 2000 trat die ZLSD mit drei Ministern in die Regierung ein, und Pahor wurde Präsident der Nationalversammlung. Bei den Wahlen 2004 wurde die ZLSD zwar drittstärkste Partei, fand sich angesichts der Koalition der drei konservativen Parteien mit der DeSUS aber auf den Oppositionsbänken wieder.

Am wenigsten ausgeprägt ist die Organisationsstruktur des liberalen Blocks. Eine einheitliche Organisation war in den vergangenen drei Legislaturperioden allerdings auch kaum erforderlich, da liberale Vorstellungen in der Marktwirtschaft und der liberalen Demokratie zum vorherrschenden ideologischen Repertoire gehören. Politisch ist der liberale Block unter dem Dach der Liberalen Demokraten Sloweniens (LDS) organisiert. In der kurzen parlamentarischen Geschichte Sloweniens ist die LDS die bislang stärkste Partei. Sie entwickelte sich aus dem Verband der Sozialistischen Jugend in Slowenien (ZSMS), dessen letzter Präsident Jozef Skolc auch erster Vorsitzender der LDS wurde. 1992 trat Janez Drnovsek, der ehemalige Repräsentant der Teilrepublik Slowenien in der jugoslawischen Führung, der LDS bei und wurde ihr Vorsitzender. 1994 gingen einige Parteien wie die Demokratische Partei Sloweniens (DSS), die Grünen (ZS) und die Sozialistische Partei Sloweniens (SSS) in der LDS auf. Die LDS war von 1992 bis 2004 (mit wechselnden Koalitionspartnern) an allen Regierungen beteiligt und stellte von neun Regierungen seit 1990 sieben Mal den Ministerpräsidenten - ihre Macht und ihr Einfluss wuchsen mit jeder Wahl. Die LDS ist in der Mitte des politischen Spektrums angesiedelt und Mitglied des rechten Flügels der Liberalen Internationalen. Auf europäischer Ebene gehört sie den Europäischen Liberalen Demokraten (ELDR) an. Die LDS nahm in den neunziger Jahren an vielen Treffen der ELDR teil, doch bestehen nur lose Kontakte zwischen den ihr angehörenden Parteien. 1992 wurde die LDS assoziiertes Mitglied, 1998 Vollmitglied der ELDR. Kurzzeitig musste die LDS die Führung der Regierung im April 2000 abgeben, wurde nach der Parlamentswahl im Oktober aber erneut als stärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Ein Führungswechsel innerhalb der Partei (Drnovsek übergab die Ämter des Parteivorsitzenden und des Ministerpräsidenten nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten an Tone Rop) sowie schwindender Rückhalt bei den Wählern kennzeichnen die Regierungszeit der LDS in den Jahren 2000 bis 2004, bis sie sich im Oktober 2004 der SDS geschlagen geben musste und in die Opposition ging.

Ließe sich eine einzelne Trennlinie (cleavage) im politischen Leben Sloweniens ausmachen, dann wäre dies die Rolle der katholischen Kirche in der Gesellschaft. Entlang dieser Linie hat sich die Gesellschaft bereits in der Geschichte geteilt, und das ist auch heute nicht anders. Politisch links zu stehen heißt in Slowenien, sich gegen den Einfluss der katholischen Kirche in sozialen Fragen zu stellen, nicht unbedingt, klassischen "linken" Ideen wie etwa sozialer Sicherheit, Arbeitnehmerrechten und Steuergerechtigkeit anzuhängen. Die Unterteilung nach ländlich und urban oder nach entstehenden Klassengegensätzen wird nahezu verdeckt von der Unterscheidung in katholisch und nicht katholisch.

Trotz dieses tiefen Grabens ist das politische System stabil. Dies ist vor allem auf die Offenheit für große Koalitionen zurückzuführen, die in der Vergangenheit vor allem aus politischer Furcht, ein politischer Block könne den anderen vollständig neutralisieren, gebildet wurden. Der Erfolg großer Koalitionen einerseits und das politische Versagen von Koalitionen, die sich aus nur einem Lager speisten, andererseits trugen dazu bei, diese Befürchtungen zu entkräften. Ihr Erfolg machte deutlich, dass die alten Modelle der Intoleranz und des mangelnden Willens zur Zusammenarbeit sowie Versuche, politische Bewegungen komplett aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen, in Slowenien nur wenig Rückhalt genießen. Die schwindende öffentliche Unterstützung für die 2004 aus einem politischen Lager gebildete Koalition und der zunehmende öffentliche Protest gegen deren Arbeit sind hierfür nur weitere Beweise.

Sloweniens Weg in die EU

In dem nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Staatsgefüge Jugoslawiens spielte Slowenien auf internationaler Ebene nur eine untergeordnete Rolle, da den Teilrepubliken keine gleichberechtigte Teilnahme an der Außenpolitik gestattet wurde. Schnell musste Slowenien nach Erlangung der Unabhängigkeit lernen, eigenständig internationale Politik zu betreiben. Eine der ersten Lektionen war das Ringen um die völkerrechtliche Anerkennung, da weder die USA noch die führenden europäischen Mächte die Auflösung Jugoslawiens unterstützten. Nach dem slowenischen Sieg im so genannten Zehntagekrieg, dem Abkommen von Brioni (Juli 1991) und dem Rückzug der jugoslawischen Volksarmee von slowenischem Gebiet ging der Prozess der internationalen Anerkennung schnell vonstatten. Die Unterstützung Deutschlands, das zu diesem Zeitpunkt (nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Vereinigung der beiden deutschen Staaten) nachdrücklich für das Selbstbestimmungsrecht der Völker eintrat, war entscheidend. Das erste Land, das die Unabhängigkeit Sloweniens offiziell anerkannte, war Kroatien, gefolgt von den baltischen Staaten und Georgien.

Die Mitgliedschaft Sloweniens in der EU wurde lange Zeit von allen politischen Lagern unterstützt. Die "Europäisierung ist zu einer Art Ersatz für die alte Ideologie geworden", die Mitgliedschaft in der EU war schon vor der formellen Unabhängigkeit das strategische Ziel der slowenischen Außenpolitik. Der EU-Beitritt hatte nicht nur wirtschaftliche, soziale und politische Beweggründe, sondern war für einen Großteil der Bevölkerung auch ein Weg, den babylonischen Verhältnissen auf dem Balkan zu entrinnen. Das "neue" Slowenien wollte sich von den Kriegen und dem Blutvergießen in den übrigen Balkanstaaten abgrenzen. Slowenien war bestrebt, von sich selbst das Bild einer kleinen, friedlichen Alpenrepublik zu zeichnen, in der Dinge "auf europäische Art" erledigt werden. Der EU beizutreten war ein strategischer Schritt - ungeachtet einiger überschwänglicher Rufe nach einem unabhängigen Status ähnlich dem der Schweiz.

Irena Brinar unterscheidet sechs Phasen der Annäherung Sloweniens an die EG/EU: zunächst die Phase der "Bewusstwerdung" (1957 - 1970), in der vor allem die Ideologie einer engeren Zusammenarbeit mit der Europäischen Gemeinschaft im Wege stand, Jugoslawien die Arbeitsmigration in Länder der EG jedoch gestattete; zweitens die Phase der "Wiederannäherung" (1970 bis in die späten achtziger Jahre), die vor allem im Handel durch eine Zeit der schrittweisen Intensivierung der Beziehungen zur EG gekennzeichnet war. Als dritte Phase folgte die "EU-phorie" (späte achtziger bis frühe neunziger Jahre), in der die EU als Allheilmittel für die meisten Wirtschaftsprobleme Sloweniens und als Lösung der politischen Herausforderungen betrachtet wurde. Als vierte Phase nennt Brinar die "EU-Skepsis" (1993 - 1996), die durch die Verhandlungen zum Europa-Abkommen und damit einhergehenden Emotionen gekennzeichnet ist. Daran schließt sich die fünfte Phase der "EU-Nüchternheit" an (1996 - 1997), in der die emotionale Debatte einer rationaleren Kosten-Nutzen-Analyse einer Mitgliedschaft Platz machte, und sechstens schließlich die Phase des "EU-Realismus" (seit 1997), die sich durch eine hohe Zustimmungsrate zum Beitritt auszeichnet.

Am 3. Juli 1997 unterzeichneten die Führer aller slowenischen Parlamentsparteien - mit Ausnahme der kleinen Slowenischen Nationalpartei (SNS), die nach den Wahlen 2000 nur noch mit 4,4 Prozent der Stimmen im Parlament vertreten war und 2004 bei der Europawahl nur knapp über fünf Prozent erhielt - eine besondere Erklärung zur Zusammenarbeit in der Beitrittsphase zur EU. Damit gab es nahezu keinen Widerstand gegen den EU-Beitritt, und alle Verhandlungspositionen wurden vom Parlament gebilligt.

Parallel zum Beitrittsprozess vollzog sich eine Reihe anderer Entwicklungen. Weil Slowenien ein neu gegründeter Staat war, mussten auch fast alle staatlichen Systeme neu aufgebaut werden, einschließlich der Armee, der Bürokratie und des diplomatischen Apparates. Die Planwirtschaft wurde mittels Privatisierung und Reprivatisierung des früheren Allgemeinbesitzes durch den Kapitalismus abgelöst. Die Annäherung an die EU und die Annahme des acquis communautaire wurden als Chance gesehen, die normativen Grundlagen für einen modernen Staat zu legen. So gesehen war die "Annäherung" (wegen dergleichzeitigen Modernisierungsprozesse) wohl weniger eine Wiederannäherung an die EU als eine Eingliederung der EU ins eigene Land. Politiker waren sich dessen sehr bewusst und führten die EU häufig als Vorwand ins Feld, wenn es um die Einführung von (im Wortsinn) unpopulären Maßnahmen ging, ob diese nun mit der EU zu tun hatten oder nicht.

Obwohl sie den progressiven Kräften lange als politisches Symbol diente, war die europäische Integration bis 1994 kein Thema in öffentlichen Meinungsumfragen. Die erste diesbezügliche Erhebung zeigte, dass 17,3 % der Bevölkerung den EU-Beitritt Sloweniens nachdrücklich begrüßten, 57,4 % ihn begrüßten, nur 3,1 % ihn ablehnten und 0,3 % entschieden dagegen waren. 21,9 % der Befragten enthielten sich einer Antwort auf diese Frage. In derselben Umfrage bekundeten 45,8 % der Befragten, sich als Bürgerinnen und Bürger der Republik Slowenien zu fühlen, während sich 47,7 % auch als Europäer verstanden. Eine weitere Untersuchung der öffentlichen Meinung in Slowenien zeigte im Jahr 2001, dass eine beträchtliche Mehrheit der Befragten (78,4 %) der Ansicht war, kleinere Länder wie Slowenien befänden sich in der EU nicht auf Augenhöhe mit größeren Staaten. Die größten Vorteile von einer EU-Mitgliedschaft wurden im wirtschaftlichen Bereich erwartet (60,1 %), in der Entwicklung der Demokratie (58,6 %) und Fragen der Sicherheit (73 %). Am wenigsten versprachen sich die Slowenen für die Bewahrung der slowenischen Sprache und Kultur (37,1 %).

Am Ende der Verhandlungen mit der EU und der NATO stand im März 2003 ein Referendum, bei dem 89,64 % der Wählerinnen und Wähler für einen Beitritt zur EU votierten sowie 66,08 % für einen Beitritt zur NATO. Dieses Ergebnis bestätigte, was in der slowenischen Politik schon lange bekannt war: Die Mitgliedschaft in der EU war ein unumstrittenes, vom gesamten politischen Spektrum verfolgtes Ziel, während der Beitritt zur NATO von fast der Hälfte der Bevölkerung abgelehnt wurde (laut Meinungsumfragen fanden entsprechende Bemühungen der Regierung erst 1994/95 wegen der anhaltenden Kriege auf dem Balkan wachsenden Rückhalt). Die Ergebnisse zeigen, dass eine Mehrheit der Bürger den Beitritt zur EU in vielerlei Hinsicht als gute Lösung für Slowenien sah, und dies nicht nur unter wirtschaftlichen Aspekten. Im Vergleich zu einer Aufnahme in die NATO war der Widerstand gegen einen EU-Beitritt gering, und einige Kommentatoren suggerierten sogar, nur die zeitgleiche Befragung habe die Abstimmung über einen NATO-Beitritt vor einem Misserfolg gerettet, da das Referendum über den EU-Beitritt für eine hohe Wahlbeteiligung (60,44 %) gesorgt und Wähler an die Urne gelockt habe, die an diesem Thema gar nicht unbedingt interessiert waren. Mit dem Beitritt zur EU und zur NATO hat Slowenien indes seine wichtigsten außenpolitischen Ziele erreicht.

Die Europawahl 2004

Das erste große Ereignis seit der EU-Mitgliedschaft war die Wahl zum Europäischen Parlament im Juni 2004. Zunächst hatte es den Anschein, als ob ihm die politischen Parteien und Listen hohe Bedeutung beimessen würden, doch erwies sich dieser Wahlgang für die etablierten Parteien nur als Testlauf für die im Oktober stattfindenden Parlamentswahlen. Für die weniger bekannten Parteien war er eine Chance, auf sich aufmerksam zu machen.

Insgesamt nahmen 13 Listen an der Europawahl teil, die in ihrer Ausrichtung von konservativ bis liberal und sozialdemokratisch reichten. Im Bündnis mit der DeSUS warb die LDS für liberale und soziale Werte. Kernpunkte ihres Wahlprogramms betrafen eine wettbewerbsorientierte und innovative Wirtschaft, ein gesundes und grünes Slowenien, die Informations- und Wertevielfalt, die Sozialpolitik sowie die Solidarität zwischen den Generationen. Die Slowenische Demokratische Partei ging mit einem (vor allem vor dem Hintergrund der politischen Kultur) konservativen Programm ins Rennen um die Wählerstimmen und bezeichnete eine verbesserte Unternehmenskultur, die Entwicklung ländlicher Gebiete, kulturelle Fragen, eine ausgeglichene Entwicklung der Regionen, die effiziente Verteilung von EU-Fördermitteln und ein der EU vergleichbares Ausbildungssystem als ihre Hauptanliegen.

Die ZLSD wiederum hielt sich an das Programm ihrer sozialistischen Familie in der EU, der SPE, und betonte Chancengleichheit für alle, Solidarität und Verringerung sozialer Unterschiede, innere Sicherheit, Gleichstellung der Geschlechter sowie die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, während die Slowenische Volkspartei (SLS) für die Wahrung "slowenischer Grundwerte" und der slowenischen Kultur und Sprache sowie eine Stärkung des nationalen Selbstbewusstseins eintrat, für ein Europa der Bürger, für mehr Europa in Slowenien (was heißen sollte: mehr Solidarität Europas mit Slowenien), für eine bessere soziale Absicherung älterer Menschen und einen höheren Lebensstandard. Die der EVP angehörende Partei Neues Slowenien (NSi) setzte auf Frieden, Sicherheit, Gerechtigkeit, Wohlstand sowie auf Gerechtigkeit in Europa, eine verantwortungsvolle Verwaltung des EU-Haushalts sowie eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der slowenischen und europäischen Landwirtschaft. Die Partei der Jugend (SMS) und die Grünen - die einzige Partei, die sich den europäischen Grünen verbunden fühlt - betonten Ziele wie Solidarität, gleiche Rechte für alle, Verantwortung für die Umwelt sowie entschlossene Änderungen in der Energie- und Verkehrspolitik.

Vor allem aufgrund der Euphorie nach dem Beitritt hätte man aufwändige Kampagnen und hitzige Debatten erwarten können, doch das Gegenteil trat ein: Der Wahlkampf erschien mittelmäßig und langweilig, blieb frei von echten politischen Auseinandersetzungen. Zum Ersten hatten die Parteien schon die in weniger als vier Monaten stattfindenden Parlamentswahlen vor Augen und betrachteten die Europawahl lediglich als Stimmungstest. Einige Parteien nutzten dies, indem sie ein ähnliches graphisches Design für beide Wahlkämpfe verwendeten, was beträchtlich zu ihrem Erfolg bei den nationalen Wahlen beitrug. Sowohl der personelle als auch der finanzielle Aufwand bei der Europawahl hielt sich in Grenzen, was sich vor allem in der Auswahl der Kandidaten zeigte. Abgesehen von Borut Pahor, dem amtierenden Sprecher der Nationalversammlung von der ZLSD, und Lojze Peterle, dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Außenminister, der von Neues Slowenien (NSi) ins Rennen geschickt wurde, gehörten die Kandidaten nicht zur ersten Riege der slowenischen Politiker. Die Parteien nahmen eine abwartende Haltung ein und schonten ihre Kräfte für die nationalen Wahlen, auch wenn die Menschen vielleicht "stärkere" Kandidaten erwartet hatten.

Zweitens waren die Wähler nur unzureichend darüber informiert, worüber sie denn abzustimmen hatten. Die politischen Parteien unternahmen wenig, um die Wähler von der Bedeutung des Europäischen Parlaments auch für die nationale Politik zu überzeugen und sie über dessen Funktionsweise sowie über die Arbeit der Abgeordneten zu informieren. Da Slowenien der EU erst einen Monat zuvor beigetreten war, standen kaum brennende europäische Themen auf der Tagesordnung, und so drehte sich die Debatte vor allem um nationale Fragen. Dies gab den Wählern das Gefühl, die Europawahl sei nicht so wichtig, was sich in einer entsprechend niedrigen Wahlbeteiligung niederschlug.

Drittens wurden im Wahlkampf sehr konfuse und mehrdeutige Botschaften vermittelt. Die Slowenische Volkspartei betrieb zunächst eine Kampagne, die ihrer traditionellen Wählerschaft zuwider lief, vor allem junge, moderne und unentschiedene Wähler ansprechen sollte und ländliche Wähler mit eher traditionellen Ansichten vergaß. Mitten im Wahlkampf wollte sie dies korrigieren, machte dabei aber widersprüchliche Aussagen. Die ZLSD wählte (in Anlehnung an die Sozialdemokratische Partei Europas und die Sozialistische Internationale) eine rote Rose zum Symbol, deren Bedeutung aber nur einer Minderheit der slowenischen Wähler bekannt war. Hinzu kam, dass nach dem Verhältniswahlrecht abgestimmt wurde, bei dem weniger die Kandidaten selbst als die Listen der Parteien im Mittelpunkt standen. Das empfand eine Mehrheit der Wähler offenbar als wenig attraktiv. Aufgrund dieser und anderer Gründe lag die Wahlbeteiligung bei der Europawahl so niedrig wie nie seit Erlangung der Unabhängigkeit - von den mehr als 1,6 Millionen Wahlberechtigten gaben nur 461 000 ihre Stimme ab.

Für die größte Überraschung der Wahlen sorgte Neues Slowenien, das einen auf Peterle zugeschnittenen Wahlkampf führte, der sich als Mitglied des EU-Verfassungskonvents auch auf europäischem Parkett profiliert hatte. Die NSi zog den größten Nutzen aus dem Verhältniswahlrecht, nach dem das gesamte Land einen Wahlbezirk darstellte. Peterle vereinte so viele Stimmen auf sich, dass es für zwei Sitze im EP reichte, und seine Partei erzielte den höchsten Stimmenanteil - zum ersten Mal seit Jahren lag sie vor den Liberalen Demokraten. Gemessen daran, dass sie eine gemeinsame Liste mit der DeSUS aufgestellt hatten, waren die Liberalen Demokraten die Verlierer der Europawahl. Sie konnten nur zwei Sitze im Europäischen Parlament erringen - sehr viel weniger als erwartet. Zu den Wahlverlierern gehörte auch die Slowenische Volkspartei, die keinen einzigen Sitz im EP besetzen konnte. Dies hat weit reichende symbolische Bedeutung und ist Ausdruck der Veränderungen im rechten politischen Spektrum. Die Partei, der eine (zumindest kurzzeitige) Vereinigung der rechten Kräfte unter ihrem Namen gelungen war, büßte ihre Anziehungskraft gegenüber neuen Mitbewerbern wie der NSi und der SDS ein, die ebenfalls zwei Mandate errang.

Die ZLSD errang einen Sitz im Europäischen Parlament, was einer realistischen Erwartung entsprach. Doch ging dieser Sitz nicht an einen Kandidaten auf den vorderen Listenplätzen, sondern an jemanden von den hinteren Rängen. Der Parteivorsitzende Borut Pahor, laut Meinungsumfragen der Politiker mit der größten Anziehungskraft im gesamten Land, wurde an letzter Stelle nominiert, um ein besseres Ergebnis für die ZLSD zu erzielen. Wegen der Möglichkeit, Stimmen zu kumulieren, erhielt er meisten Stimmen für die ZLSD und wurde so ins Europäische Parlament gewählt. Insgesamt also konnten die Parlamentarier der EVP vier Abgeordnete aus Slowenien in ihren Reihen willkommen heißen, die der Europäischen Liberalen Demokraten zwei und die der Sozialdemokratischen Partei Europas einen Abgeordneten.

Wegen des unterschiedlichen Wahlverfahrens bei nationalen und europäischen Wahlen lassen sich kaum direkte Vergleiche und Trendbeobachtungen anstellen. Zwei Folgerungen scheinen dennoch nahe liegend. Erstens geben die Wählerinnen und Wähler in Slowenien Personen den Vorzug vor Parteien. Dies war in mindestens zwei Fällen erkennbar (Peterle und Pahor) und könnte zum Teil darauf zurückgeführt werden, dass Slowenien bei der Europawahl als ein Wahlbezirk galt und Stimmen kumuliert werden konnten. Möglicherweise aber nehmen die Menschen Politik immer stärker vor allem als Spektakel wahr und fühlen sich von persönlichen Auseinandersetzungen eher angesprochen als von unpersönlicher Höflichkeit.

Zum Zweiten sollte festgehalten werden, dass das linke Lager drei EP-Abgeordnete stellte und das rechte vier. Damit lag der rechte Block erstmals seit der Unabhängigkeit vor seinen Rivalen. In der politischen Kultur Sloweniens, in der die Einstellung zur katholischen Kirche die schärfste Trennlinie darstellt, war dies wohl das erste empirische Zeichen dafür, dass die Wähler der langen Herrschaft des linken Lagers unter dem Patronat der LDS zunehmend überdrüssig waren und einen politischen Wechsel wollten. Dieser Trend bestätigte sich bei der Parlamentswahl im Oktober 2004, die erstmals von der Slowenischen Demokratischen Partei gewonnen wurde. Die Europawahl hatte bereits einen Hinweis darauf gegeben, dass sich im politischen Organismus Sloweniens ein Wandel vollzogen hatte.

Schlussfolgerungen

Slowenien hat den einen Verbund verlassen, um einem anderen beizutreten. Ideologisch haben die Bürgerinnen und Bürger die neue politische Lage erfasst, in praktischer Hinsicht hat sich ihrer Auffassung nach jedoch kaum etwas geändert. Noch ist Slowenien nicht in das Schengener Abkommen über den Wegfall der innereuropäischen Grenzen aufgenommen. Die Einführung des Euro zum 1. Januar 2007 wird die erste, für jeden sichtbare Folge der EU-Mitgliedschaft sein. Zweifelsohne hat Slowenien mit dem EU-Beitritt nicht nur eine Erneuerung des politischen Lebens, sondern aller Lebensbereiche erfahren, was von der Bevölkerung durchaus begrüßt wird. Die Europawahl 2004 aber hat gelehrt, dass es nicht ausreicht, in der EU nur "mit dem Strom zu schwimmen". Es muss eine zweite Phase folgen, in der deutlich wird, wie wichtig es ist, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf supranationaler Ebene an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Dieser Lernprozess wird einige Zeit in Anspruch nehmen und anhand wichtiger Entscheidungen erfolgen, die zur EU-Mitgliedschaft gehören.

Das politische Establishment in Slowenien wird erkennen müssen, dass die Zeit der Selbstgenügsamkeit vorüber ist. Nicht länger wird es ideologisch nur um Slowenien gehen, um die Befriedigung slowenischer Bedürfnisse und um enge slowenische Interessen. In einer supranationalen Gemeinschaft zu leben erfordert ein Bewusstsein dafür, was in der Welt geschieht. Die politischen Eliten in Slowenien aber geben sich noch immer ihrem gemütlichen nationalen Leben hin und "ihrem" hausgemachten Politikstil. Ihr politisches Bewusstsein erstreckt sich allenfalls auf die engere Nachbarschaft und (innen-)politische Machtkämpfe.

Die Beteiligung Sloweniens an der "Triple-Ratspräsidentschaft" mit Deutschland und Portugal sowie die Federführung in der ersten Jahreshälfte 2008 wird den ersten echten Testfall darstellen, in dem die Eliten sich beweisen müssen. Bislang ging das Bestreben lediglich dahin, sich während der Ratspräsidentschaft "nicht allzu dumm anzustellen" und "hoffentlich zu wissen, wie wir reagieren sollen, wenn in der Welt etwas geschieht". Wirklicher Ehrgeiz oder Initiativen sind bisher weder unter Beweis noch in Aussicht gestellt worden. Oh, wie slowenisch.

Übersetzung aus dem Englischen: Susanne Laux, Königswinter.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. dazu Igor Luksic, Politicni sistem Republike Slovenije: ocrt - The Republic of Slovenia's Political System: A Premier, in: Znanstveno in publicisticno sredisce, Ljubljana 2001.

  2. Vgl. Damjan Lajh/Alenka Krasovec, Co-Operation between Slovenian Parliamentary Political Parties and European Party Federations, in: Ladislav Cabada/Alenka Krasovec (Hrsg.), Europeanisation of National Political Parties, Plzen 2004, S. 161 - 177, hier: S. 170.

  3. Vgl. ebd., S. 171.

  4. Vgl. ebd.

  5. Vgl. Danica Fink Hafner/Damjan Lajh, zit. in: ebd., S. 168.

  6. Diese offizielle Denkweise war vor allem bei der slowenischen Jugend verbreitet; ihr Bestreben aber, den "Balkan-Parteien" etwas entgegenzusetzen, brachte diese erst recht wieder in Mode.

  7. Vgl. Irena Brinar, Europeanisation of Public administration in Slovenia, Ms. für die 10. Generalkonferenz des Europäischen Verbandes der Entwicklungsforschungs- und Ausbildungsinstitutionen (EADI), Ljubljana 2002.

  8. Vgl. D. Lajh/A. Krasovec (Anm. 2), S. 169.

  9. Vgl. Niko Tos (Hrsg.), Vrednote v prehodu II: Slovensko javno mnenje 1990 - 1998 (Values in Transition II: Slovenian Public Opinion 1990 - 1998), Ljubljana 1999.

  10. Vgl. Zlatko Sabic/Milan Brglez, The national identity of post-communist small states in the process of accession to the European Union: the case of Slovenia, in: Communist and Post-Communist studies, 35 (2002), S. 67 - 84, hier: S. 78.

  11. Vgl. Simona Kustec Lipicer/Alenka Krasovec, Party-based Euroscepticism in Slovenia: Elections to the National and European Parliaments, in: L. Cabada/A. Krasovec (Anm. 2), S. 219 - 238, hier: S. 227.

  12. Vgl. ebd., S. 228.

Dr. phil., geb. 1975; Dozent für Politische Theorie, Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Ljubljana, Kardeljeva ploscad 5, 1000 Ljubljana/Slowenien.
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