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Editorial | Antisemitismus | bpb.de

Antisemitismus Editorial "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen ..." - Essay Ideologische Erscheinungsformen des Antisemitismus Antisemitismus in Deutschland und Europa Organisierte Antisemiten Fremdenfeindliche Täter Eine Pädagogik gegen Antisemitismus

Editorial

Sabine Klingelhöfer

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Antisemitismus zählt zu den ältesten und beharrlichsten Vorurteilskomplexen und hat viele Facetten. Da offener Antisemitismus in der Öffentlichkeit üblicherweise geächtet wird, tritt Judenfeindlichkeit meist verdeckt auf.

"Juden sprechen immer noch zu häufig darüber, was während des Holocaust mit ihnen passiert ist"; "Viele Juden versuchen, aus der Vergangenheit des Dritten Reiches heute ihren Vorteil zu ziehen"; "Israel führt einen Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser" - Aussagen wie diesen ist die Zustimmung großer Teile der Bevölkerung sicher. Antisemitismus zählt zu den ältesten und beharrlichsten Vorurteilskomplexen und hat viele Facetten. Da offener Antisemitismus in der Öffentlichkeit üblicherweise geächtet wird, tritt Judenfeindlichkeit meist verdeckt auf, wird über Andeutungen, Codes und Chiffren transportiert. Die Erscheinungsformen des Antisemitismus reichen von traditionellen Mythen von Konspiration und jüdischem Streben nach Weltherrschaft über Varianten des sekundären Antisemitismus, der sich etwa im Vorwurf einer Mitschuld der Juden an ihrer Verfolgung äußert.

Als der gegenwärtig am stärksten diskutierte Ausdruck antisemitischer Einstellungsmuster gilt eine Form der Kritik an Israel, die über legitime, sachliche Einwände an dessen staatlichem Handeln hinausgeht; dann wird die israelische Politik gegenüber den Palästinensern etwa mit dem nationalsozialistischen Genozid an den Juden gleichgesetzt oder mit doppeltem Maßstab gemessen. Diese vereinzelt auch als "neuer Antisemitismus" charakterisierte Form der Judenfeindschaft bedient sich im Kern derselben Stereotype wie eh und je, diese werden jedoch zeitgeschichtlichen Entwicklungen angepasst und so weitergetragen.

Antisemitische Vorurteile werden somit häufig über den Umweg einer scheinbar "rationalen" Kritik kommuniziert - dem entgegenzuwirken, bleibt eine schwierige Herausforderung, umso mehr, als Antisemitismus kein politisches Randphänomen ist, sondern auch "in der Mitte" der Gesellschaft existiert.