Anpassungsprobleme in der ostdeutschen Unternehmenslandschaft
Von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft: Innerhalb kürzester Zeit mussten sich die Betriebe und Unternehmen in Ostdeutschland den neuen Bedingungen anpassen. Diese Umwandlung führte zu dramatischen Verschiebungen der Eigentümerstruktur.Fakten
Als vor fast 20 Jahren die Bundesrepublik die Volkwirtschaft der DDR "erbte", kam es zur Umwandlung (Transformation) der damaligen DDR-Planwirtschaft zu einer Marktwirtschaft. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür war die Privatisierung der ehemaligen Volkseigenen Betriebe (VEB), die als Transformation "von oben" ("top down") umgesetzt wurde. Parallel hierzu fand eine große Anzahl von Gründungen neuer Unternehmen statt; diese Transformation geschah, spiegelbildlich gesehen, "von unten" ("bottom up").1. Transformation "von oben"
Die Organisation der Privatisierung staatlicher DDR-Betriebe oblag der noch zu DDR-Zeiten gegründeten Treuhandanstalt. Ziel war es, die VEB der DDR nach den Grundsätzen einer Marktwirtschaft zu privatisieren und so die "Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu sichern" (§ 8 Treuhandgesetz) oder, sofern dies nicht möglich war, die betreffenden Betriebe stillzulegen. Die Praxis der Treuhandanstalt stütze sich auf die von Detlev Karsten Rohwedder, ihrem zweiten Präsidenten, formulierte Leitlinie: "Schnelle Privatisierung, entschlossene Sanierung, behutsame Stilllegung".
Am 1. Juli 1990 waren der Treuhandanstalt etwa 8.500 Betriebe mit mehr als 4 Millionen Beschäftigten unterstellt. Durch die Entflechtung von Kombinaten stieg die Zahl der Betriebe mit der Zeit zunächst noch deutlich an. Bis zur Selbstauflösung der Treuhand am 31. Dezember 1994 wurden 8.134 Betriebe an private Investoren veräußert oder reprivatisiert, ferner 310 Betriebe in kommunale Hände überführt und 3.718 Betriebe stillgelegt. Die hohe Anzahl der Schließungen war sowohl auf das Erbe der sozialistischen Planwirtschaft wie auch auf die dramatisch geänderten Rahmenbedingungen zurückzuführen. Als erklärende Faktoren sind hier insbesondere zu nennen:
- Geringe Arbeitsproduktivität: Gegen Ende der DDR lag die Arbeitsproduktivität der ostdeutschen Betriebe im Durchschnitt bei nur knapp 30 Prozent des westdeutschen Niveaus. Auch zwanzig Jahre nach der Wende, im Jahr 2009, sind im Schnitt lediglich ca. 80 Prozent des westdeutschen Produktivitätsniveaus erreicht. Die Gründe für die geringere Arbeitsproduktivität der ostdeutschen Betriebe sind vielfältig. Während die in der Regel veralteten Produktionsanlagen nicht zuletzt aufgrund großzügiger Investitionshilfen relativ zügig ausgetauscht werden konnten, war die erforderliche Anpassung der Fachkenntnisse und Qualifikationen der Beschäftigten weitaus schwieriger und langwieriger. Insbesondere fehlte es den meisten ostdeutschen Führungskräften oftmals an Kenntnissen der Funktionsweise einer Marktwirtschaft sowie an Wissen in zentralen Bereichen des Managements, wie Marketing oder Rechnungswesen.
- Durch die Einführung einer einheitlichen Währung am 1. Juli 1990 im Gefolge der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion stiegen die Löhne in Ostdeutschland innerhalb weniger Jahre von 7 Prozent des westdeutschen Niveaus auf ca. 80 Prozent. Da sich die Arbeitsproduktivität in ostdeutschen Unternehmen aber nicht im gleichem Maße erhöhte, führte dies zu Arbeitsstückkosten, die im Vergleich zu westdeutschen Unternehmen höher waren, was sich negativ auf Wettbewerbsfähigkeit und Gewinne der ostdeutschen Betriebe auswirkte.