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Porträt: Paul Röhrig | Politische Bildung | bpb.de

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Porträt: Paul Röhrig

Klaus-Peter Hufer

/ 3 Minuten zu lesen

Paul Röhrig (1925 – 2007) hat als Professor für Pädagogik und als Praktiker die Entwicklung der Erwachsenenbildung grundsätzlich beeinflusst. Dabei hob er die Bedeutung der politischen Bildung in der Erwachsenenbildung hervor und plädierte für einen politisch-emanzipatorischen Bildungsgedanken. Aus dieser Warte kritisierte er die sogenannte "funktionalistische Wende" in der Erwachsenenbildung seit Ende der 1950erJahre und stand den zunehmenden Anstrengungen um Evaluation und Wirkungsforschung skeptisch gegenüber.

Paul Röhrig gehört zur Generation der Erwachsenenbildner, die sowohl die Praxis der Bildungsarbeit als auch ihre Theorie geprägt haben. Zudem ist er einer der wenigen, die insbesondere die politische Erwachsenenbildung profiliert haben. In Windeck im Rhein-Sieg-Kreis geboren absolvierte er nach dem Besuch der Volksschule zunächst eine kaufmännische Ausbildung. Danach wurde er zur Wehrmacht einberufen. 1945, nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft, holte er das Abitur nach und studierte in Köln Pädagogik, Philosophie und Germanistik. Er engagierte sich in SPD und DGB und leitete einen politischen Gesprächskreis. Von 1954 bis 1970 war er stellvertretender Direktor der Volkshochschule Köln, wo die politische Erwachsenenbildung einen hohen Stellenwert hatte (Heuer/ Nase 2010, S. 12). Berufsbegleitend promovierte er in Mainz mit dem Thema "Politische Bildung. Herkunft und Aufgabe" (Röhrig 1964). In der Arbeit, die breit und positiv rezensiert wurde, entwickelte er politische Bildung historisch-systematisch und theoretisch . Im Jahr 1970 wurde Röhrig auf die Professur für Allgemeine Pädagogik der Pädagogischen Hochschule Rheinland berufen. Ab 1980 war er Professor für Pädagogik an der Universität Köln.

Paul Röhrigs maßgebliche Arbeitsgebiete waren Allgemeine Pädagogik, Bildungstheorie, Geschichte der Erwachsenenbildung und vor allem politische Bildung. In dieser war er nicht nur wissenschaftlich, sondern auch praktisch engagiert: So gründete er unter anderem den Verein Haus Balchem, ein Volkshochschulheim für junge Arbeiter in Köln und war Mitbegründer des Vereins Arbeiterbildung 1973 e.V. Darüber hinaus erwarb er sich internationales Renommee als Grundtvig-Experte (Heuer/ Nase 2010, S. 13; siehe auch: Findbuch zum Nachlass von Paul Röhrig, bearbeitet von Klaus Heuer und Marco Nase, Bonn 2010).

Inspiriert von dem dänischen Vorbild der Heimvolkshochschule fand er einen Weg, nach 1945 politische Bildung auch unter schwierigen Umständen zu realisieren. Röhrig: "Man fuhr hinaus in eine Jugendherberge und machte zwischendurch einen kleinen Spaziergang oder eine Wanderung. Diese Form von intensiver Arbeit und geselligem Beisammensein zog Leute an, die auch an politischen Themen interessiert waren" (alle folgenden Zitate von Paul Röhrig in: Hering/ Lützenkirchen 1992, S. 267-287).

Bei seinem Ansatz von politischer Bildung ging Röhrig später "sehr stark von Oskar Negts Konzept des exemplarischen Lernens aus." Entsprechend kritisch hat er dann auch die "realistische Wende" der Erwachsenenbildung (Ende der 1950er bis Mitte der 1960er Jahre, KPH) bewertet. Damit habe "man den eigentlichen Bildungsgedanken der Erwachsenenbildung, der mehr ein politisch-emanzipatorischer war, ganz abgeschafft […] und die Erwachsenenbildung immer weiter funktionalisiert."

Heute noch aktuell sind Röhrigs Gedanken zur politischen Bildung beispielsweise mit Blick auf die Distanz zur politischen Aktion: "Es muß Grenzen geben! Wann ist es Bildung? Wann ist es keine Bildung mehr, sondern politische Aktion? Nur müßten die Grenzen viel weiter gezogen werden, ehe sich Aktion von Bildung trennt." Und gegen die gewachsenen Bemühungen um Evaluation und Wirkungsforschung gerichtet sagte er: "Aber gerade in der politischen Bildung müßte man sich gegen so etwas wehren. […] Man müßte einfach den hohen Anspruch stellen, solche Stätten zu haben, an denen diskutiert und informiert wird, an denen ein Dialog stattfindet über politische Dinge. Da darf niemand kommen und sagen, jetzt untersuchen wir einmal, was da herauskommt."

Und schließlich lautete Röhrigs grundsätzliches Credo für politische Erwachsenenbildung: "Systematisch […] ist die Erwachsenenbildung der Ort der politischen Bildung!"

Eine solch dezidierte Betonung des Stellenwerts politischer Bildung innerhalb der Erwachsenenbildung gibt es heutzutage nur noch selten.

Der Text wurde übernommen aus dem Band: Wolfgang Sander / Peter Steinbach, Politische Bildung in Deutschland. Profile, Personen, Institutionen, Bonn 2014. Erschienen in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 1449.

Quellen / Literatur

Sabine Hering/ Hans-Georg Lützenkirchen, Gespräch mit Paul Röhrig, in: Dies., Wegweiser. Die politische Erwachsenenbildung nach dem Kriege, hrsg. Von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1992, S. 267-287.

Klaus Heuer/ Marco Nase, Der Nachlass Paul Röhrigs als Gegenstand historischer Erwachsenenbildungsforschung, in: Report. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 33 (2010) 4, S. 11-18.

Paul Röhrig, Politische Bildung. Herkunft und Aufgabe. Stuttgart 1964.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Klaus-Peter Hufer, Jg. 1949, Dr. rer. pol. phil. habil. ist apl. Professor in der Universität Duisburg-Essen und Fachbereichsleiter der Kreisvolkshochschule Viersen. Tätigkeitsschwerpunkte: Geschichte, Theorie und Praxis der politischen Erwachsenenbildung, Professionalität in der Erwachsenenbildung, Rechtsextremismus.