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Bis hierher – und nicht weiter? Wie das Urheberrecht unser Leben beeinflusst

Till Kreutzer

/ 7 Minuten zu lesen

Surfst Du gern im Internet? Schneidest Du Fernsehsendungen mit? Hast Du ein Blog, postest Videos bei YouTube oder Bilder bei Facebook? Schreibst Texte für eine Schülerzeitung? Tauschst Musik oder Computerspiele oder kopierst mal einen Text in der Bibliothek? Wer eine oder mehrere dieser Fragen mit ja beantwortet, sollte über das Urheberrecht Bescheid wissen. Denn das regelt, was man mit Filmen, Musik, Texten oder Software machen darf – und was nicht.

Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Wir leben in einer Informationsgesellschaft, kommunizieren über das Internet, über E-Mail und Smartphones. Daten können blitzschnell und einfach ausgetauscht werden, über aktuelle Ereignisse kann sich jeder ständig aus unendlich vielen Quellen informieren, jede Information ist jedem zugänglich. Rein technisch gesehen ist er möglich, der oft beschworene "free flow of information", der freie Fluss der Informationen. Und nicht nur das: Heute ermöglichen es Plattformen, soziale Netzwerke, Blogs und viele andere Dienste selbst Sender zu werden. Wie immer man sich kreativ betätigt, man kann seine Errungenschaften aller Welt zur Verfügung stellen. Der User ist zum "Produser" geworden.

Betrachtet man all dies aber nicht nur aus technischer, sondern aus rechtlicher Perspektive, zeigt sich bald, dass es viele Hürden und Beschränkungen gibt. Einer der Gründe hierfür ist das Urheberrecht. Was im Internet zu finden ist, ist meist urheberrechtlich geschützt. Ebenso dass, was im Fernsehen oder im Radio läuft, im Kino zu sehen ist oder auf CD, Blu-Ray und anderen Trägermedien zu kaufen ist. Und das heißt, dass Inhalte nicht frei sind, nicht ohne weiteres geteilt, online gestellt oder kopiert werden dürfen.

Die Regel: Das ausschließliche Urheberrecht

Genau das Gegenteil ist der Fall: Das Urheberrecht besagt, dass grundsätzlich die Urheber oder Rechteinhaber (zum Beispiel Plattenfirmen oder Verlage) allein darüber entscheiden dürfen, was mit kreativen Leistungen passiert. Durch das Urheberrecht werden Urhebern "Ausschließlichkeitsrechte" an ihren kreativen Leistungen verliehen. Das betrifft viele schöne und nützliche Dinge, wie zum Beispiel Texte, Computerprogramme, Filme, Musik, Fotos, Gemälde oder Skulpturen, ohne dass diese aufwändig hergestellt oder umfangreich sein müssen. Denn die Anforderungen, die ein Werk erfüllen muss, damit es geschützt ist (die sogenannte Schöpfungshöhe), sind in der Regel sehr gering.

Der Hintergedanke des Urheberrechts ist folgender: Wer ein Werk geschaffen oder daran die Nutzungsrechte erworben hat, soll geschützt werden. Davor, dass andere sich die kreativen Leistungen aneignen, sie zum eigenen Vorteil nutzen oder gar Geld damit verdienen, ohne vorher zu fragen oder etwas zu bezahlen. Paragraf 11 Urheberrechtsgesetz (UrhG) sagt es deutlich: "Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes." Wäre das alles, was es über das Urheberrecht zu sagen gäbe, könnte die Frage, was man mit den Werken anderer ohne deren Erlaubnis machen darf, leicht beantwortet werden: nichts! Einen Text aus dem Netz herunterladen, eine Sicherungskopie vom gekauften Computerspiel machen, eine berühmte Schriftstellerin zitieren, eine Fernsehsendung aufnehmen – all das und vieles mehr würde dann voraussetzen, dass man Nutzungsrechte erwirbt und dafür im Zweifel bezahlt. Das würde auch für die Fotokopien gelten, die ein Lehrer in seiner Schulklasse austeilt, für Gerichtsurteile, die eine Jurastudentin auf ihre Webseite stellen will oder für die Musik, die auf der Geburtstagsfeier gespielt wird.

Die Ausnahme: Einschränkungen des Urheberrechts

Ganz so weit geht das Urheberrecht dann aber doch nicht. Denn das Gesetz sieht Ausnahmen vor, nach denen es in bestimmten Fällen gestattet ist, Werke anderer zu nutzen, ohne zu fragen und – in machen Fällen – auch ohne hierfür etwas zu bezahlen. Diese "Schrankenbestimmungen" basieren auf einer Wertung: Die Allgemeinheit hat ein Interesse daran, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte möglichst unkompliziert genutzt werden können. Dieses Gemeinwohlinteresse ist mitunter wichtiger als der Wunsch von Urhebern und Rechteverwertern – also Unternehmen wie Verlagen, Plattenfirmen oder Filmstudios – jede Werknutzung zu kontrollieren und hierfür bezahlt zu werden Damit Lehrer nicht für jede Fotokopie einen Vertrag schließen müssen, gibt es eine Ausnahme, die es erlaubt, für Unterrichtszwecke solche Vervielfältigungen zu erstellen und sie an die Schüler auszuteilen. Ebenso ist es erlaubt, auf einer privaten Geburtstagsfeier Musik zu spielen, ohne die GEMA zu fragen. Damit jeder erfahren kann, was in Gesetzen und Gerichtsurteilen steht, sind solche "amtlichen Werke" vom Urheberrechtschutz ausgenommen. Die CD-Kopie für die Freundin oder der Download von Texten aus dem Internet wird durch die sogenannte Privatkopieschranke gestattet. Und für Zitate gibt es das Zitatrecht. Diese und eine Vielzahl anderer Einschränkungen enthält das Urheberrecht, um die Interessen der Rechtsinhaber mit denen der Nutzer in Einklang zu bringen. Viele dieser Regelungen sind für alle interessant, manche nur für sehr kleine, spezielle Gruppen. Eines haben aber alle Einschränkungen des Urheberrechts gemeinsam: Sie gelten nur in denjenigen Fällen, die das Gesetz festgelegt hat. Eine Universalregelung, die sagen würde: "Alles, was dem Urheber nicht schadet und womit der Nutzer kein Geld verdient, ist erlaubt!" gibt es nicht. Im Gegenteil: Erlaubt ist nur, was der Urheber oder das Gesetz konkret gestatten.

Zwischenbilanz: Wissen statt vermuten!

Weil Gesetze kompliziert sind, ist es auch schwierig, das Urheberrecht zu verstehen oder gar jede Regel, die man beachten muss, zu kennen. Halbwissen und Gerüchte über die Frage, was man darf und was man nicht darf, sind weit verbreitet. So glauben zum Beispiel viele, dass es einen grundsätzlichen Unterschied macht, ob mit der Verwendung fremder Werke Geld verdient wird, oder die Nutzung nur privaten Zwecken dient. Viele denken auch, dass das, was schon im Netz steht, ohne weiteres kopiert und anderswo ins Netz gestellt werden darf. Natürlich liegen solche Vermutungen nicht fern, denn sie entsprechen dem Rechtsempfinden vieler. Dennoch besagt das Gesetz etwas anderes. Richtig ist, dass Nutzungshandlungen aus gewerblichen Interessen eigentlich nie ohne Zustimmung erlaubt sind, nicht-kommerzielle und private dagegen in manchen Fällen. Richtig ist auch, dass Downloads aus dem Internet in vielen Fällen rechtmäßig sind, Uploads sind es hingegen nicht. Wer ein Foto von einer fremden Webseite nimmt und es – ohne zu fragen – auf eine andere Webseite stellt, begeht eine Urheberrechtsverletzung; ganz gleich, ob es sich um die Homepage einer medizinischen Selbsthilfegruppe, ein persönliches Blog oder um die Webseite eines Großversands handelt. Kurzum: Bei urheberrechtlichen Fragen hilft es oft nicht, sich auf das eigene Bauchgefühl oder Gerechtigkeitsempfinden zu verlassen. Man wird doch häufig falsch liegen. Und das kann unangenehme Folgen haben.

Warum ist das Urheberrecht so umstritten?

Das Urheberrecht wird zunehmend zu einem Problem: Es ist so kompliziert, dass es für Laien kaum mehr handhabbar ist. Das wiederum ist deshalb problematisch, weil es immer mehr alltägliche Handlungen betrifft. Ein Grund dafür, warum das Urheberrecht so kompliziert ist: Es hat viel mit Tradition, Macht und Geld zu tun. Plattenfirmen, Filmkonzerne, Softwaregiganten – sie alle verdienen auf der Basis des Urheberrechts ihr Geld. Leicht vorstellbar, unter welchen Umständen hier Recht gemacht wird. Lobbyisten aller Seiten üben auf den Gesetzgeber massiven Druck aus, um für ihr Unternehmen oder ihre Mitglieder das Beste herauszuholen, wenn es mal wieder um eine Reform des Urheberrechts geht.

Andererseits kommen die großen Medienindustrien wegen des Medienwandels (bedingt durch Digitaltechnik und Internet) zunehmend unter Druck: Bislang konnten sie physische Kopien – Bücher, CDs, Videokassetten – verkaufen, die durch das Weiterkopieren rasch an Qualität verloren – eine natürliche Schranke für das Kopieren. Mit digitalen Medien und dem Internet können nun digitalisierte Filme, Texte, Musik ohne Qualitätsverlust und großen Aufwand weiterkopiert und weiterbearbeitet und ohne Weiteres mit der ganzen Welt geteilt werden.

So stehen viele Interessen gegeneinander. Stark vereinfacht dargestellt sieht das so aus: Verbraucherschützer und Internet-Aktivisten kämpfen für Nutzungsfreiheiten, Urheberverbände und Verwertungsgesellschaften für möglichst hohe Tantiemen, Verwerterverbände dafür, dass Schutzrechte ausgeweitet und Nutzungsfreiheiten eingeschränkt werden.

Wo so viele Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen und so viel Druck ausgeübt wird, fällt es schwer, gute und gerechte Entscheidungen zu treffen. Gesetze verständlicher und damit für alle Bürger handhabbarer zu machen, darauf wird faktisch kaum ein Gedanke verwendet.

Informationen dieses Online-Dossiers

Ein Informationsangebot wie dieses Dossier zum Urheberrecht kann an zu komplizierten Gesetzen nichts ändern. Aber es kann – und soll – etwas Licht in die Sache bringen. Die Autoren haben nicht nur Wert darauf gelegt, allgemeinverständliche Texte zu schreiben. Sie haben auch versucht, eine möglichst umfassende Auswahl von nützlichen Hintergrundinformationen und konkret zu beantwortenden Fragen zu treffen, die dennoch aufs Wesentliche reduziert ist. Hintergrundinformationen im Dossier

Ein Schwerpunkt des Dossiers liegt darin, dem Urheberrecht dadurch ein Gesicht zu geben, dass die wesentlichen geschichtlichen, rechtlichen, ökonomischen und technischen Hintergründe erklärt werden. So widmet sich ein Beitrag der Entstehungsgeschichte des Urheberrechts und ein anderer der Weiterentwicklung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft.

Es finden sich zudem ein Glossar, in dem wichtige Begriffe erläutert werden, ein Text, in dem erklärt wird, was Verwertungsgesellschaften machen und Statistiken, die die wirtschaftlichen Dimensionen veranschaulichen, um die es beim Urheberrecht geht. In einem anderen Artikel werden die einzelnen "Akteure" und Interessengruppen vorgestellt und – im Ansatz – dargestellt, wer was von wem will, wenn es ums Urheberrecht geht – und warum. In den Interviews kommen einige der Beteiligten selbst zu Wort.

Hard Facts – Fragen und Antworten auf aktuelle Probleme

Im praktischen Teil werden einige der im Alltag häufigsten Fragen behandelt: "Wie legal sind Filehoster?", "Was müssen Schüler und Lehrer beim Umgang mit dem Urheberrecht beachten?", "Was ist Creative Commons und wie benutze ich freie Lizenzen?" oder "Wie verhalte ich mich bei Abmahnungen?"

Wer steht dahinter?

Dem Online-Dossier liegt die jahrelange Erfahrung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Informationsportals iRights.info zu Grunde, die die Artikel verfasst haben. Seit seiner Gründung 2005 befasst sich iRights.info damit, juristischen Laien mit handhabbaren, sachlichen und vor allem rechtlich geprüften Informationen über das Urheberrecht in der digitalen Welt zu versorgen. Im Jahr 2006 wurde das Portal dafür mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet. Die Redaktion ist interdisziplinär besetzt, hier arbeiten Juristen und Journalisten zusammen. Das macht es uns möglich, die vielen Facetten des Urheberrechts aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und vor allem komplexe Fragen journalistisch aufzubereiten, so dass sie (hoffentlich) jeder verstehen kann.

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Dr. Till Kreutzer ist Rechtsanwalt, Rechtswissenschaftler und Publizist. Er ist Partner des iRights.Lab, sowie Gründungsmitglied und Herausgeber von iRights.info und war an der Reform des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft (Erster und Zweiter Korb) als Sachverständiger beteiligt.