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Verwertungsgesellschaften und Pauschalvergütung

Valie Djordjevic

/ 7 Minuten zu lesen

Jedes Mal, wenn ein Song im Radio gespielt oder in der Bücherei ein Buch ausgeliehen wird, fließt Geld. Dass dieses Geld auch die richtigen erreicht – die Urheber und die Rechteinhaber – darum kümmern sich die Verwertungsgesellschaften: zum Beispiel die GEMA, die VG Wort oder die VG Bild-Kunst.

Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de (bpb, Bild: dieSachbearbeiter.de, cc by-nc-nd/2.0/de ) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Wenn ein Schriftsteller einen Text schreibt, eine Musikerin ein Lied komponiert oder ein Künstler ein Bild malt, dann haben sie als Urheber das Recht darüber zu entscheiden, was mit ihren Werken passiert. Im Idealfall können sie die Nutzungsrechte an ihren Werken an einen Verlag oder eine Plattenfirma verkaufen.

Die Werke sind nun in den Buchhandlungen und Plattenläden, aber auch in Bibliotheken, werden ausgeliehen und kopiert, im Radio gesendet oder an öffentlichen Orten gespielt. Nach dem Gesetz haben die Urheber Anspruch darauf, dass sie jedes Mal gefragt und vergütet werden, wenn ihre Werke kopiert, veröffentlicht, öffentlich aufgeführt, gesendet oder ausgestellt werden.

Das ist für den einzelnen Urheber in den meisten Fällen aber nur schwer zu kontrollieren. Wie soll eine Band nachprüfen, auf welchem Radiosender ihre Lieder gespielt werden, damit sie bei jedem Abspielen eine Rechnung schicken kann? Noch schwieriger ist das bei privaten Kopiervorgängen. Nutzer dürfen zwar für private Zwecke Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken herstellen: die sogenannte Privatkopie. Allerdings ist dafür eine Abgabe fällig. Es gibt noch weitere solche Schranken des Urheberrechts: für Bibliotheken, für Bildung und Wissenschaft, für Behinderte und so weiter.

Was machen die Verwertungsgesellschaften?

Hier kommen nun Verwertungsgesellschaften ins Spiel. Sie sammeln im Namen von Urhebern – zum Beispiel Autoren, Komponisten, bildenden Künstlern, Fotografen, Musikern – und Rechteverwertern (Plattenfirmen, Musikverlagen) die verschiedenen Vergütungen aus den erlaubten Nutzungshandlungen und der Zweitverwertung. All diese Nutzungshandlungen müssen vergütet werden, was auf unterschiedliche Art und Weise geschieht. Einige dieser Vergütungsansprüche können überhaupt nur über Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden. Das heißt, dass Urheber, die nicht Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind, auch kein Geld für die Nutzungen bekommen.

Die ersten Verwertungsgesellschaften entstanden Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts: 1903 wurde die Anstalt für musikalische Aufführungsrechte (AFMA) von der Genossenschaft Deutscher Tonsetzer (GDT) gegründet. Es folgten in den Jahren danach noch weitere Gesellschaften, etwa der Verband zum Schutze musikalischer Aufführungsrechte 1916 oder die Staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Urheberrechte (STAGMA) 1933. Nach 1945 änderte die STAGMA ihren Namen um in GEMA ("Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte"), die heute noch die Zweitverwertungsrechte für Komponisten, Textdichter und Musikverlage wahrnimmt. Aber erst das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz von 1965 regelte die Aufgaben und Pflichten der Verwertungsgesellschaften im heutigen Sinne.

Dieses Gesetz legt etwa fest, dass Verwertungsgesellschaften, die eigentlich privatwirtschaftliche Organisationen sind, der Aufsicht öffentlicher Stellen (genauer dem Deutschen Patent- und Markenamt) unterliegen, da sie Aufgaben übernehmen, die im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben sind. Nicht jeder kann einfach so eine Verwertungsgesellschaft gründen – man braucht eine Erlaubnis des Patent- und Markenamts. Außerdem müssen ihre Einnahmen nach einem öffentlichen Verteilungsplan ausgeschüttet werden, der "kulturell bedeutende Werke und Leistungen" fördert.

Welche Verwertungsgesellschaften gibt es?

Verwertungsgesellschaften haben ein faktisches Monopol in ihrem Bereich: Will etwa ein Journalist jemanden beauftragen, seine Rechte aus der Kopiervergütung wahrzunehmen, da er es selbst nicht kann, bleibt ihm keine andere Wahl als zur VG Wort (das VG steht für Verwertungsgesellschaft) zu gehen. Diese ist zuständig für Autoren, Übersetzer und Verleger von schöngeistigen und dramatischen, journalistischen und wissenschaftlichen Texten.

Für Komponisten, Textdichter und Musikverlage gibt es die GEMA. Sie hat im Jahr 2011 825,5 Millionen Euro aus Verwertungsrechten und Vergütungsansprüchen erwirtschaftet und ist damit bei weitem die größte der Verwertungsgesellschaften (zum Vergleich: Die VG Wort hatte 2011 Einnahmen in Höhe von 120,1 Millionen Euro und liegt damit an zweiter Stelle). Die GEMA sammelt unter anderem das Geld ein, das gezahlt werden muss, wenn Musik öffentlich aufgeführt wird – in Clubs, Kneipen, bei Konzerten, aber auch in Arztpraxen und Sportstudios.

Dazu kommen Radio- und Fernsehsender, die für jedes gespielte Stück ebenfalls GEMA-Gebühren zahlen. Zudem nimmt die GEMA die "mechanischen Vervielfältigungsrechte" der Musikurheber und -verlage wahr, also das Recht, Musikwerke auf Tonträger wie CDs zu speichern und diese dann zu verkaufen. Um als Komponist oder Textdichter an diesen Geldkuchen ranzukommen, muss man GEMA-Mitglied werden und seine veröffentlichten Stücke anmelden. Ernste Musik wird dabei nach einem höheren Schlüssel verrechnet als sogenannte U-Musik, Unterhaltungsmusik. Die Komponisten von ernster Musik bekommen also verhältnismäßig mehr Geld als die von U-Musik.

Ausübende Musiker, die ihre Musik nicht selbst komponieren, wenden sich an die GVL – Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten. Solche Leistungsschutzrechte bestehen an "Darbietungen von geschützten Werken", werden also etwa Musikern, Schauspielern, Synchronsprechern oder Quizmastern gewährt. Neben den ausübenden Musikern haben schließlich auch Tonträgerhersteller – vor allem Musikproduzenten – Leistungsschutzrechte. Die VG Bild-Kunst nimmt Rechte der bildenden Künstler, Fotografen und Filmschaffenden wahr und nimmt die Vergütungen ein, die ihnen zustehen. Ihre Einnahmen kommen zum einen aus pauschalen Urheberrechtsabgaben, wie zum Beispiel der Privatkopievergütung aus Leermedien- und Geräteabgaben, Bibliotheks- und Pressespiegeltantiemen (die auch an die anderen Verwertungsgesellschaften verteilt werden); zum anderen aus den Zahlungen für Reproduktionen einzelner Bilder. So verwaltet die VG Bild-Kunst die Rechte, wenn man zum Beispiel ein Bild auf einem Plakat oder in einem Buch abdrucken möchte.

Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Verwertungsgesellschaften für Film, Fernsehen, Werbung, Musikeditionen und so weiter.

Einnahmen der Verwertungsgesellschaften

Das Geld, das die Verwertungsgesellschaften an die Urheber ausschütten, kommt aus mehreren Quellen. Einige sind schon erwähnt worden, etwa die Tantiemen für die Bibliotheksausleihe und GEMA-Gebühren für die öffentliche Aufführung von Musik; weitere sind Abgaben für Pressespiegel oder für den Gebrauch im Unterricht an Schulen und Hochschulen.

Eine wichtige Einnahme kommt aus der Geräte- und Leermedienabgabe, die 1965 in Deutschland eingeführt wurde, um einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass durch die technische Entwicklung immer mehr private Kopien von urheberrechtlich geschütztem Material gemacht werden konnten. Sie wird pauschal auf Geräte erhoben, die zum Kopieren genutzt werden können. Das sind neben Kopiergeräten auch PCs, Drucker, CD-Brenner und ähnliche Geräte.

Dabei ist es egal, ob der einzelne Nutzer sie dafür wirklich gebraucht oder nicht. Deshalb wird sie auch als "Pauschalabgabe" bezeichnet. Leermedien wie CD- und DVD-Rohlinge, Tonbänder, Audio- und Videokassetten oder DATs (Digital Audio Tape) fallen auch unter die Vergütungspflicht. Die Abgaben werden von der ZPÜ, der Zentralstelle für private Überspielungsrechte, gesammelt und an die Verwertungsgesellschaften entsprechend der Nutzung weitergeleitet.

Verwertungsgesellschaften contra Geräteindustrie

Über die Höhe dieser Geräteabgabe streiten sich die Geräteindustrie und die Verwertungsgesellschaften seit Jahren. In der letzten Urheberrechtsreform, dem sogenannten Zweiten Korb, der am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, wird die Höhe der Abgaben nicht mehr per Gesetz festgelegt, sondern soll zwischen den verschiedenen Parteien – also den Verwertungsgesellschaften und der Geräteindustrie – gemeinsam festgelegt werden. Damit wollte der Gesetzgeber vermeiden, dass es bei Einführung neuer Geräte und Medien wie in der Vergangenheit geschehen zu jahrelangen Auseinandersetzungen kommt, ob und wie hoch diese belastet werden sollen.

Der Streit, ob für PCs eine Abgabe gezahlt werden soll und wenn, wie hoch sie ausfallen soll, währte zum Beispiel von 2002 bis 2007. Im August 2007 entschied dann das zuständige Schiedsgericht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA), dass 15 Euro pro PC angemessen seien. Dieser Betrag musste dann rückwirkend für alle seit 2002 verkauften PCs bezahlt werden.

Die Verwertungsgesellschaften und die Geräteindustrie streiten weiterhin über die Höhe der Abgaben – die Hoffnung des Gesetzgebers hat sich bisher jedenfalls nicht erfüllt. Die Verwertungsgesellschaften verlangen, dass auf alle Geräte, die zum Kopieren genutzt werden, Abgaben bezahlt werden, während die Gerätehersteller meinen, dass die Tarife, die die Verwertungsgesellschaften ansetzen, überhöht sind. Dadurch würden ihre Geräte so teuer werden, dass sie nicht mehr verkauft werden könnten.

Inzwischen hat sich auch die EU eingeschaltet. Der EU-Vermittler Antonio Vitorino hat in einer Stellungnahme Empfehlungen vorgelegt, die von den Geräteherstellern und Verwertungsgesellschaften unterschiedlich aufgenommen wurden. Vitorino empfiehlt vermehrt auf Lizenzen und vertragliche Regelungen zu setzen und nicht auf Pauschalabgaben, da dies der beste Weg sei, Rechteinhaber zu vergüten. Pauschalabgaben würden in der jetzigen Form den Europäischen Binnenmarkt belasten. Deshalb ist auch eine Homogenisierung der Abgabensysteme in Europa wichtig. Während der Branchenverband der Gerätehersteller Vitorinos Vorschläge begrüßt, ist laut ZPÜ die Studie von Vitorino mit Fehlern behaftet.

„Die Empfehlung zur Reichweite der Schrankenregelung basiert auf falschen Annahmen bezüglich der Praxis der Rechtevergabe und auf unrichtiger Interpretation der geltenden Rechtslage. Die Empfehlung verschlechtert die Position der Rechteinhaber, ohne gleichzeitig die Endverbraucher als denjenigen, die die eigentlichen Schuldner der Vergütung sind, zu begünstigen.“

Der Verband Informationskreis AufnahmeMedien hat im Juli 2010 gegen die Vergütungssätze für Rohlinge Klage eingereicht. Noch gibt es kein Urteil. Der Streit um die Pauschalabgabe geht also weiter.

Aktuelle Sätze (Auswahl, Quelle: Zentralstelle für private Überspielrechte, zpue.de):

  • PCs mit eingebautem Brenner 17,0625 Euro

  • PCs ohne eingebauten Brenner 15,1875 Euro

  • externer DVD- oder CD-Brenner 7 Euro pro Stück

  • Audio-Leerkassetten, DAT-Kassetten, Audio-CD-R und Audio-CD-RW 0,0614 Euro pro Spielstunde

  • VHS-Leer-Kassetten 0,087 Euro je Spielstunde

Rohlinge je Stück seit dem 1.1.2010 *:

  • CD-R * 0,62 Euro

  • CD-RW * 0,197 Euro

  • DVD+/-R 4,7 GB * 0,139 Euro

  • DVD+/-RW 4,7 GB * 0,271 Euro

  • Blu-ray 25 GB * 3,473 Euro

USB-Sticks (seit Juli 2012)

  • USB-Sticks ≤ 4GB 0,91 Euro

  • USB-Sticks > 4GB 1,56 Euro

  • Speicherkarten ≤ 4GB 0,91 Euro

  • Speicherkarten > 4GB 1,95 Euro

* Der Verband Informationskreis AufnahmeMedien hat im Juli 2010 dagegen Klage eingereicht. Noch gibt es kein Urteil.

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lebt und arbeitet in Berlin. Sie ist Herausgeberin und Redakteurin bei iRights.info, einem Portal zum Thema Urheberrecht in der digitalen Welt. Sie gibt Workshops und Seminare rund um die Themen Schreiben im Netz, Social Media und Urheberrecht für Firmen, Weiterbildungseinrichtungen und Institutionen.