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Zeitgenössische afghanische Kunst

Mohammad Ali Karimi

/ 11 Minuten zu lesen

Die moderne Kunst in Afghanistan war immer ein westliches Projekt: In den 1920er Jahren verbreiteten die ersten afghanischen Künstler mit westlichem Wissen den europäischen Stil der Malerei in Afghanistan. 1983 wurde die erste afghanische Nationalgalerie mit 200 von den in Kabul residierenden westlichen Botschaften zur Verfügung gestellten Werken eröffnet. Nach den Taliban und ab 2001 ist es wieder der Westen, der die moderne Kunst in Afghanistan bekannt macht.

Bild von Khadim Ali (© Khadim Ali)

Der erste Künstler, der den europäischen Malereistil in Afghanistan einführte, war Ghulam Mohammad Meimangi (1873-1935). Er war der berühmteste afghanische Maler des 20. Jahrhunderts und ein glückloser Usbeke aus dem Norden Afghanistans. Als er elf Jahre alt war, wurde sein Vater von Amir Abdul Rahman des Aufruhrs beschuldigt, von Meimaneh nach Kabul deportiert und enthauptet. Der Sohn wurde wegen seines Malereitalents in den Hof aufgenommen. Ghulam Mohammad lernte beim englischen Hofarzt John Alfred Gray und Mir Hesamuddin Rassam, der im königlichen Palast Wandmalereien durchführte. Nach dem Tode von Amir Abdul Rahman 1910 wurde die Situation von Ghulam Mohammad schlimmer.

Amir Habibullah Khan (1901-1919), der Sohn und Thronfolger von Amir Abdul Rahman, inhaftierte Ghulam Mohammad Meimangi wegen seiner Beteiligung an einer politischen Bewegung, die abzielte auf die Einführung einer konstitutionellen Monarchie. Aber auch im Gefängnis hatte er keine Ruhe: Täglich brachten ihn die Soldaten mit Handfesseln in den Hof, wo er zum Malen gezwungen wurde. Der Amir befahl dem Gefangenen Maler gar, sein Porträt zu malen. Das von Ghulam Mohammad gemalte Porträt von Amir Habibullah wird bis heute in der Kabuler Nationalgalerie aufbewahrt. Als Amanullah Khan (1919-1929) als nächster afghanischer König 1919 an die Macht kam, ließ er Ghulam Mohammad Meimangi frei und schickte ihn 1921 zur Weiterbildung nach Berlin.

Ginge es nach der restriktiven Definition der Kunsthistoriker, dann ist die "Zeitgenössische Kunst" in Afghanistan ein ganz neues Phänomen. Mit "Zeitgenössischer Kunst" meint man die Stils und Genres, die nach dem 2. Weltkrieg in der Kunst entstanden sind. Als "Moderne Kunst" bezeichnet man die am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entstandene Kunstbewegung. Die Moderne Kunst gibt jene "Schulen" wieder, die in Europa entstanden, und in diesem Sinne wird jeder Künstler einer "Schule" zugeordnet. Dagegen umfasst die "Zeitgenössische Kunst" ein weiteres Spektrum, und lässt sich nicht in eine bestimmte "Schule" pressen. Die "Zeitgenössische Kunst" hat heute ein Stadium erreicht, in dem die Grenze zwischen "Kunst" und "Unkunst" nicht mehr erkennbar scheint. In diesem Sinne kann alles ein Kunstmedium und jeder ein Künstler sein.

Die größte Begegnung der "Zeitgenössischen Kunst" der Welt ist die Documenta, die 2012 zum 13. Mal stattfand. Neben ihrer Hauptausstellung in Kassel wurde 2012 ein Teil der Ausstellungsstücke nach Kabul gebracht. Vom 20. Juni bis zum 19. Juli 2012 fand die Ausstellung in "Baghe Bobor" (ein bekannter Garten in Kabul) statt. Die meisten der Stücke waren Werke von afghanischen Künstlern. Diese Ausstellung zeigte in hervorragender Weise die Veränderungen der afghanischen Kunstszene ein Jahrhundert nach der Einführung der europäischen Malkunst in Afghanistan. Sehr beachtlich war in dieser Ausstellung der große Abstand der afghanischen Künstler von realistischen Gemälden von Ghulam Mohammad Meimangi am Anfang des Jahrhunderts.

Von Hotel One bis zum Königlichen Palast

1971 reiste der italienische Konzeptkünstler Alighiero Boetti nach Kabul und verliebte sich in diese Stadt. Er kaufte hier ein Gebäude und machte daraus ein Hotel (Hotel One), das ihm neben der Bewirtung von Gästen auch als Kunstprojekt dienen sollte. Dieses Hotel war bis 1979 im Betrieb, also bis zum Beginn des Krieges, und Boetti arbeitete dort. Er schaffte dort moderne Kunstwerke auf der Grundlage des Handwerks von afghanischen Frauen. Er bestellte bei afghanischen Frauen gestickte Landkarten der Welt. Diese wurden später unter dem Begriff "Mappa" bekannt. Diese sind auch Jahre nach seinem Tode die wohl erfolgreichsten Werke des Künstlers. Er war der erste ausländische Künstler, der ernsthaft eine zeitgenössische Kunstrichtung in Kabul produzierte.

Einige Wohnblöcke vom "Hotel One" entfernt wohnte ein anderer Künstler hinter den Mauern des Königlichen Palastes: Es war der letzte afghanische König Mohammad Zahir und auch wohl der erste afghanischer Künstler des modernen Stils, der sich mit abstrakter Malerei und Photographie beschäftigte. Zahir Shah besuchte zwischen 1923 und 1929 in Paris die Lycée Johnson de Sailly und wohnte im Haus eines Abgeordneten des französischen Parlaments. Dieser nahm regelmäßig den Kronprinzen mit ins Parlament, um ihn mit der parlamentarische Demokratie bekanntzumachen. Zahir Shah lernte neben der Demokratie und Französisch in Paris auch die moderne Kunst kennen.

In den 1920er Jahren war Paris Schauplatz der Avantgarde und der Bewegung der modernen europäischen Kunst. Wahrscheinlich wurde der junge Mann aus Afghanistan gerade deshalb von der modernen Kunst angezogen. 1929 kam der Kronprinz nach Kabul. Vier Jahre später, nach der Ermordung seines Vaters, bestieg er widerwillig den Thron. Mohammad Zahir Shah war der erste afghanische König, der in den 1960er Jahren Parlamentswahlen zuließ. Er war auch der erste Afghane, der abstrakte Bilder nach dem Stil der Pariser Moderne malte. Im Dokumentarfilm von Atiq Rahimi "Eine Monarchie im Exil" (2003) zeigt er seine Bilder.

Geschichte der Gegenwartskunst

In Afghanistan gibt es nur eine Kunstgalerie, nämlich die Nationale Afghanische Kunstgalerie, die 1983 unter dem Namen "Negarkhaneh" (Haus des Betrachtens) mit 200 Kunstwerken ihre Arbeit begann. Diese Kunstwerke bestanden aus Gaben der westlichen Botschaften in Kabul. Bis 1991 wurden 820 Kunstwerke gesammelt. Als die Taliban an die Macht kamen, vernichteten sie 300 der Werke, die Lebewesen darstellten, und schlossen die Galerie. Die Angestellten der Galerie retteten aber unter den Taliban eine kleine Zahl der Werke und versteckten sie in einem Privathaus. Einige kostbare Stücke gingen in diesem Wirrwarr verloren. Um manche Bilder zu retten, übermalten die Angestellten diese mit Wasserfarbe und Landschaftsmotiven. Nach dem Sturz der Taliban wurde diese Farbe wieder weggewischt.

Man kann die Geschichte der modernen Kunst in Afghanistan anhand der in der Nationalgalerie ausgestellten Werke erzählen. Das älteste Gemälde stammt von Ghulam Mohammad Meimangi und geht auf das Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Die Suche in den halbdunklen Gängen dieses dreistöckigen Hauses führt uns zu einer Einteilung der Gegenwartskunst in drei Perioden:

In der ersten Phase brachte Ghulam Mohammad Meimangi den europäischen Realismus nach Afghanistan. Diese Phase umfasst die Zeit zwischen den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts und endet mit seinem Tod im Jahre 1935. Damals war die Photographie noch nicht verbreitet, die Menschen ließen sich von den Feinheiten und realistischen Zügen der Bilder von Ghulam Mohammad Meimangi und dessen Schülern in Kabul begeistern. Obwohl Meimangi als Vorreiter dieses Stils einen besonderen Rang genießt, war er im Vergleich zu seinen europäischen Zeitgenossen kein kreativer Maler. Er war ein genialer Nachahmer, der vorhandene Motive wie Landschaften und Porträts auf Leinwand umsetzte. Viele Bilder dieses Stils sind noch in der afghanischen Nationalgalerie vorhanden. Ein Werk ist das Plagiat von "Sacred and Profane Love" des italienischen Malers Tizian des 16. Jahrhunderts. Dieses Werk ist deshalb wichtig, weil es als einziges Gemälde dieser Galerie eine nackte Frau darstellt. Es gibt auch ein bis zwei weitere Bilder mit nackten Menschen, die umgedreht in einer Ecke der Galerie stehen.

Ursprünglich hatte Amanullah 1921 Ghulam Mohammad Meimangi nach Deutschland geschickt um die Lithographie zu erlernen. Er lernte aber stattdessen Malerei und kehrte 1923 nach Kabul zurück. 1924 gründete die Regierung die "Akademie der Bildenden Künste" (School of Fine Arts) in Kabul. Ghulam Mohammad arbeitete neben einigen ausländischen Lehrern als Leiter dieser Akademie und bildete eine Generation von afghanischen Malern und Künstlern aus, was einen bedeutsamen Schritt in der Kunstgeschichte Afghanistans darstellt. Der realistische Stil von Meimangi hat immer noch viele Anhänger. 1972 wurde in Kabul das Zentrum "Kunstschule Ghulam Mohammad Meimangi" gegründet, das den jungen Menschen die realistische Malerei nahebringt.

Die zweite Phase der Geschichte der afghanischen Gegenwartskunst beginnt mit Abdul Qafour Bereshna (1907-1974). Bereshna wurde 1921 im Alter von 14 Jahren zusammen mit seinem Meister Ghulam Mohammad Meimangi von der Regierung nach Europa geschickt. Er ging erst nach Wuppertal, um dort Medizin zu studieren. Wie Ghulam Mohammad Meimangi wechselte auch er auf Kunst. Später sagte er dem damaligen Ministerpräsidenten Hashim Khan: "Afghanistan braucht anstatt eines schlechten Arztes einen guten Künstler." In Deutschland ließ er sich von modernen Kunstrichtungen inspirieren und neigte zum impressionistischen Stil, in dem er die meisten Bilder malte. Bereshna kehrte 1927 nach Kabul zurück und erhielt einen Lehrauftrag an der "Akademie der Bildenden Künste", deren Leiter er nach dem Tode von Ghulam Mohammad Meimangi wurde. Er bewirkte große Veränderungen am Lehrplan und in pädagogischer Hinsicht in dieser Akademie.

Wie Meimangi zuvor mangelte es Bereshna an Kreativität. Seine Bilder sind realistische Landschaften mit einem impressionistischen Stil. Die einzige Neuheit in seinen Bildern war, dass er anstelle von Wäldern, Pferden, Seen und Sonnenuntergängen, die bei Meimangi immer vorkamen, die Gassen und Berge von Kabul zu seinen Motiven machte. Auch der Stil von Bereshna fand viele Anhänger. 1935 führte er als Leiter der Akademie auch andere Künste (Architektur, Bildhauerei und Keramik) in den Lehrplan ein. Vor Bereshna saßen die Schüler in der Klasse und malten nach Modellen. Er nahm die Kinder mit in die Gassen und Felder, um dort ihre Motive zu finden. Die von Bereshna und seinen Schülern gebliebenen Bilder können sehr gut als Bilddokumente der Kabuler Architektur angesehen werden. Unter den wichtigsten Schülern von Bereshna aus dieser Akademie können Ghulam Ali Omid und Ghausuddin genannt werden, die den Stil des Meisters fortsetzten.

Der erfolgreichste Schüler ist aber ohne Zweifel Akbar Khurassani, der sich wie Bereshna von der Stadt Kabul inspirieren ließ. Er ist ein ehemaliger Soldat der kommunistischen Armee Afghanistans und lebt heute in der Ukraine. Khurassani ist dem impressionistischen Stil ganz treu geblieben und hat beachtliche Arbeiten hervorgebracht. Er ist in der Ukraine ein bekannter Künstler und seine Werke werden als "orientalischer Impressionismus" bezeichnet.

Die dritte Phase der Zeitgenössischen Malerei beginnt in Afghanistan mit dem Sturz der Taliban 2001. In dieser Phase kam ein ganzes Heer von westlichen Künstlern zu kurzfristigen Trainings nach Kabul und zog das Interesse vieler afghanischer Jugendlicher auf sich. Diese ausländischen Künstler wurden meistens von ihren Landesvertretungen für kurze Zeit zum Unterricht an bestimmte Institutionen wie die Universität Kabul entsandt.

Einer der ersten Künstler, der an der Universität Kabul einen Workshop organisierte, war die Deutsche Dagmar Demming, die 2003 an diese Universität kam. Ein anderer Künstler kam von der Bauhaus-Universität und veranstaltete einen Workshop für moderne Bildhauerei. 2004 kamen andere Künstler, die Gegenwartskunst lehrten. Zu ihnen gehören der Kanadier Philip Pocock und der Deutsche Michael Saup. Die Durchführung von Workshops hat sich bis in den heutigen Tag fortgesetzt.

Unter dessen kehrten nach dem Sturz der Taliban auch mehrere im Westen aufgewachsene afghanische Flüchtlinge zurück, die hier Kunst studiert hatten und wurden künstlerisch aktiv. Maryam Ghani (die Tochter des Sonderberaters von Karzai, Ashraf Ghani) war wohl die erste, die aus New York nach Afghanistan kam und Filmaufnahmen von den Ruinen der Altstadt machte. Ihr Film wurde später unter dem Titel "Kabul, 2, 3,4" (2002-2007) gezeigt. Lida Abdullah war eine weitere afghanische Künstlerin in den USA. Sie drehte einige VideoArts in Kabul und Bamian, für die sie 2006 den "Prince Claus Award" von Holland erhielt.

Wie haben die Afghanen auf diese modernen Künste und seltsamen Namen reagiert? Innerhalb der Fakultät für Bildende Künste der Universität Kabul wurden Dozenten und Studenten in zwei Lager geteilt. Im ersten Lager finden sich ältere und traditionalistische Dozenten, die nicht bereit sind, sich mit neuen Richtungen und Begriffen wie Installation, Video Art, Performance Art, Conceptual Art und ähnlichen Kunstrichtungen zu beschäftigen. Für sie war und ist dies alles Unkunst. Eine zweite Gruppe zeigte schnell Interesse an der Gegenwartskunst. Einige von ihnen gründeten im August 2004 unter der Leitung des Malereidozenten der Universität Kabul Abdul Wase Rahrou Omarzad das "Centre for Contemporary Arts Afghanistan", in dem Kunst gelehrt und produziert wird.

Eine Gruppe von Kunststudenten, die neu in die westlichen Workshops gekommen waren, veranstaltete 2005 die "trash art" Ausstellung an der Universität Kabul. Die Ausstellung wurde von vielen Besuchern mit Spott und Hohn aufgenommen und musste nach einigen Tagen schließen. Dies zeigt, dass ungewöhnliche und unbekannte Genres und Medien der Gegenwartskunst noch einen langen Weg vor sich haben, um von der afghanischen Gesellschaft voll akzeptiert und verstanden zu werden. Dennoch haben in vergangenen 10 Jahren innerhalb und außerhalb Afghanistans viele Künstler die Szene der zeitgenössischen Kunst betreten. Manche von ihnen waren auf der Documenta 13 in Kassel und Kabul anwesend. Wir können hoffen, dass diese jungen Künstler die Einstellung der afghanischen Bevölkerung gegenüber der Kunst beeinflussen.

Einer der schöpferischsten zeitgenössischen Künstler ist Khadim Ali. Er ist ein Hazara, kommt aus Zentral-Afghanistan und studierte in Pakistan. 2001 war er Zeuge der Sprengung der Buddha-Statuen von Bamian durch die Taliban. Diese Statuen waren über Jahrhunderte der Stolz Afghanistans, insbesondere von den in Bamian lebenden Hazaras. Die Zerstörung erschütterte Khadim Ali zutiefst und brachte ihn zur Schöpfung einer Reihe von Miniaturen, die Buddha im Hintergrund und dessen leeren Platz in Bamian zeigten. Seine Bilder sind eine Mischung aus Miniatur, Kalligraphie, geometrischen Formen und mythischen Figuren aus der persischen Literatur, womit er in komplexer Weise die historische Erfahrung der Hazaras und seine persönlichen Eindrücke wiedergibt. Der Hauptbestandteil seiner Bilder sind Miniaturen, die zwar an den Stil von Behzad (siehe Resümee) orientiert sind, aber durch modernistische Stilisierung zu mehrdimensionalen Objekten werden.

Die historisch-mythischen Hinwendung des heute in Australien lebenden Khadim Ali hat eine Reihe von Hazara-Künstlern in Kabul angespornt, in ihren Werken von schmerzvollen geschichtlichen Erfahrungen der Minderheit der Hazaras in Afghanistan zu erzählen und einen neuen Stil hervorzubringen, die von einem Autor mit "Hazarism School" bezeichnet wurde. Die Aufnahme von sozialen, historischen und politischen Themen in die zeitgenössische Kunst kann die afghanischen Ansprechpartner davon überzeugen, dass diese Kunst nicht nur zur Unterhaltung von westlichen Beobachtern, sondern genuin der Bewusstseinserweiterung und Ausdehnung der Kulturbotschaft der traditionellen afghanischen Kunst dient.

Resümee

Im 15. und 16. Jahrhundert lebte und arbeitete unter den Timuriden in Herat Kamaluddin Behzad, der einer der berühmtesten Miniaturisten der islamischen Welt wurde. Er war ein Zeitgenosse von Leonardo da Vinci und Michelangelo und machte aus Herat ein Kunstzentrum des Timoresischen Imperiums. Nach dem Sturz der Timuriden wanderte er nach Tabriz aus. Nach seinem Weggang aus Herat trat nie wieder ein Künstler seines Kalibers in Herat hervor. Künstler seines Stils setzten aber seine Arbeit in Afghanistan fort. Die beiden aus Herat stammenden Maler Abdul Rauf Fekri Saljoughi (1909-1968) und Mohammad Saeed Mashal (1913-1997) waren wohl die letzten Maler dieser Generation.

Dagegen war die moderne Kunst in Afghanistan immer ein westliches Projekt. In den 1920er Jahren verbreiteten die ersten afghanischen Künstler mit westlichem Wissen den europäischen Stil der Malerei in Afghanistan ein. 1983 wurde die erste afghanische Nationalgalerie mit 200 von den in Kabul residierenden westlichen Botschaften zur Verfügung gestellten Werken eröffnet. Nach den Taliban und ab 2001 ist es wieder der Westen, der die moderne Kunst unter die Afghanen bringt.

Das Interesse des Westens an afghanischer Kunst muss in einem größeren Rahmen betrachtet werden. Dieser Rahmen ist in vergangenen Jahren neu geschaffen worden, so dass westliche Galerien und Ausstellungen sich auch mit nicht-westlichen Kunstwerken beschäftigen. Orientalisch-islamische Künstler, die mit westlicher Technik und Form ihre eigene Welt auf Bilder übertragen, haben eine beachtliche Entwicklung der Kunst in diesen Regionen hervorgebracht. Dieser Wandel ist in der künstlerischen Landschaft unserer Welt ein Novum, und er öffnet neue Tore des künstlerischen Dialogs unter verschiedenen Kulturen. Es ist sehr wichtig, dass sich Afghanistan nach einer langen Abwesenheit wieder an diesem Dialog beteiligt, ein Land, das zwar viele Märchen besitzt, aber keinen guten Märchenerzähler hervorgebracht hat.

war Dozent für Film und Theater an der Kabuler Universität. Er studierte Film und Theater an der Kabuler Universität (BA) und Kommunikationswissenschaften an der Universität von Ottawa (MA). Gleichzeitig war er Produzent und Journalist. Derzeit promoviert er in Kommunikationswissenschaften an der McGill Universität in Montreal.