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Die Akzeptanz der Bevölkerung

Eckart D. Stratenschulte

/ 4 Minuten zu lesen

Die größte Gefahr für die Europäische Union besteht darin, dass sie die Akzeptanz ihrer Bürgerinnen und Bürger verliert – und die Stimmung ist schlecht. Aber anders als Rechtspopulisten die Öffentlichkeit gerne glauben machen wollen, wünscht die Mehrheit der Menschen in der EU nicht einen Weg zurück in nationalstaatliche Lösungen.

Vor dem griechischen Parlament protestieren am 12. Februar 2012 Demonstranten. (© picture-alliance, abaca)

Regelmäßig zweimal im Jahr lässt die Europäische Kommission die Meinung der Bürgerinnen und Bürger in der EU in einer breiten Meinungsumfrage ("Eurobarometer“) erheben. Hier zeigt sich ein widersprüchliches Bild. Auf der einen Seite war das Vertrauen in die europäischen Institutionen nie so gering wie zum Zeitpunkt der letzten Externer Link: Umfrage im Dezember 2013: Nur 31 Prozent der Befragten erklärten, dass sie den EU-Institutionen noch Vertrauen entgegen bringen. Auf der anderen Seite ist das Vertrauen in die Institutionen der EU höher als in die nationalen Regierungen und Parlamente. Die Menschen in der EU stehen also derzeit generell den handelnden Institutionen der Politik skeptisch gegenüber.

Bürger wünschen europäische Lösungen

Generell schauen die Menschen in der EU mit Sorge in die Zukunft. Als Hauptprobleme sehen sie die wirtschaftliche Lage (45 Prozent geben dies an), die Arbeitslosigkeit (36 Prozent) und die Lage der öffentlichen Finanzen (26 Prozent), gefolgt von Einwanderung (16 Prozent), steigenden Preisen (12 Prozent) und Kriminalität (8 Prozent). Jeweils fast ein Drittel der Befragten gibt an, dass sich die wirtschaftliche Lage ihres Landes sowie der EU insgesamt in den nächsten zwölf Monaten verschlechtern wird (30 bzw. 27 Prozent), auch wenn sie ihre persönlichen Perspektiven positiver sehen. Änderungen zum Besseren können nach Auffassung der Befragten von der EU (22 Prozent) oder vom eigenen Staat (ebenfalls 22 Prozent) kommen.

An der EU sehen die Menschen vor allem die Freizügigkeit (57 Prozent) und den Frieden zwischen den Mitgliedstaaten (53 Prozent) als positive Errungenschaften, gefolgt vom Euro (25 Prozent), dem Studentenaustauschprogramm "Erasmus“ (23 Prozent) und der Wirtschaftskraft der EU (20 Prozent).

Fragt man nach der Politik der EU im Rahmen des Programms "Europa 2020“, mit dem die europäische Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden soll, sind die Antworten positiv. Alle sieben Initiativen dieses Programms erhalten die Zustimmung von mindestens 50 Prozent der Befragten. Spitzenreiter mit 81 Prozent Zustimmung ist die Zielsetzung "Unterstützung von Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind, und ihnen die Möglichkeit geben, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben“.

Eine Mehrheit der EU-Bürger (52 Prozent) befürwortet die Wirtschafts- und Währungsunion mit der gemeinsamen Währung Euro (in Deutschland sind das sogar 71 Prozent), und 43 Prozent sind der Auffassung, dass die EU sich in die richtige Richtung entwickelt – während 29 Prozent gegenteiliger Ansicht sind. 59 Prozent der Befragten fühlen sich als EU-Bürger, 40 Prozent tun das eher nicht oder gar nicht. In Deutschland fühlen sich 73 Prozent der Menschen als EU-Bürger. Insgesamt 51 Prozent der befragten EU-Bürger (und 60 Prozent der Deutschen) sehen die Zukunft der EU positiv.

Die Zahlen zeigen eine solide Grundlage für die EU und ihre Politik. Dennoch ist das Bild, das die Bürger von der EU haben, nicht ungetrübt. Der Umfrage zufolge haben derzeit nur 31 Prozent der Befragten ein positives Bild von der EU, während 28 Prozent sie negativ sehen (und 39 Prozent sagen: "weder positiv noch negativ“). Die Diskrepanz lässt sich damit erklären, dass viele Menschen mit der gegenwärtigen Situation hadern. 49 Prozent der Befragten, geben einer einige Monate zuvor erhobenen Externer Link: Eurobarometer-Umfrage zufolge an, die Dinge in der EU entwickelten sich in die falsche Richtung. Gleichzeitig sagen das aber für ihr eigenes Land sogar 56 Prozent. Es sind auch 56 Prozent die denken, dass ihr Land die Zukunft besser innerhalb der EU meistern könne (Deutschland: 62 Prozent), aber nur 41 Prozent meinen, die EU helfe ihnen, sich gegen die negativen Folgen der Globalisierung zu wappnen.

Die Widersprüche, die sich aus der Vielzahl von Angaben und Zahlen ergeben, lösen sich auf, wenn man andere Antworten hinzu nimmt. Vielen Menschen geht die Entwicklung hin zu mehr europäischer Integration zu langsam, sie bleibt deutlich hinter ihren Erwartungen zurück. Die Umfrage hat für Erwartungen und für die Realität jeweils sieben Stufen angegeben, zwischen denen die Befragten sich entscheiden konnten, von 1 für Stillstand bis 7 für sehr schnelles Tempo. Die Bürgerinnen und Bürger bewerteten die tatsächliche Entwicklung mit 3,2, wünschten sich aber 5. Viel Kritik an der EU speist sich also nicht aus der Angst, dass es zu viel Integration gebe, sondern aus dem Ärger, dass es zu langsam gehe und damit die EU ihre Aufgaben, gerade in der Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht erfüllen könne. Hinzu kommt, dass zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger der Auffassung sind, ihre Stimme zähle nicht in der EU. Auch 54 Prozent der Deutschen empfinden so.

Das Fazit, das man für die EU aus diesen Umfragen ziehen kann, lautet: Die EU muss effektiver und schneller handeln und dabei die Bürgerinnen und Bürger stärker einbeziehen. Das hatte sie schon 2001 ins Auge gefasst, als die Staats- und Regierungschefs der EU in Laeken (Belgien) beschlossen, die EU müsse demokratischer, transparenter und effizienter werden. 46 Prozent der Europäer und übrigens auch 46 Prozent der Deutschen waren auch 2013 mit dem Funktionieren der Demokratie in der EU nicht zufrieden. Das geringe Vertrauen, das die Menschen derzeit zur Europäischen Union haben, ist wohl eher enttäuschte Liebe als Abneigung.

Fussnoten