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Blick nach Europa | Steuern und Finanzen | bpb.de

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Blick nach Europa

Constanze Hacke

/ 5 Minuten zu lesen

Auch wenn darüber regelmäßig diskutiert wird: Eigene Steuern erheben kann die EU bislang nicht. Ihre Finanzierung hängt von den Mitgliedstaaten ab. Allerdings bemüht sich die EU, deren Steuersysteme einander anzugleichen, um so Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Noch können die Abgeordneten des EU-Parlaments keine eigenen Steuern erheben. (© AP)

Einleitung


Deutschland zahlt – Europa nimmt. Diese verkürzte Ansicht steckt immer noch in vielen Köpfen. Wie sich die Europäische Union allerdings tatsächlich finanziert, ist vielen Menschen nicht klar. Denn die Finanzströme innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft sind in Wirklichkeit etwas komplizierter.

Für 2012 beläuft sich der Haushalt der Europäischen Union auf etwas über 129 Milliarden Euro. Neben diesen Mitteln für Zahlungen umfasst der Haushaltsplan der EU auch Mittel für Verpflichtungen, also diejenigen Mittel, die in dem betreffenden Jahr für das Eingehen rechtlicher Verpflichtungen gegenüber Dritten zur Verfügung stehen. Für beide Mittelarten ergeben sich meist unterschiedliche Beträge, da bei mehrjährigen Programmen und Projekten die Verpflichtungen normalerweise im ersten Programmjahr eingegangen werden, die Zahlungen aber über mehrere Jahre laufen.

Das Geld für den Haushalt stammt aus einem Mix von Einnahmen: Dazu gehören Agrarzölle und Zuckerabgaben ebenso wie Zölle, die für die Einfuhr von Produkten aus Drittländern an den EU-Außengrenzen erhoben werden. Daneben fließt auch ein festgesetzter Anteil der Umsatzsteuereinnahmen der Mitgliedstaaten in die gemeinsame EU-Kasse. Darüber hinaus werden Überschüsse aus dem vorhergehenden Haushaltsjahr sowie diverse direkte Einnahmen in den Etat eingestellt, zum Beispiel die Steuerzahlungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EU oder Geldbußen von Unternehmen, die gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften verstoßen haben.

Der EU-Haushalt 2012 in Zahlen

Den größten Teil der sogenannten Eigenmittel machen jedoch die Beiträge aus, welche die einzelnen Mitgliedstaaten zahlen müssen. Diese orientieren sich an der Wirtschaftskraft, also am Bruttonationaleinkommen. Kredite darf die EU nicht aufnehmen.

Und noch ein ganz entscheidender Unterschied besteht zu einem normalen nationalen Haushalt: Die EU erhebt keine eigenen Steuern, auch wenn dies aus den Reihen der Kommission und des Europäischen Parlaments immer wieder gefordert wird. Die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union leisten also keine Direktbeiträge an den EU-Haushalt.

Der Haushalt der Europäischen Union soll den Bürgerinnen und Bürgern der EU insgesamt nutzen. Er ist nicht dazu bestimmt, Gelder auf nationaler Ebene umzuverteilen. Mit den EU-Mitteln werden wichtige Infrastrukturmaßnahmen finanziert und Projekte in den verschiedensten Bereichen gefördert, etwa in der Forschung, der Ausbildung, der Kultur oder der Landwirtschaft. Der Glaube, die Verwaltungskosten verschlängen den größten Teil des EU-Haushalts, ist weit verbreitet. In Wirklichkeit machen die Verwaltungsausgaben jedoch nur einen sehr kleinen Teil des Gesamthaushalts aus. Sie sind über die vergangenen Jahre konstant geblieben: Für das Jahr 2012 wurden für Verwaltungsausgaben 8,3 Milliarden Euro angesetzt, das sind rund sechs Prozent des Gesamthaushalts.

Es gibt also einen gesamteuropäischen Haushalt für die Aufgaben der Union; allerdings gibt es noch kein gemeinschaftliches, europäisches Steuerrecht. Die Kompetenz in Sachen Steuern liegt weiterhin bei den Mitgliedstaaten. Immerhin war man sich bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft einig, dass ein gewisses Maß an steuerlicher Harmonisierung für einen gemeinsamen Binnenmarkt wichtig ist.

QuellentextAusnahmen gibt es immer …

Einige Länder kritisieren, dass ihr eigener Beitrag zum EU-Haushalt zu hoch ist und die einzelnen Mitgliedstaaten ungleich belastet werden. Zur Korrektur dieser Ungleichgewichte hat die Europäische Union einige Mechanismen eingeführt. Dazu zählen:

  • die „VK-Korrektur“ (auch „Britenrabatt“ genannt): Dem Vereinigten Königreich werden 66 Prozent seines Nettobeitrags (Differenz zwischen den Zahlungen und Rückflüssen) erstattet. Als Berechnungsgrundlage dienen das Bruttonationaleinkommen und die Mehrwertsteuer des Landes;

  • die Zahlung von Pauschalbeträgen an Schweden und die Niederlande;

  • reduzierte Mehrwertsteuer-Abrufsätze für die Niederlande, Schweden, Deutschland und Österreich.

Die finanzielle Belastung, die durch die „VK-Korrektur“ entsteht, wird proportional zum Anteil der einzelnen Mitgliedstaaten am Bruttonationaleinkommen der EU auf die übrigen Mitgliedstaaten aufgeteilt. Seit 2002 ist dieser Betrag für Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden, die ihren Beitrag zum EU-Haushalt für zu hoch hielten, jedoch auf 25 Prozent ihres eigentlichen Anteils begrenzt.

QuellentextSteuerliche Harmonisierungsgebote im EG-Vertrag

Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts […] notwendig ist.

Artikel 93 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, in: Amtsblatt der Europäischen Union vom 10. November 1997, Nr. C 340

Steuerpolitik in der Europäischen Union


Der 1. Januar 1993 markierte offiziell die „Vollendung des europäischen Binnenmarktes“. Seitdem ist es besonders wichtig, dass sich die Mitgliedstaaten über die Grundpfeiler ihrer Steuerpolitik einig sind und auch auf diesem Gebiet eng zusammenarbeiten. Eckpfeiler des Binnenmarktes sind die sogenannten vier Grundfreiheiten. Damit ist der freie Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital gemeint. So soll dafür gesorgt werden, dass

  • Privatpersonen in einem anderen EU-Land wohnen, arbeiten und studieren können;

  • Verbraucherinnen und Verbraucher von einer größeren Warenauswahl, günstigeren Preisen und einem stärkeren Verbraucherschutz profitieren können;

  • Unternehmen einfacher und kostengünstiger grenzübergreifende Geschäfte tätigen können.

QuellentextStandpunkte: Hat die EU ein Recht auf eigene Steuern?

JA: Wer eine echte Europäische Union will, muss auch EU-Steuern akzeptieren. Die Belastung für die nationalen Haushalte würde nicht steigen.


Mutig sind sie ja in Brüssel: Mitten in Europas Existenzkrise fordert die Europäische Kommission eine EU-Steuer. Wer es sich leicht macht, tut die Idee als politischen Selbstmord ab. Aber Brüssel ist nun einmal kompliziert. Und wer eine echte Europäische Union will, der muss sich daran gewöhnen, dass die Institutionen, allen voran EU-Parlament und -Kommission, nicht nur mitreden, sondern auch handeln wollen. Dafür brauchen sie Macht – und Geld. Beides garantiert die EU-Steuer. Die Alternative ist, dass alles so bleibt, wie es ist. Eine schaurige Aussicht.

Denn bisher war es leider so: Wenn die Regierungschefs nach Brüssel reisen, dann nicht mit dem Auftrag „Was ist gut für Europa“, sondern in aller Regel nach der Devise „Was hat meine Regierung davon?“. […] Dieses Geschacher mag mit sechs, sieben Ländern noch funktionieren, mit 27 sprengt es alle Grenzen der Vernunft.

Eine EU-Steuer würde diese Debatte beenden. Nach und nach könnte sich die Union allein aus automatisch fließenden Steuern in Europa finanzieren. Für den Übergang bliebe die EU zwar auf Zuweisungen der Mitglieder angewiesen. Die aber könnten schon mit der Einführung einer Steuer sinken, denn in Summe will Brüssel zunächst nicht mehr Geld, sondern mehr Verantwortung. […]

Nie gab es so viele Herausforderungen, die nach europäischen Lösungen verlangen. Wohl kaum jemand zweifelt am Sinn großer europäischer Stromnetze oder am Ausbau der grenzüberschreitenden Verkehrswege. Auch die Bedeutung des Klimaschutzes wird niemand ernsthaft infrage stellen.

Dafür braucht Europa Geld. Höchste Zeit, sich so leidenschaftlich um die Einnahmen zu streiten wie um die Ausgaben. Die EU-Mitglieder sollten drei Einnahmen erwägen beziehungsweise neu gewichten:

Erstens: eine europäische Steuer auf Finanzgeschäfte. Die Kommission schlägt die Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen vor. Sie könnte wegen der enormen Größe der Finanzmärkte Milliarden Euro bringen. In der Höhe darf Brüssel nicht übertreiben – dann werden die Geschäfte außerhalb Europas gemacht. Weil eine weltweite Einigung außer Frage steht, ist die kleine europäische Lösung vernünftig und gerecht. […]

Zweitens: eine Umverteilung der Mehrwertsteuer. Auch sie wird von der Kommission ins Spiel gebracht. Schon heute wird ein Bruchteil der Mehrwertsteuereinnahmen nach Brüssel transferiert. Das geschieht aber so kompliziert, dass selbst Steuerexperten die Berechnungen kaum nachvollziehen können.

Wie wäre es der Einfachheit halber damit: Ein Prozentpunkt der nationalen Mehrwertsteuer wird künftig für europäische Projekte verwendet.

Drittens: Die direkten Zahlungen nach Brüssel werden massiv gekürzt. Heute zahlen die Mitglieder höchstens 1,23 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens, künftig sollte der Beitrag eher die Hälfte betragen. Je kleiner, desto leiser die Debatte um Nettozahler und -empfänger.

Schließlich dürfte der psychologische Nutzen einer EU-Steuer kaum zu überschätzen sein. Da die Belastung für die nationalen Haushalte nicht steigt, wäre sie für die Mitgliedsländer verkraftbar. Es wäre ein Schritt hin zu den Vereinigten Staaten von Europa. Ein wichtiger Schritt, wenn wir diese Union ernsthaft wollen.


Claas Tatje, „Die EU-Kommission braucht Macht – und Geld!“, in: Zeit Online vom 7. Juli 2011, unter: Externer Link: http://www.zeit.de/2011/28/EU-Steuer-Pro-Contra/

NEIN: Der EU fehlt es an demokratischer Kontrolle. Eine gemeinsame Steuer wäre deshalb das falsche Signal und würde die weitere Integration belasten.


[Die] Europäische Kommission […] fordert […] schon seit langem den eigenständigen Zugriff auf das Geld. Der Wunsch ist verständlich. Trotzdem wäre eine echte EU-Steuer zum heutigen Zeitpunkt falsch.

Vordergründig geht es bislang nur um ein neues Etikett. Die Kommission möchte, dass ein Teil der Steuern, die in den Mitgliedstaaten eingesammelt werden, direkt in den EU-Haushalt fließt. Im Gespräch ist, einen Teil der Mehrwertsteuer oder eine neue Abgabe auf Finanzgeschäfte als EU-Steuer zu deklarieren. Dabei soll sich aber an den realen Machtstrukturen, in denen über das EU-Budget entschieden wird, gar nichts ändern. Die Regierungen der Mitgliedstaaten sollen weiterhin per einstimmigen Beschluss als letzte Instanz entscheiden, wie viel jedes Land insgesamt in den EU-Topf einzahlt und wie groß der überhaupt werden darf. Die Staaten würden neben der „EU-Steuer“ auch weiterhin politisch ausgehandelte Beiträge an die EU zahlen. Deshalb ist es völlig illusorisch, dass das Etikett einer EU-Steuer automatisch für eine gerechtere oder systematischere Aufteilung der Lasten sorgt. Im Gegenteil, das bereits heute schwer durchschaubare EU-System würde um eine Irreführung reicher. Der Bürger müsste glauben, die EU hätte eine neue Steuerhoheit erlangt, obwohl sich faktisch nichts verändert hat.

Völlig abstrus ist eine Begründung der Kommission für ihren Vorstoß: Mit der EU-Steuer solle die Debatte darüber beendet werden, welche Länder als „Nettozahler“ die EU finanzieren und welche die „Nettoempfänger“ sind. Diese Absicht ist entlarvend und naiv zugleich. Entlarvend, weil es das gute Recht der Bürger ist, zu erfahren, wo die Milliarden aus dem EU-Haushalt unter dem Strich hinfließen. […] Und naiv ist es, zu glauben, solche Diskussionen ließen sich durch ein neues Steueretikett einfach unterdrücken.

Eigentlich geht es der Kommission auch um mehr. Sie will auf dem Weg zu einer echten eigenen Steuerhoheit einen Schritt vorankommen. Auch das Europäische Parlament träumt davon, endlich das vornehmste Recht eines Parlaments zu erhalten: das volle Budgetrecht, die Macht über Einnahmen und Ausgaben. Bislang ist diese beim Europäischen Parlament noch sehr beschränkt, und das aus gutem Grund, denn die parlamentarische Vertretung […] funktioniert in der EU noch immer unzureichend. Nach wie vor besteht ein erhebliches Demokratiedefizit. […] Für den normalen Bürger ist es unmöglich, zu erkennen, wer für was die politische Verantwortung trägt. Das ist keine gute Grundlage für das Recht, Steuern zu erheben. […]

Manche Europa-Enthusiasten glauben, eine EU-Steuer fördere das noch fehlende Gemeinschaftsgefühl in der Union. Sie irren. Die europäische Integration würde durch die Steuer eher belastet. Es ist wie beim Euro: Dessen Befürworter hofften, die gemeinsame Währung werde für mehr Zusammenhalt sorgen. So, als ob das Zusammenleben in einer Wohngemeinschaft besser würde, wenn man eine gemeinsame Haushaltskasse einführt. Dabei ist es genau anders herum: Das gemeinsame Geld sorgt eher für mehr Reibungspunkte. Nur eine gut funktionierende Wohngemeinschaft kommt damit zurecht. Die Europa-WG dagegen ist durch den Euro bereits furchtbar zerstritten.


Kolja Rudzio, „Die EU hat kein Recht auf eigene Steuern!“, in: Zeit Online vom 7. Juli 2011, unter: Externer Link: http://www.zeit.de/wirtschaft/2011-07/eu-steuern-contra/

Mehrwertsteuer in der EU

Die nationalen Steuervorschriften sollen damit im Einklang stehen – und nationale Verbrauchsteuern sollen die Situation auf dem Binnenmarkt nicht verzerren. In Deutschland sind aus diesem Grund sogar mehrere Steuern abgeschafft worden, zum Beispiel die Salz- und die Zuckersteuer.

Zwar sind Steuern weiterhin in vielen Bereichen eine Angelegenheit der Mitgliedstaaten. Allerdings erfordert zum Beispiel die Erhebung der Mehrwertsteuer eine gewisse Einbeziehung der EU, da ein harmonisiertes Umsatzsteuerrecht für einen ordnungsgemäß funktionierenden Binnenmarkt und einen EU-weit fairen Wettbewerb unerlässlich ist. Daher hat die EU

  • EU-weit gültige Vorschriften zur Mehrwertsteuerpraxis sowie

  • eine Untergrenze für Mehrwertsteuersätze festgelegt.

Der Normalsatz der Umsatzsteuer muss mindestens 15 Prozent betragen, der ermäßigte Satz mindestens fünf Prozent. Einen Höchstsatz für die Mehrwertsteuer gibt es jedoch nicht. Den Mitgliedstaaten verbleibt daher Spielraum für unterschiedliche Steuersätze bei der Umsatzsteuer. Zudem können sie auf viele Waren und Dienstleistungen ermäßigte Sätze anwenden.

QuellentextDas Haushaltsverfahren der EU

Das Haushaltsverfahren der EU

Der Haushalt der Europäischen Union setzt sich – wie jeder andere Haushaltsplan – aus Einnahmen und Ausgaben zusammen. Da die Union den sogenannten Grundsatz des Haushaltsausgleichs verfolgt, müssen im Haushaltsplan Einnahmen und Ausgaben den gleichen Betrag ausweisen – ein mögliches Defizit darf die EU also nicht durch Kredite decken. Daher müssen in der Regel die Einnahmen den Ausgaben entsprechen. Gibt es einmal einen Überschuss, wird er im Folgejahr auf der Einnahmenseite ausgewiesen, und jeder Cent, der mehr ausgegeben wird, muss in einem Berichtigungshaushaltsplan festgelegt werden.

Der Haushaltsplan gliedert sich in

1. den Gesamteinnahmenplan und
2. die Pläne für die Einnahmen und Ausgaben der einzelnen Organe und Einrichtungen, als da wären:

  • Einzelplan I: Europäisches Parlament

  • Einzelplan II: Europäischer Rat und Rat

  • Einzelplan III: Kommission

  • Einzelplan IV: Gerichtshof

  • Einzelplan V: Rechnungshof

  • Einzelplan VI: Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss

  • Einzelplan VII: Ausschuss der Regionen

  • Einzelplan VIII: Europäischer Bürgerbeauftragter

  • Einzelplan IX: Europäischer Datenschutzbeauftragter

  • Einzelplan X: Europäischer Auswärtiger Dienst.

Der Einzelplan III (Kommission) umfasst 95 Prozent der Ausgaben des EU-Haushalts. Es handelt sich im Wesentlichen um operative Mittel, die einzelnen Politikbereichen zugeordnet sind und mit denen konkrete Projekte vor Ort finanziert werden. Die anderen Einzelpläne enthalten ausschließlich die Verwaltungsausgaben der jeweiligen Organe und Einrichtungen.

Auch auf europäischer Ebene wird der Haushalt nach demokratischen Regeln und nach ähnlichen Prinzipien wie die nationalen Etats beschlossen. Zunächst arbeitet die Kommission den ersten Entwurf für den Jahreshaushalt aus. Dies geschieht auf der Grundlage des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens und der Haushaltsleitlinien für das darauffolgende Jahr. Der Entwurf wird dann an den Rat und das Parlament weitergeleitet. Der Ministerrat der EU – der die Mitgliedstaaten repräsentiert – und das Europäische Parlament beraten über diesen Entwurf, ändern ihn und stimmen über den Haushalt ab. Gelangen Parlament und Rat zu keiner Einigung, wird ein Vermittlungsausschuss einberufen. Dieser muss innerhalb von drei Wochen eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf herbeiführen. Der gemeinsame Entwurf muss von beiden Teilen gebilligt werden. Lehnt der Rat den Text ab, hat das Europäische Parlament das letzte Wort und kann den Haushalt verabschieden. Jeweils im Dezember wird der Haushalt für das nächste Jahr endgültig festgestellt.

QuellentextMit der EU in Harmonie – Wegfall von Verbrauchsteuern

Seit es den europäischen Binnenmarkt gibt, gestaltet die EU vor allem die nationalen Verbrauchsteuergesetze entscheidend mit. Die Vorschriften über Verbrauchsteuern wurden einander angepasst – nicht nur hinsichtlich dessen, was genau besteuert werden darf, sondern auch mit Blick darauf, dass der Wettbewerb zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten im Binnenmarkt durch Verbrauchsteuern nicht verzerrt wird. In Deutschland sind aus diesem Grund 1993 mehrere Steuern abgeschafft worden. Dazu zählten einige der ältesten Abgaben, die es hierzulande gab:

Die Salzsteuer hatte ihren Ursprung in den Salzzöllen, die als Handelsabgaben bereits im Fränkischen Reich existierten und im Mittelalter zu Verbrauchsteuern gemacht wurden. Das sogenannte Salzregal entwickelte sich als Hoheitsrecht, das von Landesherren an Private – gegen Zahlung von Abgaben – verliehen wurde. Die unterschiedlichen Monopolregelungen der deutschen Einzelstaaten erschwerten bereits im 19. Jahrhundert den Wirtschaftsverkehr, sodass die Salzabgabe 1867 in eine einheitliche Fabrikatsteuer umgewandelt wurde. 1871 ging die Salzabgabe auf das Reich über. Seitdem war sowohl die Steuerart als auch der Satz bis 1993 mehr oder weniger gleich geblieben – bis sie dann mit Öffnung des Binnenmarkts in der Europäischen Union schließlich abgeschafft wurde.

Ein ähnliches Schicksal ereilte die Zuckersteuer. Seit dem Aufblühen des Überseehandels mit Rohrzucker im 16. Jahrhundert wurde ein Zuckerzoll erhoben. Nachdem im 18. Jahrhundert der Zuckergehalt der einheimischen Runkelrübe entdeckt wurde, dauerte es nicht mehr lange, bis auch für den bis dahin steuerfreien inländischen Rübenzucker eine Zuckersteuer eingeführt wurde. 1923 und 1938 wurde die Besteuerung des Zuckers in den Zuckersteuergesetzen neu geregelt; 1949 ging die Steuer schließlich auf den Bund über. Auch sie wurde mit Inkrafttreten des EU-Binnenmarkts gestrichen.

Als zu Beginn des 18. Jahrhunderts der Tee in Deutschland beliebter wurde, kamen die Kämmerer zu dem Schluss, dass sich eine weitere mögliche Einnahmequelle auftat. Ähnlich wie der Vorläufer der Kaffeesteuer entwickelte sich ein Einfuhrzoll auf Tee, der seit 1909 mit dem steigenden Finanzbedarf des Reiches einige Male erhöht wurde. Seit den 1950er-Jahren wurde die Teesteuer als Verbrauchsteuer – und als Pendant zur kurz zuvor beschlossenen Kaffeesteuer – erhoben. Eine unterschiedliche Behandlung beider Genussmittel schien damals nicht angebracht. Seit Öffnung des EU-Binnenmarkts gibt es in Deutschland wieder nur eine der beiden Steuern, die Teesteuer wurde abgeschafft.

Frühe Formen einer Leuchtmittelsteuer finden sich bereits im Mittelalter, als mit dem Wachszins Abgaben auf Kerzenwachs fällig wurden. Die Leuchtmittel änderten sich in den darauf folgenden Jahrhunderten, ebenso der Gegenstand der Besteuerung. Als die Reichsregierung 1909 – wieder einmal aufgrund des immens gestiegenen Finanzbedarfs – über eine Strom- und Gasverbrauchsteuer beriet und dies abgelehnt wurde, entwickelte man eine Steuer auf Glühkörper und Glühlampen – die Leuchtmittelsteuer. Diese hielt sich ebenfalls bis zur Einführung des EU-Binnenmarkts 1993.

In der Tat entscheiden allein die nationalen Regierungen darüber, welche Steuern sie erheben und in welcher Höhe. Die EU kann nur dann in Steuerfragen einschreiten, wenn die Mitgliedstaaten eine einstimmige Entscheidung treffen. Anders als in anderen Bereichen der Union reicht die qualifizierte Mehrheit hier nicht aus.

Für private Einkäufe greift bei der Umsatzsteuer das sogenannte Ursprungslandprinzip: Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen die Mehrwertsteuer in dem Land, in dem sie die Ware oder die Dienstleistung kaufen. Unternehmen zahlen – nach dem „Bestimmungslandprinzip“ – die Umsatzsteuer dagegen derzeit noch in dem Land, in das das Produkt eingeführt wird. Auch bei anderen Steuern hat man sich auf einige grundlegende Prinzipien einigen können, zum Beispiel, was wie besteuert wird.

Die EU mischt sich immer dann ein, wenn es (steuerlich) nicht harmonisch zugeht, der Wettbewerb unter den Mitgliedstaaten verzerrt und ein Land gegenüber dem anderen steuerlich übervorteilt ist. In diesem Fall greift die Union ein, versucht, steuerpolitische Ansätze zu koordinieren oder die Doppelbesteuerung zu vermeiden. Manchmal geht es nicht ohne Verbote, zum Beispiel von (steuerlicher) Diskriminierung oder von Beihilfen. Und immer öfter muss der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Sachen Steuern Entscheidungen treffen und Urteile fällen. Diese haben bindende Wirkung für nationales Steuerrecht.

Auch dann, wenn grenzübergreifende Rechte einzelner Bürgerinnen und Bürger betroffen sind, schreitet die Union ein – etwa wenn es darum geht, Renten oder Pensionsansprüche aus einem anderen EU-Land zu übertragen und zu besteuern. Die EU versucht auch, eine mögliche Steuerflucht ins Ausland zu verhindern. Zwar können die Bürgerinnen und Bürger in der EU ihre Ersparnisse dort anlegen, wo sie die besten Erträge erwarten. Doch sie dürfen die bestehenden Möglichkeiten nicht dazu nutzen, Steuern zu hinterziehen. Deshalb haben die meisten europäischen Länder vereinbart, Informationen über die Sparguthaben von Personen auszutauschen, die in dem jeweiligen Land nicht ansässig sind.

Die einzelnen EU-Länder haben unterschiedliche Prioritäten, wie viel Steuern sie erheben und wie sie diese ausgeben. In einer europaweit verflochtenen Wirtschaft wirken sich Steuern aber nicht nur im eigenen Land aus, sondern auch in anderen Staaten. Zum Beispiel dann, wenn Waren oder Dienstleistungen im Ausland verkauft werden – oder Menschen sich jenseits der nationalen Grenzen eine Arbeit suchen.

Aus diesem Grund gibt es ein internationales Steuerrecht, zu dem nicht nur das Außensteuerrecht gehört. Zahlreiche zwischenstaatliche Vereinbarungen werden getroffen, um die verschiedenen nationalen Bestimmungen voneinander abzugrenzen. Zu diesen Verträgen zählen vor allem Doppelbesteuerungsabkommen. Damit soll verhindert werden, dass ein Steuerpflichtiger in zwei Staaten für die gleiche Sache zweimal besteuert wird.

Ein dichtes Netz von Verträgen soll sicherstellen, dass der grenzüberschreitende Wirtschaftsaustausch von steuerlichen Hindernissen freigehalten wird. Deutschland hat inzwischen mit rund 90 Staaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Bei den meisten dieser Vereinbarungen geht es um die Besteuerung von Einkommen, Vermögen und Erbschaften.

QuellentextDoppelbesteuerungsabkommen

Bei einem Doppelbesteuerungsabkommen können folgende Vorgehensweisen vereinbart werden:

  • Wohnsitzlandprinzip

Eine Person ist in dem Staat steuerpflichtig, in dem sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

  • Quellenlandprinzip

Eine Person ist in dem Staat steuerpflichtig, aus dem das Einkommen stammt.

  • Welteinkommensprinzip

Der oder die Steuerpflichtige wird mit seinem/ihrem gesamten Welteinkommen besteuert.

  • Territorialitätsprinzip

Der oder die Steuerpflichtige wird nur mit dem Einkommen veranlagt, das er oder sie auf dem Territorium des betreffenden Staates erwirtschaftet hat.

In Deutschland gilt für Inländer das Wohnsitzland- und das Welteinkommensprinzip, für alle anderen gilt das Quellenland- und das Territorialitätsprinzip.

QuellentextRechtsprechung in der Europäischen Union

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist dafür zuständig, das Recht der EU auszulegen und sicherzustellen, dasses in allen Mitgliedsländern gleichermaßen angewendet wird. Meist unter dem Begriff „Europäischer Gerichtshof“ bekannt, umfasst der Gerichtshof in Luxemburg insgesamt drei Gerichte. Denn dem Gerichtshof der Europäischen Union stehen zwei weitere Gerichte zur Seite: das Gericht erster Instanz (seit dem Vertrag von Lissabon „Europäisches Gericht“ genannt) sowie das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union.

Die nationalen Gerichte haben die Aufgabe, EU-Recht anzuwenden und zu interpretieren. Der EuGH muss sicherstellen, dass das EU-Recht einheitlich angewandt wird. In den meisten Fällen sind es daher die nationalen Gerichte, die einzelne Fragen per Vorlagebeschluss klären lassen können. Bei diesen sogenannten Vorabentscheidungsersuchen geht es darum, einzelne Detailaspekte des EU-Rechts vom EuGH interpretieren zu lassen. Dabei gilt die Regel: Die ersten beiden gerichtlichen Instanzen eines Landes dürfen in EU-Sachen nachfragen, die letzte Instanz (also diejenige, gegen die keine nationale Revision mehr möglich ist) muss fragen – falls Unklarheiten bestehen.

Daneben kann die Europäische Kommission (oder ein anderer EU-Staat) ein Mitgliedsland wegen Vertragsbruch verklagen. Umgekehrt kann auch gegen die EU geklagt werden, zum Beispiel mit

  • Nichtigkeitsklagen, wenn EU-Rechtsvorschriften mutmaßlich gegen EU-Verträge oder die Grundrechte verstoßen;

  • Untätigkeitsklagen, wenn EU-Behörden offenbar ihren Pflichten nicht nachkommen;

  • unmittelbaren Klagen, wenn einzelne Personen, Unternehmen oder Verbände sich gegen Entscheidungen der Union wehren möchten.

Im Gerichtshof ist jeder Mitgliedstaat mit je einem Richter vertreten, darüber hinaus gibt es acht Generalanwälte. Sie sind keine Ankläger im staatsanwaltschaftlichen Sinne, sondern haben die Aufgabe, sich öffentlich und unparteiisch zu der jeweiligen Klage zu äußern. In rund 70 Prozent der Fälle folgt das Gericht der Auffassung der Generalanwaltschaft. Ein Verfahren beim EuGH läuft in mehreren Phasen ab: Zunächst werden im ersten Schritt von allen Parteien schriftliche Erklärungen vorgelegt. Der zuständige Richter macht sich daraus ein Bild und fasst dieses in einem Bericht zusammen. Darauf folgt eine öffentliche Anhörung, live und simultan übersetzt in die Amts- und Verhandlungssprachen. Nach den Schlussanträgen des Generalanwalts kommen die Richter zu ihrem Urteil.

Einzelne Personen können nur sehr eingeschränkt direkt vor den EuGH ziehen, für sie wurde das Gericht erster Instanz geschaffen. Dieses Gericht beschäftigt sich außerdem mit allen Rechtsstreitigkeitenim Bereich Wettbewerbsrecht. Das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union behandelt Rechtssachen zwischen der EU und ihren Angestellten. Im Schnitt dauert ein Prozess vor dem EuGH 16 Monate.

Internetauftritt des EuGH mit einer Datenbank zu den Urteilen unter: Externer Link: http://curia.europa.eu (Stand Juli 2012)

QuellentextBesteuerung von Grenzgängern

Neue Perspektiven liegen manchmal jenseits der Grenze – auch auf dem Arbeitsmarkt. Immer mehr Beschäftigte, vor allem in den grenznahen Regionen, suchen Arbeit im Nachbarland. Schätzungen zufolge gehen mehr als 1,2 Millionen Menschen in der EU einer grenzüberschreitenden Beschäftigung nach. Die Bruttolöhne, die an Grenzgänger und Saisonarbeiter gezahlt werden, beliefen sich im Jahr 2010 auf 46,9 Milliarden Euro. Der EU-Binnenmarkt macht es möglich: Innerhalb der Grenzen der Europäischen Union können Deutsche arbeiten, wo sie wollen – ohne zusätzliche Arbeitserlaubnis. Das garantiert ihnen der EG-Vertrag. Allerdings haben sie mit vielen Formalitäten zu kämpfen. So sind die Grenzgänger in der Regel in dem Land sozialversicherungspflichtig, in dem sie beschäftigt sind. Wer seine Arbeitsstelle im Ausland verliert, kann aber nur in dem Land Leistungen bei Arbeitslosigkeit beantragen, in dem er lebt.

Zwischen den Sozialversicherungssystemen innerhalb der EU gibt es zudem sehr große Unterschiede. So kann die Höhe der Leistungen, die Grenzgänger erhalten, sehr unterschiedlich ausfallen, wenn die Betroffenen in einem anderen Land arbeiten. Dies gilt insbesondere für Familienleistungen, da diese nicht von allen Ländern erbracht werden. In vielen Ländern besteht außerdem nur dann Anspruch auf Sozialversicherungsleistungen, wenn die Beschäftigten eine bestimmte Anzahl von Jahren in diesem Land gearbeitet haben. Darüber hinaus ist das Renteneintrittsalter unterschiedlich. Die in Deutschland eingezahlten Rentenbeiträge bleiben den Betroffenen bei einer Rückkehr in die Heimat aber erhalten.

Besteuert wird das Gehalt in der Regel in dem Staat, in dem gearbeitet wird. Zwischen den meisten Ländern bestehen Doppelbesteuerungsabkommen. Diese sichern, dass die Einkünfte nur in jeweils einem Staat besteuert werden. Besteht kein solches Abkommen, gewährt das deutsche Einkommensteuergesetz einige Möglichkeiten, um die Doppelbelastung zu minimieren. Allerdings muss der Steuerzahler dafür einen Antrag bei seinem Finanzamt abgeben – und die Höhe der im Ausland gezahlten Steuern selbst dokumentieren.

Die Europäische Kommission hat sich für das Jahr 2012 vorgenommen, die Steuervorschriften der Mitgliedstaaten mit Blick darauf zu prüfen, ob Grenzgänger durch diese diskriminiert werden. Die Kommission verweist darauf, dass nach wie vor steuerliche Hindernisse zu den wichtigsten Faktoren gehörten, die die Bürgerinnen und Bürger davon abhielten, in einem anderen Mitgliedstaat Arbeit zu suchen. Die Kommission will vor allem darauf schauen, ob Personen, die den größten Teil ihrer Einkünfte in einem anderen Mitgliedstaat beziehen, stärker besteuert werden als Gebietsansässige. Außerdem prüft sie, ob die Mitgliedstaaten zwischen ihren eigenen und den Bürgerinnen und Bürgern eines anderen Mitgliedstaates, die zeitweise in ihrem Gebiet beschäftigt sind, unterscheiden – insbesondere im Hinblick auf das Recht, Ausgaben abzusetzen, sowie auf die Anwendung unterschiedlicher Steuersätze.

Constanze Hacke arbeitet in Köln als Wirtschaftsjournalistin, Dozentin und Moderatorin für Hörfunk, Printmedien, Fachverlage, öffentliche Auftraggeber und Unternehmen. Seit mehr als einem Jahrzehnt ist sie unter dem Motto "Wirtschaft – leicht gemacht!" erfolgreich selbständig und hat sich vor allem im Bereich Steuern als Expertin einen Namen gemacht. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in den Bereichen Recht, Finanzen, Wirtschaftspolitik, Mittelstand und Management. Als Fachjournalistin sieht sie ihre Aufgabe darin, komplexe Zusammenhänge und trockene Themen zu verstehen, zu erklären sowie verständlich und anschaulich zu machen. Ende 2011 ist ihr Buch "Selbstständig und dann? Wie Freiberufler langfristig erfolgreich werden" im Wiley-VCH Verlag erschienen. Im Frühjahr 2013 folgt der Ratgeber "Steuern leicht gemacht. Erste Hilfe für Selbstständige" im gleichen Verlag.
Kontakt: Externer Link: www.c-hacke.de