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Grenzüberschreitende Investitionen

Heribert Dieter

/ 6 Minuten zu lesen

Vor- und Nachteile grenzüberschreitender Investitionen werden in der Öffentlichkeit immer wieder kontrovers diskutiert. Sie bieten vielfältige Chancen, die zur wirtschaftlichen Belebung von Regionen beitragen können. Zugleich bergen sie die Gefahr, dass die Möglichkeiten einer liberalen Weltwirtschaft ungleich ausgenutzt werden.

Paul Feng ist Chef des chinesischen Midea-Konzerns, der 2016 den deutschen Roboterhersteller KUKA übernimmt. Feng auf der Industriemesse Hannover 2017 (© picture-alliance/dpa, Silas Stein)

Ein wichtiges Element der internationalen Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen sind grenzüberschreitende Investitionen. Dazu sind alle grenzüberschreitenden Vermögensanlagen zu rechnen, also auch Wertpapieranlagen (Interner Link: Portfolioinvestitionen).

Investitionen aus dem Ausland sind häufig ein politisch umstrittenes Thema. In Deutschland etwa wurde im Jahr 2016 die Übernahme des Roboterherstellers KUKA durch ein chinesisches Unternehmen intensiv diskutiert: Erwächst der deutschen Wirtschaft Schaden, indem technologisches Wissen nach China fließt? Ist es unklug, sich gegen ausländische Investitionen aufzulehnen und nicht vielmehr sinnvoll, dass ausländische Unternehmen in Deutschland investieren?

Diese Fragen werden keineswegs nur in Deutschland diskutiert. In der Wirtschaftsgeschichte finden sich viele Fälle von ausländischen Investitionen, die von intensiver Kritik begleitet wurden. Dies gilt besonders bei bekannten Unternehmen. In der Schweiz etwa wurde die Übernahme der insolventen Fluggesellschaft Swissair durch die Lufthansa anfangs scharf kritisiert. Erst im zweiten Anlauf ließen sich der Schweizer Staat und die Aktionäre der Swiss auf die Übernahme ein.

Investitionsformen und deren Bewertung

Ausländische Investitionen haben verschiedene Formen. Nutzen und Risiken sind unterschiedlich zu bewerten. Die bekannteste Form sind Direktinvestitionen: Dabei wird in ein neues Unternehmen investiert, oder es werden Anteile an einer existierenden Firma gekauft.

Häufig errichten Unternehmen aus Land A eine Fabrik in Land B. Ein Beispiel aus Europa: Der Autohersteller Daimler errichtet ein Werk zur Produktion der Mercedes B-Klasse im ungarischen Kecskemet und investiert eine Milliarde Euro in dieses Vorhaben. Dies hat für das Zielland der Investition wirtschaftliche Vorteile: Zum einen entstehen im Werk selbst Arbeitsplätze, zum anderen zieht die Errichtung einer Automobilfabrik andere Investoren, vor allem aus der Zulieferindustrie, an. Möglich ist auch, dass Arbeitskräfte in den von ausländischen Investoren errichteten Fabriken Kenntnisse und Fähigkeiten gewinnen, die sie dann bei der Gründung neuer, eigener Unternehmen nutzen können. Im Idealfall entwickelt sich durch ausländische Investitionen ein nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung.

In früheren Epochen wurden ausländische Interner Link: Direktinvestitionen oftmals kritisch bewertet. Gerade in den sogenannten Entwicklungsländern galten sie vielfach als Problem: Die ausländischen Investoren würden die einheimischen Arbeitskräfte ausbeuten, und der langfristige Nutzen für die inländische Wirtschaft sei beschränkt, weil sie keine eigene Industrie aufbauen könne. Als weiterer unerwünschter Nebeneffekt ausländischer Investitionen wird das "Wildern im Arbeitsmarkt" angesehen: Hochqualifizierte Arbeitskräfte, etwa Lehrer oder Ingenieure, können von ausländischen Firmen mittels höherer Löhne angeworben und dann für gering qualifizierte Tätigkeiten eingesetzt werden. In ihren Ausbildungsberufen fehlen sie dann.

Ausländische Investitionen können aber auch in anderer Form erfolgen. Eine schon erwähnte ist die Übernahme eines inländischen Unternehmens durch ein ausländisches. Der Kauf einer inländischen Firma ist selten ein rein ökonomisches Thema, sondern weckt oft auch Emotionen. Das zeigt abermals das Beispiel der Swissair: Die Fluggesellschaft galt als Verkörperung der Schweizer Nationalstolzes. Übernahmen bestehender Unternehmen werden in vielen Fällen als unerwünschter Ausverkauf des wirtschaftlichen Know-how eines Landes kritisiert.

Unterscheidet man Direktinvestitionen, die mit dem Aufbau neuer Produktionskapazitäten einhergehen (sogenannte greenfield-Investitionen), sowie Fusionen und Übernahmen, ergibt sich für das Jahr 2015 folgendes Bild: Die Industrie-Neuansiedlungen stiegen weltweit gegenüber 2014 um acht Prozent auf 766 Milliarden US-Dollar. Fast genauso hoch war das Volumen grenzüberschreitender Fusionen und Übernahmen, das 721 Milliarden US-Dollar betrug. Allerdings stiegen diese Direktinvestitionen gegenüber 2014 um 67 Prozent.

Ein wesentlicher Faktor für das ausgeprägte Kaufinteresse von Unternehmen ist die Zinspolitik der großen Notenbanken, die die Finanzierung großer Übernahmen durch ein niedriges Zinsniveau leichter finanzierbar machen. Ebenso wie für Häuslebauer bei niedrigen Zinsen auch ein größeres Eigenheim erschwinglich wird, können Unternehmen bei niedrigen Zinsen auch sehr große Übernahmen finanzieren.

Schließlich gibt es als dritte Form noch Portfolio-Investitionen. Auch hier fließt Kapital ins Ausland oder aus dem Ausland. Im Vordergrund steht dabei das Interesse, an den Profiten eines Unternehmens zu partizipieren. Eine Übernahme des Unternehmens oder die Kontrolle des Geschäftsbetriebs sind bei Portfolio-Investitionen nicht vorgesehen. Ein Beispiel ist der Kauf von Aktien der Deutschen Telekom durch einen Australier. Ziel der Investition ist es, von Dividenden und eventuellen Kurssteigerungen der Aktie zu profitieren, aber nicht das Unternehmen zu kontrollieren.

QuellentextVor- und Nachteile von ausländischen Direktinvestitionen

[…] Im Grundsatz stimmen die meisten Ökonomen darin überein, dass solche Investitionen von beträchtlichem wirtschaftlichem Nutzen sind. Wenn eine ausländische Firma ihre eigene Technologie und das eigene Kapital nutzt, um eine neue Fabrik zu bauen oder wenn ein Unternehmen Anteile an einer ausländischen Firma kauft und sich so die Kontrolle über sie verschafft, dann kann das für beide Seiten lohnend sein. Die Kontrollübernahme geht zumeist mit der Einführung neuer Technologie und neuer Managementstrukturen einher, die wiederum für gesteigerte Produktivität sorgen. Das Kapital fließt dabei vor allem von fortgeschrittenen in weniger entwickelte Volkswirtschaften.

Von dieser Warte aus betrachtet scheinen ausländische Direktinvestitionen also die "gute" Globalisierung zu repräsentieren. Doch damit vernachlässigt man die Rolle der so genannten "Zweckgesellschaften", die – speziell in Europa – einen immer größeren Teil der ausländischen Direktinvestitionen tätigen. Dabei handelt es sich in der Regel um Dachunternehmen, die dazu genutzt werden, große Kapitalmengen im Ausland zu verwalten, ohne eine wirkliche physische oder wirtschaftliche Präsenz aufzubauen. Der Verdacht liegt nahe, dass dies nur geschieht, um Steuerzahlungen zu vermeiden, bilaterale Steuerabkommen auszunutzen oder steuerliche Sonderbehandlungen zu erwirken.

[…] Das zeigt wiederum, dass wir eindeutig zwischen "produktiven" und strikt "bilanziellen" oder "finanziellen" ausländischen Direktinvestitionen unterscheiden müssen. Dass ein Großteil letzterer Transaktionen vor allem in Ländern mit niedrigen Unternehmenssteuern (Irland) oder vorteilhaften internationalen Steuerabkommen (Niederlande, Luxemburg) abgewickelt wird, versteht sich von selbst.

Das führt teilweise zu ganz erstaunlichen Statistiken. So ist die EU laut offizieller europäischer Handelsstatistiken der größte Nettoexporteur von Computerdienstleistungen – noch vor den USA. Dass ein großer Teil dieser vermeintlichen EU-Exporte aus Irland stammt, legt allerdings die Vermutung nahe, dass amerikanische Technologiekonzerne ihre Profite mittels Direktinvestitionen nach Irland umleiten, um von den dortigen Steuergesetzen zu profitieren. Die jüngste Entscheidung der EU-Kommission, von Apple eine beträchtliche Steuernachzahlung einzufordern, weist in diese Richtung. Makroökonomisch betrachtet ist klar, dass eine solche abgekartete Kapitalflucht unter dem Strich keine positiven gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen haben kann. […]

Daniel Gros, "Globalisierung", in: Internationale Politik (IP) Januar/Februar 2017, S. 62 ff. (hier S. 66 f.)

1991 bis 2015, in Mrd. Euro
(© Bundesbank, Zeitreihendatenbanken, Außenwirtschaft, im Internet unter Externer Link: http://kurz.bpb.de/ft5; für aktuelle Daten Externer Link: http://kurz.bpb.de/ft6

Deutsche Investitionen im Ausland und ausländische Investitionen in Deutschland

Die Investitionstätigkeit ausländischer Unternehmen in Deutschland hat in den letzten Jahren immer wieder lebhafte Debatten ausgelöst. Neben dem Augsburger Roboterhersteller KUKA sollte ein weiteres Unternehmen, der Anlagenbauer Aixtron, von einem chinesischen Unternehmen gekauft werden. Diese Übernahme wurde aber von der US-Regierung aus Gründen der amerikanischen nationalen Sicherheit – Aixtron produziert Anlagen, die militärisch genutzt werden können – untersagt.

Die Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen im Ausland wird hierzulande dagegen weniger diskutiert. Laut Statistik haben in den letzten 25 Jahren deutsche Unternehmen in jeder Fünf-Jahres-Periode mehr im Ausland investiert als ausländische Unternehmen in Deutschland. In den fünf Jahren von 2001 bis 2005 waren beide Summen nahezu gleich hoch, aber seit 2006 sind die deutschen Investitionen im Ausland deutlich höher. Allerdings wird in dieser Statistik nicht unterschieden zwischen Firmenübernahmen, also dem Aufkauf bestehender Unternehmen, und Investitionen etwa in eine neue Fertigungsstätte.

QuellentextMade in Spartanburg

[…] Auf einem 460 Hektar weiten Gelände links der Straße breitet sich da inmitten grüner Felder ein gigantisches Ensemble strahlendweißer Fabrikgebäude aus – das größte BMW-Werk der Welt.

Vor genau 25 Jahren fiel die Standortentscheidung des Münchner Konzerns für Spartanburg, [South Carolina, USA]. […]. Seit der Gründung der ersten Baumwollspinnereien Ende des 19. Jahrhunderts schlug in dieser Ecke […] das Herz der amerikanischen Textilindustrie. Mit dem Exodus der Branche nach Asien setzte in den 1960er Jahren […] ein dramatischer Niedergang ein. Zehntausende Jobs in der Region gingen verloren. Geschäfte machten Pleite. Das Zentrum von Greenville [Nachbarort von Spartanburg] verödete. […]

Heute empfängt den Besucher eine angenehme, europäisch anmutende Innenstadt mit Parks und vielen Bäumen entlang einer Flanierstraße. Die Arbeitslosenquote liegt unter dem US-weiten Wert von 4,3 Prozent. Viele junge Berufstätige sind aus dem Umland in schicke ehemalige Fabrikgebäude gezogen. Die Mieten steigen. Es gibt kleine Geschäfte und gute Restaurants, in denen man bisweilen mit "Gutten Tack" begrüßt und mit "Dankie" verabschiedet wird.

Schon frühzeitig hatten sich einige Maschinenbauer und der Reifenhersteller Michelin in der Region angesiedelt. Doch erst die Ankunft des Autoriesen BMW vor 25 Jahren brachte den echten Umschwung. "BMW hat uns gerettet", urteilt David Britt. Der Verkaufsmanager eines amerikanischen Zementteileherstellers weiß, wovon er spricht: Er sitzt seit 1991 im Bezirksparlament von Spartanburg. Der deutsche Autokonzern habe mit Investitionen von insgesamt 7,8 Milliarden Dollar die "Region zu einem industriellen Mekka gemacht", schwärmt der Republikaner.

Knudt Flor […] Leiter des BMW-Werkes in Spartanburg […] zählt […] die Eckdaten des Unternehmens auf: 411.000 Fahrzeuge liefen hier im vorigen Jahr vom Band. Bald soll die Jahresproduktion auf 450.000 steigen. Mehr als zwei Drittel davon werden ins Ausland verkauft. Damit ist BMW der größte Autoexporteur der USA.

Fast 9000 Männer und Frauen arbeiten im Werk Spartanburg. Doch das Unternehmen hat auch zahlreiche Zulieferer nachgezogen. Insgesamt, so Flor, sichere der bayerische Konzern damit etwa 30.000 Jobs in der Region und 70.000 in den ganzen USA. "BMW wird längst als lokale Marke gesehen", berichtet der Manager stolz. […]

Seit den 1990er Jahren haben die Amerikaner fast alles getan, um BMW nach South Carolina zu locken und dort zu halten: Das Bauland stellten sie extrem günstig zur Verfügung, bauten die Straßen aus, stellten 55 Appartements zur Verfügung und gewährten massive Steuervorteile. US-Medien schätzten den Wert dieser Subventionen auf 130 bis 145 Millionen Dollar. […] Gewerkschaften spielen hier im Süden ohnehin kaum eine Rolle. Hauptsächlich für BMW wurde die Landebahn des Flughafens verlängert, und als die Deutschen reklamierten, sie bräuchten größere Frachtschiffe, ließ ein Vorgänger von Gouverneur McMaster kurzerhand den Hafen von Charleston ausbaggern. 800 bis 1000 BMW-Geländewagen werden dort nun jede Nacht verschifft. […]

Karl Doemens, "Die Bösen im Bibelgürtel", in: Frankfurter Rundschau vom 24./25. Juni 2017. Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Rundschau GmbH, Frankfurt

Deutsches Unternehmensvermögen im Ausland nach Wirtschaftsbereichen und Ausländisches Unternehmensvermögen in Deutschland nach Wirtschaftsbereichen (© Deutsche Bundesbank, Bestandserhebungen über Direktinvestitionen, Statistische Sonderveröffentlichung 10, Wiesbaden, April 2017. S. 6 f und S. 52 f.)

Der Fahrzeughersteller Daimler hat im Jahr 2016 die Erweiterung seines ungarischen Werks und Investitionen von einer Milliarde Euro bekanntgegeben. Diese Neuinvestition nutzt der ungarischen Volkswirtschaft, zeigt aber auch, dass in Deutschland vergleichsweise wenig investiert wird. Im genannten Beispiel verzichtet der Fahrzeughersteller Daimler darauf, im Inland seine Produktionskapazität zu erweitern.

Die Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen blieben in den letzten Jahren auf einem hohen Niveau. Zugleich gab es Umschichtungen: Die verarbeitende Industrie und der Handel bauten ihre Investitionen aus, die Banken und Versicherer dagegen reduzierten ihre Investitionen im Ausland. Dies ist auch eine Folge der anhaltenden Krise im Finanzsektor. Banken und Versicherungen bauen Geschäftstätigkeiten ab und reduzieren auf diese Weise den Bedarf an Eigenkapital.

Nahezu keine Veränderungen zeigen sich bei ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland. In der verarbeitenden Industrie nahmen die Investitionen zwischen 2012 und 2015 sogar leicht ab. Der Bestand ausländischer Direktinvestitionen im verarbeitenden Gewerbe betrug 2015 etwa ein Drittel der entsprechenden deutschen Investitionen im Ausland.

Bemerkenswert sind die deutschen Investitionen in Großbritannien, die dreimal so hoch sind wie die in Frankreich. Das liegt vor allem an der Automobilindustrie, allen voran den Investitionen der Firma BMW in die Mini-Fabriken. Sehr niedrig sind bislang die Investitionen aus Schwellenländern in Deutschland. Der Bestand an Direktinvestitionen aus China, Brasilien, Indien, Mexiko und Südafrika belief sich 2015 auf gerade einmal 3,5 Milliarden Euro und damit auf lediglich 0,8 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland. China als Herkunftsland von Kapital holt aber in den vergangenen Jahren deutlich auf.

Droht ein Ausverkauf deutschen Know-Hows

Lange Zeit sahen die deutsche Politik und die deutschen Wirtschaftsverbände in ausländischen Investitionen kaum Grund zur Sorge. Das änderte sich im Jahr 2016. Den Anlass dazu bot die Wirtschaftspolitik Chinas, die vor allem in drei Punkten kritisch betrachtet wird:

Der erste betrifft die Behandlung deutscher Investitionen in China. Die Politik hat den Eindruck gewonnen, dass deutsche Unternehmen in China gerne als Technologieträger genutzt werden. Mit ihnen wird solange kooperiert, bis die chinesischen Unternehmen die Technologie kopiert haben.

Ein Beispiel hierfür ist die Eisenbahnindustrie. Siemens lieferte zunächst komplette Züge und wurde dann von der chinesischen Regierung gezwungen, ein Gemeinschaftsunternehmen mit einer chinesischen Firma zu gründen. Diese übernahm die deutsche Technologie. Siemens ist heute vom chinesischen Eisenbahnmarkt verschwunden, und der frühere Siemens-Kooperationspartner CNR drängt nun als Anbieter auf den deutschen Markt.

Der zweite Punkt betrifft die Ungleichbehandlung: Chinesische Unternehmen können in Deutschland hiesige Firmen vollständig übernehmen, aber deutschen Unternehmen wird dies in China nicht gestattet. Sie müssen sich auf Minderheitsbeteiligungen beschränken.

Der dritte Punkt betrifft die Aushöhlung der technologischen Kompetenz in Deutschland. China hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2025 ein führender Anbieter in zehn anspruchsvollen Industriezweigen zu werden, darunter die Luftfahrt, Hochgeschwindigkeitszüge und Elektromobilität. Technologische Kompetenz, die nicht im Land selbst vorhanden ist, soll im Ausland eingekauft werden.

Karikatur von Thomas Plaßmann / Baaske Cartoons (© Thomas Plaßmann / Baaske Cartoons)

Wenn der Argwohn wächst, dass strategische Aufkäufe deutscher Unternehmen durch konkurrierende Unternehmen aus China die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands schwächen könnten, wäre es denkbar, dies zu verhindern, indem ausländische Investitionen zuvor nach bestehenden Regeln (Außenwirtschaftsgesetz) geprüft und in einzelnen Fällen untersagt werden.

Unternehmensverbände warnen bislang vor solch einer Beschränkung, weil sie negative Reaktionen im Ausland erwarten und dadurch die Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen gefährdet sehen.

Professor Dr. Heribert Dieter studierte Politikwissenschaft und Ökonomie an der Freien Universität Berlin und wurde dort mit einer Arbeit zur australischen Außenwirtschaftspolitik promoviert. 2005 erschien seine Habilitationsschrift zum Thema "Die Zukunft der Globalisierung".
Dieter arbeitet als Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Globale Fragen der Stiftung Wissenschaft und Politik (Berlin) und ist außerplanmäßiger Professor an der Universität Potsdam sowie Gastprofessor für internationale politische Ökonomie an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.