Baustein 4: Politische Meinungsbildung 4.0
Baustein 4 stellt die Frage, wie Wählerinnen und Wähler zu ihrer konkreten Wahlentscheidung für eine bestimmte Partei kommen. Dazu erarbeiten die Jugendlichen zunächst verschiedene Erklärungsmodelle zum Wählerverhalten und untersuchen, inwiefern digitale Medien - durch Phänomene wie FakeNews und Filterbubble - Einfluss auf die Bundestagswahl 2017 haben könnten. Auf dieser Basis entwickeln sie abschließend konkrete Maßnahmen, die bei der Wahlentscheidung helfen sollen.Lernziele
Inhaltlich
Die Schülerinnen und Schüler...
- erkennen, dass Wählen mit einem Informations- und Entscheidungsproblem behaftet ist.
- können verschiedene Wählertheorien im Hinblick auf die Wahlentscheidung einordnen, Unterschiede in deren Herangehensweise, Entwicklung und Prognosefähigkeit benennen sowie reflektiert bewerten.
- sind in der Lage, den Einfluss von digitalen Medien auf die politische Meinungsbildung auf die Bundestagswahl 2017 kritisch einzuschätzen. (Metakognition)
- sind sich der Gefahr von „Internetphänomenen“ wie Filterbubble und Fake News auf die eigene politische Meinungsbildung bewusst und wissen, geeignete Schutzmaßnahmen zu entwickeln. (Bewertungskompetenz von politischer Information)
- erkennen die Bedeutung der Auseinandersetzung mit Wahlprogrammen für eine fundierte Wahlentscheidung.
Die Schülerinnen und Schüler...
- können theoretische Modelle anhand eines strukturierten Schemas einordnen und vergleichen.
- wenden ihr erworbenes Wissen an, um eigene Maßnahmen zu entwickeln und zu gestalten, die bei der politischen Meinungsbildung vor Phänomenen wie Fake News und Filterbubble u. ä. schützen.
- stellen selbst erarbeitete Sachverhalte korrekt und verständlich mithilfe ausgewählter Präsentationsformen (z.B. einem Fließdiagramm) dar.
Planungshinweise und didaktische Idee des Bausteins
EinstiegAufbauend auf den Ergebnissen von Baustein 3, in dem es um die Frage ging, warum Menschen überhaupt zur Wahl gehen (Wahlparadox), soll in diesem Baustein weiterführend erforscht werden, wie Menschen zu ihrer konkreten Wahlentscheidung kommen und was sie dabei beeinflusst.
Brainwriting: Wer wählt wen warum?
In Form eines Brainwritings zu der Frage „Wie entscheiden Wählerinnen und Wähler, wen bzw. welche Partei sie wählen?" äußern die Schülerinnen und Schüler Vermutungen, welche Einflussfaktoren bei der Wahlentscheidung eine Rolle spielen. Dabei können sie auf ihr Wissen zu den in Baustein 2 erarbeiteten Theorien zum Wahlverhalten zurückgreifen und eigene neue Ideen formulieren. Zur Unterstützung und Erweiterung des Spektrums kann – insbesondere bei lernschwächeren Schülerinnen und Schülern – als Ideenimpuls auch eine Sammlung von fiktiven Wählerstimmen (M 04.01) eingesetzt werden, von denen weitere Gründe und Faktoren ableitbar sind, die dann auf dem Brainwriting-Plakat notiert und ergänzt werden können.
Zur Auswertung des Plakats werden die einzelnen Beiträge besprochen und zu konkreten, benennbaren Faktoren zusammengefasst, die stichwortartig auf der Tafel oder einem Whiteboard festgehalten werden.
Die Lehrkraft weist drauf hin, dass dies vorerst hauptsächlich Vermutungen sind und fragt die Schülerinnen und Schüler, wie man denn überprüfen könnte, ob die vermuteten Faktoren wirklich eine Rolle spielen. Im Gespräch erschließt die Klasse mit Unterstützung der Lehrkraft, dass mithilfe von Wahlforschung untersucht wird, welche Personen welche Partei gewählt haben und dass u.a. auf diesen Ergebnissen basierend, verschiedene Erklärungsmodelle für Wählerverhalten entwickelt werden konnten. [Vgl. Korte „Wahlforschung“]
Erklärungsmodelle zum Wählerverhalten
Nach dieser Hinführung beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler in der nächsten Erarbeitungsphase mit verschiedenen Erklärungsmodellen zum Wählerverhalten (M 04.02 Theorien zum Wählerverhalten). Hierzu erarbeiten sie in Gruppenarbeit arbeitsteilig jeweils ein Erklärungsmodell und halten ihre Ergebnisse in einem Raster (M 04.03) tabellarisch fest. Das Raster strukturiert dabei die Ergebnisse durch die vorgegebenen Aspekte Forschungsgeschichte, Hauptaussage, Perspektiven, Prognosefähigkeit und -schwierigkeit vor und ermöglicht bei der späteren Auswertung eine übersichtliche Synopse für einen Vergleich der Erklärungsmodelle.
Für die Auswertung der Ergebnisse werden nach der Erarbeitungsphase die Arbeitsgruppen aufgelöst bzw. umsortiert und es wird ein Gruppenpuzzle (s. Methodenkiste Methode 24/25) durchgeführt, in dem die Schülerinnen und Schüler jeweils ihr Modell den anderen der Gruppe reihum vorstellen. Die zuhörenden Gruppenmitglieder ergänzen dabei stichpunktartig die präsentierten Aspekte zu den anderen Erklärungsmodellen in ihrem Raster in der entsprechenden Spalte. Am Ende des Gruppenpuzzles vergleichen die Schülerinnen und Schüler ihre Notizen zu den Erklärungsmodellen und diskutieren, worin sie sich unterscheiden.
Um sicherzustellen, dass alle Schülerinnen und Schüler die verschiedenen Erklärungsmodelle in den Aspekten Forschungsgeschichte, Hauptaussage, Perspektiven, Prognosefähigkeit und -schwierigkeit kennengelernt und schon ansatzweise verglichen haben, werden die Ergebnisse im Klassenverband zunächst noch einmal besprochen, wobei einzelne Gruppen aus dem Gruppenpuzzle ihre Synopse vorstellen und die anderen Schülerinnen und Schüler noch Informationen ergänzen können.
In einem anschließenden Unterrichtsgespräch werden gemeinsam aus den Ergebnissen die Faktoren ermittelt und benannt, die in den einzelnen Erklärungsmodellen eine Rolle spielen. Gegebenenfalls kann hier auch auf die Ergebnisse des Brainstorming-Plakats Rückbezug genommen und geschaut werden, welche der dort genannten Faktoren sich in welchem der Modelle wiederfinden.
Zudem sollte im Unterrichtsgespräch diskutiert werden, inwiefern die Erklärungsmodelle auf individuelle Wahlentscheidungen angewendet werden können. Gibt es den rationalen Wähler oder die rationale Wählerin (in Reinform) überhaupt? In der Diskussion soll deutlich werden, dass es sich hier um Idealtypen von Wählertypen handelt, es also beispielsweise den rationalen Wähler, der nur nach rein rationalen Abwägungen seine Wahlentscheidung trifft, kaum in Reinform gibt, sondern immer auch andere Faktoren, wie Sozialisation oder Gruppenzugehörigkeit etc. auch eine Rolle spielen.
Rolle der digitalen Medien und ihr möglicher Einfluss auf die Bundestagswahl 2017
Zum Einstieg in die Bearbeitung der Frage, welchen Einfluss digitale Medien auf die Wahlentscheidung haben, präsentiert die Lehrkraft eine Karikatur von Plaßmann (M 04.04), in der ein Sprecher des Wahlstudios als Wahlanalyseergebnis präsentiert, dass die Mehrheit der Befragten als Haupteinflussfaktor auf ihre Wahlentscheidung die Fake News auf Facebook angegeben hätten.
Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert, zu beschreiben, was auf der Karikatur zu sehen ist und welche Aussage der Karikaturist damit vermitteln will. Bei der Besprechung der Karikatur sollen folgende Fragen aufgeworfen werden:
- Können - und wenn ja, inwiefern - Fake News auf Facebook (digitale Medien generell) wirklich Einfluss auf die Wahl nehmen?
- Haben wir bei den Einflussfaktoren auf die Wahlentscheidung also die sozialen Medien wie Facebook, Twitter etc. vergessen?
- Welche Rolle spielen digitale Medien und soziale Netzwerke bei politischer Information – insbesondere in Wahlzeiten?
Zur Vertiefung werden für die Phänomene, die die politische Meinungsbildung beeinflussen können, exemplarisch „Fake News“ und „Filterbubble“ herausgegriffen und näher betrachtet. Die Schülerinnen und Schüler erhalten dafür zu den beiden Phänomenen Arbeitsblätter (M 04.06 Fake News und M 04.07 Filterbubble), mit deren Hilfe sie jeweils herausarbeiten:
- Was ist … genau?
- Was ist die Absicht von ...?
- Welche Auswirkungen hat … auf die Bundestagswahl 2017?
- Wie kann man sich vor … schützen?
Zur Sicherung visualisieren die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse in Form von „Fahndungsplakaten“ (Plakatvorlage M 04.08) zu Fake News bzw. Filterbubble, welche anschließend im Klassenverband besprochen werden.
Den Schülerinnen und Schülern sollte nach der Besprechung deutlich geworden sein, dass der beste Schutz vor Manipulation in der eigenen Verantwortung liegt, indem man ein wachsames Auge hat, Informationen kritisch hinterfragt und nicht dem Fehler erliegt, „Die Mehrheit wird schon Recht haben“ zu glauben.
Nach dieser eher metakognitiven und die Bewertungskompetenz von politischen Informationen fördernden Phase, schließt sich der eher handlungsorientierte Abschluss des Bausteins an. Die Schülerinnen sind aufgefordert, auf Basis des erworbenen Wissens konkrete Maßnahmen zu entwickeln, die ihnen und/oder anderen helfen, sich in Wahlkampfzeiten – aber auch generell – politisch zu informieren und sich nicht durch Phänomene wie Fake News oder Filterbubble o.ä. beeinflussen zu lassen.
Denkbar wären hier verschiedenste Möglichkeiten, wobei der Kreativität kaum Grenzen gesetzt sind:
So könnten die Schülerinnen und Schüler nach dem Motto „Der Wahlchecker - Check deine Wahl!“ beispielsweise Anleitungen, Checklisten, Fließdiagramm o.ä. entwickeln, welche die Wahlentscheidung und Einflussfaktoren visualisieren und somit überschaubarer machen. Wem dies zu kompliziert oder zu komplex ist, der kann auch etwas „kleiner“ anfangen und sich auf einen speziellen Aspekt konzentrieren, z.B. ein Fließdiagramm als Beurteilungshilfe erstellen, ob eine Nachricht Fake News ist oder nicht. (M 04.09 zeigt ein exemplarisch ausgearbeitetes Fließdiagramm zu diesem Aspekt.)
In Anlehnung an den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung können die Schülerinnen und Schüler auch einen eigenen analogen Wahl-O-Mat entwickeln, welcher von ihnen ausgewählte Themen berücksichtigt. Eine kleine Bastelanleitung mit Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte und benötigten Materialien (M 04.10) unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei. Für die praktische Umsetzung erhält die Lehrkraft in Info 04.02 detaillierte Anregungen zur Vorbereitung und Durchführung sowie hilfreiche Hinweise zu weiterführenden Informationen.
Ein tabellarischer Verlaufsplan zu Baustein 4 ist hier als
