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Armutspolitik der EU | bpb.de

Armutspolitik der EU

L. Damaschke-Deitrick

Die A. umfasst Ziele, Strategien und Maßnahmen, die auf europ. Ebene entwickelt werden, um die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in den Mitgliedstaaten der EU voranzutreiben. Schwerpunkte sind: Bekämpfung von Kinderarmut, die aktive Eingliederung in den Arbeitsmarkt, die Schaffung von angemessenen Wohnverhältnissen, die Überwindung von Diskriminierung und der Schuldenabbau. Auf EU-Ebene spielte A. lange eine unterordnete Rolle, da A., als Teil der Sozialpolitik, Kernbereich nationaler Politik ist. Die ersten Ansätze einer europ. A. gehen zurück in die 1970er-Jahre, als die Europäische Kommission die Armutsproblematik in den Mittelpunkt eines Aktionsprogramms stellte. Mit diesem Programm begann die EG, die Armutslagen in den Mitgliedstaaten zu untersuchen. Bis zu den 1990er-Jahren folgten drei weitere Aktionsprogramme zur Bekämpfung der Armut, die in ihrer Wirkung jedoch begrenzt blieben. Eine Ausweitung der A. stellt der EU-Gipfel von Amsterdam (1997) dar, wo im Art. 137 des EG-Vertrages verankert wurde, dass die EU die Tätigkeiten in der »Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung« unterstützt und ergänzt (Art. 137 EGV). Durch die Verwendung des Begriffs der sozialen Ausgrenzung (bzw. Exklusion) wurde der Begriff der Armut erweitert und neben fehlenden (finanziellen) Ressourcen auch Probleme wie mangelnde Integrations- und Teilhabemöglichkeiten berücksichtigt. Ein weiterer Schritt war die sog. Lissabon-Strategie, in der sich die europ. Staats- und Regierungschefs im Jahr 2000 verpflichteten, die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in den Mitgliedstaaten mithilfe der Offenen Methode der Koordinierung (OMK) zu unterstützen. Es wurden gemeinsame Ziele sowie Indikatoren festgelegt, um Vergleiche zwischen Staaten zu ermöglichen und Fortschritte zu messen. Trotz dieser Anstrengungen zeigten Analysen der Armutslagen in den Mitgliedstaaten kaum Verbesserungen. 2008 waren 116 Mio. Menschen in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Um die (u. a. durch die Finanzkrise) gewachsenen Herausforderungen zu bewältigen, wurde im Juni 2010 die Lissabon-Strategie durch die Strategie »Europa 2020« abgelöst. Darin wurde als ein Leitindikator festgelegt, dass bis zum Jahr 2020 die Anzahl der armutsgefährdeten Personen (durch v. a. wirtschaftliche Anstrengungen) um mindestens 20 Mio. verringert werden soll. Als zentraler Beitrag der Mitgliedstaaten wurden »Nationale Reformprogramme« (NRP) beschlossen, worin die Staaten jährlich ihre nationalen Ziele aufführen sowie Programme und Maßnahmen zur Umsetzung darlegen. Rechtsverbindliche, legislative Regulierungen der EU, um die Staaten wirksam zu armutsbekämpfenden Maßnahmen zu verpflichten, fehlen weiterhin. 2010 hatte die EU das »Europäische Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung« ausgerufen, um auf das Thema A. in Europa aufmerksam zu machen. 2017 waren 112,8 Mio. Menschen in der EU von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen.

Literatur

  • Eurostat: Pressemitteilung zu Einkommen und Lebensbedingungen in Europa, 13.10.2010.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: L. Damaschke-Deitrick

Fussnoten

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