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Internationaler Währungsfonds (IWF) | bpb.de

Internationaler Währungsfonds (IWF)

M. Große Hüttmann

Der IWF [engl.: International Monetary Fund, IMF] ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (VN) zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit in der Währungspolitik; Gründung am 22.7.1944, Mitgliederzahl: 189 (Stand: 2019); geleitet wird der IWF von einem Gouverneursrat der Finanzminister und Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Stimmen sind entsprechend den Kapitalanteilen gewichtet (USA: 16,75 %, Japan: 6,23 %, Deutschland: 5,81 %, Frankreich und Großbritannien jeweils 4,29 % und China: 3,81 %); auf Druck der aufstrebenden Schwellenländer wie China wurde 2011 eine neue Stimmverteilung beschlossen, um dem größeren ökonomischen Gewicht dieser Staaten besser zu entsprechen); die geschäftsführende Direktorin (seit 1.10.2019) ist die bulgarische Politikerin und Ökonomin Kristalina Georgiewa; sie steht einem ständigen Entscheidungsorgan aus 24 Exekutivdirektoren vor. Zu den Aufgaben des IWF im Einzelnen zählen u. a.:

• Beratung der Mitgliedstaaten in wirtschafts-, fiskal-, wechselkurs- und geldpolitischen Angelegenheiten;

• Beurteilung der Auswirkungen der Politik auf die Zahlungsbilanzen;

• Begutachtung der Weltwirtschaftslage; Ausgabe von sog. Sonderziehungsrechten (Mitgliedstaaten können auf Kredite zurückgreifen);

• Überbrückung von Zahlungsbilanzdefiziten (die Hilfe ist an wirtschaftspolitische Reformen gebunden und somit »konditioniert«);

• Organisation des Schuldenerlasses bei hoch verschuldeten Ländern sowie

• die Ausgabe von Kreditlinien an Länder (»Emerging Markets«), die nur vorübergehend in ökonomische Schwierigkeiten geraten, jedoch gute Wirtschaftsdaten vorweisen können (2009 im Zuge der Finanzkrise neu eingeführt).

Im Zusammenhang mit der europ. Staatsschuldenkrise (seit 2010) ist der IWF (u. a. auf Betreiben der dt. Bundesregierung) aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der Bekämpfung von Schuldenkrisen mit eigenen finanziellen Mitteln im »Euro-Rettungsschirm« beteiligt und als Mitglied der sog. Troika (zusammengesetzt aus Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF) in europ. Krisenstaaten (z. B. Griechenland) vor Ort im Einsatz, um die dortigen Regierungen zu konkreten Sparpaketen zu verpflichten und sie in ihren Sparanstrengungen und Reformen zu unterstützen sowie den Einsatz der internationalen Hilfsgelder zu überwachen. Der IWF wurde damit de facto zu einer Institution der EU. Sein Einsatz in der Eurokrisenpolitik war umstritten, weil nach Ansicht von Kritikern (z. B. der US-Regierung) die Europäer die finanzielle Hilfe für die europ. Krisenstaaten und den Einsatz zur »Euro-Rettung« finanziell selbst tragen könnten.

Internet

Literatur

  • K. Gnath u. a.: G 20, IWF und WTO in turbulenten Zeiten, SWP-Studie, Berlin März 2012 (Download übe: www.swp-berlin.org).

  • D. Hodson: The IMF as a de facto institution of the EU: A multiple supervisor approach, in: Review of International Political Economy, H. 3/21015, S. 570-598.

  • J. Pisani-Ferry u. a.: An Evaluation of IMF Surveillance of the Euro Area, Bruegel Blueprint 14, Brüssel 2011 (Download: www.bruegel.org).

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Große Hüttmann

Siehe auch:

Fussnoten

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