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Didaktik und Europa | bpb.de

Didaktik und Europa

E. Begander

Didaktik [griech. didaskein = lehren] ist die Lehre von der Wissensvermittlung. Es geht um rationale, also begründbare Entscheidungen über die Auswahl von Inhalten, Zielen und Methoden für bestimmte Adressaten. D. befasst sich also damit, wer, was, wie, wozu und warum zum Thema Europa lernen soll. D. trifft auf zwei gegenläufige Tendenzen: Einerseits wird die Behandlung des Themenfeldes Europa bildungspolitisch einhellig begrüßt (Empfehlung der Kultusministerkonferenz von 2008; Europa- und EU-Themen sind in Lehrplänen, Schulbüchern und allgemeinen Bildungsangeboten verankert). Andererseits schreckt das politische Europa Lernende durch seinen komplexen, veränderlichen und kontroversen Charakter ab; didaktisch angelegte Versuche, die Realität und Dynamik Europas »lernbar« zu machen, bleiben oft erfolglos. Unter der Vielzahl von didaktischen Ansätzen und Methoden der politischen Bildung sind für die Themen Europa und EU v. a. diejenigen geeignet, die Komplexität nicht reduzieren, sondern angemessen bearbeiten, die Typisches hervorheben, ohne zu stigmatisieren, die Veränderungsdynamiken würdigen, die Kontroverses zum Lerngegenstand machen, die interkulturelle Offenheit und Vielsprachigkeit unterstützen. In den Anfangsjahren der Arbeit an D. dominierten europazentrierte Ideengeschichte, Institutionenkunde und geografische Aspekte. Mit zunehmender wissenschaftlicher Durchdringung des politischen Integrationsprozesses vor dem Hintergrund der Globalisierung finden neue Verständniskonzepte Berücksichtigung. Europa wird nicht mehr als abgeschlossenes regionales Thema behandelt, sondern wandelt sich zur relevanten »europäischen Dimension« im globalen Kontext und in allen »entgrenzten« Politikfeldern (z. B. Migration, Klima, Finanzmärkte, Kriminalität). Didaktisch hilfreich ist das in den 1990er-Jahren entwickelte Modell des »Mehrebenensystems«, das ein Ineinandergreifen europ.-supranat., nationaler und regionaler Entscheidungsbefugnisse veranschaulicht. Das in den 1950er-Jahren von den Politikwissenschaftlern David Easton und Harold D. Lasswell entwickelte Modell des Politikzyklus vermag z. B. die Abläufe der europ. Problemlösungs- und Entscheidungsprozesse zu ordnen. Jedes europ. Problem erschließt sich im Kern durch die drei Aspekte »polity« (Rechtsgrundlagen), »policy« (Aufgabenstellung), »politics« (Maßnahmen). Methodisch ertragreich sind Fallstudien, Simulationen und Planspiele. Onlinekurse (LpB BW) und Onlinelehrbücher (Schumann/Müller 2010) zu Europa setzen auf selbstbestimmtes computergestütztes Lernen. WebQuests sind angeleitete Rechercheaufträge, die das Internet nutzen (vgl. www.bpb.de). In der (außerschulischen) Jugendarbeit hat sich das Modell der sog. Peer Education bewährt: Eigens dafür ausgebildete Gleichaltrige vermitteln Kenntnisse über europ. Themen (Juniorteam, Forschungsgruppe Jugend und Europa, www.fgje.de). D. entfaltet sich in Schulpartnerschaften (www.etwinning.de) und EU-Förderprogrammen (COMENIUS u. a.), in Exkursionen, Chats, Blogs oder Begegnungen mit EU-Vertretern.

Internet

Literatur

  • Jugend für Europa (Hg.): Europa vermitteln. Handbuch zur europabezogenen Bildungsarbeit, Bonn 2009.

  • M. Oberle (Hg.): Die Europäische Union erfolgreich vermitteln, Wiesbaden 2015.

  • C. Tatje: Die Rolle des Schulbuchs bei der Vermittlung der Europäischen Union, Wiesbaden 2017.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: E. Begander

Siehe auch:

Fussnoten

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