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Politische Bildung und Inklusion

Katharina Reinhold

/ 4 Minuten zu lesen

Für Martin Zierold bedeutet Inklusion "das Gegenteil der derzeitig üblichen Separation einzelner Gruppen." Der Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte ist selbst gehörlos und setzt sich aktiv in Ehrenamt, Beruf und Politik für Barrierefreiheit ein. Entscheidend ist für Zierold "nicht Zwang zum Anpassen an eine gedachte Mehrheit, sondern ein gleichberechtigtes Zusammenleben verschiedenster Individuen mit ihren Stärken und Besonderheiten, ohne dass ein 'Nichtkönnen' im Vordergrund der Wahrnehmung steht."

Dieses Prinzip ist auch für Bildung jedweder Art leitend. Im Jahr 2006 wurde von den Vereinten Nationen die Behindertenrechtskonvention verabschiedet, seit 2009 ist sie auch in Deutschland in Kraft. In der Konvention wird Menschen mit Behinderungen das Recht auf Bildung "ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit" zugesprochen. Als eines der Ziele wird die Befähigung zur "wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft" genannt. Alle Menschen sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Interessen und Überzeugungen im politischen Prozess zu Gehör zu bringen. Sie sollen die Gelegenheit haben, Wissen darüber zu erwerben, was in der Politik geschieht, wie es geschieht und was man tun kann, um sich einzumischen.

Dabei sollten auch die Exklusionsmechanismen betrachtet werden, die zu Ausschlüssen bestimmter Gruppen führten, schreibt die Politikdidaktik-Professorin Anja Besand in einem Statement zur inklusiven politischen Didaktik. Sie meint, dass keine besondere politische Bildung für Menschen mit Behinderungen nötig sei, es müssten vielmehr "vielfältige Angebote zur politischen Bildung [geschaffen werden], die den individuellen Bedarfen und Interessen von unterschiedlichen Menschen angepasst sind".

Um Inklusion zu ermöglichen und zu leben, stellen sich Anbietern politischer Bildung Aufgaben auf verschiedenen Ebenen:

Technische Barrieren abschaffen, Zugänge erschaffen

Bei Räumlichkeiten gilt es, Rampen oder Hilfsmittel zur Überwindung von Treppen anzubieten, damit Menschen im Rollstuhl Bildungseinrichtungen besuchen können. Wo mit Hilfe von Übersetzungen und mit technischen Hilfsmitteln Hindernisse abgebaut werden können, sind die Bildungsträger gefordert, diese zur Verfügung zu stellen. Es geht dabei um barrierefreie Internetseiten, die Bereitstellung von Texten in Leichter Sprache, Gebärdendolmetscher bei Veranstaltungen etc. Staatliche Behörden sind dazu verpflichtet, ihre Informationsangebote auch in Leichter Sprache und in Gebärdensprache zur Verfügung zu stellen (Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik BITV 2.0). Alle Bildungsanbieter sollten sich fragen, ob ihr Angebot auch für Menschen mit verschiedenen Einschränkungen zugänglich ist. Für Maßnahmen im Sinne der Barrierefreiheit können Fördermittel zum Beispiel bei der Soziallotterie "Aktion Mensch" beantragt werden (s. Interner Link: Fördermöglichkeiten).

Zugänge für Menschen mit Lernschwierigkeiten ermöglichen

Es gibt jedoch auch Menschen, für die die Barrieren durch technische Hilfsmittel oder durch Übersetzungen nicht beiseite geräumt werden können. Bildungsverantwortliche sind gefordert, auch Menschen mit Lernschwierigkeiten dabei zu unterstützen, die Befähigung zur "wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft" zu erwerben. Die Aufgabe politischer Bildung ist es von jeher, allen Bürgerinnen und Bürgern Urteils- und Handlungskompetenzen zu vermitteln, damit sie ihre Bürgerrolle in einer Demokratie verantwortungs- und selbstbewusst ausfüllen können. Zu oft werden bisher allerdings nur diejenigen erreicht, die sich bereits für politische Themen interessieren und ein hohes Bildungsniveau haben.

Auf die Frage, wie eine inklusive politische Bildung und ihre Didaktik aussehen können, gibt es in Deutschland noch keine zufriedenstellenden Antworten. Doch einige Expertinnen, Experten und Institutionen haben sich auf den Weg gemacht, um Antworten in Theorie und Praxis zu finden.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat Anfang 2014 das Projekt "Werkstatt: Politikdidaktik inklusiv" gestartet. Dort werden diverse Fragen rund um inklusive politische Bildung und Politikdidaktik zur Diskussion gestellt. Der Aufbau einer Internet-Plattform und Publikationen zum Thema folgen. Auch Sie sind eingeladen dort mit zu diskutieren und Beiträge zu verfassen.

An der Universität Dresden hat ein Team um Prof. Anja Besand (Politikdidaktik) und Prof. Anke Langner (Inklusive Pädagogik) im Sommer 2014 das "Zentrum für inklusive politische Bildung" gegründet. Dort wird erforscht, wie die Teilhabe aller Menschen unabhängig von spezifischen Gruppenzuschreibungen erreicht werden kann. "Unseren Forschungsprozess gestalten wir von Beginn an praxisorientiert. Wir entwickeln und erproben neue Formate und Methoden sowohl schulisch als auch außerschulisch, direkt mit den Akteuren vor Ort und begleiten verschiedene Institutionen auf ihrem Weg hin zu einer inklusiveren politischen Bildung", erklärt Anja Besand.

Inklusion thematisieren, aufklären

Ein weiterer zentraler Aspekt ist die thematische Auseinandersetzung mit Inklusion als gesamtgesellschaftlicher Aufgabe. Politische Bildungsangebote informieren über den Lebensalltag von Personen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen und die Hindernisse, mit denen sie konfrontiert sind. So unterstützt zum Beispiel das Projekt "Leidmedien" Journalisten dabei, bestimmte Fallstricke und Klischees bei der Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen zu vermeiden. Das Kennenlernen der anderen Lebenswelt fördert das gegenseitige Verstehen und das Miteinander.

Auch das Thema Wahlrecht für behinderte Menschen sollte Inhalt politischer Bildungsprozesse sein. Aus Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention lässt sich das aktive und passive Wahlrecht für alle Menschen mit Behinderung ableiten. Im Bundeswahlgesetz § 13 Abs. 2 wird aber derjenige vom Wahlrecht ausgeschlossen, "für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer (….) bestellt ist". Das Wahlrecht wird an Fähigkeitsvoraussetzungen gebunden und per se abgesprochen. Dies birgt Potenzial für kontroverse Auseinandersetzungen. Der politischen Bildung kommt hier eine wichtige Rolle zu, um Grundlagen und Hintergründe für fundierte Diskussionen zu schaffen.

Fazit

Allen Menschen die Teilhabe an Prozessen politischer Bildung zu ermöglichen, ist nicht erst seit der UN-Behindertenrechtskonvention eine Aufgabe und ein Thema für die Bildungsträger und Institutionen. Doch in den vergangenen Jahren haben sich – auch angestoßen durch gesetzliche Vorgaben – viele auf den Weg gemacht, Barrieren abzubauen und neue Wege und Zugänge zu finden. Dabei stellt es sich als wesentlich leichter heraus, physische und technische Hindernisse für Menschen mit körperlichen Einschränkungen abzubauen als Zugänge für Menschen mit Lernschwierigkeiten zu schaffen. Doch die ersten Schritte sind getan, viele weitere werden folgen.