Antisemitismus in nahöstlichen Medien
Schockierend, was dort tagtäglich ausgestrahlt wird: Über Satellit verbreiten arabische Sender wie Al Manar ihre anti-jüdische Hetze in alle Welt – und bedienen dabei Sprache und Bilderwelt der Nazis.
Der "Hisbollah"-Sender ist seitdem in Europa nur noch über "Arabsat" zu sehen – eine arabische Satellitenkette, auf die die Europäer keinen Einfluss haben. Und seine Programme haben sich nicht geändert. Sie unterscheiden sich freilich auch nicht grundsätzlich von manchen Sendern selbst allgemein akzeptierter arabischer Staaten. Zumindest bisweilen sind auf diesen Sendern ähnlich rassistische Sendungen zu sehen. Etwa die im Fastenmonat Ramadan wiederholt ausgestrahlte Serie "Pferd ohne Reiter": Basierend auf dem einst erfundenen antijüdischen Pamphlet "Protokolle der Weisen von Zion" wird hier die neuzeitliche Geschichte Ägyptens neu geschrieben. Und die negativen Entwicklungen dabei dem "Weltjudentum" angelastet, das sich die Unterwerfung besonders der arabischen Welt zum Ziel gesetzt habe.
Vom Tenor her kaum ein Unterschied zum Tonfall anti-jüdischer Hetze der Nazis. Begriffe wie "Weltjudentum", "Weltherrschaft" oder "Verschwörung" wurden zuvor von den Nationalsozialisten verwendet, darüber hinaus greifen antijüdische Darstellungen – etwa in arabischen Karikaturen – immer häufiger auf Klischees und Typen zurück, wie sie vom "Stürmer" verbreitet wurden: Juden werden als finstere Gestalten in der Kleidung osteuropäischer "Hassidim" dargestellt und immer wieder kursieren Vorwürfe aus mittelalterlich-christlicher Zeit: Hatten christliche Antisemiten damals behauptet, die Juden töteten Christenkinder, um deren Blut zu trinken, so finden sich in arabischen Medien immer wieder Anschuldigungen, "die Juden" töteten Palästinenserkinder zu eben diesem Zweck.
Ursprung des arabischen Antisemitismus
Die Übertragung und Kopierung solcher eigentlich europäischer Bilder des Antisemitismus ist bezeichnend für die Situation: Die arabische Welt war nämlich Jahrhunderte lang eigentlich frei von solchen Ressentiments. Der Antisemitismus war ein Produkt des christlichen Europas. Unter anderem, weil Juden dort als Christusmörder abgestempelt wurden, zum anderen auch, weil sie sich – besonders in Osteuropa – durch Sprache, Gebräuche und selbst Kleidung von den Mehrheitsgesellschaften unterschieden.Im Orient war das anders: Obwohl der Prophet Mohamed die Juden mit nicht gerade feinen Bezeichnungen bedachte ("Schweine, Esel, Diener des Teufels und Lügner"), weil sie nicht zum Islam übertreten wollten, so wurden Juden über die Jahrhunderte hinweg als "Dhimmi" (Schutzbefohlene) behandelt. Sie hatten zwar nicht dieselben Rechte wie Muslime, wurden aber als Angehörige einer monotheistischen "Religion des Buches" akzeptiert und respektiert. Und im Gegensatz zu den (ost-) europäischen Juden waren die orientalischen Juden meist voll in ihre Umgebung integriert. Als Juden in Europa verfolgt und getötet wurden, waren sie in der arabischen Welt angesehene Wissenschaftler, Ärzte oder Berater der (muslimischen) Herrscher.
Das änderte sich im Grunde erst mit der Gründung des Staates Israel: Weil dieser sich selbst als "jüdischer Staat" versteht und präsentiert und weil die arabische und muslimische Welt dieser Staatsgründung gegenüber zunächst rat- und hilflos gegenüber stand, fand der Begriff "Israelis" nicht oder nur spät Eingang in den arabischen Sprachgebrauch. Stattdessen wurde und wird von "Zionisten" gesprochen oder – häufiger noch – von "Juden" ("Al Yahoud").
Judenfeindliche Stereotype
Diese Verquickung eines politischen Feindbildes mit dem Begriff "Jude" erleichterte die Übernahme europäisch-antisemitischer Klischees, so ungebräuchlich und so falsch sie für den Nahen Osten und Israel auch waren und sind. So stellen osteuropäisch-orthodoxe Juden ("Hassidim") ja nicht den "mainstream" der israelischen Gesellschaft und Politik dar. Im Gegenteil: Sie stehen dem Staat Israel zum Teil ablehnend gegenüber. Wie etwa die extrem-konservativen "Neturei Karta".Dass dennoch "Stürmer"-Zerrbilder des Juden Eingang nahmen in die arabischen Medien, um gegen Israel zu polemisieren, hat seine Ursprünge in einer Verquickung europäisch-christlichen Antisemitismus mit orientalisch-christlicher Ablehnung Israels: Die ersten Karikaturen dieser Art wurden von christlich-arabischen Zeichnern verbreitet, die eine ihnen anerzogene Ablehnung des Judentums zu einer Ablehnung des "jüdischen Staates" umfunktionierten.
Die arabischen und seit der Islamischen Revolution auch die iranischen Medien bedienen sich freilich nicht allein einer grafischen Darstellung, die direkt nationalsozialistischer Propaganda entlehnt ist. Auch die Theorien über Juden sind – wie im erwähnten Fall des "Pferdes ohne Reiter" – eng angelehnt an antisemitische Thesen, wie sie von den Nazis und streckenweise auch den Sowjets verbreitet wurden: So streben die Juden angeblich die Weltherrschaft an und man unterstellt ihnen, schon längst die Macht über die USA erlangt zu haben und maßgeblich die Weltpolitik Washingtons zu bestimmen. Die unerschütterliche Solidarität George W. Bushs mit Israel hat solche Verdächtigungen nur zusätzlich gefestigt. So unterstützen die Medien der muslimischen Welt immer wieder die These der Straße, dass der 11. September gar nicht die Tat von Muslimen war, sondern das Werk des israelischen Geheimdienstes Mossad. Allen bekannten Fakten zum Trotz soll hiermit erklärt werden, warum Washington zum Kampf gegen den Islam angetreten sei. Und es kommt den Urhebern solcher Thesen natürlich zupass, dass einige der wichtigsten neokonservativen Vordenker Bushs Juden und eng mit Israel liiert sind.