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Südsudan: Ein Jahr Unabhängigkeit

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Seit der Abspaltung des Südens vor einem Jahr hat sich die Lage zwischen Nord- und Südsudan nicht wesentlich entspannt. Auch ein Ultimatum der UN hat die gewalttätigen Auseinandersetzungen nur teilweise beendet. Die humanitäre Situation im jüngsten Land der Welt ist weiterhin schlecht.

Der südsudanische Präsident Salva Kir (links) sowie das ugandische Staatsoberhaupt Yoweri Museveni (rechts) feiern zusammen den einjährigen Geburtstag der neugeborenen Republik Südsudan, dem 193. Staat der Erde. (© picture-alliance/dpa)

Im Januar 2011 stimmte die Bevölkerung Südsudans in einem Referendum mit einer Mehrheit von 99 Prozent für eine Abspaltung vom arabisch geprägten Norden des Landes. Daraufhin teilte sich das ehemals größte Land Afrikas am 11. Juli 2011 offiziell in zwei Staaten: Sudan und Südsudan. Mit der Unabhängigkeit des Südens verband sich die Hoffnung auf ein Ende des 22 Jahre währenden Bürgerkriegs, der Millionen Opfer gefordert hatte.

Die Volksabstimmung war Teil eines Friedensabkommens, das 2005 zwischen der Zentralregierung des Sudan in Khartum und der südsudanesischen Volksbefreiungsbewegung geschlossen worden war. Der Süden wurde teilautonom und bekam eine eigene Regierung. Eine UN-Mission (UNISFA) überwacht den Friedensprozess.

Obwohl die sudanesische Regierung ankündigte, die Unabhängigkeit Südsudans anzuerkennen, sind die Spannungen seither in mehreren Provinzen entlang der Grenze eskaliert. Im Mai 2011 waren nordsudanesische Truppen in die umstrittene Provinz Abiyei einmarschiert und hatten zehntausende Menschen vertrieben. Im März 2012 verschärfte sich der Konflikt weiter: Südsudanesische Truppen besetzten das Ölfeld Heglig und der Norden begann mit Bombardements auf Südsudan.

Aus Abiyei haben Nord- und Südsudan ihre Truppen inzwischen abgezogen, wie im Mai 2012 von den Vereinten Nationen bestätigt wurde. Die UN hatte beiden Staaten mit Sanktionen gedroht, wenn diese ihre gegenseitigen Angriffe nicht einstellten. Trotz des Truppenabzugs aus Abiyei bombardierte der Sudan den unabhängigen Süden jedoch weiterhin.

Ungelöste Ressourcen- und Grenzkonflikte

Im Konflikt zwischen dem Norden und dem Süden Sudans geht es unter anderem um die Ölvorkommen der Region, von denen ein großer Teil in den Grenzgebieten des Südsudans liegt. Der neue Staat ist für Verarbeitung und Verkauf des Rohstoffs auf die Infrastruktur des Nordens angewiesen.

Der Verlust von drei Viertel der Ölquellen, die bisher über 50 Prozent des Staatshaushalts beitrugen, macht sich im Norden deutlich bemerkbar: Lebenshaltungskosten und Steuern sind stark gestiegen. Der Staatshaushalt des Südens basiert beinahe zu 100 Prozent auf der Ausbeutung der Ölquellen. Für die Nutzung nordsudanesischer Pipelines zahlt Südsudan bislang keinen finanziellen Ausgleich an den Norden. Auf einen Preis pro Barrel Öl, das durch die Pipelines des Nordens fließt, konnten sich die beiden Staaten bisher nicht einigen. Aus Protest gegen die Preisforderungen des Nordens stoppte Südsudan im Januar 2012 den Ölexport ganz. Dies könnte beide Länder an den Rand eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs führen.

Die Aufteilung der Erlöse aus den Ölvorkommen ist jedoch nur einer von mehreren Streitpunkten zwischen Norden und Süden. Der Verlauf der 2.000 Kilometer langen Grenze bleibt ebenso umstritten. Auch ist weiterhin unklar, ob die Bevölkerung von Grenzregionen wie der Nuba-Berge und Südkordofan wie angekündigt in einem Referendum über ihre Staatszugehörigkeit abstimmen darf.

Humanitäre Situation

Das Koordinationsbüro für Humanitäre Hilfe bei den Vereinten Nationen schätzt, dass mehr als die Hälfte der südsudanesischen Bevölkerung nicht ausreichend Nahrung zur Verfügung hat. Für eine Million Menschen ist dieser Nahrungsmangel akut lebensbedrohlich.

In Folge der jahrelang anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen hat sich auch die Bildungslage weiter verschlechtert. Dies drückt sich zum Beispiel in der niedrigen Alphabetisierungsrate von 30 Prozent aus. Bei Frauen ist die Rate noch niedriger: Nur zehn Prozent können lesen und schreiben.

Die Herausforderungen an das junge Land werden in den kommenden Monaten nicht abnehmen. Je mehr Flüchtlinge in den Südsudan zurückkehren, desto schwieriger gestaltet sich die Grundversorgung der Bevölkerung. Für ein funktionierendes Gesundheitssystem fehlen Ärzte und Krankenhäuser, zur Verbesserung der Bildungssituation fehlen Schulen und Lehrende.

Die UN und andere Hilfsorganisationen rechnen damit, dass der Südsudan beim Aufbau einer sozialen Infrastruktur auf absehbare Zeit nicht ohne internationale Unterstützung auskommen wird.

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