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8. März: Weltfrauentag

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Am 8. März begehen Frauen in aller Welt den Internationalen Frauentag. Seit mehr als 100 Jahren fordern sie an diesem Tag Gleichberechtigung und prangern die nach wie vor herrschende Gewalt gegen Frauen an. Auch im Arbeitsleben sind Frauen gegenüber Männern nach wie vor benachteiligt.

In Frankfurt demonstrieren im Jahr 1974 Frauen gegen Paragraph 218 und für das Recht auf Abtreibung. (© picture-alliance/AP)

"Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte" - das forderte die deutsche Sozialistin Clara Zetkin 1910 auf dem II. Kongress der Sozialistischen Internationale in Kopenhagen. Ein Jahr später gingen erstmals Frauen in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz zum Frauentag auf die Straße. Ihre zentrale Forderung: Einführung des Frauenwahlrechts und Teilhabe an der politischen Macht. Außer in Interner Link: Finnland durften zu diesem Zeitpunkt in keinem europäischen Land Frauen wählen. In Interner Link: Deutschland wurde Frauen dieses Recht erst 1918 zugestanden. In der Schweiz dürfen Frauen sogar erst seit 1971 wählen.

Geschichte des Weltfrauentags

Der Weltfrauentag hat eine über 100-jährige Geschichte. In Deutschland wurde der Internationale Frauentag Interner Link: während der NS-Herrschaft als sozialistischer Feiertag verboten. Stattdessen propagierten die Nationalsozialisten den Muttertag und die "biologische Verpflichtung" der Frau.

In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde der 8. März schon zwei Jahre nach Kriegsende wieder gefeiert. Mit der Gründung des Interner Link: Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) 1947 in Berlin begann in der SBZ eine Tradition der Würdigung von Frauen, die sich besonders auf ihre Arbeitskraft bezog. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) verwandelte den Frauentag unter dem Motto "Gruß und Dank den Frauen" in den 1950er Jahren zum staatlich angeordneten Feierritual. Fraueninteressen wurden den allgemeinen politischen Zielen der DDR untergeordnet. Als (potenzielle) Mütter, die dazu berufen seien, das Leben zu schützen, sollten sich die DDR-Frauen an der Seite der Sowjetbürgerinnen und Frauen aus anderen "friedliebenden Ländern" in die Front gegen den "westlichen Imperialismus" einreihen.

Im Zuge der Interner Link: neuen Frauenbewegung in der Bundesrepublik Ende der 1960er Jahre gelangte er wieder in das westdeutsche Bewusstsein zurück. Seit den 1980er Jahren hat er in ganz Westeuropa wieder an Bedeutung gewonnen. Die Forderungen hingen wesentlich von den historischen, politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab: Zu Beginn des letzten Jahrhunderts kämpften Frauen für ihre fundamentalen politischen und bürgerlichen Rechte, wie etwa das Recht auf Bildung. In den 1960er und 70er Jahren erreichte die Frauenbewegung im Interner Link: Kampf gegen den Abtreibungsparagraphen 218 einen Höhepunkt. Wichtige Forderungen der Frauenbewegung heute sind die Frage nach der Rolle von Frauen in politischen Entscheidungsprozessen sowie der weltweite Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen.

Diskriminierung per Gesetz

In der DDR war die Gleichberechtigung der Geschlechter verfassungsmäßig geregelt: "Mann und Frau sind gleichberechtigt und haben die gleiche Rechtsstellung in allen Bereichen des gesellschaftlichen, staatlichen und persönlichen Lebens. Die Förderung der Frau, besonders in der beruflichen Qualifizierung, ist eine gesellschaftliche und staatliche Aufgabe" (Art. 20, Abs. 2 der Verfassung der DDR). In der BRD erhielt mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 die Gleichbehandlung von Frau und Mann in Gestalt des Gleichstellungsartikels (Art. 3 GG) Verfassungsrang. Am 1. Juli 1958 wurde die Vorgabe des Grundgesetzes mit dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes (GleichberG) dann auch Gesetzeswirklichkeit. Zuvor war es Frauen zum Beispiel nicht erlaubt, ohne Zustimmung ihres Ehemannes ein eigenes Bankkonto zu eröffnen. Auch die Verfügungsgewalt über das Geld hatte der Mann. Mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958 war Diskriminierung per Gesetz jedoch noch nicht abgeschafft. Erst seit 1977 brauchen Ehefrauen nicht mehr die Einwilligung ihres Mannes, um arbeiten zu dürfen. Zudem wurde Vergewaltigung in der Ehe erst 1997 strafbar.

Gegenwärtiger Stand

Gewalt gegen Frauen

Interner Link: Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist eine der am weitesten verbreiteten und systematisch begangenen Menschenrechtsverletzungen. "UN Women", die für Gleichberechtigung zuständige Sektion der Vereinten Nationen, definiert Gewalt gegen Frauen als jegliche geschlechtsbasierte Gewalt, durch die Frauen physisch, sexuell oder psychologisch leiden. Auch Männer und Jungen erfahren Gewalt. Gewalt gegen Frauen wird jedoch spezifisch als "in Geschlecht begründet" ("gender-based") definiert, da Frauen durch ihre strukturell benachteiligte Rolle in der Gesellschaft speziellen Formen von Gewalt besonders stark ausgesetzt sind.

Am häufigsten äußert sich Gewalt gegen Frauen in häuslicher und sexueller Gewalt, in sexueller Belästigung sowie emotionaler und psychischer Gewalt. Sexuelle Gewalt ist zudem eine weitverbreitete Kriegstaktik: Durch systematische Vergewaltigungen soll dabei der Widerstand der Bevölkerung gebrochen werden. Auch weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsheirat, Mord an weiblichen Neugeborenen, Frauenhandel oder sogenannte "Ehrenmorde" zählt die UN zum Feld der Gewalt gegen Frauen.

Besonders betroffen sind in Kriegsgebieten lebende Frauen und Mädchen, die u.a. ethnischen oder sexuellen Minderheiten angehören, keinen legalen Aufenthaltsstatus haben oder etwa in Gefängnissen inhaftiert sind. Das Risiko für arme Frauen, Gewalt ausgesetzt zu sein, ist doppelt so hoch wie für Männer - vor allem in Entwicklungsländern.

In einer weltweiten UN-Umfrage (2011) gaben je Land zwischen 15 und 76 Prozent der Frauen an, schon einmal physische und/oder sexuelle Gewalt erfahren zu haben. Der Großteil dieser Gewalt findet im häuslichen Umfeld statt. Eine Milliarde Frauen, so schätzt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, sind weltweit Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt geworden - ein Drittel aller Frauen. Gewalt durch eine/-n Beziehungspartner/-in haben in Deutschland etwa 25 Prozent der Frauen zwischen 16 und 85 Jahren schon einmal erlebt, so eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Reproduktive Rechte von Frauen

In vielen Ländern der Welt werden die reproduktiven Rechte von Frauen, wie sie z.B. von den Vereinten Nationen 1994 formuliert wurden, nicht hinreichend geschützt. Zu den reproduktiven Rechten gehört unter anderem das Recht auf ein sicheres und selbstbestimmtes Sexualleben, das Recht auf Familienplanung, der Zugang zu effektiven Verhütungsmitteln und das Recht auf Gesundheitsvorsorge für eine sichere Schwangerschaft und Geburt.

Vor allem auf ärmere Frauen in Entwicklungsländern wirkt sich die fehlende Durchsetzung dieser Rechte unmittelbar aus: Die Folge sind unter anderem ungewollte Schwangerschaften, hohe Müttersterblichkeit und sexuell übertragbare Infektionen wie HIV. Laut UN-Weltbevölkerungsbericht 2012 haben 220 Millionen Frauen in Entwicklungsländern keinen Zugang zu Verhütung und Familienplanung. Zehntausende Frauen sterben jedes Jahr allein durch Komplikationen bei der Schwangerschaft oder Geburt.

Die gläserne Decke: Frauen in der Arbeitswelt

Insgesamt hat sich die Situation der Interner Link: Frauen auf dem Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren weltweit verbessert. Mit 68 Prozent liegt der Anteil der erwerbstätigen Frauen in Deutschland über dem OECD-Durchschnitt von 60 Prozent. Allerdings werden Frauen nach wie vor schlechter bezahlt als Männer - laut OECD-Gleichstellungsbericht für die OECD-Länder beträgt der Lohnunterschied durchschnittlich 16 Prozent bei mittleren Einkommen. In Deutschland sind es 22 Prozent. Bereinigt nach Gleichheit der Arbeit und Qualifikation sind es noch etwa acht Prozent.

Hauptgrund für das Missverhältnis ist der Studie zufolge für viele Frauen das Problem, Karriere und Familie zu vereinbaren. Viele Frauen arbeiten in Teilzeit, insbesondere Mütter: Bei 25- bis 54-Jährigen mit Kindern in Schule oder Ausbildung sind es 62 Prozent. Zum Vergleich: In Frankreich liegt der Anteil nur bei 26 Prozent.

Allerdings gibt es auch hier positive Entwicklungen. Die Einführung der Elternzeit in Deutschland im Jahr 2007 hat dazu geführt, dass mehr Väter eine Auszeit nehmen. 2007 waren es lediglich 9 Prozent, Ende 2010 waren es bundesweit über 25 Prozent. Laut Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist die Erwerbsquote von Müttern, deren Partner in Elternzeit ist, doppelt so hoch wie von Müttern, deren Partner nicht in Elternzeit ist.

Frauen in Führungspositionen

In deutschen Führungsetagen sind Frauen nach wie vor Interner Link: unterrepräsentiert. Das zeigt ein Blick in die Vorstände und Aufsichtsräte der DAX-Unternehmen: Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) waren 2012 nur vier Prozent aller Vorstands- und knapp 13 Prozent aller Aufsichtsratssitze in den 200 größten Unternehmen in Deutschland von Frauen besetzt. Im europäischen Vergleich belegt Deutschland damit den sechsten Rang.

Allerdings hat der prozentuale Anteil in den vergangenen Jahren in beiden Gremien zugenommen. Vor allem die größten Unternehmen beriefen in jüngster Zeit Frauen in ihre Vorstände.

Derzeit gilt in Deutschland eine unverbindliche Selbstverpflichtung, den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. 2011 hatten die 30 DAX-Unternehmen dazu individuelle Zielvorgaben gemacht. Eine gesetzliche Regelung lehnten die Konzerne allerdings ab.

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