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Welttag der Pressefreiheit | Hintergrund aktuell | bpb.de

Welttag der Pressefreiheit

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Der Tag der Pressefreiheit erinnert jährlich am 3. Mai an die immer noch weitverbreitete Repression von Journalisten, die in vielen Ländern besteht. Besonders in der arabischen Welt ist auch nach dem Sturz diktatorischer Systeme die Meinungs- und Pressefreiheit keineswegs gesichert.

Tunesische Journalistinnen protestieren für die Freiheit der Presse. (© picture-alliance)

Das westafrikanische Mali war einst Vorreiter der Pressefreiheit in Afrika. Im Jahr 2012 stand es in der Länderliste der Organisation "Reporter ohne Grenzen" (ROG) noch auf Platz 25 - eine hervorragende Platzierung im Vergleich mit anderen afrikanischen Ländern. Mit der Machtübernahme durch Islamisten 2012 kam es jedoch verstärkt zu Zensur und Übergriffen auf Journalisten, viele Radiosender mussten ihren Betrieb einstellen. Heute rangiert Mali auf Platz 99. Auch Japan, einst wenige Plätze hinter Deutschland, hat sich nach der Atomkatastrophe von Fukushima für eine restriktive Informationspolitik entschieden und so die Rahmenbedingungen für eine freie Presse stark verschlechtert.

Welche Faktoren beschränken eine freie Presse?

Reporter ohne Grenzen bewertet jährlich 179 Länder in Bezug auf Faktoren, die die Pressefreiheit garantieren oder einschränken, wie Repressalien und Gewalt gegenüber Pressevertretern, Mediengesetzgebung, Zugang zu Informationen und Zensur. ROG ist aber nicht die einzige Organisation, die die weltweite Situation von Journalisten beobachtet.

Die Nicht-Regierungsorganisation "Freedom House" hat in ihrem letzten Report für das Jahr 2011 die Presse in 59 Staaten als unfrei bewertet – das sind rund 30 Prozent. In 72 Staaten sei die Pressefreiheit lediglich mit Einschränkungen gegeben. Besonders starken Restriktionen unterliegt die Presse in den arabischen und nordafrikanischen Staaten – mit Ausnahme von Israel. Auch Subsahara-Afrika schneidet schlecht ab. In nur 66 Staaten weltweit – die meisten von ihnen in Westeuropa - sei die Arbeit von Journalisten praktisch ohne Behinderungen möglich. In den 25 Staaten Westeuropas kritisiert die Organisation nur zwei Staaten für ihren Umgang mit Journalisten: Italien und die Türkei.

Freedom House bewertet die Situation der Presse nach drei Kriterien: erstens den juristischen Rahmen, innerhalb dessen sich die Journalisten bewegen, zweitens eventuelle politische Einflussnahme auf die Berichterstattung und als dritte Kategorie wirtschaftliche Zwänge. Zur wirtschaftlichen Kategorie zählen unter anderem Faktoren wie die Monopolisierung von Medien, Fragen der Transparenz, Werbeeinnahmen und Subventionen.

Welttag der Presefreiheit

Der Welttag der Pressefreiheit wurde 1993 offiziell von der UNO ausgerufen. Neben den Vereinten Nationen rufen an diesem Tag auch Journalistenverbände dazu auf, die Pressefreiheit nicht einzuschränken. Schon in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 werden Meinungs- und Pressefreiheit als grundlegende Menschenrechte aufgezählt: Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten. (Artikel 19)

Spitzenreiter: Wo ist die Presse frei?

In Finnland, den Niederlanden und Norwegen ist die Pressefreiheit nahezu uneingeschränkt gewährleistet. Sie belegen in der im Januar 2013 veröffentlichten Auswertung von Reporter ohne Grenzen die Spitzenplätze. Der Schutz journalistischer Quellen und auch der Zugang zu behördlichen Informationen seien in diesen Ländern gesichert.

Schlusslichter im ROG-Report sind die Diktaturen in Eritrea, Nordkorea und Turkmenistan. In diesen Staaten herrscht strenge Zensur, jegliche Medieninhalte werden auf kritische Berichterstattung hin überprüft.

Einige Entwicklungen weltweit 2012

Die "Papierne Revolution" im Jahr 2012 hat dem südostasiatischen Birma in Sachen Pressefreiheit zu einer weit besseren Platzierung (ROG-Rang: 151) verholfen: In dem Land seien weder Journalisten noch Web-Aktivisten inhaftiert, vermeldet ROG. Die neue Gesetzgebung zur Pressefreiheit ist noch nicht ausgearbeitet, aber die Regierung hat ihre strenge Medienzensur beendet und viele Journalisten und Medienorganisationen sind aus dem Exil zurückgekehrt. Seit April 2013 dürfen erstmals oppositionelle Tageszeitungen erscheinen.

Arabische Länder

Eine gesetzliche Festschreibung der Pressefreiheit fordern die Vertreter von ROG insbesondere mit Blick auf die arabischen Länder und deren vielfach neue Gesetzgebung nach den Ereignissen des Arabischen Frühlings.

Soziale Medien und Bürgerjournalismus spielten zwar eine Rolle - etwa bei der Bekanntmachung von Menschenrechtsverletzungen. Sie seien jedoch nicht in der Lage, fehlende demokratische Institutionen zu ersetzen, so Freedom House. Dadurch sind sie in Ländern, deren Bevölkerung nach wie vor von der Berichterstattung durch staatliche Medien abhängt, weit weniger einflussreich. Andere Staaten (wie etwa Simbabwe oder China) reagierten mit verstärkter Medienzensur auf die Ereignisse des arabischen Frühlings. Chinesische Zensoren filterten Internet- und SMS-Dienste auf Nachrichten über die Demonstrationen in arabischen Ländern.

In Tunesien (ROG-Rang: 138) stürzte mit der Ben-Ali-Diktatur Anfang 2011 auch deren Propagandamaschine, die staatlichen Medien. Nun herrschen für klassische wie neue Medien Freiräume. Eine Reform des Pressegesetzes, das die neuen Freiheiten sichern würde, fehlt jedoch weiterhin. Besonders bei religiösen Themen und Kritik an der regierenden islamistischen Partei Ennahda macht sich das bemerkbar. Hier drohen kritischen Journalisten schnell Verleumdungsklagen.

Auch in Ägypten (ROG-Rang: 158) hat die Revolution die Angriffe auf und die Strafverfolgung von Journalisten und Bloggern nicht signifikant reduziert. International bekannt wurde der Fall des Fernsehstars Bassem Jussif, der durch seine satirischen Angriffe auf den 2012 gewählten Präsidenten Mohammed Mursi den Ärger der Regierung auf sich gezogen hatte. Wegen angeblicher Beleidigung des Präsidenten und des Islams wurde Jussif im März 2013 festgenommen und erst auf Kaution wieder freigelassen.

Besonders schwerwiegend ist die Lage in Syrien (ROG-Rang 176), wo der anhaltende Bürgerkrieg die Berichterstattung besonders gefährlich macht. Alle Kriegsparteien versuchen, ihre Version der Ereignisse in den Medien unterzubringen und die Arbeit unabhängiger Journalisten zu unterbinden.

Europa

Unter den europäischen Staaten liegt seit der Machtübernahme der nationalkonservativen Regierung des Premierministers Victor Orbán ein besonderer Fokus auf Ungarn (ROG-Rang: 56). Die neue Regierung hat bereits 2011 in neuen Mediengesetzen die Freiheit der Presse aktiv eingeschränkt. Viele nicht-linientreue Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurden entlassen.

In Russland (ROG-Rang: 148) wurde das zunächst leicht gelockerte Verleumdungsgesetz im Sommer 2012 wieder verschärft. Ein Novum ist die Überwachung des Internets durch eine kleine Gruppe von Experten. Diese entscheiden im Auftrag der Regierung in einem intransparenten Prozess , welche Webseiten auf eine "Schwarze Liste" kommen und blockiert werden. Freedom House kritisiert insbesondere die Kontrolle aller russischen Fernsehsender durch den Kreml.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen - auf deren Rangliste vom Januar 2013 Deutschland den 17. Platz einnimmt - weist auf die immer geringer werdende Zahl der deutschen Presseorgane und deren problematische finanzielle Situation hin. In vielen Regionen Deutschlands gebe es keine konkurrierenden Lokalmedien mehr. Dem gegenüber stünden finanziell gut ausgestattete Presseabteilungen von Unternehmen und PR-Agenturen, die versuchen, bestimmte Themen in den Medien unterzubringen. Der Report kritisiert auch die Planung eines neuen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung, das den Schutz journalistischer Quellen bedrohe.

Aktuelle Zahlen

120 Journalisten sind im Jahr 2012 bei der Ausübung ihres Berufes getötet worden. Dies sei ein "Angriff auf das Recht der Menschen auf Wahrheit", so UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in seiner Erklärung zum Welttag der Pressefreiheit. Für das laufende Jahr 2013 meldet Reporter ohne Grenzen bereits 19 getötete Journalisten sowie neun getötete Online-Aktivisten und Bürgerjournalisten. Zusätzlich sind derzeit (Stand 2. Mai 2013) 174 Journalisten und 162 Online-Aktivisten inhaftiert.

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