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Die Talfahrt des Ölpreises | Hintergrund aktuell | bpb.de

Die Talfahrt des Ölpreises

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Billiges Benzin und fallende Energiepreise: Lange war Rohöl nicht mehr so billig wie derzeit. Was Verbraucher und Industrie zunächst freut, kann schwerwiegende Folgen für die Weltwirtschaft haben.

Ölförderpumpe in der Nähe der kanadischen Kleinstadt Carlyle. (© picture alliance / All Canada Photos)

Der Ölpreis hält die Welt in Atem: Am 13. Januar 2015 kostete ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent nur noch 46,50 US-Dollar. Ein halbes Jahr zuvor, am 20. Juni 2014, hatte die gleiche Menge noch bei 115 US-Dollar gelegen. Damit war der Preis in wenigen Monaten um mehr als 60 Prozent gefallen. Auch andere Ölsorten, wie das US-amerikanische WTI, werden seit Jahresbeginn unter 50 US-Dollar gehandelt.

Öl ist nach wie vor der wichtigste Energieträger weltweit. Es dient nicht nur als Kraftstoff wie in Benzin, sondern wird auch benötigt, um Kunststoffe herzustellen. Ölexportierende Länder hängen von den Interner Link: Einnahmen aus diesem Geschäft ab. Niedrigpreise gefährden auf Dauer ihre Volkswirtschaften.

Steigender Ölpreis in den letzten Jahren

Interner Link: Der Ölpreis hängt von vielen Faktoren ab. Ein wichtiger Faktor ist das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. Wächst die Weltwirtschaft stark, werden also mehr Waren und Güter hergestellt, wird mehr Öl nachgefragt. Wer Öl exportiert, kann dann höhere Preise verlangen. Mit den steigenden Einnahmen können neue Quellen erschlossen werden, wodurch wiederum das Angebot an Öl steigt.

In den letzten 15 Jahren war der Ölpreis mehrfach stark angestiegen. Wurde ein Fass Öl der Sorte Brent Anfang der 2000er Jahre noch unter 40 US-Dollar gehandelt, so stieg der Preis bis zum Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 auf über 140 US-Dollar, brach dann aber massiv ein und landete wieder auf unter 40 US-Dollar. 2012 lag er im Durchschnitt bei 112 US-Dollar.

Ölpreisentwicklung 2002–2014, Monatlicher Durchschnittspreis der Sorte Brent pro Barrel in US-Dollar. (© Quelle: U.S. Energy Information Administration (EIA, Europe Brent Spot Price FOB, Januar 2015))

Erdölförderung

Erdöl kann an Land ("Onshore") oder auf hoher See ("Offshore") gefördert werden. Es gibt verschiedene Fördertechniken. Die Wahl der Fördertechnik hängt davon ab, welche Konsistenz das Erdöl hat und wo unter der Erdkruste es sich befindet.

Konventionelles Öl kann nach dem Anbohren sofort an die Erdoberfläche gepumpt werden. Unkonventionelles Öl ist aufwändiger zu fördern: Es ist in Gesteinsschichten eingeschlossen, die erst per Interner Link: Fracking aufgesprengt werden müssen. Oder es ist zähflüssig und muss aus Sand oder Schiefergestein herausgewaschen werden.

Umstritten ist, wann die weltweiten Ölreserven sich dem Ende neigen und der so genannte "Peak Oil" eintritt. "Peak Oil" beschreibt den Zeitpunkt, an dem die maximale Fördermenge an Rohöl erreicht ist. Danach fällt die Produktion ab.

Immer mehr Öl wird gefördert

In den vergangenen Jahren haben mehrere Staaten ihre Förderung deutlich ausgedehnt. Die USA investierten in aufwändige Techniken, um unkonventionelle Vorräte auf ihrem Staatsgebiet (Interner Link: "Fracking") zu fördern. Allein von 2012 auf 2013 haben sie ihre eigene Ölproduktion um 13,5 Prozent erhöht. Das geht aus dem aktuellen Energiebericht (Externer Link: Statistical Review of World Energy 2014) des Mineralölkonzerns British Petroleum (BP) hervor. Laut der Externer Link: Energiestudie 2014 der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), die sich auch auf die Zahlen von BP stützt, waren die USA 2013 weltweit drittgrößter Produzent hinter Saudi-Arabien und Russland.

Auch andere Staaten, zum Beispiel Russland oder Kanada, haben ihre Produktion erhöht. Weltweit wurde in den letzten Jahren immer mehr Öl auf den Märkten angeboten. Das ist einer der Gründe, weshalb die Ölpreise Mitte 2014 zu sinken begannen. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach Öl nur leicht, in der Europäischen Union sank sie laut BP von 2012 auf 2013 sogar um knapp zwei Prozent.

Erdölförderung nach Förderländern, Länder mit der höchsten Erdölförderung 2002–2013, jährliche Fördermenge. (Quelle: Britisch Petroleum (BP), BP Statistical Review of World Energy June 2014) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Nachfrage nach Öl ist kaum gestiegen

Dass die Nachfrage in jüngerer Zeit weltweit kaum gestiegen ist, hängt damit zusammen, dass in wichtigen Volkswirtschaften die Wachstumsraten nicht so hoch ausfallen wie in der Vergangenheit prognostiziert. Interner Link: China etwa verfehlte 2014 erstmals seit 1998 das Wachstumsziel der Regierung, wenn auch nur um 0,1 Prozent (7,4 statt 7,5 Prozent). Der Interner Link: Internationale Währungsfonds (IWF) senkte im Januar seine globale Wachstumsprognose für 2015 und 2016 um jeweils 0,3 Prozent – auf 3,5 und 3,7 Prozent.

Durch das gebremste Wachstum hat sich in vielen Staaten der Energiebedarf kaum erhöht. Trotzdem drosseln große Ölförderer wie Saudi-Arabien bislang nicht ihre Produktion. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie ihren Anteil am Erdölmarkt verteidigen wollen.

Mehreren Staaten droht die Rezession

Russland, wo der Energiesektor die Hälfte des Staatshaushaltes speist, hat infolge des Preisverfalls seine Ausgaben bereits um zehn Prozent gekürzt. Dadurch und durch die Wirtschaftssanktionen der EU und USA im Zuge des Ukraine-Konfliktes hat die Landeswährung Rubel drastisch an Wert verloren, und der Bankensektor muss vom Staat gestützt werden. Die russische Zentralbank rechnet mit einer Rezession, die Wirtschaft könnte 2015 um 4,5 Prozent schrumpfen. Mit ähnlichen Problemen sind Öl-fördernde Staaten wie Interner Link: Venezuela, Interner Link: Brasilien, Interner Link: Iran, Interner Link: Nigeria oder auch Norwegen konfrontiert.

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