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Vor 70 Jahren: Gründung der Internationalen Organisation für Normung (ISO) | Hintergrund aktuell | bpb.de

Vor 70 Jahren: Gründung der Internationalen Organisation für Normung (ISO)

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Die ISO sorgt für einheitliche Standards von Produkten und Dienstleistungen weltweit. Mehr als 21.000 Normen hat die International Organisation for Standardization seit ihrer Gründung veröffentlicht.

Schraubenschlüssel in einem Geschäft. Die Schlüsselweiten von Sechskantmuttern und -schrauben sind nach ISO 272 genormt. (© picture-alliance/dpa)

Dass eine Urlauberin ihr Auto auch im Ausland problemlos betanken kann, liegt an den ISO-Normen. Die Interner Link: ISO ist der internationale Dachverband der nationalen Normierungsinstitute von insgesamt 161 Ländern mit Sitz in Genf. Die Abkürzung ISO leitet sich vom englischen Namen "International Organisation for Standardization" ab. Deutschland ist in der Nichtregierungsorganisation durch das Interner Link: Deutsche Institut für Normierung (DIN) vertreten, dem zum Beispiel das Papierformat DIN-A4 seinen Namen verdankt. Die Voraussetzung dafür schafft ein Kooperationsvertrag zwischen der Bundesregierung und dem DIN-Institut. Darin erkennt die Regierung das DIN als offizielle Normierungsinstitution in Deutschland und als Vertretung auf der internationalen Ebene der ISO an.

Seit 70 Jahren entwickelt die ISO Richtlinien, um Qualitätsstandards von Gütern und Dienstleistungen international zu vereinheitlichen. Diese Normen sollen in erster Linie den internationalen Handel zwischen den Mitgliedsstaaten erleichtern, helfen aber auch den Unternehmen, ihre Produkte effizienter herzustellen.

Die ISO im Alltag

Externer Link: Mehr als 21.000 Standards hat die ISO bisher veröffentlicht. Vom Büro bis zum Wochenkalender – viele von ihnen prägen unseren Alltag in ganz unterschiedlichen Bereichen. So etwa im…

Haushalt: Dass ein Wollpullover nicht bei 60 Grad Celsius gewaschen werden sollte, verraten kleine grafische Symbole auf den Waschetiketten. Dank der ISO-Norm 3758 sehen diese weltweit gleich aus.

Büro: Mit dem Zehnfingersystem findet man sich dank der ISO-Norm 9995 weltweit auf allen Tastaturen zurecht, die nach dem QWERTY-Prinzip aufgebaut sind.

Supermarkt: Die ISO-Norm 11053:2009 regelt, zu welchen Anteilen kakaobutterähnliche Stoffe in einem Schokoriegel verarbeitet werden dürfen.

Kalender: Dass eine Woche weltweit sieben Tage dauert und mit dem Montag beginnt, ist in der ISO-Norm ISO 8601 festgeschrieben.

Besonders einflussreich sind die ISO-Normen 9000 bis 9004. Anders als viele andere Richtlinien haben sie nicht ein konkretes Produkt zum Inhalt, sondern Arbeitsprozesse. So legen sie unabhängig von Branche und Produkt Standards für das Qualitätsmanagement in Unternehmen fest.

ISO-Normen haben nicht den Status eines Gesetzes. Vielmehr verpflichten sich Unternehmen freiwillig dazu, die jeweiligen Richtlinien einzuhalten. Die ISO ist somit ein Beispiel für wirtschaftliche Selbstregulierung. Allerdings kann der Gesetzgeber Normen für rechtsverbindlich erklären, wenn er in Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften auf sie verweist. In Europa übernimmt die Europäische Kommission für Normung (CEN) viele der internationalen ISO-Normen. In der CEN sind 34 europäische Normungsinstitutionen zusammengeschlossen. ISO-Standards, die CEN in das europäische Normensystem übernimmt, gelten automatisch auch im nationalen Kontext ihrer Mitgliedsstaaten.

Wie entsteht eine ISO-Norm?

Damit eine neue ISO-Norm entsteht, muss zunächst ein Bedarf dafür angemeldet werden. Meistens kommt der Impuls dafür aus der Wirtschaft. Ein internationales Komitee von Expertinnen und Experten entwickelt daraufhin eine Norm, über die alle ISO-Mitglieder im Konsensverfahren entscheiden.

Viele der nationalen Institute, die solche Normen mit verabschieden, sind nicht direkt demokratisch legitimiert. Ähnlich wie beim deutschen DIN-Institut handelt es sich in der Regel um privatwirtschaftliche Verbände. Die direkte Beteiligung von Unternehmensvertretern an der Normenbildung ruft daher regelmäßig Kritik hervor – etwa wenn es um Umwelt- und Verbraucherstandards geht. Aber auch über die Sinnhaftigkeit bestimmter Normen wird gestritten, beispielsweise bei Handelsnormen oder der Frage nach normgerechten Lebensmitteln.

Warum internationale Normierung wichtiger wurde

Internationale Standards gab es schon lange vor der Gründung der ISO. Notwendig wurden solche Normen vor allem ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Mit der beginnenden Interner Link: Industrialisierung und technischen Neuerungen wie der interkontinentalen Dampfschifffahrt oder der Interner Link: Telegrafie wurden Handel und Kommunikation über Ländergrenzen hinweg kostengünstiger und schneller. Normen sorgten hier für Vergleichbarkeit und gemeinsame Mindestanforderungen für Produkte. Viele Standards, die noch heute von Bedeutung sind, wurden in jener Zeit festgelegt, um den internationalen Austausch zu vereinfachen – so zum Beispiel die Einteilung der Zeitzonen (Link: 28186) oder die weite Verbreitung des metrischen Systems zur Messung von Längen und Gewichten. In den 1960er Jahren beschleunigte die Einführung von ISO-Normcontainern den Welthandel dann noch einmal um ein Vielfaches.

Auch heute haben ISO-Normen eine wichtige Bedeutung für den Interner Link: internationalen Freihandel. Sie vereinfachen ihn dort, wo sie internationale Geltung haben, wie zum Beispiel im Europäischen Binnenmarkt. Auch können sie dazu genutzt werden, potenzielle Handelsbarrieren abzubauen. Dabei sind ISO-Normen nicht auf technische Standards beschränkt: In Zukunft könnte die wachsende Bedeutung fairer und sicherer Arbeitsbedingungen auch Themen wie die Wahrung von Menschenrechten in den Fokus der ISO-Normierung rücken.

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