Pendarovski gewinnt Stichwahl in Nordmazedonien
Die Präsidentschaftswahlen in Nordmazedonien gingen am 5. Mai in eine zweite Runde. Die Stichwahl gewann der Sozialdemokrat Stevo Pendarovski gegen die Oppositionskandidatin Siljanovska Davkova. Die Wahl galt als Stimmungstest nach der Einigung im Namensstreit mit Griechenland.
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 21. April hatten Stevo Pendarovski und seine Konkurrentin Gordana Siljanovska Davkova von der nationalkonservativen Partei VMRO-DPMNE beide etwa 42 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Der dritte Kandidat, Blerim Reka, der von zwei Parteien der albanischen Minderheit unterstützt wurde, hatte 10,6 Prozent der Stimmen erreicht. Da keiner der Kandidierenden die absolute Mehrheit erreicht hatte, fand am 5. Mai eine Stichwahl zwischen Pendarovski und Siljanovska Davkova statt. Die Wahl entschied der von den regierenden Sozialdemokraten unterstützte Pendarovski mit knapp 52 Prozent der Stimmen für sich. Siljanovska Davkova erreichte knapp 45 Prozent. 3,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler enthielten sich. Mit einer Wahlbeteiligung von 46,7 Prozent ist die Stichwahl gültig und Pendarovski wird neues Staatsoberhaupt von Nordmazedonien.
Erste Wahl nach Namensänderung
Die Präsidentschaftswahlen in Nordmazedonien waren geprägt vom kürzlich beendeten Namensstreit mit den griechischen Nachbarn. Seit der Unabhängigkeit der früheren jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien im Jahr 1991 beanspruchte Griechenland die Bezeichnung "Makedonía" für seine gleichnamige, im Norden des Landes liegende Region. Diese umfasst jene Gebiete des historischen Makedoniens, welche heute zu Griechenland gehören. Durch den Druck Athens firmierte das Land Mazedonien seit 1993 international als "Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien" (Former Yugoslavian Republic of Macedonia, FYROM) und wurde unter diesem Namen auch von den Vereinten Nationen anerkannt. Der UN-Sicherheitsrat mahnte aber bereits 1993 in der Resolution 817 eine Beilegung des Namensstreits an.Aufgrund des ungelösten Konflikts sperrte sich Athen über zweieinhalb Jahrzehnte gegen einen Beitritt der Republik Mazedonien zur Nato und zur EU. Griechenland fürchtete unter anderem Gebietsansprüche seitens des nördlichen Nachbarlandes.

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Nordmazedonien in Daten
Einwohner 2.083.000 = 81 je km2 (Stand 2017, Weltrang: 144)
Hauptstadt Skopje
Bruttosozialprodukt (BSP, pro Einwohner und Jahr) 4880 US-$
Währung 1 Denar (Den) = 100 Deni
Nationalfeiertag 8.9. (Unabhängigkeitsreferendum)
Staats- und Regierungsform Verfassung von 1991 Republik Parlament (Sobranie) mit 120 Mitgl. und 3 Vertretern der Auslandsmazedonier, Wahl alle 4 J. Direktwahl des Staatsoberhaupts alle 5 J. (einmalige Wiederwahl) Wahlrecht ab 18 J.
Sprachen Amtssprachen: Mazedonisch, Albanisch Minderheitensprachen: Türkisch, Romanes, Serbisch, Bosnisch, Aromunisch
Bevölkerung Letzte Zählung 2002: 2.022.547 Einw. 64,2% Mazedonier, 25,2% Albaner, 3,9% Türken, 2,7% Roma, 1,8% Serben, 0,8% Bosniaken, 0,5% Aromunen und Sonstige
Religionen 70% Christen (v.a. Orthodoxe), 25% Muslime (v.a. Albaner) u.a. (Stand: 2006)
Quelle: Der neue Fischer Weltalmanach 2019 © Fischer Taschenbuch Verlag in der S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2018.
Länderporträt mit weiteren Informationen: Nordmazedonien (Auswärtiges Amt)
Der Amtsinhaber Ivanov von der nationalkonservativen Partei "Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit" (VMRO-DPMNE) lehnt das Abkommen bis heute ab. Er will zwar einen Nato-Beitritt Nordmazedoniens erreichen, jedoch ohne die Umbenennung seines Landes.
Der ehemalige Sicherheitsberater: Stevo Pendarovski
Der Wahlsieger Stevo Pendarovski arbeitete in den Jahren 2001 bis 2004 als Sicherheitsberater für den damals amtierenden Präsidenten Boris Trajkovski, später stand er der staatlichen Wahlkommission vor. Pendarovski kandidierte bereits bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014, verlor damals aber die Stichwahl. Die Kandidatur Pendarovskis wurde auch von der ethnisch-albanischen Partei Demokratische Union für Integration (DUI) unterstützt. Die sozialdemokratische SDSM stellt derzeit mit Zoran Zaev den Ministerpräsidenten. Zaev war die treibende Kraft hinter der Beilegung des Namensstreits. Das Duell zwischen Pendarovski und Siljanovska Davkova galt deshalb als erster Stimmungstest nach dem Abkommen.Die Universitätsprofessorin: Gordana Siljanovska Davkova
Die Juristin und Universitätsprofessorin Gordana Siljanovska Davkova wurde von der nationalkonservativen Partei VMRO-DPMNE unterstützt. Von 2006 bis 2016 stellte die Partei den Ministerpräsidenten und mit Ivanov den aktuellen Staatspräsidenten. Doch die Position der VMRO-DPMNE ist schwierig, seit sie im Namensstreit unterlag. Nach eigener Aussage erkennt Siljanovska Davkova die Umbenennung des Landes nicht an. Damit weiß sie jedoch immer noch mehr als 40 Prozent ihrer Landsleute auf ihrer Seite.Der Namensstreit war nicht das einzige Wahlkampfthema in Bezug auf die VMRO-DPMNE. Der frühere Premierminister des Landes, Siljanovska Davkovas Parteikollege Nikola Gruevski, wurde 2016 nach Massenprotesten aus dem Amt gedrängt und hält sich derzeit im ungarischen Exil auf. Ein Gericht hat ihn zu zwei Jahren Gefängnis wegen Amtsmissbrauchs verurteilt. Auch die Rolle der Nationalisten bei der Erstürmung des Parlaments am 27. April 2017war ein Wahlkampfthema. Nachdem ein ethnischer Albaner zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde, drängten etwa 200 Menschen ins Plenum ein und verletzten mehrere Politiker, darunter den heutigen Ministerpräsidenten Zoran Zaev.
Der ehemalige Botschafter: Blerim Reka
Dritter Kandidat war der Rechtswissenschaftler Blerim Reka, der von zwei kleineren Oppositionsparteien der albanischen Minderheit unterstützt wurde. Reka war von 2006 bis 2010 mazedonischer Botschafter bei der Europäischen Union in Brüssel. Als Drittplatzierter verpasste er den Einzug in die Stichwahl.Repräsentative Rolle des Präsidenten
Der nordmazedonische Präsident ist oberster Repräsentant des Staates und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er vergibt den Auftrag zur Regierungsbildung, kann zwei Richter des Verfassungsgerichts benennen und sitzt dem Nationalen Sicherheitsrat vor. Damit ist seine Stellung etwas stärker als die des Bundespräsidenten in Deutschland. Direkten Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess kann er jedoch nicht nehmen. Außer in Fragen der Landesverteidigung ist seine Stellung innerhalb des parlamentarischen politischen Systems Nordmazedoniens relativ schwach. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre.Für das Präsidentenamt kandidieren darf jede Person mit nordmazedonischer Staatsbürgerschaft, die das das 40. Lebensjahr vollendet und insgesamt zehn der vergangenen 15 Jahre in Nordmazedonien gewohnt hat.
Quorum für die Wahlbeteiligung
Eine Besonderheit ist in Nordmazedonien das Quorum für die Wahlbeteiligung, also die notwendige Anzahl an Stimmen, die erreicht werden muss, damit die Wahl ihre Gültigkeit erlangt. Insgesamt 40 Prozent der Wahlberechtigten müssen ihre Stimme abgeben, damit die Präsidentschaftswahl gültig ist. Den Vereinten Nationen zufolge leben jedoch mehr als eine halbe Million Nordmazedonier im Ausland – das Land selbst hat nur 2,1 Millionen Einwohner. Im Jahr 2009 lag die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen bei 54 Prozent. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Stichwahl lag mit 46,7 Prozent nur knapp über dem Quorum.- Lutz Schrader: Mazedonien (Dossier Innerstaatliche Konflikte)
- Marie-Janine Calic: Kleine Geschichte Jugoslawiens (APuZ 40-41/2017)
- Vedran Džihić: Verlorene Strahlkraft? Die Nachfolgestaaten Jugoslawiens zwischen EU, Russland und Türkei (APuZ 40-41/2017)