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Die Regulierung des Gesundheitswesens in Schweden | Gesundheitspolitik | bpb.de

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Die Regulierung des Gesundheitswesens in Schweden

Thomas Gerlinger Renate Reiter

/ 3 Minuten zu lesen

Die Landtage

Eine Luftröhren-Transplantation im "Karolinska Universitätskrankenhaus" in Stockholm (© picture-alliance/dpa)

Die Landtage sind für die Gesundheit ihrer Bevölkerung und deren medizinische Versorgung verantwortlich. Während einer Privatisierung von Krankenhäusern beziehungsweise einer Einbeziehung privater Krankenhäuser in die öffentlich finanzierte medizinische Versorgung Grenzen gesetzt sind, verfügen sie in der Ausgestaltung der ambulanten und stationären Versorgung sowie der Ressourcenallokation, also der Ressourcenverteilung und -zuweisung, über erhebliche Entscheidungsspielräume. Zugleich wurde ihnen schrittweise immer mehr Verantwortung in der Finanzierung der medizinischen Versorgung übertragen.

Zwischen den Landtagen existieren erhebliche Unterschiede in der Ressourcenallokation beziehungsweise der Vergütung medizinischer Leistungen. Als zu Beginn der 1980er-Jahre eine zentralisierte Planung und Ressourcenallokation in einem stark angewachsenen Gesundheitssystem schwierig geworden war, setzte sich in den Landtagen eine Ressourcenallokation auf der Grundlage von Globalbudgets durch: Die Landtage verteilten Globalbudgets an die Gesundheitsdistrikte, die für die medizinische Versorgung in ihren Gebieten verantwortlich wurden und ihrerseits Globalbudgets an die Versorgungseinrichtungen ihres Gebietes verteilten. Folgten die Budgets zunächst den historisch gewachsenen Ausgabenstrukturen, wurden in ihrer Festlegung in einigen Landtagen bedarfsbezogene Kriterien berücksichtigt.

Die Globalbudgets erwiesen sich als geeignet, Ausgaben zu begrenzen. Allerdings galt die Produktivität in der medizinischen Versorgung als niedrig. Zu Beginn der 1990er-Jahre führte die Hälfte der Landtage "Purchaser-Provider"-Modelle ein: Die Landtage und ihre Verwaltung wurden zu Einkäufern von Leistungen, die Versorgungseinrichtungen zu Anbietern, und zwischen ihnen wurden Leistungsmengen und Preise vertraglich vereinbart. In manchen Landtagen erfolgte der Einkauf zentral, in anderen auf der Ebene der Distrikte oder Kommunen dezentral. Gegenwärtig werden in den Landtagen unterschiedliche Kombinationen aus Globalbudgets, Kopf- und Fallpauschalen verwendet.

Ursprünglich sollte auf diesem Weg unter anderem ein Wettbewerb zwischen den Einrichtungen gefördert werden. In der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre wuchs nicht zuletzt aufgrund der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte das Interesse an Kooperationen zwischen Einrichtungen innerhalb eines Landtages und Einrichtungen verschiedener Landtage. Mitunter kam es zu Zusammenschlüssen.

In jedem Landtag und in jeder Kommune existiert ein Patientenausschuss mit Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Patientenorganisationen. Die Ausschüsse haben die Aufgabe, einzelne Patientinnen und Patienten zu unterstützen und an der Verbesserung der Qualität der Versorgung mitzuwirken.

Bis vor Kurzem waren die Landtage in der schwedischen Vereinigung der Landtage (Landstingsförbundet) zusammengeschlossen. Die Vereinigung führte unter anderem Verhandlungen mit der schwedischen Regierung und vertrat die Landtage als Arbeitgeber in Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften. Inzwischen wurde die Vereinigung mit ihrem Gegenstück für die kommunale Ebene, der Vereinigung der Kommunen (Svenska Kommunalförbundet) zu einer Organisation (Sveriges Kommuner och Landsting / Swedish Association of Local Authorities and Regions) zusammengefasst.

Die nationale Ebene

Die schwedische Regierung beziehungsweise das Ministerium für Gesundheit und soziale Angelegenheiten legen die grundlegenden Prinzipien und Rahmenbedingungen der medizinischen Versorgung fest. Ferner haben dem Ministerium zugeordnete Behörden die Aufsicht über die medizinische Versorgung:

  • •Die Nationale Behörde für Gesundheit und Wohlfahrt (Socialstyrelsen) ist die zentrale Beratungs- und Kontrolleinrichtung des Ministeriums. Sie verfolgt die Umsetzung der gesundheitspolitischen Vorgaben in den Landtagen. Die Behörde vergibt Zulassungen für Gesundheitsberufe. Sie ist außerdem mit der Entwicklung von Leitlinien für die Versorgung chronisch kranker Menschen beauftragt. Ein epidemiologisches Zentrum ist in die Behörde integriert. Es hat die Aufgabe, über die Entwicklung von Gesundheit und Krankheit sowie die Versorgung der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zu berichten.

  • Das in seiner Struktur und seinen Aufgaben einem Gericht ähnelnde "Hälso- och Sjukvårdens Ansvarsnämnd" (HSAN) entscheidet über disziplinäre Maßnahmen im Fall von Behandlungsfehlern.

  • Die Behörde für Medizinische Produkte (Läkemedelsverket, MPA) reguliert und überwacht die Entwicklung, Herstellung und den Verkauf von Medikamenten und medizinischen Produkten.

  • Der Schwedische Rat für Technikbewertung in der Gesundheitsversorgung (Statens Beredning för Medicinisk Utvärdering, SBU) führt Health Technology Assessments durch und stellt die Ergebnisse Entscheidungsträgerinnen und -trägern aus Politik, Verwaltung und der medizinischen Versorgung zur Verfügung.

  • Das "Läkemedelsförmansnämnden" (LFN) entscheidet, für welche Medikamente Patientinnen und Patienten Kostenerstattungen erhalten können.

  • Das Nationale Institut für Öffentliche Gesundheit (Folkhälsoinstitutet) berät die Regierung, öffentliche Einrichtungen, Kommunen und Landtage und ist an der Entwicklung von Programmen zur Gesundheitsförderung und Prävention sowie deren Evaluation beteiligt.

Über die Provinzialbehörden (Länsstyrelsen), die im Wesentlichen den Gebieten der Landtage entsprechen und deren Spitze von der nationalen Regierung ernannt wird, ist die schwedische Regierung auf der regionalen Ebene präsent.

Quellen / Literatur

Alban, Anita/Chistiansen, Terkel (Hrsg.) (1995): The Nordic Lights: New Initiatives in Health Care Systems. Odense

Glenngård Anna H./Hjalte, Frida/Svensson, Marianne/Anell, Anders/Bankauskaite, Vaida (2005): Health Systems in Transition: Sweden. Copenhagen, WHO Regional Office for Europe on behalf of the European Observatory on Health Systems and Policies

Heidenheimer, Arnold J./Elvander, Nils (Hrsg.) (1980): The Shaping of the Swedish Health System. London

Schwedisches Institut (2007): Das schwedische Gesundheitswesen. Tatsachen über Schweden (Ts 76r)

Fussnoten

Weitere Inhalte

Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie.

Dr. Renate Reiter, Institut für Politikwissenschaft der FernUniversität in Hagen