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Die Finanzierung des Gesundheitswesens in der Schweiz | Gesundheitspolitik | bpb.de

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Die Finanzierung des Gesundheitswesens in der Schweiz

Thomas Gerlinger Renate Reiter

/ 8 Minuten zu lesen

Die Organisation des schweizerischen Gesundheitssystems beruht auf dem 1996 in Kraft getretenen Krankenversicherungsgesetz, das weitreichende Veränderungen für die Krankenversicherung vorsah.

Notaufnahme in Sion im Kanton Wallis. (© Picture-Alliance/KEYSTONE)

Obligatorische Grundversicherung – private Zusatzversicherung

Das Krankenversicherungsgesetz (KVG) trennt die Krankenversicherung in eine obligatorische Grundversicherung (obligatorische Krankenpflegeversicherung – OKPV) und eine freiwillige Zusatzversicherung. Alle in der Schweiz wohnenden Personen sind Pflichtmitglieder in der OKPV. Der Grundleistungskatalog ist für alle Versicherten einheitlich. Er umfasst folgende Leistungen:

  • ambulante und stationäre medizinische Versorgung

  • medizinische Präventionsmaßnahmen (Impfungen, Früherkennung)

  • ambulante und stationäre Pflegeleistungen

  • Versorgung mit Medikamenten

  • ärztlich veranlasste Leistungen anderer Heilberufe (Massage, Physiotherapie etc.)

  • Leistungen bei Schwangerschaft

Allerdings sind zahnärztliche Leistungen nicht durch die Grundversicherung abgedeckt, ebenso wenig die Zahlung von Krankengeld. Von diesen – allerdings wichtigen – Ausnahmen abgesehen, gewährleistet die obligatorische Grundversicherung in der Schweiz insgesamt eine umfassende Versorgung mit medizinisch notwendigen Leistungen.

Wettbewerb der Krankenversicherer

Träger der OKPV sind 61 Krankenversicherungen (Stand: September 2014), die Personen des privaten oder öffentlichen Rechts sein können. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen: 1993 gab es noch 183 Krankenversicherer.

Die Bürgerinnen und Bürger können sowohl in der Grund- als auch in der Zusatzversicherung ihren Krankenversicherer frei wählen. Bei einem Wechsel unterliegen sie einer dreimonatigen Kündigungsfrist, im Falle einer Prämienanhebung durch die Krankenkasse gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende. Mit der freien Wahl des Krankenversicherers werden die Kassen in eine Konkurrenzsituation hineinmanövriert, deren wichtigster Parameter die Höhe der Kopfprämie ist. Jede Kasse setzt ihre Beiträge individuell nach Maßgabe ihrer Finanzsituation fest. Ähnlich wie in Deutschland wird mit dem Kassenwettbewerb die Hoffnung auf eine wirksame Ausgabenbegrenzung verbunden.

Die Krankenversicherer unterliegen in der Grundversicherung einem Kontrahierungszwang, das heißt, sie müssen alle beitrittswilligen Versicherten aufnehmen. Dieser Kontrahierungszwang wird begleitet von einem Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherern. Er verfolgt – wie in Deutschland – das Ziel, für die Kassen gleiche Startbedingungen zu schaffen. Dabei stand die Erwartung im Hintergrund, dass sich die zwischen den Kassen existierenden Unterschiede in der Risikostruktur durch die Wanderungen der Versicherten mittelfristig ausgleichen und dann nur noch Unterschiede in der Wirtschaftlichkeit zu Abweichungen in der Prämienhöhe führen würden.

Der Risikoausgleich berücksichtigt nur die Merkmale Alter und Geschlecht, nicht aber Einkommensunterschiede und Morbiditätsmerkmale der Versicherten. Hinzu kommt, dass diese Risiken nur innerhalb eines Kantons und nicht bundesweit ausgeglichen werden. Im Ergebnis kommt es zu erheblichen Abweichungen in der Prämienhöhe zwischen den Kassen und den Kantonen, die weit über die Beitragssatzdifferenzen in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hinausgehen. Im Jahr 2014 schwanken die Durchschnittsprämien für Erwachsene zwischen 308 Franken im Kanton Appenzell Innerrhoden und 512 Franken im Kanton Basel-Stadt; der landesweite Durchschnitt lag bei 396 Franken (Bundesamt für Gesundheit 2013). Zwischen 1996 und 2014 haben sich die Monatsprämien für Erwachsene im Schnitt um stolze 96 Prozent erhöht. (Ein Schweizer Franken entspricht circa 0,82 Euro. Stand: September 2014.) (Siehe auch: Übersicht über die Entwicklung der Monatsprämien beimExterner Link: Walliser Gesundheitsobservatorium)

Kopfpauschale

Die schweizerische Krankenversicherung wird ausschließlich durch die Beiträge (Prämien) der Versicherten finanziert. Es gibt also keine Arbeitgeberbeteiligung an den Krankenversicherungsbeiträgen. Bei den Prämien handelt es sich um Kopfprämien, die für alle erwachsenen Versicherten innerhalb einer Kasse und eines Kantons gleich sind. Lediglich Kindern und jungen Erwachsenen bis zu einem Alter von 25 Jahren werden reduzierte Prämien eingeräumt. Von dieser Ausnahme abgesehen, ist die Höhe der Kopfprämien unabhängig von Alter, Geschlecht und individuellem Krankheitsrisiko, aber auch unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Versicherten. Es findet mit dieser Form der Finanzierung also eine Umverteilung zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Jungen und Alten sowie zwischen Männern und Frauen statt, nicht aber zwischen einkommensstärkeren und einkommensschwächeren Personen.

Im Krankheitsfall müssen die erwachsenen Versicherten die Kosten bis zu einer Höhe von 300 Franken pro Jahr vollständig selbst tragen. Dieser Selbstbehalt wird als "Jahresfranchise" bezeichnet. Zusätzlich müssen sie zehn Prozent der Behandlungskosten, die diese Jahresfranchise übersteigen, bis zu einem Betrag von 7.000 Franken übernehmen, also maximal 700 Franken jährlich. Die maximale private Kostenbeteiligung im Rahmen der Grundversicherung für Erwachsene beläuft sich somit auf 1.000 Franken pro Jahr. Für Kinder entfällt die obligatorische Jahresfranchise. Außerdem müssen sie die zehnprozentige Zuzahlung nur bis zur Hälfte des für Erwachsene festgesetzten Höchstbetrages leisten. Sie zahlen in der Grundversicherung also maximal 350 Franken jährlich zu. (Siehe auch FAQ zum "Jahresfranchise" beim Externer Link: Bundesamt für Gesundheit)

Prämienverbilligung

Einkommensschwache Personen erhalten eine Prämienverbilligung, die gemeinsam vom Bund und vom jeweiligen Kanton getragen wird. Grundsätzlich soll sich die Bemessung der Zuschüsse an dem Ziel orientieren, dass kein Haushalt mehr als acht Prozent des Einkommens für die Krankenversicherung aufwenden muss. Der Bund verteilt die für die Prämienverbilligung vorgesehenen Gelder nach der Bevölkerungszahl, der Finanzkraft und der Prämienhöhe auf die Kantone. Die Kantone müssen einen Komplementärbetrag in Höhe von 50 Prozent des Bundesbeitrags aufbringen, um alle Bundesmittel auszulösen. Unterschreiten sie diesen Wert, so wird der Bundeszuschuss im selben Verhältnis gekürzt. Insgesamt haben die Kantone recht große Freiheiten bei der Umsetzung dieser Bestimmungen. Jeder Kanton hat mittlerweile ein eigenes System der Prämienverbilligung entwickelt, und dabei machen zahlreiche Kantone von ihren Kürzungsmöglichkeiten auch Gebrauch.

Individuelle Reduktion der Kopfpauschale

Quelle: Rosenbrock/Gerlinger 2006
Interner Link: Infografik als PDF-Download

Die Versicherten haben die Möglichkeit, ihre individuelle Kopfpauschale zu reduzieren. Dies ist auf drei Wegen möglich:

  1. Sie können eine höhere Kostenbeteiligung als 300 Franken wählen und erhalten dafür einen Prämienrabatt. Erwachsene können zwischen fünf Selbstbehaltstufen wählen, nämlich 500, 1.000, 1.500, 2.000 und 2.500 Franken. Für Kinder gelten sechs Stufen, nämlich 100, 200, 300, 400, 500 und 600 Franken. Die Versicherten müssen sich bis zum 30. September eines Jahres für die Franchisestufe des nächsten Jahres entscheiden und sind für diesen Zeitraum an ihre Entscheidung gebunden. Dabei sind die Krankenversicherer nicht gezwungen, jede dieser Prämienstufen anzubieten. Bei der Prämienreduktion müssen die Krankenversicherungen folgende Auflagen beachten:

    • eine reduzierte Prämie muss mindestens 50 Prozent der ordentlichen Prämie in der jeweiligen Altersgruppe und Prämienregion ausmachen;

    • der gewährte Rabatt darf höchstens 80 Prozent des Risikos betragen, das der Versicherte mit seiner individuellen Wahl einer erhöhten Franchisestufe im Vergleich zur ordentlichen Franchise zusätzlich übernimmt (siehe Tabelle "Das System der wählbaren Franchisen für Erwachsene in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKPV)").

    Damit werden also Mindestprämien und Höchstrabatte festgelegt. Unabhängig von der gewählten Franchisestufe bleibt der durchgängige Selbstbehalt in Höhe von zehn Prozent bis maximal 700 Franken pro Jahr bestehen.

  2. Versicherte können eine Bonusversicherung abschließen. Sie funktioniert nach dem Muster einer Autohaftpflichtversicherung: Je länger man keine Kosten verursacht, desto stärker sinkt die Versicherungsprämie. Nach fünf Jahren erreicht der Rabatt den gesetzlich vorgeschriebenen Höchstwert von 45 Prozent. Sobald die oder der Versicherte Kosten verursacht, wird sie/er auf die Rabattstufe des Vorjahres zurückversetzt.

  3. Die Versicherten können Versicherungen abschließen, mit denen sie sich zu einer Einschränkung ihrer freien Wahl des Leistungsanbieters verpflichten. Sie können dann nur noch solche Anbieter aufsuchen, die mit ihrer Krankenversicherung einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben (Klingenberger 2002; Wirthner/Ulrich 2003). Dafür kann diese ihnen eine Prämienreduktion von bis zu 20 Prozent einräumen. Mit diesen Bestimmungen sollten vor allem Health Maintenance Organisations (HMOs) gefördert werden. HMOs sind Versicherungen, die zugleich Anbieter von medizinischen Leistungen sind oder für ihre Versicherten Leistungen bei bestimmten Anbietern einkaufen, die sich zur Einhaltung von Behandlungsleitlinien verpflichten und als besonders günstig gelten. Kontinuierliche Fallbesprechungen, Analysen des ärztlichen Handelns, die Entwicklung von Leitlinien und ein präzises Controlling sollen helfen, die Qualität zu verbessern und die Krankenversicherungsausgaben wirkungsvoll einzudämmen. Neben den HMOs sind auch Hausarztmodelle als neue Versicherungsmodelle von Bedeutung. In Hausarztmodellen verpflichten sich die Versicherten, im Krankheitsfall – von bestimmten Ausnahmen abgesehen – stets zunächst ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt aufzusuchen. Bei Einschreibung in ein derartiges Versorgungsmodell können die Prämien um zehn Prozent reduziert werden.

Aufgrund dieser Maßnahmen gilt die Schweiz in Europa als ein Pionier bei der Entwicklung neuer Versorgungs- und Versicherungsformen mit einer eingeschränkten Wahl der Leistungserbringer. In Deutschland sind nach diesem Vorbild mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) von 2004 und dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) aus dem Jahr 2007 ähnliche Möglichkeiten geschaffen worden. Allerdings dürfen hier – im Unterschied zur Schweiz – Krankenkassen nicht selbst als Betreiber von Versorgungseinrichtungen auftreten.

Zusatzversicherungen

Wer Mehrleistungen in Anspruch nehmen will, kann dies durch private Zusatzversicherungen abdecken. Die Krankenversicherer haben hierzu mittlerweile ein vielfältiges Angebot entwickelt. Bei den Zusatzversicherungen gelten die Bestimmungen des privaten Versicherungsrechts. Die Krankenversicherer unterliegen keinem Kontrahierungszwang. Versicherungsdauer und Kündigungsfristen können frei vereinbart werden. Anders als in der OKPV können die Krankenversicherer hier auch risikoäquivalente Prämien erheben. Dies hat zur Folge, dass derartige Zusatzversicherungen für ältere Menschen oftmals unerschwinglich sind. Jüngere Personen wiederum machen davon selten Gebrauch, weil sie nur ein geringes Krankheitsrisiko haben.

Ausgaben und Ausgabenentwicklung

Die gesamten Gesundheitsausgaben in der Schweiz beliefen sich 2012 auf 11,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) (OECD 2013). Damit steht sie in Europa zwischen Frankreich (11,6 Prozent) und Deutschland (10,9 Prozent) an der Spitze und nimmt hinter den USA (17,7 Prozent) und Norwegen weltweit den dritten Platz ein (OECD 2013). Wie in anderen vergleichbaren Ländern auch liegt der Anstieg der Gesundheitsausgaben langfristig über dem des Bruttoinlandsprodukts. 1975 betrug der betreffende Anteil noch 7,0 Prozent (OECD 2007).

Betrachtet man die Finanzierung des Gesundheitswesens nach Finanzierungsträgern, so wird deutlich, dass die Privathaushalte gut zwei Drittel aller Gesundheitsausgaben tragen. Auf sie entfallen die Prämien in der OKPV sowie die Direktzahlungen in der medizinischen Versorgung und die Beiträge für die Zusatzversicherung.

Obligatorische Krankenpflegeversicherung

Die Ausgaben in der Krankenpflege-Grundversicherung betrugen im Jahr 2006 rund 20,6 Milliarden Franken, von denen 85,3 Prozent durch die Krankenversicherungsprämien und 14,7 Prozent durch individuelle Kostenbeteiligungen der Patientinnen und Patienten gedeckt wurden (siehe Tabelle "Ausgaben in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKPV) 1996 - 2006"). Seit den 1990er-Jahren stiegen die OKPV-Ausgaben kräftig an – in dem Jahrzehnt seit Inkrafttreten des KVG insgesamt um knapp zwei Drittel. Ihr jährlicher Anstieg liegt seit Mitte der 1990er-Jahre – abgesehen von 2006 – stets bei über vier Prozent und in den meisten Jahren deutlich darüber. Zwischen 1996 und 2006 stieg die private Kostenbeteiligung der Versicherten (plus 81,0 Prozent) deutlich stärker an als die von den Krankenversicherern über die Kopfprämien finanzierten Ausgaben (plus 62,9 Prozent).

Quelle: Bundesamt für Gesundheit 2008
Interner Link: Infografik als PDF-Download

Mit den Ausgaben in der OKPV sind auch die Kopfprämien zur Krankenversicherung seit dem Inkrafttreten des KVG 1996 deutlich angestiegen: für Erwachsene im Jahresdurchschnitt um mehr als fünf Prozent, für junge Erwachsene um mehr als sieben Prozent und für Kinder um mehr als drei Prozent (siehe Tabelle "Durchschnittliche Prämien in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKPV) 1996 - 2008").

Quelle: Bundesamt für Gesundheit 2008
Interner Link: Infografik als PDF-Download

Betrachtet man die Ausgabenverteilung nach einzelnen Leistungsarten, so wird deutlich, dass dem Krankenhaus als Ausgabenfaktor ein besonders großes Gewicht zukommt. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Krankenhäuser in der Schweiz – anders als in Deutschland – Patientinnen und Patienten ohne Einschränkung auch ambulant behandeln dürfen. In den letzten Jahren sind gerade diese Ausgaben für die ambulante Behandlung im Krankenhaus besonders stark gestiegen.

Quellen / Literatur

Achtermann, Wally/Berset, Christel (2006): Gesundheitspolitiken in der Schweiz – Potential für eine nationale Gesundheitspolitik, Bd. 1: Analyse und Perspektiven. Bern

Bundesamt für Gesundheit (2007): Prämienübersicht 2008. Bern

Bundesamt für Gesundheit (2008): Statistiken zur Krankenversicherung: Statistik der obligatorischen Krankenversicherung 2006. Bern

Bundesamt für Gesundheit (2012): Verzeichnisse der zugelassenen Krankenversicherer
Externer Link: http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/00295/11274/index.html?lang=dedownload=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJC%
20KeH5,f2ym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A--

Klingenberger, David (2002): Health Maintenance Organizations in der Schweiz – Darstellung und Kritik – (IDZ-Information Nr. 1/2002). Köln

Kocher, Gerhard/Oggier, Willy (Hrsg.) (2007): Gesundheitswesen Schweiz 2007 - 2009. Eine aktuelle Übersicht. Bern

Obinger, Herbert (1998): Politische Institutionen und Sozialpolitik in der Schweiz. Der Einfluß von Nebenregierungen auf Struktur und Entwicklungsdynamik des schweizerischen Sozialstaates. Frankfurt am Main

OECD (2007): OECD Health Data 2007. Paris

Rosenbrock, Rolf/Gerlinger, Thomas (2006): Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, 2., vollst. überarb. u. erw. Aufl. Bern

Wirthner, Adrian/Ulrich, Volker (2003): Managed Care. In: Zenger, Christoph A./Jung, Tarzis (Hrsg.): Management im Gesundheitswesen und in der Gesundheitspolitik. Kontext – Normen – Perspektiven. Bern u. a., S. 255 - 267

Fussnoten

Weitere Inhalte

Prof. Dr. Dr. Thomas Gerlinger ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, AG 1: Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie.

Dr. Renate Reiter, Institut für Politikwissenschaft der FernUniversität in Hagen