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Die neoklassische Interpretation der Eurokrise | Europäische Wirtschaftspolitik | bpb.de

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Erfolgreicher Euro, aber eine Geldpolitik mit Schwächen Die EZB ist endgültig zum politischen Akteur geworden Versprechen erfüllt, aber mit Konstruktionsfehlern Eine durchwachsene Bilanz Ein gemeinsames Finanzministerium für die Eurozone? Es ist nicht die Zeit für einen Magier Das Ende des europäischen Dilemmas Soll der Euro auf alle Länder der EU ausgeweitet werden? Der Euro schafft größeren Wohlstand Ohne klare Richtung keine neuen Mitglieder Wann kommt die Zinswende in Europa? Es gibt kein Menschenrecht auf Zinsen Ein Lamento, das in die Irre führt Ist die Bankenunion ein Erfolg? Eine gute Idee – eigentlich Nur bedingt einsatzbereit Sparen oder Investieren? Ginge es Europa ohne den Euro besser? Es ist nicht der Euro, es ist der Binnenmarkt Eine Währungsunion ist einem System flexibler Wechselkurse überlegen Sollten unterschiedlich starke Volkswirtschaften eine Währungsgemeinschaft bilden? Ökonomische Zwänge und politische Illusionen der Währungsunion Auch die D-Mark galt von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern Ist das Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank sinnvoll? Die Konstruktion der Währungsunion fördert Panikattacken Die EZB handelt gegen die Interessen der Bürger Kann eine Vermögensabgabe helfen, die Überschuldung von Staaten zu lindern? Nur eine Staatsinsolvenz ist moralisch vertretbar Die Politik muss es nur wollen Droht der Eurozone die Gefahr einer Deflation? Schon "Lowflation" ist problematisch Eine negative Inflationsrate ist noch lange keine Deflation Ist die Euro-Krise schon vorbei? Noch ist kein Normalzustand erreicht Falsche Medizin, falsche Symptome Corona-Krise in Europas Wirtschaft Haben die Corona-Soforthilfen gewirkt? Die Corona-Hilfen waren situationsgerecht Unterstützung mit geringer Wirkung Europas neue Wege aus der Krise Europäische Solidarität aus der Not heraus Stürzt Corona Europa in eine neue "Große Depression"? Bedeutet Corona das Ende der Globalisierung? Weiterhin kein Exit der EZB Videos: 4x4 Fragen zur Corona-Krise Wie hat sich die EU in der Corona-Krise bis jetzt geschlagen? Wie wird sich die Pandemie auf Europas Wirtschaft auswirken? Sollte man die Krise nutzen, um die EU klimagerechter umzubauen? Gefährden die Rettungsmaßnahmen die Geldwertstabilität? Zur Lage der Krisenländer in der Eurozone (2014-2017) Kann sich Frankreich von der Krise erholen? Yes, he can Frankreichs europäische Aufgabe Vor der Generalüberholung Frankreich als Zivilisationsthermometer Wird Italien wieder auf die Beine kommen? Der Fall Italien(s) Volk der letzten Minute Je südlicher, desto schlimmer Solider als viele denken Gingen die Reformen in Griechenland zu weit? Ohne Strukturreformen ist alles nichts Der Aderlass hat Griechenland geschadet Was hat Portugal der Sparkurs gebracht? Die Leiden des lusitanischen Musterschülers Sparen unvermeidbar Zeigen Spanien, Irland und Portugal, dass die angebotsorientierte Politik sich auszahlt? Es schmerzt, aber die Reformen wirken Crash-Kurs mit jeder Menge Kollateralschäden Ist Spanien über den Berg? Von Gesundung kann keine Rede sein Rückkehr zum Normalzustand Hat die Sparpolitik Irland aus der Krise geholfen? Via Dolorosa ohne Alternative Die Generation der stillen Verzweiflung Hat die Politik der Troika Griechenland genutzt? Die Schrumpfpolitik ist gescheitert Griechenland hat alle Möglichkeiten Zur Rolle Deutschlands in der Schuldenkrise (2014) Ist Deutschland ein Modell für Europa? Die Mär vom gesunden Staat Marktkonform und doch sozial gerecht Hat Deutschlands Bilanzüberschuss die Krise beschleunigt? Die Eurokrise ist eine Zahlungsbilanzkrise Europa braucht Deutschland, Deutschland braucht Europa Bedrohen unterschiedliche Lohnkosten die Stabilität der Eurozone? Löhne und Produktivität müssen sich gleich entwickeln Konsum und Löhne in Deutschland müssen anziehen Videos: 6x6 Fragen zur Euro-Krise (2015) Hat die Eurozone in ihrer derzeitigen Form eine Zukunft? Sparen oder Investieren - wie sollte die Schuldenkrise überwunden werden? Wie kann Deutschland dazu beitragen, die Euro-Krise zu beenden? Handelt die EZB ohne demokratische Legitimation? In welchen Ländern lauern neue Gefahren für den Euro? Wie kann die Eurozone künftig Krisen besser vermeiden? 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Die neoklassische Interpretation der Eurokrise

Till van Treeck

/ 2 Minuten zu lesen

Basierend auf Ideen der neoklassischen Denkschule argumentieren viele Ökonomen, dass die Krisenländer nach der Einführung des Euro zu lange über ihren Verhältnissen gelebt und so die Eurokrise verursacht hätten. Ihre Sichtweise wird hier zusammengefasst.

Die Finanzkrise führte in Spanien dazu, dass für viele der noch im Baumboom fertiggestellten Geschäftsimmobilien keine Käufer gefunden werden konnten. (© picture-alliance/dpa, Julian Stratenschulte)

Statt die nach Einführung des Euros zusätzlichen Kapitalströme aus dem Ausland für produktive Investitionen zu nutzen, haben die heutigen Krisenstaaten diese nach neoklassischer Lesart primär für Konsum ausgegeben. Dies hat zu einem übermäßigen Anstieg von staatlicher oder privater Verschuldung geführt. Darüber hinaus sind in diesen Ländern die Löhne im Vorkrisenzeitraum im Verhältnis zur Arbeitsproduktivität zu stark gestiegen und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder hat sich entsprechend verschlechtert. Im Ergebnis nahmen die Exporte ab und die Importe zu, was zu Exportdefiziten geführt hat.

Basierend auf der Diagnose, dass strukturelle Probleme in den Defizitländern (Länder mit Exportdefiziten) der Krise zugrunde liegen, werden folgende wirtschaftspolitische Empfehlungen formuliert: Reformen, vor allem auf nationaler Ebene, in Ländern wie Portugal, Irland, Griechenland oder Spanien, aber auch in anderen Ländern mit Wettbewerbsproblemen, darunter Frankreich und Italien, sind notwendig, um die angebotsseitigen Probleme wirksam zu bekämpfen. Diese Reformen beinhalten Lohnkürzungen, Deregulierung des Arbeitsmarkts (z.B. weniger Kündigungsschutz, geringere Mindestlöhne), Deregulierung der Produktmärkte (z.B. weniger bürokratische Vorschriften für Unternehmen, mehr Wettbewerb, Privatisierungen) und Senkung der Staatsausgaben, insbesondere der Ausgaben für staatlichen Konsum.

Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts konsequent anwenden

Schließlich wird die Krise als Staatsschuldenkrise eingestuft: Die heutigen Krisenländer haben die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts gebrochen, welche besagen, dass das jährliche Haushaltsdefizit nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) und die öffentliche Verschuldung eines Landes im Verhältnis zum BIP nicht mehr als 60 Prozent betragen darf. Während einige Staaten wie Griechenland diese Regeln bereits vor Ausbruch der Krise gebrochen haben, hatten andere Länder wie Spanien oder Irland vor der Krise eine eher niedrige Staatsverschuldung. Spanien und Irland verzeichneten jedoch steigende staatliche Defizite und Schulden in Folge des Versuchs ihrer Regierungen, die Rezession zu bewältigen und einen Teil der Schulden des Privatsektors zu übernehmen, nachdem die Krise ausgebrochen war.

Neoklassische Ökonominnen und Ökonomen, insbesondere diejenigen der in Deutschland dominanten ordoliberalen Variante, lehnen üblicherweise die Auffassung ab, dass hochverschuldete Länder von den solideren Ländern durch großzügige finanzielle Hilfen (sogenannter Bail-out) "gerettet" werden sollen. Hinter dieser ablehnenden Haltung steht das Argument, dass ein Bail-out die nationale Verantwortung der Krisenländer untergraben würde, die als notwendig erachteten Reformen umzusetzen. Stattdessen verlangen Vertreterinnen und Vertreter dieses eher angebotsorientierten Ansatzes, dass die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts hinsichtlich öffentlicher Defizite und Staatsschuldenquoten strikt angewendet bzw. verschärft werden.

Interner Link: Keynesianische Politikempfehlungen, welche darauf abzielen, das Wirtschaftswachstum durch höhere staatliche Ausgaben statt durch Deregulierung von Arbeits- und Produktmärkten anzuschieben, werden von eher neoklassisch ausgerichteten Ökonominnen und Ökonomen abgelehnt, weil sie aus ihrer Sicht die Wettbewerbsfähigkeit und privatwirtschaftliche Dynamik der Eurozone insgesamt gefährden würden.

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Till van Treeck ist Professor für Sozialökonomie an der Universität Duisburg-Essen. Er studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Lille, Münster und Leeds. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Einkommensverteilung aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, Wirtschaftspolitik und (sozio-)ökonomische Bildung.