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Die Welt ist eine Scheibe – und sie hat meist 21 Zoll Bildschirmdiagonale - Religion und digitale Medienwelt | Presse | bpb.de

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Die Welt ist eine Scheibe – und sie hat meist 21 Zoll Bildschirmdiagonale - Religion und digitale Medienwelt

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Sehr geehrte Damen und Herren,

für die heutige Veranstaltung zur Lehrerfortbildung hat sich die Werkstatt der Kulturen mit dem Thema „Religion in der digitalen Medienwelt“ fürwahr eine aktuelle Aufgabe gestellt. Und wenn wir die Gretchenfrage an diese digitale Medienwelt richten – etwa bei Google – dann stellen wir fest, dass Religion in dieser schönen neuen Welt des World Wide Web extrem stark vertreten zu sein scheint: In weniger als einer Sekunde weist Google zum Stichwort „Religion“ auf mehr als 945 Millionen Einträge hin - immerhin 50 mal so viele Einträge, wie in der gleichen Zeit zum Stichwort „Demokratie“ mit 18 Millionen gefunden wurden. Aber es sind nicht nur solch unvorstellbar große Zahlen und die schier endlose Unbegrenztheit des Internets, es sind vor allem die Veränderungen der Kommunikationswege und damit auch der Öffentlichkeit, denen unsere Aufmerksamkeit als politische Bildner gelten muss.

Die so genannte „öffentliche Meinung“ wird nicht mehr nur durch mediale Information und Inszenierung, durch Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen repräsentiert, sondern auch durch spezielle Ausprägungsformen der virtuellen Gesellschaft, wie Graswurzelbewegungen, Weblogs, ad-Hoc-Foren oder Newsgroups. Netzaktivitäten münden immer häufiger in direkter realer Aktion, und dies nicht nur in einer sogenannten Facebook Party oder dem Flash-mob, jenem scheinbar spontanen Menschenauflauf, bei dem sich die Teilnehmer persönlich nicht kennen und trotzdem gemeinsam ungewöhnliche Dinge tun. Es sind durchaus auch politische Aktionen, die ihren Anfang im Netz haben – denken Sie etwa an die Diskussionen über die Flugrouten beim neuen Berliner Hauptstadtflughafen im Sommer.

Auch die Politik, versucht die Möglichkeiten des Netzes zu nutzen, wenn etwa Abgeordnete twittern, Ministerinnen bei facebook Informationen über ihren Arbeitsalltag posten oder wenn in Kommunen partizipative Prozesse bei der Aufstellung des Etats oder bei Entscheidungen über Lärmschutz und Straßenführungen organisiert werden..

Aber wir müssen auch sehen: Das Netz ist eine Plattform natürlich auch für Mobbing und Bashing, für Machtpositionen ohne Legitimation, für antidemokratische Ideologien extremistischer Akteure. Der virtuelle Raum ist lebendig und vielfältig, und er ist hochpolitisch. Das Internet ist schnell und leicht zugänglich. Es kann auf individuelle Informations- und Kommunikationsbedürfnisse eingehen und ebenso dem Interesse nach Austausch entgegenkommen. Es ermöglicht Kontakt über soziale und geografische Grenzen hinweg und schafft gemeinsame Arbeitsräume, manchmal zwischen äußerst unterschiedlichen Akteuren.

Es gibt jedoch einen Generationen- und Kulturkonflikt zwischen den "Digital Natives", der Generation, die einen selbstverständlichen Zugang zu neuen Informations- und Kommunikationstechniken hat, und dem "nicht-netzaffinen" Rest der Bevölkerung, der qua sozialer Herkunft oder Alter davon ausgenommen ist.

Auf dieser Fortbildungstag zum Thema „Religion und digitale Medienwelt“ geht es aber vorrangig um die Wirkung des Internets auf pädagogische Prozesse sowie durch das Internet bedingte Veränderungen in der Vermittlung von Werten an Kinder und Jugendliche, die verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften angehören.

Die religiöse Vielfalt im Einwanderungsland Deutschland ist in den vergangenen Jahren größer geworden und Fragen, Integration gelingen kann, werden immer häufiger gestellt. Eine gelungene Integration muss sich auf alle Lebensbereiche beziehen und religiöse Bedürfnisse ganz selbstverständlich einschließen.

Die Anerkennung religiöser Vielfalt und die Behandlung religiöser Fragen in der politischen Bildungsarbeit und in allen medialen Bereichen ist ein wichtiger Beitrag zur Förderung der Integrationsbereitschaft der Mehrheitsgesellschaft, denn wenn wir in unserer Arbeit die kulturelle und religiöse Vielfalt bewusst behandeln, eröffnen wir Möglichkeiten, Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Arbeit einzubeziehen.

Wenn das Internet Mittel einer Demokratisierung von Öffentlichkeit sein und dabei wirklich alle Menschen unabhängig von Religion und Weltanschauung mitnehmen soll, müssen Schule und politische Bildung dafür Kompetenzen und Zugänge fördern. Damit sind sowohl die Fähigkeiten gemeint, an dieser Öffentlichkeit teilzuhaben und sie für eigene Interessen zu nutzen, als auch die Fähigkeit zur kritischen Distanz und richtigen Einschätzung ihrer legitimen Reichweite.

In diesem Sinne grüße ich Sie und wünsche Ihnen einen interessanten Fortbildungstag sowie gutes Gelingen für Ihre Arbeit im schulischen Alltag!

Fussnoten