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Grußwort zur Jahreskonferenz der Landeszentralen und der Bundeszentrale für politische Bildung (Stuttgart, 6.November 2017) | Presse | bpb.de

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Grußwort zur Jahreskonferenz der Landeszentralen und der Bundeszentrale für politische Bildung (Stuttgart, 6.November 2017)

/ 3 Minuten zu lesen

Am 6. und 7.November fand die Jahreskonferenz der Landeszentralen und der Bundeszentrale für politische Bildung in Stuttgart statt. Thomas Krüger eröffnete dabei mit einem Grußwort.

Lieber Herr Frick, liebe Leiterinnen und Leiter der Landeszentralen, liebe Kolleginnen und Kollegen der Landeszentralen und der Bundeszentrale,

ein Blick in das Programmheft dieser Tagung zeigt, wie vielfältig die gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit geworden sind. Manche waren schon immer kompliziert, manche sind gefühlt gerade erst richtig kompliziert geworden, einige tatsächlich neu dazugekommen. Im Zeitalter der Fake-News und populistischen Stimmenfänger, von Lügenpresse und Integrationsdebatten ist unsere Arbeit so gefragt wie selten zuvor.

Ziel der politischen Bildung ist es, immer wieder aufs Neue Debatten anzustoßen, Kontroversen darzustellen und produktiven Streit zu entfachen. Genauso gehört es aber ebenso zu unseren Aufgaben, das Vertrauen in die politischen Institutionen und Akteure zu stärken und Wissen über demokratische Vorgänge zu vermitteln.

Gerade der Vertrauensverlust von Teilen der Bevölkerung in den Politikbetrieb, seine Institutionen und die Medien sowie die dahinterliegende wachsende Diskrepanz zwischen Regierenden und Regierten führen unweigerlich zu einem Legitimitätsproblem, nicht zuletzt auch unserer Arbeit. Wenn wir Teile der Bevölkerung nicht mehr mit unseren Ideen, Formaten und Publikationen erreichen, vergrößert sich der Abstand zwischen denen, die aktiv am politischen Geschehen teilnehmen, und denen, die sich zurück ziehen und nicht mehr mitmachen wollen oder können. Die im schlimmsten Fall sogar aktiv dagegen arbeiten.

Und das sind ja genau diejenigen, die wir mit unserer Arbeit unbedingt erreichen sollten und die wir meinen, wenn in unseren Diskussionen die Schlagwörter „alternative Fakten“ oder „Demokratie in schwierigen Zeiten“ fallen.

Hinzu kommt eine zunehmende öffentliche Diskursverschiebung in die digitale Sphäre. Die damit einhergehenden Gefahren und Risiken für die demokratische Diskursrationalität, die sich aus der Debattenkultur in den Echoräumen der sozialen Netzwerke ergeben, sprechen für sich. Wir haben es abseits der Verrohung des netzöffentlichen Diskurses nicht erst seit gestern mit durch Algorithmen gesteuerten Programmen zu tun, die beispielsweise Facebook-Nutzern ihren eigenen Meinungskanon spiegeln, aber keine Gegenargumente mehr zulassen. Ein echter Argumentetransfer – und sei er noch so kontrovers – findet kaum noch statt. Wobei es natürlich auch Ausnahmen gibt, einen der prominentesten Facebook-Nutzer und –diskutierer haben wir ja hier mit Boris Palmer auch zu Gast auf der Tagung.

Unsere tägliche Aufgabe ist es daher, mit neuen und bewährten Formaten gegen diesen Vertrauensverlust anzugehen. Politische Bildung, wie sie zum Beispiel im Wahl-O-Mat stattfindet, ist die Einladung zum Nachdenken und zum Streiten, zum Diskutieren im Familienkreis und an der Arbeit, zum Reflektieren über den eigenen Standpunkt und - was mir am wichtigsten ist - es ist die Einladung, die eigene Position in den Ring zu werfen.

Erfolgreiche Politische Bildung findet dabei vor allem freiwillig und entlang biografischer Bedürfnisse statt, nicht aufgrund missionarischer Eindringlichkeit.

Politische Bildung ist – außer in der Schule – darauf angewiesen, dass Menschen offen für ihre Angebote sind. Noch immer sind viele Träger politischer Bildung, und hier schließe ich die bpb ein, in weiten Teilen ihres Angebots auf eine ‚Komm-Struktur‘ eingerichtet. Wer Interesse hat und weiß, wo er suchen muss, findet ein vielfältiges Angebot an politischen Informations- und Bildungsmöglichkeiten. Dafür aber braucht man Eigeninitiative.

In der Zukunft müssen wir noch stärker dahin gehen, wo wir diejenigen erreichen, die wir nicht mehr erreichen. Und wir wollen es auf eine Weise machen, die verstanden wird. Die nicht mit dem pädagogischen Zeigefinger daher kommt. Die nicht die Lebensweisen und Gewohnheiten in Frage stellt, sondern vielmehr die Menschen dort abholt, wo sie stehen, wo sie sind: in ihrer Lebenswelt, bei ihren Themen und Sorgen, an den Orten und Plätzen, an denen sie unterwegs sind.

Dafür reicht es nicht aus, alte Erfolgsrezepte stumpf zu wiederholen. Stattdessen müssen wir bereit sein, gemeinsam neue Dinge zu erproben und ein mögliches Scheitern in Kauf zu nehmen. Die große Themenvielfalt kann uns als Ansporn dienen, mit ebenso vielfältigen, überraschenden und zeitgemäßen Formaten zu antworten.

Für die kommenden anderthalb Tage wünsche ich uns daher spannende und anregende Diskussionen, wertvollen Input von den hochkarätigen Gästen und Rednern, zündende Ideen und einen guten kollegialen Austausch.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten