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Big Data: Potentiale nutzen – Missbrauch verhindern | Bonner Gespräche 2016 | bpb.de

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Big Data: Potentiale nutzen – Missbrauch verhindern

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Es werden riesige Datenmengen gesammelt, die so groß sind, dass sie von Menschen nicht mehr erfasst werden können. Nur mit Hilfe von automatisierten Algorithmen sind diese Daten überhaupt noch auszuwerten. Ohne Frage bietet das Sammeln und Auswerten großer Datenmengen Potenziale. Bessere Vorsorge, frühere Schutzmaßnahmen und gezieltere Behandlungen werden durch Big Data möglich. Doch stehen diese Potenziale in einem starken Konflikt zu dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Eine nicht regulierte Sammlung von Daten öffnet Missbrauch Haus und Tor. DIE LINKE will die Potenziale von Big Data nutzen und Möglichkeiten des Missbrauchs einschränken.

Ob Krankheitsepidemien oder Verbrechen vorhergesagt werden sollen, ob das Konsumverhalten von Verbraucherinnen und Verbrauchern erforscht wird oder ob in der Wissenschaft Zusammenhänge untersucht werden sollen: Es werden riesige Datenmengen gesammelt, die so groß sind, dass sie von Menschen nicht mehr erfasst werden können. Nur mit Hilfe von automatisierten Algorithmen sind diese Daten überhaupt noch auszuwerten. Ohne Frage bietet das Sammeln und Auswerten großer Datenmengen insbesondere im Bereich der Wissenschaft, des Verbraucherschutzes und der Medizin Potenziale. Bessere Vorsorge, frühere Schutzmaßnahmen und gezieltere Behandlungen werden durch Big Data möglich. Doch stehen diese Potenziale in einem starken Konflikt zu dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Eine nicht regulierte Sammlung von Daten öffnet Missbrauch Haus und Tor. Wenn beispielsweise die Daten von Fitnesstrackern verwendet werden, um – vermeintlich – gesund lebende Menschen mit Boni auf ihre Versicherungsbeiträge zu belohnen, ist der Schritt zur Bestrafung von Menschen, die – vermeintlich – nicht gesund leben, nicht mehr weit. Der Einsatz von Big Data muss wohlüberlegt und unter starker menschlicher, also gesellschaftlicher und politischer Kontrolle erfolgen. Auch und gerade hier brauchen wir eine sensible Technikfolgenabschätzung und in der Folge eine gesetzliche Regulierung – soweit andere regulatorische Maßnahmen nicht helfen –, die individuelle Freiheits- und Menschenrechte in den Mittelpunkt stellt.

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist für DIE LINKE Leitbild bei der Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Der unbegrenzten Datensammlung und –auswertung setzt sie einen freien und selbstbestimmten Umgang mit Daten entgegen, verbunden mit einem durchsetzungsstarken und fortschrittlichen Datenschutz. Datensicherheit und -schutz ist auch in Sozialen Netzwerken und Clouds zu gewährleisten. Die Möglichkeit zur Nutzung von Diensten und Anwendungen darf nicht von einer Einwilligung in die Datenerhebung oder -weitergabe abhängen. Ein wichtiges Mittel dazu ist, Privacy by Design und Privacy by Default verpflichtend vorzuschreiben. Über Privacy by Design könnten Funktionen, wie eine grundsätzliche Verschlüsselung von Daten, die Datenlöschung nach Funktionserfüllung oder technische Vorkehrungen zur Einhaltung des Zweckbindungsgrundsatzes vorgegeben werden. Mittels Privacy by Default wären für die Nutzung von elektronischen Diensten und Anwendungen bereits ab dem ersten Moment die jeweils höchstmöglichen Datenschutzeinstellungen gültig.

Webdiensten, Smartphones, Tablets und Apps wäre es auf dieseWeise unmöglich, Nutzungs-, Kontakt- und Standortdaten ohne Einwilligung zu übertragen und auf Server-Farmen zu sammeln. Privacy by Default erfordert allerdings auch eine Sensibilisierung von Nutzerinnen und Nutzern. Sie müssen in die Lage versetzt werden, selbstbestimmt entscheiden zu können, ob sie Daten freigeben oder nicht. Dazu gehört auch, dass sie umfassend darüber informiert werden, welche Daten erhoben werden und was mit ihnen passiert. Nicht nur Unternehmen sammeln große Mengen an Daten. Auch Regierungsorganisationen haben einen großen Fundus verschiedenster öffentlicher Daten angehäuft oder mit Steuermitteln erhoben. Diese Daten sollten der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Mit der Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten sowie ihrer automatisierten Zusammenführung zu Persönlichkeitsprofilen geht die Erfassung nahezu jeder Lebensäußerung der Menschen einher. Die Datenauswertung von Geolokalisationsdiensten ermöglicht zudem die Erstellung von umfassenden Bewegungsprofilen. Ähnliches gilt für die Auswertung von Daten aus der Nahfeldkommunikation (NFC) von Funknetzen mit RFID-Technologie etwa in Bezahl- und Kreditkarten. Der Schutz der informationellen Selbstbestimmung muss auch hier erhalten bleiben.

DIE LINKE will die Potenzial von Big Data nutzen und Möglichkeiten des Missbrauchs einschränken:

  • Sie fordert die strikte Beachtung des Prinzips der Datensparsamkeit.

  • Sie will sicherstellen, dass die Nutzerinnen und Nutzer vor einer Erhebung von personenbezogenen

  • Daten umfassend darüber informiert werden.

  • Sie setzt sich für eine umfassende Medienbildung ein, um Nutzerinnen und Nutzer in die Lage zu versetzen, selbstbestimmt über die Offenlegung personenbezogener Daten zu entscheiden.

  • Die Erhebung und Erstellung von Persönlichkeits-, Konsum- und Vorliebenprofilen von Kindern ist grundsätzlichen zu untersagen.

  • Von Regierungsorganisationen oder mit Steuermitteln Daten sollen der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

  • Das Recht auf Anonymität im Netz muss erhalten bleiben.

  • DIE LINKE fordert ein klares Bekenntnis des Staates zum Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme.

Fussnoten