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Datenpolitik in der digitalen Gesellschaft | Bonner Gespräche 2016 | bpb.de

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Datenpolitik in der digitalen Gesellschaft

Alexander Vogt

/ 4 Minuten zu lesen

Für die Bundestagsfraktion der SPD vertritt der netzpolitische Sprecher der NRW-SPD Alexander Vogt den Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Ausschuss Digitale Agenda Lars Klingbeil bei den Bonner Gesprächen 2016. Grundlage des Beitrags ist ein Positionspapier der SPD zu Big Data.

Logo der SPD (© SPD)

Die technologische Entwicklung erlaubt heute eine umfassende Verknüpfung von Informationen aus verschiedenen Quellen sowie deren detaillierte Auswertung (Big Data). Die Erfassung und Verwertung von Daten in allen gesellschaftlichen Teilbereichen führt zu einem Paradigmenwechsel in der Gesellschaft. Wir sprechen hier vom Big-Data-Zeitalter. In der Verarbeitung, Aggregation und Verknüpfung unterschiedlichster Datenarten und Datenmengen in Echtzeit liegt ein großes gesellschaftliches und wirtschaftliches Potenzial. Der Erkenntnisgewinn durch Big-Data-Analysen beschränkt sich dabei nicht nur auf die bereits in den Daten steckenden Informationen. Durch die Verknüpfung der Daten können präzise Vorhersagen zu naturwissenschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen oder allgemein gesellschaftlichen Entwicklungen erfolgen, aber auch zu individuellen Verhaltensweisen, Interessen und Vorlieben. Wir müssen in Deutschland die rechtlichen Weichen stellen, um das Innovationspotenzial dieser Informationen voll auszuschöpfen. Es ist unser Ziel, datengetriebene Geschäftsmodelle zu unterstützen und ihnen Rechtssicherheit durch eine kluge, differenzierte Datenpolitik zu gewährleisten. Die Aggregation, Verknüpfung und Auswertung von Informationen aus unterschiedlichsten Quellen kann die Grundlage für gesellschaftliche Innovationen sein und wichtige Erkenntnisse, etwa für den Gesundheitsbereich oder die Verkehr-steuerung, liefern. Epidemien werden möglicherweise frühzeitiger erkannt, Verkehrsführung wird intelligenter und die Energieversorgung kann ressourcenschonender gesteuert werden. Für das Individuum entsteht der Nutzen konkret, wenn Krankheiten erkannt, Staus umfahren und Energiepreise gesenkt werden können.

Der Datenpolitik kommt daher in Zeiten von Big Data eine Schlüsselfunktion zu. Sie ist ein neues politisches Feld und muss mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Datenpolitik steht in der Verantwortung, die Chancen und Risiken, die sich aus den Möglichkeiten von Big Data ergeben, gegeneinander abzuwägen und für einen Ausgleich der Interessen zu sorgen. Sozialdemokratische Datenpolitik gestaltet den Umgang mit Informationen im Big-Data-Zeitalter. Eine Politik, die einseitig auf Vermeidung von Daten und Datensparsamkeit setzt, würde diese Chancen gefährden. Es muss uns daher gelingen, das gesellschaftliche und wirtschaftliche Potenzial von Daten als Rohstoff des 21. Jahrhunderts nutzbar zu machen und gleichzeitig unsere gesellschaftlichen Werte, wie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Privatsphäre, zu gewährleisten.

Eine so verstandene Datenpolitik muss klarstellen, wer welche Daten wann, zu welchem Zweck und zu welchen Bedingungen verwenden darf. Voraussetzung für eine erfolgreiche Datenpolitik ist demnach eine Differenzierung der unterschiedlichen Daten nach ihrer Art und Sensibilität. Personenbezogene Daten nehmen in der Datenpolitik dabei eine besondere Stellung ein. Es gilt, die Wahrung des individuellen Freiheitsraums, der Privatsphäre und des Persönlichkeitsrechts der Einzelnen durch den Datenschutz zu gewährleisten. Bei personenbezogenen Daten geht es vor allem um die Frage, wie diese anonym oder in wirksam anonymisierter Form genutzt werden können, beziehungsweise welche datenschutzrechtlichen Vor-gaben (Einwilligung, Zweckbindung etc.) gewahrt werden müssen. Der rechtliche Rahmen muss auch Antworten geben, wie die Sicherheit der Daten wirksam gewährleistet werden kann. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern ebenso auf europäischer und globaler Ebene. Die Politik ist gefordert, eine solche moderne und zeitgemäße Datenpolitik zu entwickeln, die Rechtssicherheit und klare Regelungskonzepte schafft. Auf dieser Grundlage und im Ein-klang mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist es dann das Ziel, möglichst viele Daten für Big-Data-Analysen verfügbar zu machen.

Zielsetzung unserer Datenpolitik ist es, Europa als Standort zu etablieren, an dem die Verwendung von Daten wegen des verantwortungsvollen Umgangs nachhaltig und rechtssicher in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Wirtschaft möglich ist und gefördert wird. Wir wollen, dass Innovationen und technischer Datenschutz in Deutschland stattfinden. Die Wahrung eines hohen Datenschutzniveaus bei der Erhebung, Nutzung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist zugleich ein wichtiger europäischer Standort- und Wettbewerbsvorteil. Hier kommt den Prinzipien „Privacy by design“ und „Security by design“ entscheidende Bedeutung zu, denn nur mit einem starken Schutz der persönlichen Daten und der Wahrung der Sicherheit von Daten kann es uns gelingen, das Vertrauen der Menschen in die Datenverarbeitung nachhaltig zu sichern. Im Bereich des Datenschutzes reichen reine Regulierungsmaßnahmen und Selbstverpflichtungen der Unternehmen jedoch nicht aus, um die Einzelnen zu befähigen, ihre Rechte in einer Big-Data-Welt wahrzunehmen. Datenpolitik muss die digitale Selbstständigkeit als not-wendige Grundlage für den verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen Daten fördern. Es geht darum, die Sensibilität der Nutzer zu stärken und die digitale Kompetenz zu erhöhen. Digitale Selbstständigkeit ist die beste Grundlage für einen zeitgemäßen Umgang mit Daten und für modernen Verbraucherschutz.

Wir wollen die Informationsfreiheit stärken und weiterentwickeln. Transparenz und Offenheit staatlichen Handelns ist Grundlage einer aktiven direkten Willensbildung und Demokratie. Wir setzen auf die proaktive Veröffentlichung von Datenbeständen der Verwaltung (Open Data), um die in diesen Informationen enthaltenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Potenziale auch für Big-Data-Analysen nutzen zu können. Mit dem Informationsweiterverwendungsgesetz des Bundes wurde ein erster Schritt in Richtung der Weiterverwendung von Daten zu gleichen Bedingungen geschaffen, die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt wer-den. Was fehlt, ist ein Rechtsanspruch und eine Verpflichtung der Behörden zur proaktiven Veröffentlichung ihrer Datenbestände, sofern nicht gewichtige öffentliche oder private Gründe dagegen sprechen. Wir sollten auch prüfen, inwieweit die Grundsätze des Open Data sich auch auf privatwirtschaftliche Unternehmen übertragen lassen. Dies gilt vor allem für die Unternehmen, die über ihre wirtschaftliche Funktion die gesellschaftliche Entwicklung maßgeblich beeinflussen.

Weitere Positionen der SPD im Grundsatzprogramm #digitalleben: Externer Link: https://digitalleben.spd.de/

Fussnoten

Alexander Vogt ist Abgeordneter im Landtag NRW und medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Er ist Mitglied der Medienkommission beim SPD-Parteivorstand in Berlin und im WDR-Rundfunkrat. Vor seiner Wahl in den Landtag im Jahr 2010 studierte Alexander Vogt Journalismus und PR. Er arbeitete für verschiedene Verbände im Kommunikationsbereich und leitete eine Kommunikationsagentur.