"Unterschicht" ist kein wertneutraler Terminus, keine Kategorie, die bloß der nüchternen Beschreibung von Bevölkerungsgruppen dient, die eingeschränkt an der Gesellschaft teilhaben. "Unterschicht" ist vielmehr normativ aufgeladen, oft abwertend in Gebrauch und trägt zu ihrer Formierung bei.
Das Sprechen über Armut und Arbeitslosigkeit – den beiden Faktoren, die soziale Ausgrenzung am stärksten determinieren – folgt oft tradierten Mustern sozialer Debatten. Da wird mangelnder Aufstiegswillen diagnostiziert, von "anstrengungslosem Wohlstand" gesprochen und die Verantwortung für die Lebenslage vor allem individuellen Schwächen zugeschrieben. Seltener ist von struktureller Ungleichheit die Rede, von der Verfestigung der Armut, von abnehmender Aufstiegsmobilität.
Klaus Dörre
Unterklassen. Plädoyer für die analytische Verwendung eines zwiespältigen Begriffs
Die Kategorie der Unterschicht ist kontaminiert. Wer diesen Begriff benutzt, läuft Gefahr, Stereotype zu transportieren, die auf eine kollektive Abwertung der so Bezeichneten hinauslaufen. Wie aber können sie angemessen bezeichnet werden?
Christoph Lorke
"Unten" im geteilten Deutschland: Diskursive Konstruktionen und symbolische Anordnungen in Bundesrepublik und DDR
Heutige Selbstverständigungsdebatten um die „Unterschicht“ haben eine Vorgeschichte. Ein Blick auf das geteilte Deutschland erlaubt Rückschlüsse über Kontinuitäten beim gesellschaftlichen Sprechen über den unteren sozialen Rand.
Petra Böhnke
Wahrnehmung sozialer Ausgrenzung
Arbeitslosigkeit und Armut sind stark mit der Wahrnehmung sozialer Ausgrenzung verknüpft. Etwa jeder Fünfte klagt über eingeschränkte Teilhabechancen. Im europäischen Vergleich steht Deutschland damit noch recht gut da.
Olaf Groh-Samberg, Florian R. Hertel
Ende der Aufstiegsgesellschaft?
Die Chance auf sozialen Aufstieg ist ein Grundpfeiler der sozialen Ordnung in Marktgesellschaften. Alarmierend sind daher abnehmende Aufstiegsmobilitäten aus Armut und die regelrechte Vernichtung von Aufstiegschancen in Ostdeutschland.
Irene Dingeldey
Bilanz und Perspektiven des aktivierenden Wohlfahrtsstaates
Als neues Paradigma prägte der aktivierende Wohlfahrtsstaat Ende der 1990er Jahre die Reformen in der EU. Trotz wirtschaftlichen Wachstums und Anstiegs der Beschäftigung nahm die soziale Ungleichheit zu, besonders in Deutschland.
Julian Bank, Till van Treeck
"Unten" betrifft alle: Ungleichheit als Gefahr für Demokratie, Teilhabe und Stabilität
Die ökonomische Ungleichheit und das Armutsrisiko sind in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. Ohne geeignete politische Gegenmaßnahmen droht dies zunehmend zu einer Gefahr für Demokratie, Teilhabe und Stabilität zu werden.
Nicole Rippin
Verteilungsgerechtigkeit in der Armutsmessung
Multidimensionale Ansätze zur Armutsmessung gewinnen gegenüber einkommensbasierten an Bedeutung. Mit einer neuen Methode lassen sich Ungleichheit und Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Dimensionen von Armut erfassen.
Publikation zum Thema
APuZ - Jahresband 2015
Der APuZ-Jahresband 2015: Sämtliche Ausgaben der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" aus dem Jahr 2015.Weiter...