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Auf dem Weg zur nächsten Rentenreform in Deutschland | Sozialpolitik | bpb.de

Sozialpolitik Editorial Politisch-demographische Fragen zur Gesellschaftspolitik Auf dem Weg zur nächsten Rentenreform in Deutschland Reform des Gesundheitswesens bleibt aktuell Freie Zeit im Alter als gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe?

Auf dem Weg zur nächsten Rentenreform in Deutschland Anmerkungen zu Konzepten, Maßnahmen und Wirkungen

Winfried Schmähl

/ 36 Minuten zu lesen

Wie notwendig ist ein Konzept für das Alterssicherungssystem in Deutschland? Und welche Rolle spielt hierbei die gesetzliche Rentenversicherung?

Einleitung

Über die Alterssicherung in Deutschland wird wieder einmal - bzw. schon seit längerer Zeit - diskutiert. Immer wieder war es notwendig, das Alterssicherungssystem insgesamt, vor allem auch das quantitativ bei weitem wichtigste Teilsystem - die gesetzliche Rentenversicherung - den sich ändernden demographischen und ökonomischen Bedingungen anzupassen, aber auch sich ändernde politische Wertvorstellungen waren zu berücksichtigen. Ein Blick zurück auf das zu Ende gegangene Jahrhundert macht solche Gründe unmittelbar deutlich: Kaiserreich, Erster Weltkrieg, Inflation, Weltwirtschaftskrise, Zweiter Weltkrieg, Besatzungszeit und anschließende Teilung Deutschlands bis zur nun wiedererlangten Vereinigung der beiden Nachkriegs-Teilstaaten.

Viele der aktuell diskutierten Themen sind nicht neu: Man denke nur an die vertretbare "Belastung" durch Beiträge, an die Rolle des Staatszuschusses (Steuerfinanzierung) in der Rentenversicherung, die Frage nach dem Niveau der Renten und nach der Rolle von privater (einschließlich betrieblicher) Alterssicherung neben der Sozialversicherung. Auch viele Fragen zur Ausgestaltung von Instrumenten - wie die Anpassung von Renten oder deren Besteuerung - werden teilweise seit Jahrzehnten diskutiert . Allerdings haben sich in den letzten Jahren auch neue Akzente ergeben, zu denen u. a. gehört, dass das Thema der "Alterssicherung" zunehmend Aufmerksamkeit bei jüngeren Bürgern gefunden hat und dass vor allem die Finanzmarktakteure - Versicherungen gehörten schon immer dazu, aber zunehmend auch Banken und Investmentfonds - in bisher ungekanntem Maße Aktivitäten im "Alterssicherungsmarkt" entfalten.

Die Diskussion, die sich nun schon seit einigen Jahren abspielt, ist oftmals höchst einseitig, plakativ, undifferenziert und verschleiert damit auch wichtige Folgen von Vorschlägen.

Kennzeichnend für die aktuelle Diskussion sind z. B. Äußerungen wie "Renten vor dem Kollaps" (Financial Times Deutschland vom 17. 4. 2000), "Die staatliche Rente ist am Ende" (Die Zeit, 27. 4. 2000) - Aussagen, die sich der Tendenz nach auch in vielen Veröffentlichungen von Wissenschaftlern finden. Das Wort "Krise" gehört im Zusammenhang mit der gesetzlichen Rentenversicherung wohl zu den meistbenutzten Worten . Und wenn maßgebende Politiker im Hinblick auf die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung von einer "dramatischen Lage" sprechen, so wirkt das nicht gerade vertrauensbildend. Dies ist besonders bedenklich in einem Bereich wie der Alterssicherung, wo es entscheidend auf Vertrauen in die Stabilität von Einrichtungen ankommt, denn bei Altersvorsorge und -sicherung handelt es sich um etwas Langfristiges. Eine Dramatisierung der Situation - die im Hinblick auf die Alterung der Bevölkerung vielfach auch im Zusammenhang mit Ausgaben im Gesundheitswesen zu verzeichnen ist - kann (und soll wohl auch) den Boden für tief greifende Veränderungen bereiten. Dabei sollten aber stets damit verbundene Auswirkungen sorgfältig analysiert werden. Hier geht es auch um Effekte, die sich u. U. erst langfristig zeigen.

Über die Alterssicherung wird nicht nur in Deutschland diskutiert, sondern dies ist ein weltweit aktuelles Thema. Das wird in der deutschen Diskussion auch zunehmend zur Kenntnis genommen. Manche ausländischen "Modelle" - so z. B. die Ausgestaltung der Alterssicherung in der Schweiz - werden geradezu als vorbildhaft für die Weiterentwicklung in Deutschland bezeichnet. Auch wenn sich dieser Beitrag spezifisch auf die deutsche Situation bezieht, so ist ein Blick auf grundlegende Konzeptionen, die hinter manchen tagesaktuellen Vorschlägen stehen, doch wichtig, um diese einzuordnen und auch mögliche längerfristige Folgen für die Struktur des Alterssicherungssystems zu verdeutlichen. Hierbei - wie auch hinsichtlich der in Deutschland diskutierten Vor-schläge - kann es nur um das Aufzeigen einiger wichtiger Aspekte gehen.

Wenn im Folgenden - wie generell in der öffentlichen Diskussion - die gesetzliche Rentenversicherung im Zentrum steht, so darf nicht vergessen werden, dass Deutschland ein vielgestaltiges Alterssicherungssystem besitzt. Es sei nur auf die Beamtenversorgung, die landwirtschaftliche Alterssicherung, berufsständische Versorgungswerke, die betriebliche Alterssicherung in der Privatwirtschaft wie auch auf die Zusatzversicherung für Beschäftigte im öffentlichen Dienst hingewiesen sowie auf die vielfältigen Möglichkeiten freiwilliger zusätzlicher Altersvorsorge (durch Sparen und Versichern) .

Die gesetzliche Rentenversicherung - der quantitativ wichtigste Teil der Alterssicherung in Deutschland

Für den überwiegenden Teil der Bevölkerung in Deutschland sind im Alter die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung die dominierende Einkunftsquelle . Dies wird - dafür liegen empirische Anhaltspunkte vor - auch für diejenigen gelten, die etwa in den nächsten beiden Jahrzehnten aus dem Erwerbsleben ausscheiden werden. Die gesetzliche Rentenversicherung umfasst rund 70 Prozent aller Alterssicherungsausgaben in Deutschland und erreicht damit - bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt - etwa zehn Prozent. Andere umlagefinanzierte Einrichtungen (wie die Beamtenversorgung), die betriebliche Alterssicherung und die private Vorsorge erreichen jeweils etwa zehn Prozent der Alterssicherungsausgaben.

Finanzierungsverfahren: Umlageverfahren und Kapitalfundierung

Die Finanzierung der Rentenversicherung beruht auf dem so genannten Umlageverfahren, bei dem - abgesehen von einer relativ geringen Schwankungsreserve - die laufenden Einnahmen zur Finanzierung der jeweils laufenden Ausgaben verwendet werden. Im Unterschied dazu erfolgt in so genannten kapitalfundierten Systemen eine vorherige Vermögensakkumulation bei der jeweiligen Institution (z. B. bei einer Lebensversicherung), bevor mit Auszahlungen durch die Institution begonnen wird.

Hinsichtlich der Struktur der Alterssicherung und der Quellen für die Einkünfte im Alter bestehen zwischen West- und Ostdeutschland erhebliche Unterschiede, da in der DDR faktisch weder eine betriebliche Alterssicherung noch eine freiwillige private Vorsorge existierte. Da Leistungen aus kapitalfundierten Alterssicherungssystemen über Jahrzehnte aufgebaut werden müssen, bevor sie als Quelle für das Einkommen im Alter bedeutsam sein können, wird deutlich, dass sich die strukturellen Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland erst langfristig verändern werden. Zugleich zeigt dies, dass in Ostdeutschland Veränderungen der gesetzlichen Rentenversicherung im Durchschnitt quantitativ von relativ erheblich größerer einkommensmäßiger Bedeutung sind als in Westdeutschland.

Das Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung ist in hohem Maße von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt abhängig, da die Beitragszahlungen bei versicherungspflichtiger Beschäftigung auf dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt beruhen. Für die Einnahmeentwicklung ist folglich die Entwicklung von Löhnen und der Zahl der Beschäftigten von zentraler Bedeutung. Auch Rentenberechnung und -anpassung erfolgen lohnbezogen, so dass die Entwicklung der Rentenausgaben maßgeblich mit von der Entwicklung der Löhne abhängt. Kapitalfundierte Verfahren sind vor allem mit der Entwicklung auf dem Kapitalmarkt verbunden, abhängig von der Zins- und Kursentwicklung je nach Anlageart. Für beide Verfahren sind darüber hinaus viele weitere Faktoren von Bedeutung, so z. B. die demographische Entwicklung, was unmittelbar bei der Entwicklung der Lebenserwartung zu erkennen ist: Steigt diese, so müssen mehr Vorsorgeaufwendungen erfolgen oder die Leistungen im Alter sind geringer, da die Zahl der Jahre steigt, in denen Leistungen bezogen werden.

In der aktuellen Diskussion ist im Prinzip unstrittig, dass eine Ausweitung kapitalfundierter Sicherung zu einer breiteren Risikostreuung im Bereich der Alterssicherung beitragen kann . Eine der entscheidenden Fragen ist jedoch, wie diese Gewichtsverlagerung hin zu mehr kapitalfundierter Alterssicherung erfolgen soll: Sollen die Leistungen in der umlagefinanzierten Rentenversicherung reduziert und durch kapitalfundierte Ansprüche ersetzt werden oder soll bei nur vergleichsweise geringer Veränderung umlagefinanzierter Ansprüche eine Ergänzung durch kapitalfundierte Systeme erfolgen? Dies hat recht unterschiedliche Verteilungswirkungen zur Folge, die in der aktuellen Diskussion allerdings noch wenig Beachtung finden .

Erforderlicher Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung

Was die Einschätzung der künftigen Finanzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung betrifft, so kommt es auf die dabei zugrunde gelegten Annahmen über die demographische und ökonomische Entwicklung an, aber auch auf Annahmen über die Entwicklung des Finanzierungs- und Leistungsrechts. Auf der Basis des geltenden Leistungs- und Finanzierungsrechts und unter Verwendung derzeit relativ plausibler demographischer und ökonomischer Annahmen zeichnet sich ab, dass der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2030 auf etwa 24-25 Prozent steigen würde. Ob das in diesem Umfang politisch toleriert wird - und wenn nicht: in welchem Ausmaß eine Verminderung des Beitragsanstiegs erfolgen soll sowie mit welchen Mitteln -, darum geht es vor allem in der tagespolitischen Diskussion .

Dabei wird eine breite Palette von Ansatzpunkten diskutiert. Von zentraler Bedeutung ist, welches Leistungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung angestrebt wird. Die politische Diskussion dreht sich allerdings häufig - so auch in den letzten Jahren - vor allem um instrumentelle Fragen, also z. B. welches Rentenanpassungsverfahren gewählt werden sollte, ob eine Mindestsicherung in die gesetzlichen Rentenversicherung implantiert oder wie die Hinterbliebenenversorgung ausgestaltet werden sollte.

Doch dies alles - wie auch die Frage, in welchem Umfang ergänzende Formen der Alterssicherung für erforderlich gehalten werden - setzt die Beantwortung der Frage voraus, welches Leistungsniveau durch die gesetzliche Rentenversicherung für den Fall von Invalidität, bei Beendigung der Erwerbstätigkeit nach Überschreiten bestimmter Altersgrenzen und für einkommensmäßige Absicherung von Hinterbliebenen realisiert werden soll. Hierzu gibt es differierende Vorstellungen, die auch mit unterschiedlichen Konzeptionen für die Rentenversicherung verbunden sind.

Konzeptionelle Weichenstellungen

Zu den konzeptionellen Fragen, die für die weitere Entwicklung der Alterssicherung in Deutschland eine wichtige Rolle spielen, gehört insbesondere folgende: Soll die Rentenversicherung primär Armut im Alter vermeiden (also eine Mindestsicherung sein), oder soll die Höhe der Renten auch von der Höhe des früheren Einkommens bzw. der Höhe der Vorsorgebeiträge und der Dauer der Vorsorgeaktivitäten abhängen? Im letztgenannten Fall wird also nicht primär Armutsvermeidung, sondern Einkommens- und Konsumverstetigung im Lebensablauf angestrebt.

Es gibt verschiedene Länder, bei denen das die Basis der Alterssicherung darstellende Regel-Sicherungssystem nur eine Mindestsicherung realisieren soll, so die Schweiz oder die Niederlande. Allerdings ist in solchen Ländern in aller Regel dann zusätzlich eine obligatorische zweite Schicht der Alterssicherung eingeführt worden, die einkommensbezogen ist. Aus dem Zusammenwirken von Mindestsicherung und ergänzender Sicherung soll somit eine am früheren Einkommen orientierte Alterssicherung erreicht werden. Demgegenüber haben Länder mit einer einkommensbezogenen Alterssicherung freiwillige ergänzende Sicherungssysteme, wie bei uns und in den USA die freiwillige betriebliche Alterssicherung im Privatsektor als Ergänzung zur Sozialversicherung.

Einer der zentralen Aspekte der gegenwärtigen deutschen Diskussion ist, welches Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung angestrebt werden soll. Es gibt verschiedene Vorschläge, die zu einer weiteren Senkung der Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung führen würden. Die auch jetzt in Deutschland diskutierte Forderung nach obligatorischen Zusatzrenten (obligatorische Betriebsrente oder obligatorische private Vorsorge) entspricht damit durchaus den im Ausland gemachten Erfahrungen, dass eine Regel-Alterssicherung auf niedrigem Niveau offenbar als nicht ausreichend angesehen wird.

Die Vorschläge in Deutschland zur Einführung obligatorischer Zusatzrenten resultieren aus verschiedenen Motiven: zum einem aus der Absicht, die so genannten Lohnnebenkosten (also hier die von Arbeitgebern gezahlten Sozialversicherungsbeiträge) nicht weiter steigen zu lassen, zum anderen aus dem ausgeprägten und verständlichen Interesse von Finanzmarktakteuren, einen Teil des "Rentengeldes" über die Finanzmärkte zu leiten. Allerdings wird vielfach verkannt, dass neben den Beiträgen zur Rentenversicherung dann ein Zusatzbeitrag anfällt, der vermutlich allein von den Arbeitnehmern zu finanzieren wäre , wie dies auch die Ende Mai und Ende Juni 2000 vorgelegten Pläne der Bundesregierung zeigen. Für Arbeitnehmer würde der Gesamtbeitrag noch stärker steigen als bei unveränderten, nicht weiter reduzierten Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung .

Verschiedentlich wird gefordert, die Beitragssätze zur Rentenversicherung sollten weitgehend konstant bleiben, z. B. 20 Prozent nicht übersteigen. Diese Orientierung an Beitragssatzstabilität würde eine Wende von der bisherigen ausgabenorientierten Einnahmepolitik zu einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik einläuten. Mit dem Rentenreformgesetz von 1992 wurde durch die Ausgestaltung der Rentenversicherung ein Gleichklang der Entwicklung von Renten und Nettoarbeitsentgelten angestrebt (durch Anpassung der Renten mit der Änderungsrate des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts, Nettoanpassung der Renten), also folglich eine Konstanz der Relation zwischen Renten und Nettoentgelten im Zeitablauf. Der Beitragssatz war nach diesem Konzept im Prinzip die sich anpassende Größe. Anders wäre es, wenn eine Konstanz des Beitragssatzes realisiert werden soll: Angesichts der auch durch Zuwanderung nicht grundlegend veränderbaren Entwicklung der Altersstruktur (Zunahme von älteren Menschen im Vergleich zu den Personen in der Erwerbsphase) wäre eine Senkung des Leistungsniveaus in der Rentenversicherung die notwendige Folge (unterstellt, es wird nicht ein höherer Anteil der Rentenausgaben aus dem Steueraufkommen finanziert).

Eine weitere wichtige Weichenstellung bezieht sich auf die Frage, ob in der gesetzlichen Rentenversicherung eine enge Beziehung zwischen Vorsorgebeitrag und (späterer) Rentenleistung bestehen soll oder ob die Rentenversicherung, mehr der Einkommensumverteilung (z. B. zwischen Personen mit niedrigem und höherem Arbeitsentgelt) dienen soll. Es spricht viel für die These, dass eine enge Beziehung zwischen Leistung und Gegenleistung die Akzeptanz des Systems in der Bevölkerung, die Bereitschaft, zur Finanzierung beizutragen, stärkt und damit auch Ausweichreaktionen und Abgabenwiderstände mindert.

Der gesetzlichen Rentenversicherung waren im Laufe der Zeit viele Aufgaben der Einkommensumverteilung übertragen worden: Anrechnung von Ausbildungszeiten ohne Beitragszahlung, vorzeitiger Rentenbeginn ohne versicherungsmathematische Abschläge (um die längere Rentenbezugsdauer zu berücksichtigen) oder in jüngster Zeit Rentenzuschläge für ostdeutsche Rentner im Zuge der deutschen Vereinigung. Solche Ausgaben wurden lange Zeit unter dem Stichwort "versicherungsfremde Leistungen" diskutiert. Verteilungspolitisch ist es problematisch, wenn insbesondere allgemeine Staatsaufgaben - wie sie z. B. im Zusammenhang mit Übergangsregelungen für Rentner in Ostdeutschland - nur von den Beitragszahlern auf der Basis ihres Arbeitsentgelts (zudem begrenzt durch die Beitragsbemessungsgrenze) finanziert werden, nicht aber von allen Staatsbürgern gemäß den Lastverteilungsregeln, die man sonst für die Finanzierung allgemeiner öffentlicher Aufgaben zugrunde legt. Zudem werden infolge der damit höheren Beiträge auch die Lohnnebenkosten gesteigert, und zwar für Aufgaben, die nichts mit dem Arbeitseinsatz (den Kosten des Faktors Arbeit) zu tun haben. Dies wirkt sich - insbesondere in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit - beschäftigungspolitisch negativ aus.

Um die allgemeinen Umverteilungsaufgaben, die der Rentenversicherung übertragen wurden, in höherem Maße durch Steuermittel zu finanzieren und damit zugleich den Sozialversicherungsbeitrag von derartigen Aufgaben zu entlasten, wurde beschlossen, neben dem allgemeinen Bundeszuschuss einen Teil des Aufkommens der Mehrwertsteuer und der neu eingeführten Ökosteuer einzusetzen. Insgesamt betrachtet ist dies durchaus beschäftigungs- und verteilungspolitisch sinnvoll. Hierdurch wird die Leistungs-Gegenleistungs-Beziehung in der Rentenversicherung gestärkt, verteilungspolitische Ungerechtigkeiten und auch beschäftigungspolitische Fehlanreize werden abgebaut .

Durch die zusätzliche Steuerfinanzierung von Umverteilungsaufgaben wurde die Beziehung zwischen Beitrag und Rente enger gestaltet12. Es wäre angesichts der damit zugleich verbundenen verteilungs- und beschäftigungspolitisch relevanten Effekte falsch, hierin einfach einen "Verschiebebahnhof" zu sehen. Diese engere Beitrags-Leistungs-Beziehung kann als Ausdruck einer vorsorgeorientierten Konzeption für die gesetzliche Rentenversicherung angesehen werden. Damit wird deutlich, dass der Beitrag zur Rentenversicherung für den Versicherten eine Vorsorgemaßnahme ist, also auch eine Form des Sparens für das Alter. Vorsorge ist also nicht etwa auf Vorsorgemaßnahmen im Privatsektor (wie bei Lebensversicherungen usw.) beschränkt.

Wenn die gesetzliche Rentenversicherung das wichtigste Instrument der Vorsorge sein soll, dann gibt es jedoch systembedingt Grenzen für die Minderung ihres Leistungsniveaus. Um dies zu verdeutlichen, seien zunächst in vereinfachter Form einige Bausteine für die Berechnung von Versichertenrenten in der Rentenversicherung und die Anpassung der Rentenhöhe im Zeitablauf erläutert. Das hilft zugleich bei der Ableitung von Wirkungen, die von einigen Änderungsvorschlägen für die Rentenversicherung ausgehen würden.

Rentenberechnung und Rentenanpassung: Die bestehende Regelung

r>Die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung basiert - wenn man es sehr vereinfacht - auf zwei Komponenten: der Summe an so genannten Entgeltpunkten und dem Wert eines Entgeltpunktes in DM. Zum Entgeltpunkt: Bei versicherungspflichtiger Tätigkeit wird für jedes Jahr ermittelt, wie hoch das individuelle Arbeitsentgelt im Vergleich zum durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller im gleichen Jahr versicherungspflichtigen Personen war. Hat ein Versicherter genau den Durchschnittslohn bezogen, so wird ihm für dieses Jahr ein Entgeltpunkt in seinem Versicherungskonto gutgeschrieben. Hieran wird deutlich, dass für die Entgeltpunkte also nicht die Höhe der Beitragszahlung, sondern die (relative) Höhe des Lohnes maßgebend ist.

Zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Rente wird nun die Summe aller Engeltpunkte ermittelt . Diese Summe der Entgeltpunkte wird bewertet mit dem in dem Jahr des Rentenbeginns maßgebenden DM-Betrag für einen Entgeltpunkt (dies wird als "aktueller Rentenwert" bezeichnet). Aus der Multiplikation der Entgeltpunkte mit dem "aktuellen Rentenwert" ergibt sich die Höhe der monatlichen Rente.

Nach der 1992 eingeführten Rentenformel führt eine bestimmte Zahl an Entgeltpunkten zu einer (weitgehend) festen Relation zum jeweiligen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt aller Versicherten in dem betreffenden Jahr. Für den so genannten "Eckrentner" - ein Rentner mit einer Rente, die auf 45 Entgeltpunkten beruht - erreicht die (Eck-)Rente 70 Prozent des jeweiligen (aktuellen) durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts. Anders ausgedrückt: Das Niveau der Eckrente (bezogen auf das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt) beträgt 70 Prozent.

Diese Rente wird in voller Höhe allerdings nur dann gezahlt, wenn der Versicherte (im Falle der Altersrente) seine Rente erst dann in Anspruch nimmt, wenn er die "Regelaltersgrenze" erreicht. Sonst erfolgt pro Jahr des vorzeitigen Rentenbezugs eine Minderung der Rentenzahlung um 3,6 Prozent pro Jahr der vorzeitigen Inanspruchnahme. Diese "Abschläge" von der vollen Rente werden allmählich eingeführt. Die Regelaltersgrenze wird demnächst 65 Jahre betragen.

Wichtig ist nun, wie sich der "aktuelle Rentenwert" und damit der Wert der Entgeltpunkte im Zeitablauf entwickelt. Nach der 1992 eingeführten Nettoanpassungsformel erhöht sich der aktuelle Rentenwert nach Maßgabe der Entwicklung des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts. Für jede Rente - ob erstmals berechnet oder schon seit (vielen) Jahren bezogen - ist der aktuelle Rentenwert identisch. Wenn sich die Rente also mit dem gleichen Prozentsatz wie das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt erhöht, so bleibt das Rentenniveau im Zeitablauf konstant und die Rente jedes einzelnen Versicherten steht in einem festen Verhältnis zum jeweiligen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt . Rentner nehmen also an der Entwicklung des Nettolohns teil. Wenn die Beiträge zur Rentenversicherung - um ein Beispiel zu wählen - steigen, so erhöht sich das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt schwächer und folglich auch die Renten.

Zum Rentenniveau: Höhe, Aussagekraft und der Einfluss durch Einführung eines Zusatzbeitrags

Ob diese Kopplung der Renten an die Entwicklung der (durchschnittlichen) Nettolöhne nach der von der Bundesregierung für zwei Jahre vorgenommenen Unterbrechung (durch Rentenanpassung gemäß Inflationsrate) wieder aufgenommen wird, das ist einer der aktuellen Diskussionspunkte. Ein schwächerer Anstieg der Renten im Vergleich zu den Nettoentgelten reduziert folglich das Rentenniveau.

Der zweite wichtige Aspekt für die Höhe des Rentenniveaus der Versicherten ist, in welchem Umfang sie tatsächlich Entgeltpunkte ansammeln können. Für die bereits erwähnte "Eckrente" liegen ja stets 45 Entgeltpunkte zugrunde. 45 Entgeltpunkte ergeben sich z. B. für einen "Durchschnittsverdiener" nach 45 Versicherungsjahren. "Die Eckrente" basiert auf diesen 45 Entgeltpunkten, unabhängig davon, wie die Bedingungen in der Realität für den einzelnen Versicherten zum Erwerb solcher Entgeltpunkte sind, also wie die Arbeitsmarktlage oder die Gestaltung des Leistungsrechts in der Rentenversicherung ist. Rund 50 Prozent der Rentner und etwa 95 Prozent aller Rentnerinnen haben derzeit weniger als 45 Entgeltpunkte. Auch ist zu beachten, dass Änderungen des Leistungsrechts - wie eine geringere Anrechnung von Ausbildungszeiten - zwar die individuelle Höhe der Entgeltpunkte berühren, nicht aber die in der deutschen Diskussion im Zentrum stehende Eckrente bzw. das Eckrentenniveau, da die Eckrente ja auf 45 Entgeltpunkte normiert ist. Beträgt das Eckrentenniveau (45 Entgeltpunkte) 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts, so sind es z. B. für einen Versicherten mit 40 Entgeltpunkten - ab der Regel-Altersgrenze - 62 Prozent.

Die Bundesregierung hatte beschlossen, für zwei Jahre die Nettoanpassungsformel außer Kraft zu setzen und statt dessen eine allein am Anstieg des Preisindex für die Lebenshaltung orientierte Anpassung vorzunehmen. Dies führt zu einer Minderung der Anpassung im Vergleich zur nettolohnbezogenen Erhöhung .

Es werden aber weitere, das Rentenniveau reduzierende Maßnahmen diskutiert. So würde beispielsweise eine obligatorische ergänzende Alterssicherung den Anstieg des Nettoarbeitsentgelts mindern und folglich das Leistungsniveau in der Rentenversicherung reduzieren. Nach Vorstellungen des Bundesarbeitsministeriums soll ein Zusatzbeitrag eingeführt werden, der den Nettolohnanstieg mindern würde. War zunächst ein solcher Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent vorgesehen, ist in den neuesten Vorschlägen der Regierungskoalition (seit Ende Mai 2000) ein Satz von vier Prozent vorgesehen.

In der Tabelle 1 wird anhand einiger Fallbeispiele verdeutlicht, welche Konsequenzen die erwähnten Maßnahmen für das Niveau von Renten hätten. Verdeutlicht wird dies an Renten, denen 45 Entgeltpunkte und alternativ 40 Entgeltpunkte zugrunde liegen. Gezeigt wird, wie sich Preisindexierung anstelle der Nettolohnanpassung und die Einführung eines Zusatzbeitrags (mit Nettolohnminderungseffekt) auf das Leistungsniveau in der Rentenversicherung auswirken würden. Außerdem wird die Relation der Rentenzahlung zum durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelt ausgewiesen, wenn die Rente nicht erst ab dem "Regelalter" von 65 Jahren, sondern bereits früher in Anspruch genommen wird.

Um die Bedeutung der in der Tabelle ausgewiesenen Prozentzahlen beurteilen zu können, ist ein Vergleich mit dem Niveau der Sozialhilfe aussagekräftig: Ein voller Sozialhilfeanspruch (einschließlich Übernahme der Miete) beträgt rund 40 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts. Man kann nun fragen, wie viele Entgeltpunkte ein Versicherter benötigt, um eine Rente in Höhe dieses Sozialhilfeanspruchs zu erreichen. Selbst bei einem Eckrentenniveau von 70 Prozent benötigt ein Durchschnittsverdiener bereits rund 26 Versicherungsjahre, um einen Rentenanspruch zu erwerben, der gerade dem vollen Sozialhilfeanspruch entspräche. Wenn jemand im Durchschnitt seines Erwerbslebens ein niedrigeres Entgelt erreicht, so sind folglich mehr Versicherungsjahre erforderlich. Hat jemand beispielsweise 80 Prozent des Durchschnittslohns erreicht, so braucht er bei dem Eckrentenniveau von 70 Prozent eine Rente, die - ab der Regel-Altersgrenze - dem Sozialhilfeanspruch entspricht.

Wird nun das Rentenniveau generell gesenkt - und die Vorschläge in der öffentlichen Diskussion reichen zum Teil bis "hinab" zu 60 Prozent (bei 45 Entgeltpunkten) -, so sind folglich immer mehr Rentenansprüche erforderlich, um überhaupt die Sozialhilfeschwelle zu überschreiten. So würde beispielsweise ein Durchschnittsverdiener bei einem Eckrentenniveau von nur noch 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts bereits 30 Versicherungsjahre benötigen, und der (mit 80 Prozent des Durchschnittslohns) unterdurchschnittlich Verdienende benötigte rund 37 Versicherungsjahre für eine Rente in Höhe des Sozialhilfeanspruchs.

Das heißt, eine spürbare allgemeine Senkung des Rentenniveaus birgt die Gefahr in sich, dass Personen selbst nach langer Zeit der Zahlung des Pflichtbeitrags nur noch einen Rentenanspruch erwerben, der sich kaum vom Sozialhilfeanspruch unterscheidet. Das bedeutet zwar nicht, dass diese Personen dann zu Sozialhilfefällen werden - da dies von anderen Einkünften, auch von der Haushaltssituation abhängt -, wohl aber, dass hier eine große Gefahr für die Legitimation eines Pflicht-Versicherungssystem entsteht: Die Legitimationsbasis eines Systems, das zudem eine enge Leistungs-Gegenleistungs-Beziehung anstrebt, würde immer stärker unterhöhlt, wenn man befürchten muss, durch "lebenslange" Beitragszahlung kaum über den Sozialhilfeanspruch hinausgelangen zu können. Anders ausgedrückt: Die Bereitschaft, in dieses System "einzuzahlen", dürfte zunehmend schwinden. Die Folge wäre dann im Zweifel ein schließlich über Steuern zu finanzierendes Mindestsicherungssystem mit stark umverteilenden Effekten - eine auf schleichendem Wege einhergehende Systemänderung. Weiter unten wird anhand der Ende Juni 2000 von der SPD beschlossenen Maßnahmen illustriert, dass hierdurch faktisch ein Eckrentenniveau von etwa 60 Prozent angestrebt wird, auch wenn offiziell ein Niveau von 64 Prozent genannt wird.

Generell sind mögliche Auswirkungen von Vorschlägen sorgfältig zu analysieren. Plakativ vorgetragene und auf den ersten Blick oft plausibel erscheinende Vorschläge können sich bei näherer Betrachtung als höchst problembehaftet erweisen. Dies sei an einem weiteren Beispiel verdeutlicht:

So wird verschiedentlich gefordert, die gegenwärtige Relation umlagefinanzierter zu kapitalfundierter Alterssicherung von etwa 8:2 in ein Verhältnis 6:4 zu verändern. Geht in diesem Fall die zusätzliche Kapitalfundierung zu Lasten der Umlagefinanzierung, wäre dies mit einer Senkung des Leistungsniveaus der gesetzlichen Rentenversicherung um ein Viertel verbunden. Für den "Eckrentner" läge die Rente dann nur noch knapp über 50 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts (nicht bei 70 Prozent, wie durch das Rentenreformgesetz 1992 vorgesehen). Bereits der Durchschnittsverdiener brauchte in diesem Fall etwa 34 Versicherungsjahre, um überhaupt die Sozialhilfeschwelle zu erreichen16.

Nun mag dem entgegengehalten werden, dass es ja dann beispielsweise noch einen Zusatzbeitrag gibt, aus dem weitere Einkünfte im Alter bezogen werden. Aus diesem Zusatzbeitrag, angelegt auf dem Kapitalmarkt, können sich aber erst sehr allmählich weitere Alterseinkünfte ergeben. Die Einführung eines solchen Zusatzbeitrags ist - so zumindest die primäre Zielsetzung vieler Befürworter eines solchen Konzepts - verbunden mit einer Reduktion der Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese trifft auch die jetzt schon im Rentenalter stehenden Personen, wie auch alle zukünftigen Rentner, da ja der "aktuelle Rentenwert" niedriger sein würde als bei der nettolohnbezogenen Anpassung ohne Zusatzbeitrag. Rentner würden folglich eine geringere Sozialversicherungsrente erhalten, aber keine Zusatzrente. Und für "rentennahe" Jahrgänge würde auch die Minderung der gesetzlichen Rente keinesfalls durch eine Zusatzrente kompensiert. Dies sei anhand der zum jetzigen Zeitpunkt aktuellen offiziellen Vorschläge erläutert.

Vorschläge im 4-Wochen-Takt: Zur Situation Mitte des Jahres 2000

r>Die Bevölkerung wird von immer neuen Vorschlägen überrascht - Vorschläge, deren Wirkungen nur bruchstückhaft offen gelegt werden. Immer neue "Faktoren" sollen bei der Rentenberechnung eine Senkung des Niveaus der umlagefinanzierten Rentenversicherung bewirken: Demographie-Faktor, Ausgleichsfaktor, Generationenfaktor usw. Hier sei nur auf zwei Varianten kurz eingegangen, die von der Regierungskoalition Ende Mai 2000 und dann vier Wochen später Ende Juni vorgelegt wurden. Erklärtes Ziel ist eine Begrenzung des Anstiegs des Beitragssatzes zur Rentenversicherung im Vergleich zur Situation ohne diese Maßnahmen, eine Begrenzung der Lohnnebenkosten, "Generationengerechtigkeit" - was immer sich auch hinter diesem vieldeutigen Begriff verbergen mag - und zugleich eine Ausdehnung kapitalfundierter (vor allem privater) Alterssicherung. Dabei geht es in den nachfolgend skizzierten Vorschlägen um ein partielles Ersetzen und nicht um ein Ergänzen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV).

Durch die am 30. Mai 2000 vorgelegten Pläne sollte auf doppelte Weise eine Niveaureduktion in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgelöst werden:

(a) Durch einen zusätzlichen Faktor in der Anpassungsformel, mit dem so getan wird, als ob ein freiwilliger Vorsorgebeitrag von 4 Prozent erfolgt. Durch diesen stufenweise einzuführenden Zusatzbeitrag soll der Anstieg der Renten (Rentenanpassung, schwächerer Anstieg des aktuellen Rentenwerts) gebremst werden. Dies trifft alle derzeitigen und künftigen Rentner, da sich die Rentenberechnung auf einen dann niedrigeren absoluten Betrag je Entgeltpunkt bezieht.

(b) Darüber hinaus sollte für künftige Rentner bei der Erstberechnung der Rente ein Kürzungsfaktor eingeführt werden (mit dem irreführenden Namen "Ausgleichsfaktor"). Hier wird ein Betrag unterstellt, den jemand bis zum Rentenbeginn auf der Grundlage des erwähnten 4-prozentigen Zusatzbeitrags für das Alter hätte sparen können. Zugrunde gelegt wurde für diese Berechnung eine Rendite von 5,5 Prozent für die fiktiven Sparbeträge. Ob jemand gespart hätte oder nicht, wäre unerheblich gewesen. Die Hälfte dieser potentiellen zusätzlichen (kapitalfundierten) Altersvorsorge wäre von der "gesetzlichen" Rente abgezogen worden.

Das Ergebnis wäre gewesen, dass für den "Eckrentner" des Jahres 2030 die GRV-Rente - nach Angaben der Regierung - nur noch 62 Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts betragen hätte, 2040 dann 58 Prozent und 2050 nur noch 54 Prozent. Diese Niveauwerte spiegeln allerdings das Leistungsniveau der RGV nicht richtig wider, sie sind um drei bis vier Prozentpunkte überhöht, da der rentenmindernde Vorsorgebeitrag von 4 Prozent dabei nicht berücksichtigt wurde.

Wie schon die wenigen Bemerkungen deutlich machen, handelt es sich um manipulationsträchtige Regelungen, denn alle Parameterwerte sind beliebig veränderbar. Das anvisierte niedrige Niveau der GRV-Rente lässt erwarten, dass ein Großteil der Versicherten selbst nach langjähriger Beitragszahlung mit der GRV-Rente unter oder allenfalls leicht oberhalb des Sozialhilfeniveaus landen würde. Jeder wird sich dann die Frage stellen, ob sich "lebenslange" Beitragszahlung für ihn noch lohnt. Eine solche Entwicklung lässt erwarten, dass damit der "Einstieg in den Ausstieg" aus der einkommensbezogenen Sozialversicherungsrente eingeläutet würde. Längerfristig würde nur noch ein stark umverteilendes Basis-Sicherungssystem übrig bleiben. Zugleich würde für Personen mit entsprechender Sparfähigkeit eine immer stärkere Verschiebung der Alterssicherung hin zur Vorsorge über den Kapitalmarkt erfolgen.

Was die angestrebte Reduzierung des GRV-Beitrags und die Höhe der Abgaben für die Alterssicherung insgesamt betrifft, stellt sich die Frage, warum ein Beitrag zur GRV im Jahr 2020 von 20,5 Prozent (der ohne diese Vorschläge zu erwarten ist) nicht mehr vertretbar ist, ein Gesamtbeitrag (aus etwas reduziertem GRV-Beitrag und 4 Prozent Zusatzbeitrag) von knapp 24 Prozent aber akzeptabel wäre? Oder warum ein GRV-Beitrag von rund 24 Prozent im Jahr 2030 nicht mehr tragbar ist, ein Gesamtbeitrag von 26 Prozent nach diesen Plänen aber durchaus als vertretbar angesehen wird? Selbst unter Beachtung von steuerlichen oder prämienmäßigen Vergünstigungen bei privater Vorsorge wäre für den Großteil der Versicherten die Zahllast für die Altersvorsorge höher, zumal der Zusatzbeitrag nicht (wie der GRV-Beitrag) hälftig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sondern allein von Arbeitnehmern zu zahlen wäre. Die Zahllast für Arbeitgeber würde sich danach im Jahr 2030 von sonst 12 Prozent auf 11 Prozent mindern, die Zahllast der Arbeitnehmer von sonst 12 Prozent auf 11 + 4 Prozent = 15 Prozent erhöhen. Dieses Konzept - das wird durch die Anrechnung einer fiktiven Vorsorgesumme auf die Rente überaus deutlich - soll also einen Vorsorgebedarf erzeugen. Es wird ein Ersatz eines Teils der GRV-Rente durch private Vorsorge angestrebt.

Das Regierungskonzept enthielt noch weitere Komponenten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Vielmehr soll noch kurz auf die Ende Juni 2000 aufgrund erheblicher öffentlicher und parteiinterner Kritik revidierten Pläne hingewiesen werden.

Der erste der beiden das Niveau der GRV-Rente mindernde Faktoren (4 Prozent Vorsorgebeitrag) blieb unverändert. An die Stelle des zweiten niveausenkenden Faktors - des fiktiven von der GRV-Rente abzuziehenden Sparbetrages - soll nun eine stufenweise Reduktion der Rente für Neurentner treten. Die Berechnungen wurden nun nur noch bis zum Jahr 2030 vorgelegt. Danach soll - so wiederum die Regierung - das GRV-Niveau für die Eckrente bis 2030 "nur noch" auf 64 Prozent sinken - unter Berücksichtigung des Vorsorgebeitrags (wie oben erwähnt) sind es faktisch aber kaum 61 Prozent. Die Folgen bei geringerer Zahl an Entgeltpunkten (als 45) und vorzeitigem Rentenbezug sind aus der obigen Tabelle 1 ablesbar. Die erwähnten Argumente gegen diese Niveaureduktion bleiben unverändert gültig.

Auch in der Variante vom Juni 2000 sind die Parameterwerte beliebig veränderbar: 4 Prozent Vorsorgebeitrag - stufenweise ab 2001 mit 0,5 Prozent eingeführt und bis auf 4 Prozent steigend - und ein nun "linearer Ausgleichsfaktor" (also eine Rentenkürzung) ab 2011 mit 0,3 Prozent, auf 6 Prozent im Jahr 2030 steigend. Diese Werte können - sowohl was ihre Höhe als auch den zeitlichen Verlauf betrifft - beliebig verändert werden. Dass durch solche manipulationsanfällige Faktoren in der Rentenformel Vertrauen wiederhergestellt werden kann, ist mehr als zweifelhaft.

Ein Blick auf die Höhe von Renten, aber auch von Beitragszahlungen für die Alterssicherung offenbart, dass hier erhebliche Effekte auftreten. Sie lassen für die nächsten Jahrzehnte nicht gerade erwarten, dass dies für junge und ältere Versicherte "ein gutes Geschäft" wird. Die dazu in der Tabelle 2 vorgelegten Berechnungen basieren auf Eckdaten der Regierung . Die Ergebnisse sind recht "ernüchternd".

Nach den von der Regierung vorgesehenen Veränderungen bei Rentenanpassung und Rentenberechnung würde die Eckrente für Neurentner im Jahr 2020 nicht 3 762 DM/Monat betragen, sondern 3 504 DM. Zusätzlich könnte bei einer (nun von der Regierung zugrunde gelegten) Rendite von 4 Prozent eine Zusatzrente von 260 DM erreicht werden (sofern tatsächlich der Zusatzbeitrag von 4 Prozent entrichtet wird). Die Rente aus reduzierter GRV-Rente + Zusatzrente läge damit gerade einmal um 12 DM über der GRV-Rente ohne diese Maßnahmen . Für das Jahr 2030 würde die Gesamtrente die GRV-Rente um 70 DM monatlich übersteigen.

Dieser eher minimale Mehrbetrag für den "Eckrentner" ist aber keinesfalls "kostenfrei". So ist ja ab 2001 ein Zusatzbeitrag zu entrichten. Auch unter Berücksichtigung des leicht geminderten GRV-Beitrags hätte ein Durchschnittsverdiener erheblich mehr für die Altersvorsorge zu zahlen: 2020 im Monat 289 DM, 2030 bereits 326 DM. Diese Zusatzbeiträge vergleiche man mit den Rentenmehrbeträgen! Selbst bei steuerlicher oder prämienmäßiger Vergünstigung der zusätzlichen privaten Vorsorge, die hier nicht berücksichtigt ist, bleibt eine Mehrbelastung, die über das Maß hinausgeht, was in der GRV bei vergleichbarer Absicherung für das Alter zu zahlen wäre.

Offensichtlich sind mit der Einführung eines Zusatzbeitrags erhebliche Verteilungseffekte verbunden. Diese werden umso komplexer, wenn bestimmte Formen bisher schon bestehender Altervorsorge (wie betriebliche Altersvorsorge, Lebensversicherungen) auf die Zusatz-Vorsorge "angerechnet" werden. Da - wie erwähnt - in Ostdeutschland Betriebsrenten und private Zusatzvorsorge bisher noch eine vergleichsweise geringe Bedeutung besitzen, würden Beschäftigte dort, aber auch Beschäftigte in Westdeutschland in Bereichen ohne betriebliche Alterssicherung (also vornehmlich in Klein- und Mittelbetrieben) zum Zusatzbeitrag herangezogen.

Die sehr differenziert zu betrachtenden Verteilungseffekte spielen allerdings in der gegenwärtigen Diskussion faktisch kaum eine Rolle. Der Blick ist fast ausschließlich auf Indikatoren wie den Beitragssatz der Rentenversicherung und das "Eckrentenniveau" beschränkt. Dies ist ein Mangel der politischen Diskussion.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass eine kapitalfundierte Zusatzvorsorge zwar durchaus erwünscht ist, sie jedoch nicht als Hebel zur weiteren Reduzierung der Leistungen in der Rentenversicherung genutzt werden sollte. Vielmehr wäre auf Formen freiwilliger und gezielt geförderter Alterssicherung zu setzen, die den jeweiligen spezifischen Umständen flexibel anpassbar sind.

Die Förderung von Vermögensbildung könnte dabei spezifisch auf Zwecke der Alterssicherung konzentriert werden.

Beziehungen zwischen Alterssicherung und Steuerpolitik

Die Förderung von Zusatzvorsorge macht einmal mehr deutlich, dass Entscheidungen über die Alterssicherung generell, aber auch speziell in der gesetzlichen Rentenversicherung, ohne Berücksichtigung steuerlicher Überlegungen unzureichend wären. Dies berührt verschiedene Aspekte. Bereits oben wurde auf den Zusammenhang zwischen Steuerpolitik und Rentenanpassungsverfahren im Falle der nettolohnorientierten Anpassung hingewiesen. Änderungen in der direkten Steuerbelastung wirken sich hierdurch unmittelbar auf die Entwicklung der Renten, der Rentenausgaben insgesamt und auf die Entwicklung des Finanzbedarfs aus. Wenn es - was nicht unwahrscheinlich ist - in Zukunft immer wieder stufenweise zu Minderungen der Lohn- und Einkommensteuerbelastung kommt, so würde dies stets einen (zusätzlichen) Anstieg der Nettolöhne zur Folge haben und die Gefahr in sich bergen, dass fallweise in den Anpassungsmechanismus eingegriffen wird.

Die Vergangenheit zeigte es deutlich, dass hierdurch intensive Reformdebatten ausgelöst werden, was oft zur Verunsicherung führt und im Zweifel die Akzeptanz für ein solches System mindert. Insbesondere wenn im Rahmen der Europäischen Union die indirekten Steuern stärker einander angeglichen und die Steuereinnahmen vermehrt über indirekte Steuern und weniger über direkte Steuern aufgebracht werden, würde sich bei Fortdauer der nettolohnbezogenen Anpassung ein solcher Prozess der stärkeren Rentenanhebungen ergeben. Die Bundesregierung hat sich lange und energisch gegen die Abkehr von der Nettoanpassung gewandt, jedoch Ende Mai in ihren Vorschlägen dies dann doch vorgesehen.

Zugleich ist aber zu bedenken, dass vermehrte indirekte Besteuerung - sofern sie nicht z. B. durch gespaltene Mehrwertsteuersätze begleitet ist - die unteren und mittleren Einkommensschichten (und auch größere Haushalte) relativ stärker treffen würde angesichts ihrer vergleichsweise höheren Konsumquote. Aber es würde auch der immer größer werdende Anteil der Rentner an der Gesamtbevölkerung verstärkt zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben herangezogen. Bei der Entscheidung über das für angemessen und finanzierbar gehaltene "Niveau" von Renten und Alterseinkünften ist dies folglich mit zu beachten. Dies gilt auch, worauf wenig hingewiesen wird, für Zuzahlungsregelungen im Krankheitsfall und für die Eigenbeteiligung bei Pflegebedürftigkeit. Die Entwicklung des Leistungsrechts in diesen Bereichen kann für die Einkommenslage im Alter somit gleichfalls von beträchtlicher Bedeutung sein.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften. So wird seit langem auf ein weiteres Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Renten und Pensionen gewartet. Das Urteil dürfte aber wohl nicht mehr in diesem Jahr ergehen. Die Besteuerung der Renten hätte bei Fortdauer der nettobezogenen Rentenanpassung Konsequenzen für das Anpassungsverfahren und für die für angemessen gehaltene Leistungshöhe in der Rentenversicherung. Zugleich stellt sich die für die Höhe des Steueraufkommens wichtige Frage, in welchem Ausmaß Vorsorgeaufwendungen aus unversteuertem Einkommen erfolgen können. Dies wird zur Zeit im Hinblick auf zusätzliche private Vorsorge diskutiert, indem gefordert wird, zusätzliche Vorsorge solle aus nicht versteuertem Einkommen getätigt werden können. Allerdings stellt sich gleichermaßen die Frage, wie die Pflicht-Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung steuerlich behandelt werden. Bisher sind zwar die Arbeitgeberbeiträge steuerfrei, für die Arbeitnehmerbeiträge gilt dies jedoch nicht in vollem Umfang. Darüber hinaus stellen sich schwierige - gleichfalls seit vielen Jahren diskutierte - konzeptionelle Fragen hinsichtlich der steuerlichen Behandlung verschiedener Formen von Alterseinkünften.

Schließlich sei nochmals auf den bereits erwähnten Aspekt hingewiesen, dass die Zahlungen des Bundes an die Rentenversicherung aus unterschiedlichen "Quellen" erfolgen. Würde beispielsweise mit Ökosteuern ein "Lenkungseffekt" erreicht, indem der Verbrauch entsprechend besteuerter Produkte zurückgeht, so würde tendenziell auch das Steueraufkommen gemindert, das nach gegenwärtiger Regelung zweckgebunden der Rentenversicherung zufließen soll.

An diesen Beispielen wird exemplarisch deutlich, dass die Vorbereitung von Reformen eine nicht nur sorgfältige, sondern auch verschiedene Bereiche umfassende Analyse erfordert.

Nachfolgend nun einige Hinweise zur Weiterentwicklung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung.

Weiterentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung

Für ein am Vorsorgegedanken orientiertes Rentenversicherungssystem könnte als Leitschnur für die Zukunft gelten: Einem Rentenanspruch liegt eine Beitragszahlung zugrunde. Dies kann der Beitrag auf der Basis versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit sein, der Beitrag des Staates für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten, der Beitrag einer Pflegekasse für die Alterssicherung von Pflegepersonen oder der Beitrag der Bundesanstalt für Arbeit für ihre Leistungsempfänger. Wollte man Zeiten der Ausbildung berücksichtigen, so wäre auch hier eine Beitragszahlung erforderlich (z. B. verknüpft mit der Ausbildungsförderung). Damit würde eine klare Konzeption geschaffen und den Versicherten deutlich gemacht, dass Rentenansprüche Beiträge voraussetzen. Zudem wäre die Finanzierungszuständigkeit klar geregelt. Dies alles dürfte die Akzeptanz des Systems fördern.

Auch wenn die gesetzliche Rentenversicherung deutlich gemäß dem Vorsorgekonzept ausgestaltet wird, so stellt sie dennoch keine Kopie einer Privatversicherung dar. Abgesehen vom Finanzierungsverfahren, wo in der freiwilligen Privatversicherung in der Regel Kapitalfundierung erforderlich ist, bestehen einige sozial- und verteilungspolitisch wichtige Unterschiede: So wird keine Beitragsdifferenzierung nach dem Geschlecht - trotz unterschiedlicher Lebenserwartung - vorgenommen, für Invaliditätsrenten und deren Finanzierung erfolgt keine Risikoprüfung, Rehabilitationsmaßnahmen werden als einkommensunabhängige Leistungen bereitgestellt.

Für die weitgehende Realisierung des Vorsorgekonzepts in der Rentenversicherung wären aber weitere flankierende Maßnahmen erforderlich: Beispielsweise ist bei Beschäftigung eines Rentners von dessen Arbeitgeber der Arbeitgeberbeitrag zu entrichten. Die Beitragszahlung führt aber nicht zur Erhöhung des Rentenanspruchs. Diese Regelung wurde früher aus wettbewerbspolitischen Gründen eingeführt und vor vielen Jahren vom Bundesverfassungsgericht auch als verfassungsrechtlich zulässig bezeichnet. Ob eine solche Entscheidung heute in dieser Weise noch erfolgen würde, bleibe dahingestellt. Mit einem vorsorgeorientierten, auf Beitragszahlung beruhenden Rentenversicherungssystem ist dies allerdings nicht vereinbar.

Wichtiger aber ist Folgendes: So wie Banken und Versicherungen ihren "Kunden" regelmäßig Kontoauszüge zur Verfügung stellen, aus denen diese ersehen können, was sie bisher "gespart" haben bzw. welche Ansprüche sie besitzen, so sollte dies auch durch die gesetzliche Rentenversicherung erfolgen. Das könnte sogar verknüpft werden mit Angaben darüber, wie sich der Rentenanspruch entwickelt, beispielsweise bei gegebenem Leistungsrecht, einer bestimmten Lohnentwicklung, wenn der Versicherte weiterhin auf dem relativen Niveau wie in der Vergangenheit Beiträge entrichtet usw. Dies wären keine rechtsverbindlichen Informationen, würde aber dem Einzelnen deutlich machen, ob aus seiner Sicht gegebenenfalls eine "Versorgungslücke" besteht. Dies könnte zu gezielten Vorsorgemaßnahmen führen. Dieser Vorschlag wird schon seit vielen Jahren gemacht . Es deutet sich an, dass die Rentenversicherungsträger nach langem Zögern solche Überlegungen aufgreifen. Dies wäre ein wichtiger Beitrag im Interesse erhöhter Transparenz.

Transparenz würde auch gefördert, wenn das Rentenanpassungsverfahren deutlich vereinfacht und von anderen Einflussfaktoren entkoppelt würde. Bei der Nettoanpassung wirken auf den Anpassungssatz faktisch die Lohnsteuerentwicklung sowie die Veränderung der Beitragssätze zur Bundesanstalt für Arbeit und zur Rentenversicherung ein, während die Beiträge zur Kranken- und zur Pflegeversicherung zwar für die Nettolohnentwicklung der Versicherten berücksichtigt werden, aber durch Korrekturfaktoren aus der Formel weitgehend wieder eliminiert werden, da Rentner zu beiden Zweigen auch selbst Beiträge entrichten. Ein - auch vom Sozialbeirat der Bundesregierung unterbreiteter - Vorschlag ist, nur die Entwicklung von durchschnittlichem Bruttolohn und Beitragssatz zur Rentenversicherung in der Anpassungsformel zu berücksichtigen . Damit würde zum einen die Lohnbezogenheit der Renten(anpas- sung) deutlich, zum anderen die Tatsache, dass dann, wenn insbesondere im Zuge des Alterungsprozesses die Rentenversicherung "teurer" wird, sich also der Beitragssatz erhöht, dies nicht nur die Beitragszahler, sondern auch die Rentner "trifft". Dieser Vorschlag wurde Ende Mai 2000 von der Bundesregierung im Prinzip aufgegriffen, allerdings "ergänzt" durch den 4-prozentigen Vorsorgebeitrag.

Dies wäre zugleich ein Beispiel für eine Entflechtung zwischen Rentenversicherung und anderen Faktoren. Ein weiterer, darüber hinausgehender Schritt könnte darin bestehen, dass in Zukunft die Rentenversicherung nicht mehr den halben Beitragssatz zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Rentner zahlt. Bisher ist es so, dass dann, wenn die Beitragssätze zur Kranken- und Pflegeversicherung steigen, sich dadurch zugleich die Rentenausgaben erhöhen.

Diskutiert wird auch über eine Neuregelung der Leistungen für Hinterbliebene (verknüpft mit der generellen Frage nach der Gestaltung der Alterssicherung von Frauen). Hier wurden zunächst vom Bundesarbeitsministerium drei, inzwischen nur noch zwei Optionen vorgeschlagen . Hier sei nur ein Aspekt angesprochen, weil er insbesondere mit der eingangs aufgeworfenen konzeptionellen Frage nach der Art von Leistungen und ihrer sachadäquaten Finanzierung zusammenhängt. Das betrifft die auch heute schon bestehenden Regelungen bei der Berechnung von Hinterbliebenenrenten. Nach dem gegenwärtig existierenden Modell werden Hinterbliebenenrenten (die für Witwen/Witwer im Prinzip 60 Prozent der Rente des verstorbenen Versicherten betragen) in ihrem Zahlbetrag reduziert, wenn der hinterbliebene Partner über eigene Erwerbseinkünfte oder Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verfügt, sofern diese einen bestimmten (dynamisierten) Freibetrag übersteigen. Es handelt sich hier um eine bedarfsgeprüfte Leistung. Das Bundesarbeitsministerium hat nun eine "Verschärfung" dieser Regelung vorgeschlagen, indem nicht nur alle Einkünfte (also auch Zinseinkünfte, Mieteinnahmen usw.) berücksichtigt werden sollen, sondern der Freibetrag auch absolut unverändert bleiben soll. Er würde also im Zeitablauf bei steigendem Einkommensniveau immer mehr an Bedeutung verlieren.

Damit wird noch deutlicher, dass es sich um eine bedarfsabhängige Transferzahlung handelt. Dann stellt sich aber auch die Frage, ob hierfür die bisherige (überwiegende) Beitragsfinanzierung systemkonform ist. Bei bedarfsüberprüften Transferzahlungen ist die Steuerfinanzierung das angemessene Instrument. In einem Versicherungssystem, das der Vorsorgekonzeption verpflichtet ist, müsste die Beitragszahlung zu einer entsprechenden Gegenleistung führen, die nicht von sonstigen Einkünften abhängig ist. Allerdings wäre es illusorisch, zu erwarten, dass Hinterbliebenenrenten demnächst aus dem Steueraufkommen finanziert werden. Wohl aber wäre zu überlegen, ob beispielsweise die Einführung einer Familienkomponente bei den Hinterbliebenenrenten angebracht sei , wobei diese Familienleistung dann jedoch aus dem Steueraufkommen finanziert werden müsste. Dies würde eine schrittweise Substitution von Beitragsmitteln durch Steuermittel implizieren.

Allerdings stellt sich - wie auch bei sonstigen Vorschlägen für Familienkomponenten in der gesetzlichen Rentenversicherung - generell die Frage, ob bei den Alterseinkünften angesetzt werden soll (seien es die Versichertenrenten, wie jetzt die Kindererziehungszeiten, oder auch Hinterbliebenenrenten), oder ob eine (steuerfinanzierte) Entlastung in der Erwerbsphase für Kindererziehende gewählt werden sollte. Auch hier wird wiederum deutlich, dass es nicht allein um rentenversicherungs- oder alterssicherungsrelevante Fragen geht, sondern bei der Entscheidungsvorbereitung der Zusammenhang mit anderen Bereichen (hier den des Familienlasten- oder Familienleistungsausgleichs) zu beachten ist.

Schließlich sei noch ein Punkt aufgegriffen, der in der Diskussion der letzten Jahre eine erhebliche Rolle spielte: die Frage des "Rentenalters", also wann und zu welchen Konditionen eine Inanspruchnahme von Altersrenten möglich ist ("Altersgrenze"), wie der Übergang von der Erwerbs- in die Rentnerphase gestaltet wird (Stichwort: Teilrente) und ob Anreize für eine Vorverlegung der Beendigung der Erwerbstätigkeit oder eine Verlängerung der Erwerbsphase gegeben werden sollten. Allerdings bestehen offensichtlich Konflikte zwischen den kurz- und mittelfristigen und eher längerfristigen Aspekten, sowohl im Hinblick auf die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt als auch hinsichtlich der Finanzierung der Sozialsysteme. In der Vergangenheit ist die gesetzliche Rentenversicherung vielfach als beschäftigungspolitisches Instrument eingesetzt worden, was den Finanzbedarf in der Rentenversicherung erhöhte, obgleich dies eine Finanzierungsaufgabe der Bundesanstalt für Arbeit war. In jüngster Zeit spielten Vorschläge für eine "Rente mit 60" politisch eine Rolle. Zudem wurden in der Vergangenheit Fehlanreize geschaffen, so durch die fehlenden Abschläge bei vorzeitigem Rentenbeginn .

In Deutschland altert die Bevölkerung: zum einen durch den Rückgang und das seit längerem niedrige Niveau der Geburtenhäufigkeit, zum anderen durch die steigende Lebenserwartung. Der letztgenannte Faktor legt es nun nahe, die zusätzliche Lebenszeit (von der hoffentlich der überwiegende Teil bei guter Gesundheit erlebt werden kann) nicht ausschließlich zur Verlängerung der Rentenlaufzeit, sondern zum Teil auch als Verlängerung der Erwerbsphase zu nutzen. Anzustreben wäre, das durchschnittliche Rentenzugangsalter (von derzeit weniger als 60 Jahren) schrittweise anzuheben. Dies würde die Rentenversicherung finanziell spürbar entlasten.

Eine Maßnahme könnte dabei sein, sowohl das Alter des frühestens Rentenbeginns als auch vor allem die so genannte "Regelaltersgrenze" (die künftig 65 Jahre betragen soll) im Zuge steigender Lebenserwartung schrittweise anzuheben. Dies könnte als "Regel" ausgestaltet sein, indem sich bei steigender Lebenserwartung diese Altersgrenzen in bestimmtem Ausmaß erhöhen. Der Anstieg der Regelaltersgrenze signalisiert dem Versicherten, dass die volle, nicht durch Abschläge geminderte Rente erst zu einem späteren Zeitpunkt bezogen werden kann. Früheres Ausscheiden führt zu Rentenminderungen. Eine solche Regel könnte bereits jetzt angekündigt, aber z. B. erst um das Jahr 2012/15 (in Erwartung einer deutlich verbesserten Arbeitsmarktlage) wirksam werden. Versicherte wie Arbeitgeber könnten sich dann rechtzeitig auf die veränderten Bedingungen einstellen. So könnten jüngere Versicherte z. B. entsprechende Vorsorgemaßnahmen ergreifen, und auch Regelungen der betrieblichen Alterssicherung könnten hierauf ausgerichtet werden (einschließlich der Nutzung von Zeitkonten).

Notwendig wird auf jeden Fall, ältere Arbeitnehmer weitaus mehr als bisher in Qualifizierungsmaßnahmen einzubeziehen, um ein entsprechend qualifiziertes Arbeitspotenzial im Interesse ausreichender Produktivität auch bei alternder Erwerbsbevölkerung zu erreichen. Wenn die noch erwartbare Arbeitsphase zudem länger wird, so lohnen sich Investitionen in das "Humankapital" sowohl für den Beschäftigten als auch für den Arbeitgeber. Auch hier wird wieder deutlich, dass es nicht um isolierte Fragen der Alterssicherung geht, sondern der Zusammenhang mit Arbeitsmarktentwicklung, Finanz-, aber auch Bildungspolitik auf die politische Tagesordnung gehört. Es ist zu wünschen, dass in den Gesprächen über den angestrebten "Rentenkonsens" auch diese längerfristig orientierte Perspektive gebührende Beachtung findet.

Ein Fazit

Mit den obigen Anmerkungen sollte deutlich gemacht werden, dass

- die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung auch für die Zukunft eine wichtige Rolle spielen sollte;

- klare konzeptionelle Entscheidungen notwendig sind, an denen sich die einzelnen Maßnahmen (wie Anpassungsregelung usw.) zu orientieren hätten;

- die Frage nach dem Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung von zentraler Bedeutung, aber nicht unabhängig von der konzeptionellen Grundentscheidung ist;

- das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung auch Anhaltspunkte für den Bedarf an zusätzlicher Alterssicherung liefert;

- die Entscheidungsvorbereitung über den Bereich der Alterssicherung hinaus in Abstimmung mit Entwicklungen bzw. Maßnahmen u. a. in der Steuerpolitik, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik sowie anderen Sozialleistungsbereichen (wie Kranken- und Pflegeversicherung) erfolgen sollte;

- eine sorgfältige und differenzierte Entscheidungsvorbereitung notwendig ist, die weitaus mehr als nur wenige globale Indikatoren (wie Beitragssatz, Eckrentenniveau) berücksichtigt und

- klare, verständliche sowie möglichst vereinfachte Regelungen angestrebt werden müssten und zugleich verständlichen Informationen für die Betroffenen vermehrt Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.

Wenn ein breiter Konsens über das Konzept für die Alterssicherung in Deutschland gefunden würde, könnte auch ein hohes Maß an Stabilität in den Grundelementen erreicht werden, was in einem Bereich, in dem es um Langfristiges geht, überaus wichtig ist. Verbunden mit den oben erwähnten Elementen für eine Weiterentwicklung der Rentenversicherung könnte damit ein wichtiger Baustein geschaffen werden, um wieder Vertrauen in das zentrale deutsche Alterssicherungssystem zu gewinnen. Ein am Vorsorgegedanken orientiertes Rentenversicherungssystem, das jungen wie älteren Menschen als fairer und angemessener Interessenausgleich erscheint und zudem ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, würde nicht zuletzt auch Konflikten zwischen den Generationen entgegenwirken und zum sozialen Frieden beitragen - einem nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch bedeutsamen Gut.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Beispiele finden sich in: Winfried Schmähl, Beiträge zur Reform der Rentenversicherung, Tübingen 1988.

  2. Ein besonders markantes Beispiel dafür liefert das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats vom Bundesministerium für Wirtschaft über "Grundlegende Reformen der gesetzlichen Rentenversicherung", Bonn 1998.

  3. Ein differenzierter Überblick über das Gesamtsystem der Alterssicherung in Deutschland und seine Teilbereiche findet sich in: Jörg-E. Cramer/Wolfgang Förster/Franz Ruland (Hrsg.), Handbuch zur Altersversorgung, Frankfurt a. M. 1998.

  4. Ausführliche Informationen dazu finden sich im 3. Altenbericht der Bundesregierung, Kapitel 5, der im Juni 2000 der Bundesregierung übergeben wurde.

  5. Unterstellt, dass die Risiken im Zusammenhang mit der Kapitalmarkt- und Arbeitsmarktentwicklung weitgehend unabhängig voneinander verlaufen, was langfristig - gerade im Zuge tiefgreifender demographischer Strukturwandlungen - allerdings nicht ohne weiteres angenommen werden kann.

  6. Unmittelbar einleuchtend dürfte sein, dass Altersvorsorge in kapitalfundierter Form erheblichen zeitlichen "Vorlauf" benötigt, bevor hieraus in signifikanter Weise Alterseinkünfte fließen. Dies hat Konsequenzen für die "Belastung" durch Vorsorgebeiträge und die Rentenleistungen für Personen unterschiedlichen Alters (unterschiedliche Geburts-Kohorten).

  7. Über solche Annahmen, zumal für einen Zeitraum von 30 bis 40 Jahren, kann jedoch jeweils trefflich gestritten werden.

  8. Dabei sei nicht vergessen, dass trotz steigender Abgaben den Erwerbstätigen immer noch ein Plus an Einkommen verbliebe und Erwerbstätige, die früher ihrer Tätigkeit nachgingen, ihre Ansprüche auf Alterssicherung oft unter weitaus schwierigeren Bedingungen - z. B. auf der Grundlage weitaus längerer Arbeitszeiten - erworben haben, als dies gegenwärtig der Fall ist und in Zukunft vermutlich zu erwarten ist.

  9. Eine teilweise Verlagerung der Finanzierungslast allein auf die Arbeitnehmer - also ohne Beteiligung der Arbeitgeberzahlungen - mag zwar auf den ersten Blick als Entlastung der Lohnkosten erscheinen, bei einer verbesserten Arbeitsmarktlage kann dies aber durchaus zu höheren Lohnforderungen führen und ggf. zu steigenden Lohnkosten.

  10. Vgl. dazu die Modellberechnungen im Gutachten des Sozialbeirats der Bundesregierung zum Rentenversicherungsbericht 1999, Bundestags-Drucksache 14/2116, sowie in Winfried Schmähl, Alterssicherung in Deutschland an der Jahrhundertwende, in: Deutsche Rentenversicherung, (2000) 1-2, S. 50-71.

  11. Allerdings wird die Finanzierung von Umverteilungsaufgaben in der Rentenversicherung nun durch drei ganz unterschiedliche Finanzierungsformen realisiert, was dazu führt, dass diese drei Komponenten sich auch im Zeitablauf unterschiedlich entwickeln werden: So ist der allgemeine Bundeszuschuss an die Entwicklung der Löhne und des Beitragssatzes zur Rentenversicherung gekoppelt. Das Aufkommen aus einem Mehrwertsteuerpunkt ist für die Rentenversicherung zweckgebunden. Der aus dem Mehrwertsteueraufkommen fließende Zuschuss richtet sich nach der Entwicklung von Verbrauchsausgaben, und das Aufkommen aus der Ökosteuer richtet sich wiederum nach anderen Bemessungsgrundlagen. Hier ist ein Überdenken der Finanzierungsgestaltung notwendig.

  12. Gleiches gilt auch durch die nun erfolgende Finanzierung der Kindererziehungszeiten im Rentenrecht durch Beiträge aus dem Staatshaushalt an die Rentenversicherungsträger, so wie ja auch für Leistungsbezieher der Bundesanstalt für Arbeit durch die Bundesanstalt und für Pflegepersonen durch die Pflegekassen Beiträge an die Rentenversicherung entrichtet werden, die zur Begründung von entsprechenden Rentenansprüchen führen.

  13. Entgeltpunkte ergeben sich auch für andere Zeiten bzw. Aktivitäten, so u. a. für Kindererziehung, für Zeiten der Arbeitslosigkeit usw., jeweils nach spezifischen Bedingungen.

  14. Es gibt allerdings eine (statistisch bedingte) zeitliche Verzögerung zwischen Entgelt- und Rentenentwicklung und folglich auch in begrenztem Maße Schwankungen des Rentenniveaus.

  15. Die Aussetzung der Formel hatte zwei Gründe: Zum einen wollte die neue Regierung den von der alten Regierung vorgesehenen "demographischen Faktor", der zu einer Rentenniveauminderung im Zuge steigender Lebenserwartung geführt hätte, eliminieren; zum anderen führten steuerliche Entlastungen für die Arbeitnehmer zu einem stärkeren Anstieg des Nettoarbeitsentgelts und folglich zu höheren Rentenausgaben und damit zu höherem Finanzbedarf, was gleichfalls verhindert werden sollte. Eine solche fallweise Anpassung anstelle einer festen Anpassungsformel ist allerdings alles andere als vertrauensstabilisierend.

  16. Von der CSU stammt der Vorschlag, dass Versicherten die Möglichkeit eröffnet werden soll, einen Teil ihres Rentenversicherungsbeitrags am Kapitalmarkt anzulegen. Da die früher durch Beiträge erworbenen Rentenansprüche in der gesetzlichen Rentenversicherung weiter zu finanzieren sind, würde sich dadurch ein Defizit in der Rentenversicherung ergeben. Je nach dessen Deckung ergeben sich unterschiedliche Effekte.

  17. Die jeweiligen Berechnungsannahmen können hier nicht im Detail wiedergegeben werden. Erwähnt sei nur, dass für die Berechnung der Arbeitsentgelte von der Relation von durchschnittlichem Netto- zu Bruttoarbeitsentgelt von 63,5 Prozent (1998) ausgegangen wurde und den von der Regierung für die GRV-Rente angegebenen Niveauwerten (bezogen auf das durchschnittliche Nettoarbeitsentgelt).

  18. Für die Anpassung ist dabei unterstellt, dass nicht mehr die bisherige Nettoanpassung erfolgt, sondern sich der Anpassungssatz allein nach der Entwicklung von durchschnittlichem Bruttoarbeitsentgelt und Beitragssatz zur Rentenversicherung richtet (aber nicht auch nach der Entwicklung der Höhe des Zusatzbeitrags, wie dies die Regierung vorschlägt). Zum modifizierten Anpassungsverfahren siehe weiter unten.

  19. Im Jahr 2020 um insgesamt 1 Prozent (für Arbeitnehmer folglich um 0,5 Prozent), 2030 um 2 Prozent, für Arbeitnehmer um 1 Prozent.

  20. Vgl. Winfried Schmähl, Das Beispiel Rentenversicherung, in: Stiftung für Kommunikationsforschung (Hrsg.), Kommunikation, Technologie, Bürgernähe (Referate und Thesen, Jahrestagung am 9. März 1979), Bonn 1979, S. 39-44, wiederabgedruckt in: Ulrich Lohmar/Peter Lichtenberg (Hrsg.), Gutenbergs Erben. Die Bundesrepublik Deutschland auf dem Weg zur Informationsgesellschaft, Bonn 1986, S. 215-220. Siehe jetzt vor allem auch Winfried Schmähl, An der Schwelle zum neuen Jahrhundert - vor Weichenstellungen für die Alterssicherung in Deutschland, in: Die Angestelltenversicherung, 46 (1999), S. 397-412, hier S. 411.

  21. Vgl. Winfried Schmähl, Die Nettoanpassung der Renten "auf dem Prüfstand": Für eine Modifizierung der Nettoanpassung und für einen Übergang zu einer "lohn- und beitragsbezogenen" Anpassungsformel - Gründe und Wirkungen, in: Deutsche Rentenversicherung, (1999) 8-9, S. 494-507, mit ausführlichen Literaturverweisen auf diese schon seit langem diskutierte Frage.

  22. Eine grundsätzliche Frage ist dabei, ob in einem Pflicht-Sicherungssystem Wahlentscheidungen, die zudem mit erheblichen Problemen behaftet wären, eingeführt werden sollten. In den Vorschlägen von Ende Mai war es dann noch eine Variante, im Juni deuteten sich wieder 2 Optionen an.

  23. Indem für Personen, die Kinder erzogen haben, günstigere Anrechnungsregelungen geschaffen werden als für Kinderlose. Dies ist in den neuesten Vorschlägen aufgegriffen worden.

  24. Über die künftige demographisch bedingte Entwicklung des Arbeitsangebots werden immer wieder Modellberechnungen vorgelegt. Weitaus schwieriger sind Aussagen über die mögliche Entwicklung der Arbeitsnachfrage. Siehe dazu den Zweiten Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Demographischer Wandel", Bundestags-Drucksache 13/11460 (5. 10. 1998), Kapitel II.

  25. Dies macht übrigens auch noch für lange Zeit ein erhöhtes Beitragsniveau in der Rentenversicherung erforderlich.

Dr. rer. pol., geb. 1942; Direktor der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung des Zentrums für Sozialpolitik an der Universität Bremen.

Anschrift: Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen, Parkallee 39, 28209 Bremen.

Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg. zus. mit H. Rische) Europäische Sozialpolitik, Baden-Baden 1997; Wandel der Arbeitswelt - Folgerungen für die Sozialpolitik, Baden-Baden 1999.