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Deutscher Bundestag und Parlamentsreform | Parlamentarismus | bpb.de

Parlamentarismus Editorial Reformwünsche in Deutschlands latentem Verfassungskonflikt Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive? Deutscher Bundestag und Parlamentsreform Vom Bürgerbegehren zur Bürgergesellschaft Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestags in Angelegenheiten der EU

Deutscher Bundestag und Parlamentsreform

Stefan Marschall

/ 21 Minuten zu lesen

Volksvertretungen gestalten ihre Strukturen und Arbeitsweisen kontinuierlich um - so auch der Deutsche Bundestag. Diese Parlamentsreformen können den politischen Prozess nachhaltig gestalten.

I. Einleitung

In seinem über fünfzigjährigen Bestehen hat der Deutsche Bundestag einen bemerkenswerten Beitrag zur Sicherung der Demokratie geleistet. Dem Parlament ist seitens der Bevölkerung über lange Zeit hinweg ein vergleichsweise hohes Vertrauen entgegengebracht worden - wenn auch im gerade vergangenen Jahrzehnt bedenkliche Tendenzen verzeichnet worden sind und abzuwarten ist, inwieweit das Ansehen des Bundestages unter dem Parteispendenskandal leiden wird.

Ein kursorischer Blick auf die bundesdeutsche Parlamentsgeschichte vermittelt den Eindruck, dass der Bundestag in seiner Arbeitsweise eine hohe Kontinuität aufweist; zwar haben Personen und auch die Räumlichkeiten, in denen der deutsche Parlamentarismus stattfindet, sogar der Parlamentssitz, gewechselt. Die Verfahren scheinen gleichwohl die alten geblieben zu sein: Abstimmungen, Plenarberatung und Ausschusssitzungen. Prima vista mag dies stimmen - aber eben nur auf den ersten Blick. Der Bundestag hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder über seine eigene Arbeitsweise beraten, Änderungen diskutiert und zum Teil auch eingeführt, also "Entscheidungen in eigener Sache" getroffen.

Parlamente gestalten ihre Binnen- und Verfahrensstrukturen eigenständig. Die Organisationsautonomie ist für den Deutschen Bundestag grundgesetzlich verbrieft, heißt es doch im Artikel 40 GG: "Er [der Bundestag] gibt sich eine Geschäftsordnung." Die Geschäftsordnung (GO-BT) ist gleichwohl nur eine von mehreren Grundlagen, auf denen die Arbeit des Deutschen Bundestages beruht. Hinzu kommen Vorschriften aus Gesetzestexten, beispielsweise aus dem Abgeordnetengesetz, dem Parteiengesetz, dem Gesetz über die Befugnisse des Petitionsausschusses oder aus dem Richterwahlgesetz - natürlich auch aus der Verfassung, dem Grundgesetz. Schließlich werden die schriftlich kodierten Bestandteile des Parlamentsrechts ergänzt von den ungeschriebenen gewohnheitsrechtlichen Normen, den parlamentarischen Gebräuchen. Versteht man unter Parlamentsreform Veränderungen des Parlamentsrechts, so macht dessen Vielschichtigkeit und Heterogenität deutlich, wie komplex der Reformbereich und seine Entscheidungsstrukturen sein müssen .

II. Reformen des Deutschen Bundestages

1. Reformgeschichte

Die Bemühungen des Deutschen Bundestages um Selbstreform lassen sich bis in seine Anfänge zurückverfolgen . Vom ersten Bundestag wurde die Geschäftsordnung des Weimarer Reichstages übernommen; eine "eigene" Geschäftsordnung trat erst 1952 in Kraft. In der Folgezeit wurden immer wieder Details im Parlamentsrecht verändert, auch als Reaktion auf den Wandel des gesamtgesellschaftlichen Gefüges. Die Einführung des Wehrrechts in den fünfziger Jahren hatte beispielsweise zu Regelungen über die Stellung eines Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und des Verteidigungsausschusses geführt.

Bis in die sechziger Jahre hinein blieben Veränderungen des Parlamentsrechts aber Stückwerk. Die erste große einschneidende Reform stellte die so genannte "Kleine Parlamentsreform" von 1969 dar. In deren Rahmen kam es zu zahlreichen Neuerungen: Beispielsweise wurden die Instrumente der fakultativen Ausschussöffentlichkeit und der Enquete-Kommissionen etabliert sowie der Ältestenrat als Lenkungsorgan des Bundestages eingerichtet; die Bundestagsverwaltung wurde in den Bereichen der wissenschaftlichen Fachberatung und der Öffentlichkeitsarbeit ausgebaut; die Abgeordneten erhielten die Möglichkeit, eigene Mitarbeiter einzustellen; die Fraktionsstärke wurde zum maßgeblichen Quorum bei einer Reihe von Minderheitenrechten.

In den siebziger Jahren ging der Diskussionsstrang um das Parlamentsrecht in die allgemeine Debatte um die Weiterentwicklung des Grundgesetzes über: Im Rahmen der Arbeit der "Enquete-Kommission Verfassungsreform", deren Schlussbericht 1976 vorgelegt wurde, sind auch die Stellung und die Arbeitsweise des Parlaments thematisiert worden. Die diskutierten Veränderungen des Grundgesetzes betrafen mitunter die parlamentarischen Arbeitsstrukturen, beispielsweise das Petitionswesen oder den Übergang zwischen zwei Wahlperioden. In die siebziger Jahre fällt zudem die Verabschiedung eines Abgeordnetengesetzes, in dem als Reaktion auf das Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1975 gemäß den richterlichen Vorgaben die Entschädigung der Parlamentarier und ihre Altersversorgung auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt wurden.

1980 ist die Geschäftsordnung des Bundestages einer grundlegenden Revision unterzogen worden; die Überarbeitung bezog sich nicht nur auf die sprachliche Bereinigung und eine Neuordnung der Artikel; überdies wurden auch diverse Minderheitenrechte novelliert. In den achtziger Jahren prägten die Diskussionen und Vorschläge rund um die "Interfraktionelle Initiative Parlamentsreform" und die von ihr angeregte "Ad-hoc-Kommission Parlamentsreform" die Debatte. Die Interfraktionelle Initiative produzierte bis in die neunziger Jahre hinein immer wieder Vorschläge zur Reform des Deutschen Bundestages, die zum Teil übernommen worden sind.

Das vergangene Jahrzehnt war vor allem von zwei Entwicklungslinien geprägt, die vom Parlament Antworten auch in seinen Arbeitsstrukturen verlangten: die deutsche Einheit und die europäische Integration. Der Beitritt der fünf Länder zum Bundesgebiet erforderte Anpassungen in der parlamentarischen Organisation und Arbeitsweise. Augenfällig: Die Zahl der Abgeordnetenmandate erhöhte sich. Der Umzug des Parlaments 1999 nach Berlin war eine Folge der deutschen Einheit. Die zweite "Herausforderung", die europäische Integration, hatte seit ihrer Geburtsstunde in den fünfziger Jahren den Deutschen Bundestag in seinen Binnenstrukturen zu Umgestaltungen bewegt. In den neunziger Jahren führte der Vertrag von Maastricht zu weiteren Modifikationen, die bis ins Grundgesetz hinein reichten. Die entsprechende Revision des Parlamentsrechts war eine Aufgabe der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat: Der Europa-Ausschuss wurde im Grundgesetz verankert; die Informationsrechte des Bundestages hinsichtlich europäischer Angelegenheiten wurden gestärkt. Diese Grundgesetzänderungen spiegelten sich zudem in den entsprechenden Änderungen der Geschäftsordnung.

In den letzten Jahren hat zudem die Reform von 1995 Beachtung in der Wissenschaft, stärker vielleicht noch in der massenmedialen Öffentlichkeit gefunden. Der Grund für die Medienwirksamkeit dieses parlamentarischen Reformvorhabens war die Verbindung verschiedener Bereiche des Parlamentsrechts zu einem Paket. Dieses Paket beinhaltete nicht nur die so genannte "innere Reform", sondern auch die Verkleinerung des Parlaments sowie Änderungen im Bereich der Abgeordnetenentschädigung und Altersversorgung. Die geplante Koppelung der Abgeordnetengehälter an die Einkommen von obersten Bundesrichtern qua Grundgesetz stieß auf heftigen Widerstand in den Medien und scheiterte im Bundesrat. Letztlich wurde im Abgeordnetengesetz lediglich eine "Orientierung" an den Gehältern der obersten Bundesrichter festgeschrieben. Der Verkleinerungsbeschluss des Bundestages sieht vor, die Anzahl der Bundestagsmandate ab der 15. Legislaturperiode auf 598 zu senken. Die "innere Reform" als dritter Teil des Pakets führte unter anderem "Erweiterte öffentliche Ausschusssitzungen" sowie "Kernzeitdebatten" im Plenum ein.

In der laufenden vierzehnten Legislaturperiode sind bereits vereinzelte Veränderungen des Parlamentsrechts in die Wege geleitet worden; die Vorlage für ein seit langem gefordertes "Untersuchungsausschussgesetz" ist Ende 1999 eingebracht worden, das die bisherige Orientierung an den sogenannten IPA-Regeln ersetzen soll . Überdies wurde das Abgeordnetengesetz hinsichtlich der Übergangsgelder und der Entschädigung durch die weitere Anrechnung von Zusatzeinkünften geändert.

Ein Blick zurück auf die Reformgeschichte macht zunächst zweierlei deutlich: Parlamentsreformen begleiten den Deutschen Bundestag seit seiner Konstituierung. Zugleich lassen sich Phasen ausmachen, in denen sich die Bemühungen um die Selbstreform des Parlaments verdichten, andere wiederum, in denen es zu einer Stagnation kommt. So scheint es im Gesamtbild angemessener, von "Parlamentsreformen", denn von "Parlamentsreform" im Singular zu sprechen, was die Existenz einer einheitlichen Konzeption voraussetzte .

2. Reformziele

Zwar erschwert der Reformeklektizismus die Identifikation einer kohärenten Reformprogrammatik. Nichtsdestoweniger schimmern hinter den Vorhaben Stoßrichtungen durch, die sich allerdings über die Zeit hin gewandelt haben, respektive denen unterschiedliche Bedeutung zugewiesen worden ist.

Stärkung des Parlaments bzw. der Opposition: In diese Kategorie lassen sich Beschlüsse des Bundestages einordnen, die darauf abzielen, das Parlament im politischen Entscheidungsprozess zu stärken. Dabei spielt die Beziehung Bundestag -Bundesregierung eine entscheidende Rolle: Die Verschränkung von parlamentarischen Mehrheitskoalitionen und der Bundesregierung führt dazu, dass sich ein Großteil dieser Reformen als Ausbau von Oppositionsrechten darstellt. Auch Maßnahmen zum Abbau von Informationsungleichgewichten zwischen Regierung und Parlament dienen letzten Endes der "Parlamentarisierung" des politischen Prozesses, indem die Kontrollfähigkeit und konzeptionelle Kompetenz der Volksvertretung gesteigert werden. Damit wird neben der oppositionellen Kontrollaufgabe auch die des gesamten Parlaments gestärkt .

Stärkung des einzelnen Parlamentariers: Die Stärkung des einzelnen Parlamentariers im politischen Prozess spiegelt sich in verschiedenen Initiativen wider; vor allem war sie eines der zentralen Themen der Interfraktionellen Initiative Parlamentsreform in den achtziger Jahren. Mit Hinweis auf Artikel 38 des Grundgesetzes wurde der Ausbau der politischen Kompetenzen des einzelnen Abgeordneten empfohlen - im Sinne eines Nullsummenspiels gegenüber den Fraktionen. Diese Forderung ist nur zu verstehen, wenn man sich den Rollenwandel der Fraktion im Parlamentsrecht, aber vor allem im faktischen Entscheidungsprozess anschaut: Im Parlamentsrecht sind viele Minderheitenrechte im Laufe der Jahre zu Rechten von Fraktionen oder fraktionsstarken Zusammenschlüssen geworden . Zugleich erweisen sich die Fraktionen infolge der Ausdifferenzierung des Parlaments als die Garanten eines effektiven und effizienten parlamentarischen Betriebs . Außerhalb der Beziehung zwischen einzelnem Abgeordneten und der Fraktion zielen Parlamentsreformen auf eine Stärkung der Abgeordnetenstellung in "absoluter" Hinsicht: durch die finanzielle und rechtliche Absicherung der Mandatsträger (Stichwort: Abgeordnetengesetz).

Beziehung zwischen Parlament und Bevölkerung: Die Beziehung zwischen Parlament und Bevölkerung gehört zu den Kernstücken parlamentarischer Repräsentation und markiert eine Zielkategorie für Parlamentsreformen; die Beziehung bildet sich nicht nur im Wahlakt heraus, sondern bestimmt im Sinne von Responsivität und politischer Führung die Arbeitsweise der Volksvertretung während der gesamten Legislaturperiode . Es handelt sich um eine zweiseitige Beziehung: Erstens sollen Präferenzen der Bevölkerung an das Parlament herangetragen werden. Dies ist auf informellem Wege, zum Beispiel über die Abgeordneten und ihr Kommunikationsverhalten, möglich. Aber auch formalisierte Prozeduren wie der Petitionsausschuss dienen diesem Zweck. Zweitens soll die Bevölkerung über das Parlament, seine Arbeitsweise, die Themen und Ergebnisse seiner Arbeit Kenntnis erlangen. Diese Zielrichtung hat die Parlamentsreformen vor allem in den neunziger Jahren nachhaltig mitbestimmt: Es stellte sich zunehmend die Frage, wie sich die Volksvertretung in einer gegenüber dem Parlament recht kritischen Öffentlichkeit hör- und sichtbar machen kann.

Arbeitseffizienz: Die Steigerung der Verarbeitungskapazitäten des Deutschen Bundestages findet sich als Zielkategorie in einer Reihe von Reformvorhaben und stellt zumeist eine Reaktion auf die defizitäre Leistungsfähigkeit des Parlaments dar. Die Defizite basieren entweder auf Mängeln, die bestehenden Verfahren immanent sind, oder wurzeln in parlamentsexternen Entwicklungen, auf die hin das bestehende Parlamentsrecht geändert werden muss. So führte beispielsweise die zunehmende Einbindung der Bundesrepublik in den Prozess der europäischen Integration zu entsprechenden Veränderungen im Verfahren, weil dem Parlament neue Aufgaben zugewiesen wurden.

Die vier Zielkategorien lassen sich nicht trennscharf voneinander unterscheiden. So verbindet sich eine Steigerung der Arbeitseffizienz oder eine bessere Verkopplung zwischen Parlament und Bevölkerung letzten Endes mit einer Stärkung des Parlaments im politischen Prozess. Zwischen den Zielkategorien kann es zu Spannungen kommen, beispielsweise zwischen der Arbeitseffizienz und der Stärkung des einzelnen Abgeordneten. Auch sind die Zielbestimmungen nicht unumstritten. Deutlich wird dies an der Frage nach einer Stärkung des einzelnen Parlamentariers. Hier lassen sich in den einschlägigen Debatten durchaus unterschiedliche Positionen ausmachen . Dass sich innerhalb des Parlaments unterschiedliche Zielbestimmungen für Parlamentsreformen finden lassen, hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sich bei den Abgeordneten keine einheitliche Vorstellung von Parlamentarismus entwickelt hat, vielmehr ein Bild, das nicht selten mit den Paradigmen der Parlamentarismusforschung kollidiert .

In der wissenschaftlichen Debatte um die Zielsetzung von Parlamentsreformen hat vor allem Uwe Thaysen mit seinen an Winfried Steffani angelehnten Kriterien Partizipation, Transparenz und Effizienz ein Schema vorgestellt, das zum einen als Analyseraster dient, zum anderen aber auch als normatives Modell fungieren kann. Eine optimale Parlamentsreform zielt dabei auf die Stärkung aller drei Dimensionen. In der Forschung spielen schließlich die Topoi "Redeparlament", "Arbeitsparlament" und "Mischform" eine orientierende Rolle bei der Einordnung und Bewertung von Reformen .

3. Reformakteure

Anhand der Geschichte der Parlamentsreform lässt sich die Frage nicht nur nach den Zielen, sondern auch nach den "entscheidenden" Akteuren stellen. Zunächst einmal verfügt das Parlament selbst über eine Reihe von Instanzen, die die Aufgabe haben, bei Bedarf die Arbeitsweise des Parlaments umzugestalten (beispielsweise die Lenkungsorgane Präsidium und Ältestenrat). Im Ältestenrat des Bundestages ist die "Kommission des Ältestenrates für die Rechtsstellung der Abgeordneten" (Rechtsstellungskommission) für Fragen zuständig, die das Abgeordnetengesetz, vor allem die Entschädigung und Altersversorgung der Parlamentarier betreffen . Darüber hinaus fällt dem "Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung" die Aufgabe zu, "Fragen aus seinem Geschäftsbereich [zu] beraten und dem Bundestag Empfehlungen [zu] unterbreiten" (§ 128 GO-BT). Bei Bedarf sind Ad-hoc-Kommissionen eingerichtet worden, denen die Aufgabe zuteil wurde, bestimmte Sachverhalte zu regeln, zum Beispiel die "Ad-hoc-Kommission Parlamentsreform" in den achtziger Jahren oder die "Reformkommission", die in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre über die Modalitäten der Bundestagsverkleinerung beriet.

In den einschlägigen Gremien schält sich eine Gruppe von Abgeordneten heraus, deren Mehrfachmitgliedschaften sie zu Akteuren eines "Parlamentsreformnetzwerkes" werden lassen. Eine besondere Position nehmen hier neben den Mitgliedern des Präsidiums diejenigen Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen ein, die für den Bereich des Parlamentsrechts zuständig sind . Neben den ex officio im Bereich der Parlamentsreform tätigen Abgeordneten haben sich im Laufe der Zeit immer wieder einzelne Parlamentarier für bestimmte Fragestellungen engagiert.

Den Reformgremien, -ausschüssen und -kommissionen des Bundestages stehen die Hilfsdienste des Parlaments zur Seite. Die Rolle der Mitarbeiter der Parlamentsdienste ist dort nicht zu unterschätzen, wo diese die Möglichkeit haben, mittels Expertisen die Willensbildung der Abgeordneten nachhaltig mitzugestalten. Hierbei ist der Umstand von Bedeutung, dass die personelle Kontinuität in der Verwaltung höher als die in den eigentlichen Reformgremien ist. So sind an den Reformen der neunziger Jahre auch Bedienstete der Parlamentsverwaltung beteiligt gewesen, die bereits in den Reformvorhaben der siebziger Jahre mitgewirkt hatten; inhaltliche Kontinuitäten lassen sich zum Teil auf diese personellen Übereinstimmungen zurückführen. Neben der Verwaltung sind zudem die jeweils zuständigen Fraktions- und Abgeordnetenmitarbeiter in den vorbereitenden Entscheidungsprozess eingebunden.

Nicht nur die Akteure aus dem parlamentarischen Bereich, Abgeordnete oder Parlamentsmitarbeiter, sind an der Initiierung und Durchführung der Reformvorhaben beteiligt. Darüber hinaus lässt sich eine Reihe von parlamentsexternen Akteuren ausmachen, die in unterschiedlicher Intensität und Frequenz beteiligt sind . Eine überaus bedeutsame Rolle in der Entwicklung des Parlamentsrechts spielt das Bundesverfassungsgericht. In zahlreichen Entscheidungen hat es das bestehende, vom Bundestag erlassene Recht als revisionsbedürftig eingestuft und das Parlament zu konkreten Neuregelungen angehalten. Der Bundesrat ist bei den Reformvorhaben, die eine Änderung des Grundgesetzes betreffen, beteiligt gewesen. Wenn hier normalerweise Zurückhaltung bei den inneren Angelegenheiten der anderen Institution geübt wird, hat doch die Parlamentsreform 1995 gezeigt, dass der Bundesrat einen nachhaltigen, in diesem Fall blockierenden Einfluss ausüben kann.

Jenseits der staatlichen Akteure können auch Personen und Gruppen aus anderen gesellschaftlichen Teilbereichen Parlamentsreformen mitgestalten. Dies gilt beispielsweise für die Wissenschaft: Zum einen findet über die Gremien wie beispielsweise über die Enquete-Kommissionen eine Einbindung von parlamentsexternen Experten statt - entweder als Mitglieder oder als anzuhörende Experten. Zum anderen gibt es eine Reihe von informellen Beziehungen zwischen Wissenschaft und Parlament, in denen eine Beratungstätigkeit stattfinden kann. Nicht zuletzt die "Deutsche Vereinigung für Parlamentsfragen" bietet ein Forum für den Austausch zwischen externen Experten und Praktikern.

Eine schwer einzuschätzende Rolle bei Parlamentsreformen spielen die Akteure der massenmedialen Öffentlichkeit, die Journalisten. Während im Normalfall eines Reformprojektes die Massenmedien nur begrenzte Aufmerksamkeit aufzubringen pflegen, stellte gerade die Reform von 1995 einen Kontrapunkt dar. Die harsche Kritik in den Medien an den Plänen zur Änderung der Diätenregelungen trug zu ihrem Scheitern bei. Die "innere Reform" hingegen erntete kaum Aufmerksamkeit - noch weniger Widerspruch. Der Kernbereich der Parlamentsreform, die parlamentarischen Verfahrensweisen, lassen die Brisanz und Konflikthaltigkeit vermissen, die eigentlich notwendig wären, um das Thema mediengerecht zu platzieren.

Im Bereich der organisierten Interessen findet sich keine Organisation, die sich schwerpunktmäßig mit Parlamentsreformen beschäftigt. Eine Ausnahme macht lediglich der "Bund der Steuerzahler", der mit großer Aufmerksamkeit und mit einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit die Entwicklungen bei den Abgeordnetendiäten, Übergangsgeldern und der Altersversorgung der Parlamentarier beobachtet. So schreibt sich der Bund der Steuerzahler (BdSt) den "Erfolg" der Verhinderung der Grundgesetzänderung von 1995 zu .

Die Einbindung parlamentsexterner Akteure in die "Entscheidungen in eigener Sache" findet unregelmäßig statt und lässt eine in anderen Materien übliche sektorielle Verflechtung zwischen Interessengruppen, Parlament und Regierungsadministration nicht erkennen. Ein "Netzwerk", das über das parlamentarische Subsystem hinausragt, ist nur in Ansätzen erkennbar.

4. Reformprozesse

Bereits die Akteursanalyse hat deutlich gemacht, dass sich die Entscheidungsfindung im Bereich der Parlamentsreformen vom herkömmlichen politischen Prozess in einigen Aspekten unterscheidet. Als Selbstreform des Bundestages findet der Policy-Zyklus seinen Beginn und sein Ende im Organisationssystem Parlament. Dabei mag der Anstoß für ein Reformprojekt durchaus von einer außerparlamentarischen Stelle kommen, zum Beispiel vom Bundesverfassungsgericht. Die Phasen der Politikdefinition und -formulierung finden in den oben angeführten parlamentarischen Gremien statt, wobei externe Akteure sporadisch eingebunden sein können. Bei der Durchführung wiederum unterscheidet sich die Parlamentsreform insofern von anderen Politikmaterien, als sie in der Regel innerhalb des parlamentarischen Organisationssystems verbleibt.

Die Verfahren oder die "Spielregeln" des politischen Prozesses gehören, wie Ernst Fraenkel deutlich gemacht hat, zum nichtkontroversen Bereich der Politik, dessen allgemeine Akzeptanz substanziell erforderlich ist . Über Jahrzehnte hinweg ist versucht worden, die Änderung parlamentarischer Verfahrensweisen konsensuell zwischen den Fraktionen vorzunehmen, so dass am Ende der Beratungen in den Gremien nicht selten ein Kompromiss des kleinsten gemeinsamen Nenners verabschiedet worden ist, nachdem zu Beginn des Reformprozesses äußerst unterschiedliche Positionen vertreten worden waren. Innerhalb der Gremien und informell zwischen den entscheidenden Abgeordneten finden zur Kompromisssuche unter Ausschluss der Öffentlichkeit Prozesse des "arguing" und "bargaining" statt.

Die Herstellung eines interfraktionellen Kompromisses ist in den achtziger Jahren durch den Einzug der Grünen in den Bundestag verbaut worden. In den neunziger Jahren hat die PDS die Findung eines gesamtparlamentarischen Konsenses erschwert bis verhindert, so dass seit den achtziger Jahren verstärkt eine Koalition der beiden großen Parteien die Verfahrensänderungen durchzusetzen versucht. Aber auch "konkurrenzdemokratische" Tendenzen lassen sich feststellen: die Durchsetzung von Verfahrensreformen mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen - so geschehen bei der Neuzuschneidung der Wahlkreise oder der Berliner "Bannmeilenregelung" .

Parlamentsreformen bedienen sich gelegentlich des Versuch-und-Irrtum-Prinzips. Bei einer Reihe von Verfahrensänderungen kam man überein, Neuerungen erst in der Praxis zu testen, bevor man sie "offiziell" ins geschriebene Parlamentsrecht einführte . Der Vorteil dieses Vorgehens ist, dass man eine Verfahrensmodifikation wieder zurücknehmen kann, ohne einen neuen Politikprozess anzustrengen. Damit hängt die Hürde, neue Formen und Formate auszuprobieren, tiefer. Die Reformfreudigkeit wird des Weiteren durch den Umstand gefördert, dass ein Großteil der parlamentarischen Verfahren auf der Ebene der nicht schriftlich kodifizierten, interfraktionell vereinbarten Gebräuche beruht. Diese sind vergleichsweise einfach zu modifizieren.

Dass es sich im Parlamentsrecht nichtsdestotrotz um eine relativ veränderungsresistente Materie handelt, mag dem Umstand geschuldet sein, dass es üblich und auch anders kaum praktikabel ist, zu Beginn einer Legislaturperiode erst einmal die Geschäftsordnung der vergangenen zu übernehmen. Veränderungsresistent ist zudem der Bereich des Parlamentsrechts, der im Grundgesetz festgelegt ist und dessen Weiterentwicklung eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich macht. Zudem führt der personale Wechsel in den Reformgremien mitunter dazu, dass der Zeitraum, innerhalb dessen Reformen konzipiert und durchgeführt werden können, schrumpft. Denn Gesetzentwürfe, Anträge, Beschlussempfehlungen, Zwischenberichte und ähnliche Vorlagen aus dem Bereich der Parlamentsreform unterliegen dem Prinzip der Diskontinuität nach § 125 GO-BT.

Dass dessen ungeachtet signifikante Reformprozesse in Gang gesetzt werden, setzt eine spezifische Konstellation voraus, die Heinz Rausch in vier Rahmenbedingungen zusammenfasste : Ein entsprechender Umgestaltungsbedarf ist erstens erkennbar vorhanden; bestimmte Abgeordnete entwickeln sich zweitens zu den Reformträgern, wobei den Parlamentsneulingen eine besondere Rolle zukommt; das Reformziel sieht drittens nur einen graduellen Wandel vor und ist normierbar; zentrale parlamentarische Akteure, vor allem aus den Regierungsfraktionen, befürworten viertens das Vorhaben. Die Kontingenz dieser Gemengelage macht verständlich, dass und warum Parlamentsreformen nicht konstant stattfinden.

III. Aktuelle Herausforderungen: Entparlamentarisierung, Mehrebenenpolitik und Mediengesellschaft

Trotz aller bisherigen Reformbemühungen ist der Bundestag weit davon entfernt, seine Arbeit im neuen Jahrhundert frei von Problemen zu beginnen. Vor allem die Schwierigkeiten bei der Stellung des Parlaments im politischen System sowie bei der Verkopplung zwischen Parlament und Bevölkerung weisen auf Reformbedarf hin.

Bereits in den neunziger Jahren verdichtete sich die Diagnose von einer Schwächung des Parlaments im politischen System. Man sprach von einer zunehmenden Entparlamentarisierung der Gesetzgebung . Der Bundestag, in der verfassungsrechtlichen Terminologie der "Gesetzgeber", sieht sich innerhalb des politischen Systems, aber auch in Folge von Prozessen der Europäisierung und Globalisierung, wachsenden Handlungs- und Verhandlungszwängen gegenüber: Handlungszwänge, weil das Parlament in viele autonomisierte gesellschaftliche Entwicklungen nicht mehr steuernd eingreifen, sondern nur noch nachregulieren kann; Verhandlungszwänge, weil in einem verwobenen Mehrebenensystem eine unübersichtliche Reihe von Akteuren an den Entscheidungsprozessen sowohl in der horizontalen als auch in der vertikalen Dimension teilnimmt. Vor allem die europäische Integration, aber zuvor bereits die Kooperationszwänge mit den Bundesländern haben zu einer Verkomplizierung der Entscheidungsfindung geführt. Wenn auch der Bundestag infolge des Maastrichter Vertrags zusätzliche Informationsrechte erhalten hat, führte dies nicht unmittelbar zur Stärkung des Parlaments. Vielmehr kann der Bundestag - ein Effizienzproblem - einen Großteil der rapide angewachsenen EU-Vorlagen nur noch zur Kenntnis nehmen . Eine materielle Mitwirkung findet nur noch begrenzt statt. Mehr Zuständigkeiten bedeutet somit nicht immer mehr Macht! Kurzum: Tendenzen hin zur kooperativen Mehrebenenpolitik, in der in Policy-Netzwerken Lösungen für anstehende Probleme gefunden werden, stellen das Parlament mit seinen formalisierten Strukturen vor große Schwierigkeiten.

Dies führt unmittelbar zur Frage der Darstellung parlamentarischer Arbeit in der Mediengesellschaft und den Schwierigkeiten des Bundestages, sich in dieser zu platzieren. Die politische Öffentlichkeit hat sich so gewandelt, dass das Parlament in eine "Kommunikationsfalle" geraten ist . Will sich der Bundestag stärker über die Medien vermitteln, so muss er sich den Strukturen der massenmedialen Öffentlichkeit anpassen. Dabei steht er in der Gefahr, sich so umzustrukturieren, dass er seinen Charakter als parlamentarisches Organ verliert. Eine Konsequenz der Vermittlungsproblematik ist die verzerrte Wahrnehmung parlamentarischer Arbeit. So spiegelt sich in Umfragen nach wie vor Unkenntnis über die Arbeitsweise des Bundestages und über die Funktionslogik des Parlamentarismus . Unkenntnis über die Leistungen des Parlaments schafft Misstrauen gegenüber der Institution, verstärkt von einer allgemeinen Skepsis gegenüber der Politik und den politischen Akteuren.

Ist der kommunikative Wertvorsprung das Pfund, mit dem das Parlament gegenüber anderen Institutionen wuchern kann, so sollte es auf vielfältige Art und Weise versuchen, sich mit der Bevölkerung zu verbinden. Das muss aber in die Arbeitsstrukturen übersetzt werden. Bereits andiskutiert wurde die Einführung von Volksinitiativen zur verstärkten Einbindung der Interessen der Bevölkerung in den politischen Prozess, möglicherweise über den Ausbau des Petitionsrechts . Diese Ausweitung der Partizipationschancen wäre allemal dann notwendig, wenn mit einer verlängerten Legislaturperiode die Beteiligungsfrequenz der Bürgerschaft eingeschränkt würde. Überhaupt ist in der Frage der Verkopplung von Bevölkerung und Parlament institutionelle Fantasie gefragt; Anleihen bei Erfahrungen anderer Organisationen und Parlamente sind angezeigt, wo beispielsweise Focus-Groups, Planungszellen oder Ombudspersonen zum Einsatz kommen.

Eine zeitgemäße Parlamentsreform muss letztlich der konzeptionellen Neuverortung des Deutschen Bundestages im politischen Prozess folgen. Hier heißt es von den Landtagen lernen, die den Prozess des legislativen Kompetenzverlustes bereits bewältigen mussten . Eine Stärkung anderer Funktionen, vor allem der Kontroll- und der Forumsfunktion, ist erforderlich, die sich in den parlamentarischen Arbeitsstrukturen widerspiegeln sollte. Der "Funktionswandel" des Parlaments ist mittels des Parlamentsrechts positiv zu begleiten. Hierzu gehört eine angemessene Berücksichtigung der Opposition wie auch die Bereinigung der parlamentarischen Terminologie und Verfahren von anachronistischen Elementen: Eine "Beratung", in der nicht beraten wird, eine "Debatte", in der nicht debattiert wird - all dies verstärkt den Widerspruch zwischen dargestellter und hergestellter Politik. Ein besonderes Augenmerk ist auf die Beziehung zwischen Plenardebatte und Ausschussberatung zu legen. Die Initiative der Reform von 1995 zielte in die richtige Richtung, die Forumsfunktion der Plenardebatte zu stärken. Kompensatorisch ist eine umfassende Ausschussöffentlichkeit erforderlich, um nicht wichtige Aspekte parlamentarischer Arbeit im Dunkeln zu lassen.

In der Selbstreform hat das Parlament überdies auf den Mehrebenencharakter politischer Entscheidungen zu reagieren, beispielsweise durch enge Kooperation mit den Parlamenten anderer Ebenen. Denn die Antwort auf eine Verflechtung der Politik über die verschiedenen Plateaus hinweg kann nur die parallele Verflechtung der Parlamente und die "Verkopplung" der Parlamente mit außerparlamentarischen Arenen sein .

Mit den Begriffen von Arbeits- und Redeparlament formuliert: Der Bundestag muss als Arbeitsparlament den Veränderungen seiner Aufgabenbereiche nachkommen, die der institutionelle und gesellschaftliche Wandel hervorruft, und als Redeparlament die Strukturbedingungen der Öffentlichkeit beachten. Die Trennschärfe der Kategorien Arbeits- und Redeparlament löst sich gleichwohl auf, wenn sich Herstellung und Darstellung von Politik in modernen Mediengesellschaften miteinander verschränken.

IV. Fazit

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat Parlamentsreform als eine "ständige Aufgabe" des Bundestages bezeichnet . Das Parlament bleibt aufgefordert, sich durch mutige Selbstreformen den wandelnden Strukturen von Politik und Öffentlichkeit anzupassen, ohne seine Substanz zu verlieren - eine schwierige Gratwanderung. Denn dabei muss der Bundestag auf Entwicklungen reagieren, die er nur zum Teil oder überhaupt nicht steuern kann, weil sie jenseits der Grenzen oder in autonomen Teilsystemen der Gesellschaft wurzeln. Dies schränkt die Reformspielräume weitgehend ein. Zugleich findet der Reformbedarf auch "hausgemachte" Grenzen: Parlamentsreformen werden nicht selten unter kurzfristig-strategischen Gesichtspunkten ausgestaltet, wenn beispielsweise Fraktionen, kaum dass sie an der Regierung beteiligt sind, ihre Reformvorschläge aus der Oppositionszeit ad acta legen. Selbstreformen können für ihre Betreiber auch durchaus schmerzvoll sein, denn Verfahrensfragen sind Machtfragen. Es bedarf eines mutigen Blicks über die jeweilige Legislaturperiode hinaus und eines Verantwortungsbewusstseins für die parlamentarische Demokratie, um die Herausforderungen an das Parlament adäquat zu beantworten.

Heutige Reformdiskussionen drehen sich dabei nicht mehr um die Frage nach der grundlegenden Legitimität parlamentarischer Arbeit - ein Unterschied zu den Debatten der siebziger Jahre, in denen die Existenz des Parlaments und des parlamentarischen Systems prinzipiell in Frage gestellt wurde . Nichtsdestoweniger ist die heutige parlamentarische Frage vergleichsweise substanziell. Sie wendet sich der "output"-Dimension zu und fragt nach der Leistungsfähigkeit des Parlamentarismus in einem politischen Prozess, der sich dem Parlament zunehmend entfremdet.

Trotz aller Einwände die Effizienz des Parlamentarismus betreffend bleibt festzustellen: Er vermittelt dem politischen Entscheidungsprozess durch ein strenges Verfahren und vor allem durch die Herstellung von Öffentlichkeit eine unvergleichbare Legitimation, auf die angesichts der zunehmenden Pluralisierung der Gesellschaft nicht verzichtet werden kann. Denn dass der Parlamentarismus auch in Zukunft von Belang sein wird, zeigt nicht zuletzt die Entwicklung des Europäischen Parlaments, das sich im politischen System der Europäischen Union zunehmend gestärkt hat. Jedenfalls werden zwei Faktoren weiterhin die Stabilität des parlamentarischen Systems in der Bundesrepublik und darüber hinaus bestimmen: der "Grad an konkreter Problemlösungs- und Anpassungsfähigkeit einerseits und das Ausmaß an genereller Unterstützung durch die Bevölkerung andererseits" . Zur Stärkung beider Faktoren können sachdienliche und konsistente Parlamentsreformen einen Beitrag leisten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Werner J. Patzelt, Ist der Souverän unaufgeklärt? Die Ansichten der Deutschen über Parlament und Abgeordnete, Dresden 1996.

  2. BVerfGE 40, 296 (297).

  3. Vgl. Heinrich Ritzel/Josef Bücker, Handbuch für die parlamentarische Praxis. Mit Kommentar zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, Loseblattsammlung, Neuwied - Kriftel - Berlin; Thomas Schwerin, Der Deutsche Bundestag als Geschäftsordnungsgeber. Reichweite, Form und Funktion des Selbstorganisationsrechts nach Art. 40 Abs. 1, S. 2 GG, Berlin 1998.

  4. Vgl. zum Folgenden Stefan Marschall, Parlamentsreform. Ziele, Akteure, Prozesse, Opladen 1999.

  5. Vgl. zur Chronologie Peter Schindler (Bearb.), Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1999, 3 Bde., Baden-Baden 1999, hier Bd. II, S. 2848-2885.

  6. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 14/2518). Die F.D.P.-Fraktion hat eine Konkurrenzvorlage eingereicht (BT-Drs. 14/2363).

  7. So bereits Uwe Thaysen, Parlamentsreform in Theorie und Praxis. Zur institutionellen Lernfähigkeit des parlamentarischen Regierungssystems. Eine empirische Analyse der Parlamentsreform im 5. Deutschen Bundestag, Opladen 1972, S. 17-19.

  8. Vgl. zu den verschiedenen Kontrolldimensionen Winfried Steffani, Formen, Verfahren und Wirkungen der parlamentarischen Kontrolle, in: Hans-Peter Schneider/Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Handbuch, Berlin - New York 1989, S. 1325-1367.

  9. Vgl. Hildegard Hamm-Brücher, Der freie Volksvertreter - eine Legende? Erfahrungen mit parlamentarischer Macht und Ohnmacht, München 1990; vgl. auch ihren Beitrag in der Selbstverständnisdebatte vom 20. September 1984, Sten. Ber., 10. WP, 85. Sitzung.

  10. Vgl. H. Ritzel/J. Bücker (Anm. 3), Vorbemerkung zu § 10.

  11. Vgl. Suzanne S. Schüttemeyer, Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949-1997. Empirische Befunde und theoretische Folgerungen, Opladen 1998.

  12. Vgl. Werner J. Patzelt, Abgeordnete und Repräsentation. Amtsverständnis und Wahlkreisarbeit, Passau 1993; Hanna F. Pitkin, The Concept of Representation, Berkeley 1967.

  13. Vgl. als Gegenposition zu H. Hamm-Brüchers Standpunkt Eberhard Schütt-Wetschky, Grundtypen parlamentarischer Demokratie. Klassisch-altliberaler Typ und Gruppentyp. Unter besonderer Berücksichtigung der Kritik am "Fraktionszwang", Freiburg i. Br. - München 1984; ders., Der freie Volksvertreter: Illusion oder Wirklichkeit? Zur Kritik der Lehre vom "Parteienstaat", in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 21-22/91, S. 15-23.

  14. Vgl. als frühe Studie hierzu Hans Maier/Heinz Rausch/Emil Hübner/Heinrich Oberreuter, Parlament und Parlamentsreform. Zum Selbstverständnis des fünften Deutschen Bundestages, München 1979²; jüngst Werner J. Patzelt, Ein latenter Verfassungskonflikt? Die Deutschen und ihr parlamentarisches Regierungssystem, in: Politische Vierteljahresschrift, 39 (1998), S. 725-757.

  15. Vgl. U. Thaysen (Anm. 7), S. 82-109.

  16. Vgl. Hartmut Klatt, Parlamentsreform in der Bundesrepublik - eine Bilanz. Reformvorhaben und Zielvorstellungen, in: Der Bürger im Staat, 26 (1976), S. 115-121.

  17. Diese Kommission erhielt in der Reform 1995 eine besondere Bedeutung, weil dort alle Teile des Reformpakets behandelt wurden.

  18. Vgl. Suzanne S. Schüttemeyer, Manager des Parlaments zwischen Effizienz und Offenheit. Parlamentarische Geschäftsführer im Deutschen Bundestag, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 36-37/97, S. 8-17.

  19. Die Bundesregierung ist bei den Reformen durch die personelle und funktionale Verflechtung mit den Mehrheitsfraktionen eng eingebunden; hier entspricht es nicht der Funktionslogik des parlamentarischen Systems, von einem "parlamentsexternen" Akteur zu sprechen.

  20. Vgl. die Darstellung auf der Web-Site des BdSt (http://www.steuerzahler.de/).

  21. Vgl. Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Frankfurt a. M. 1991².

  22. In beiden Fällen ist die Trennlinie zwischen Mehrheitsfraktionen und Opposition durch das abweichende Stimmverhalten einzelner Parlamentarier aufgeweicht worden.

  23. Einen vorgeschalteten Probelauf hat es beispielsweise bei der Etablierung der "Kurzintervention" gegeben.

  24. Vgl. Heinz Rausch, Parlamentsreform in der Bundesrepublik Deutschland. Die Diskussion im Überblick, in: Heinrich Oberreuter (Hrsg.), Parlamentsreform. Probleme und Perspektiven in westlichen Demokratien, Passau 1982, S. 143-156, hier S. 146 f.

  25. Vgl. Svein S. Andersen/Tom R. Burns, The European Union and the Erosion of Parliamentary Democracy: A Study of Post-Parliamentary Governance, in: Svein S. Andersen/Kjell A. Eliassen (Hrsg.), The European Union: How Democratic Is It?, London u. a. 1996, S. 227-251; Klaus von Beyme, Der Gesetzgeber. Der Bundestag als Entscheidungszentrum, Opladen 1997.

  26. Vgl. Rupert Schick/Wolfgang Zeh, So arbeitet der Deutsche Bundestag, Rheinbreitbach 1999, S. 66.

  27. Vgl. Stefan Marschall, Öffentlichkeit und Volksvertretung. Theorie und Praxis der Public Relations von Parlamenten, Opladen 1999, S. 37-83.

  28. Vgl. W. J. Patzelt (Anm. 1).

  29. Vgl. hierzu Wolfgang Ismayr, 50 Jahre Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 20/99, S. 14-26, hier S. 26. Dieser Vorschlag findet sich bereits in den Verfassungsreformdebatten der siebziger und neunziger Jahre.

  30. Vgl. Wolfgang Hoffmann-Riem (Hrsg.), Bericht der Enquete-Kommission "Parlamentsreform", Baden-Baden 1993.

  31. Dietrich Herzog, Der Funktionswandel des Parlaments in der sozialstaatlichen Demokratie, in: ders./Hilke Rebenstorf/Bernhard Weßels (Hrsg.), Parlament und Gesellschaft. Eine Funktionsanalyse der repräsentativen Demokratie, Opladen 1993, S. 13-52.

  32. Vgl. Arthur Benz, Postparlamentarische Demokratie? Demokratische Legitimation im kooperativen Staat, in: Michael Greven (Hrsg.), Demokratie eine Kultur des Westens? 20. Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Opladen 1998, S. 201-222.

  33. So in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom 29. Oktober 1998.

  34. Vgl. zur Debatte Michael Hereth, Die Reform des Deutschen Bundestages, Opladen 1971.

  35. Everhard Holtmann, Politikwissenschaftliche Annäherungen an die Entwicklungsgeschichte der Bundesrepublik, in: ders./Thomas Ellwein (Hrsg.), 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland. Rahmenbedingungen - Entwicklungen - Perspektiven, Opladen 1999, S. 9-17, hier S. 11.

Dr. phil., geb. 1968; wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl Politikwissenschaft II der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Anschrift: Politikwissenschaft II, Heinrich-Heine-Universität, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf.
E-Mail: Stefan.Marschall@uni-duesseldorf.de

Veröffentlichungen u. a.: Öffentlichkeit und Volksvertretung. Theorie und Praxis der Public Relations von Parlamenten, Opladen 1999; Parlamentsreform. Ziele, Akteure, Prozesse, Opladen 1999.