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Umgang mit Migrantinnen und Migranten Editorial Erfolge und Misserfolge der Integration -Deutschland und die Niederlande im Vergleich Australia - the Lucky Country? Multikulturalismus in Kanada - Modell für Deutschland? Reaktionen auf muslimische Zuwanderung in Europa Ursachen fremdenfeindlicher Einstellungen in Westeuropa

Erfolge und Misserfolge der Integration -Deutschland und die Niederlande im Vergleich

Anita Böcker Dietrich Thränhardt Dietrich Anita / Thränhardt Böcker

/ 23 Minuten zu lesen

Deutschland und die Niederlande haben ihre Rollen bei der Einwanderungspolitik inzwischen offenbar vertauscht: Deutschland zeichnet sich heute durch eine bessere Integration von Einwanderern aus als die Niederlande.

I. Klimawandel in beiden Ländern

Tempora mutantur. Jahrzehntelang sind die Niederlande in Deutschland als Musterbeispiel für Toleranz gegenüber Minderheiten betrachtet worden, ihr Multikulturalismus galt als eine Art "ideelles Exportprodukt". Die niederländische Regierung selbst würdigte ihre multikulturelle Integrationspolitik in einem offiziellen englischsprachigen Dokument 1994 als "offensichtlich erfolgreich" und konstatierte, die Niederlande seien "in mehreren Bereichen allen anderen europäischen Ländern weit voraus". Der Bürgermeister von Amsterdam feierte 1997 "Toleranz, Nichtdiskriminierung und Respekt gegenüber Diversität als unseren kostbarsten Kulturbesitz". In den neunziger Jahren bezeichneten sich die Niederlande gern als gidsland, als wegweisendes Land, und meinten damit den Multikulturalismus ebenso wie das "Poldermodell" in der Sozial- und Wirtschaftspolitik.





Deutschland wurde vielfach als negatives Gegenbild gesehen. Nach den Brandanschlägen von Solingen 1993 startete ein niederländischer Discjockey die Postkartenaktion "Ik ben woedend" und fand ein überwältigendes Echo. 1,2 Millionen Niederländer schickten dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl eine "wütende" Postkarte. Deutschland hatte nach der Welle von Gewalttaten 1992/93 einen neuen Grund, mit sich ins Gericht zu gehen, und wurde weltweit kritisch betrachtet. Allgemein bekam die deutsche Einwanderungspolitik im In- und Ausland schlechte Noten. Als die Regierung Kohl über Jahrzehnte keine Fortschritte bei der Einbürgerung der in Deutschland geborenen Kinder von Migranten zustande brachte, verbreitete sich in der westlichen Welt das Stereotyp vom deutschen "Blutrecht" im Gegensatz zum französisch-amerikanischen "Bodenrecht" - eine Vereinfachung, die falsche Assoziationen weckte. Der amerikanische Soziologe Rogers Brubaker prognostizierte in einem preisgekrönten und weithin beachteten Buch, Deutschland werde auf Grund seiner kulturellen und ethnischen Nationaltradition nie in der Lage sein, ein Geburtsrecht für Kinder (ius soli) einzuführen.

Eben dies geschah doch. 1999 wurde nach heftigen Auseinandersetzungen ein Kompromiss zur Einführung des Geburtsrechts für Kinder gefunden, mit dem etwa die Hälfte der in Deutschland geborenenen Kinder von Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit erhält. Zwar hatte die rot-grüne Koalition darüber wenige Monate nach ihrem spektakulären Sieg bei den Bundestagswahlen 1998 die Mehrheit in Hessen verloren, aber die Unterschriftenkampagne der CDU gegen den "Doppelpass" enthielt gleichzeitig eine Forderung nach mehr "Integration". Seither gibt es einen normativen Konsens über die Integration von Ausländern in Deutschland. Die Idee einer Rückkehr der Nicht-EU-Bürger mit Aufenthaltsrecht wird in der Öffentlichkeit nicht mehr verfochten. Dementsprechend ließ Bayern auch die "zweisprachigen Klassen" auslaufen, mit denen es drei Jahrzehnte lang versucht hatte, einen Teil der ausländischen Kinder separat unterrichten zu lassen. Anlässlich der Computermesse CEBIT 2000 startete Bundeskanzler Gerhard Schröder seine "Green Card"-Initiative, die - mit Blick auf den einwanderungsgestützten Boom in den USA unter Präsident Bill Clinton - auch in Deutschland auf den Zusammenhang zwischen Zuwanderung und wirtschaftlicher Konkurrenzfähigkeit zielte. Die von der Opposition dagegen gestartete Kampagne "Kinder statt Inder" schlug fehl, trübte aber das deutsche Image bei indischen Software-Spezialisten. Mit dem Bericht der "Unabhängigen Kommission 'Zuwanderung", die unter Einbeziehung der Tarifpartner, der Kirchen, der jüdischen Gemeinschaft und anderer Gruppen unter Vorsitz der ehemaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth arbeitete, und der weitgehend parallelen Arbeiten der "Müller-Kommission" der CDU wurde ein gewisser Konsens über die Grundzüge der Zuwanderungs- und Integrationspolitik erzielt. Trotz des Scheiterns des Zuwanderungsgesetzes auf Grund der strittigen Stimmabgabe des Landes Brandenburg im Bundesrat erreichten die Auseinandersetzungen nicht mehr die Grundsätzlichkeit und Bitterkeit, die in den achtziger und neunziger Jahren zu einer Vergiftung der Atmosphäre geführt hatten. Zuwanderung wurde auch nicht mehr zu einem großen Thema der Wahlkämpfe. Ein Ergebnis dieser Versachlichung ist, dass es in Deutschland in den vergangenen Jahren keinen Wahlerfolg einer rechtsradikalen und einwandererfeindlichen Partei mehr gegeben hat - im Gegensatz zu Nachbarländern wie Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Dänemark, Norwegen und auch den Niederlanden.

Die Entwicklung in den Niederlanden verlief gegensätzlich. Im Jahr 2002 brach innerhalb weniger Monate eine alarmistische Stimmung über Unsicherheit auf den Straßen, unzureichende staatliche Dienstleistungen und das Scheitern der multikulturellen Politik durch, die der neugegründeten Bewegung Leefbaar Nederland bei den Kommunalwahlen in Rotterdam im März einen sensationellen Erfolg von 34,7 Prozent brachte. Nach diesem Erfolg in der Vorzeigestadt des Multikulturalismus verschärfte der Parteiführer Pim Fortuyn seine postmodern-xenophobe Rhetorik. Er erklärte, die bisherige Minderheitenpolitik habe Illusionen geschürt und Tabus errichtet. Eine "linke Kirche", ein politisch korrektes Establishment habe den Multikulturalismus verfochten und die Menschen gehindert, frei ihre Meinung zu sagen. Als Sprecher der auf diese Weise unterdrückten Bürgerinnen und Bürger präsentierte er sich selbst. Holland sei "voll", und es solle keine weitere Einwanderung mehr geben, insbesondere nicht von Moslems. Fortuyn wurde wegen seiner Radikalität von Leefbaar Nederland ausgeschlossen und gründete daraufhin seine eigene Lijst Pim Fortuyn (LPF), die trotz knapper Vorbereitungszeit bei den Parlamentswahlen im Mai 2002 sensationelle 17,0 Prozent der Stimmen erreichte. Weitere 1,6 Prozent gingen an Leefbaar Nederland. Fortuyns Ermordung durch einen Tierschutzrechtler kurz vor der Wahl erschütterte das niederländische Selbstbewusstsein und machte ihn einige Wochen lang zu einer Art politischem Heiligen, was auch der Akzeptanz seiner Aussagen zugute kam.

Nach ihrem Wahlerfolg wurde die LPF in die Regierung aufgenommen - eine Art "Teufelspakt" - und erhielt unter anderem die Zuständigkeit für das Ministerium für Einwanderung und Integration. Sie diskreditierte sich aber rasch durch ständige innere Streitigkeiten vor breitem Publikum und durch bizarre Forderungen, u.a. nach Ausweisung straffälliger junger niederländischer Staatsbürger marokkanischer Herkunft. Als Ministerpräsident Jan Peter Balkenende nach nur 87 Tagen die Geduld verlor und Neuwahlen ansetzte, schrumpfte die LPF von 26 auf 8 Sitze. Geblieben ist aber der "realistische Diskurs": Multikulturalismus gilt als politisch diskreditiert. Die Andersartigkeit und Rückständigkeit der "nichtwestlichen" Gruppen wird immer wieder hervorgehoben. Mehr und mehr werden sie als "schwarz" bezeichnet, wie es in der Kolonialzeit üblich war. Geschah das im Jahr 2001 meist noch mit Anführungszeichen, so sind diese im Jahr 2002 entfallen. Zeitungen und selbst offizielle Dokumente sprechen regelmäßig von "schwarzen Schulen", "schwarzen Straßen" und "schwarzen Stadtvierteln", wenn es um Menschen türkischer, marokkanischer oder surinamesischer Herkunft geht. Damit hat sich auch terminologisch ein radikaler Wandel vollzogen, denn jahrzehntelang hatte man in den Niederlanden offiziell die neutral klingenden Kunstbegriffe "Allochthone" und "Autochthone" verwendet.

Fortuyns Erfolgsgeheimnis war es, dass er gegen eine Festung rannte, die gar nicht mehr verteidigt wurde. Der "realistische Diskurs" hatte schon 1991 mit einer Rede des liberalkonservativen Fraktionsvorsitzenden Frits Bolkestein begonnen, der heute EU-Kommissar ist. Auch er attackierte eine Politik, von der die von seiner Partei getragene Koalitionsregierung schon abgekommen war. 1988/89 hatte sie das Leitbild der Minderheitenförderung durch das der Integration ersetzt. Diese Politik war auf die "nichtwestlichen" Minderheiten gerichtet, deren Zurückgebliebenheit ("achterstand") damit aber ständig betont wurde. Bolkesteins Rede 1991 ist auch der Anfang einer Kette von Diskursen, die den Islam als gefährlich, andersartig und nicht integrationsfähig definieren. In dieser Linie wurden Äußerungen des fundamentalistischen Geistlichen Al Moumri gegen Homosexualität in der Öffentlichkeit skandalisiert - weit mehr als entsprechende Aussagen christlicher Geistlicher. Der sozialdemokratische Intellektuelle Paul Scheffer erregte Aufsehen mit seiner Beschreibung eines "multikulturellen Dramas", das Politiker erzeugt hätten, die den Realitäten nicht ins Auge blicken wollten. Mit ähnlicher Tendenz war in den großen Zeitungen vom "multikulturellen Zusammenleben als Illusion" und von den "Kosten des Wegschauens" die Rede. Neuerdings wird diese Linie durch Ayaan Hirsi Ali personifiziert, eine junge Politikerin somalischer Herkunft, die dem Islam und insbesondere seinem Propheten Mohammed in beleidigenden Worten Frauenunterdrückung vorwirft. Sie wurde bei den Wahlen 2003 von der liberalkonservativen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) als Überraschungskandidatin aufgestellt und erhielt in der Wahl 68 000 Vorzugsstimmen - mehr als alle anderen Kandidaten außerhalb der beiden Spitzenplätze in den Listen. Sie konzentriert sich auf Attacken gegen den Islam und macht als einzige Politikerin mit Einwanderungshintergrund große Schlagzeilen. Gleichzeitig verzeichnete die Wiener Beobachtungsstelle gegen Rassismus in den Niederlanden seit dem 11. September 2001 eine stärkere Zunahme von Agressionen gegen Moslems als in allen anderen EU-Staaten.

Vergleicht man Umfragedaten, so ist in den Niederlanden - auch in Großbritannien und Schweden, den anderen Ländern mit "multikultureller" Politik - der Rückhalt gerade für die Aussagen am geringsten, die den Kern dieser Politik ausmachen: die Würdigung der eigenen Traditionen der Minderheiten als soziales Kapital und die öffentliche Unterstützung für die Erhaltung solcher Traditionen. Die im Folgenden wiedergegebene Umfrage wurde schon 1995 gemacht, also lange vor dem Zusammenbruch des multikulturellen Konsenses in der Öffentlichkeit. Vergleichsweise werden diese Werte in Deutschland stärker akzeptiert, in den letzten Jahren ist dies auch in der öffentlichen Debatte nachvollzogen worden. Im Wahlkampf 2003 spielten "niederländische Normen und Werte" einerseits eine wichtige Rolle, andererseits stieß der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz mit seinem Versuch, eine "deutsche Leitkultur" zu proklamieren, auf heftige Kritik, und diese Position wurde nicht Teil des Wahlkampfkonzepts.

Auch die Entspannung der Lage in Deutschland ist schon längere Zeit vorbereitet worden. Die "Lichterketten" 1992/93 waren die größten Demonstrationen in der Nachkriegsgeschichte und gaben dem Protest gegen Fremdenfeindlichkeit ein breites Fundament. Schon mit dem Ausländergesetz von 1990 unter Federführung des damaligen Innenministers Wolfgang Schäuble wurde eine weitreichende Einbürgerungsmöglichkeit für die in den Jahren 1955 - 73 angeworbenen Ausländer und ihre Nachkommen geschaffen, die ironischerweise in wichtigen Punkten offener war als die 1999 beschlossenen Regelungen. Es gab nach diesen gesetzlichen Regelungen keine Sprachprüfung. Im "Nikolauspapier" vom 6. Dezember 2002 vereinbarten die großen Parteien die weitere Öffnung und Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Einbürgerung. Und schon 1994 ergab sich eine rechnerische Mehrheit im Bundestag für eine Staatsangehörigkeit in Deutschland geborener Kinder, die jedoch auf Grund unterschiedlicher Auffassungen in der Koalition nicht zum Zuge kam. Allerdings war das Klima seit der Asyl-Auseinandersetzung von 1992, in der Bundeskanzler Kohl von einer "Staatskrise" gesprochen hatte, so belastet, dass die positiven Entwicklungen kaum wahrgenommen wurden, vor allem nicht von den Betroffenen selbst. Auch die Steigerung bei den Einbürgungszahlen blieb weit unter den Möglichkeiten, die das Ausländergesetz bot.

Als Reaktion auf diese diskrepanten Entwicklungen wurden im Winter 2002/2003 in den Niederlanden Stimmen derer lauter, die nun gerade Deutschland als Vorbild sehen - angesichts der vorherigen Einschätzungen ein gewisser Tabubruch. Deutschland habe mit einer Nichtpolitik bessere Ergebnisse erzielt als die Niederlande mit ihrer Minderheitenpolitik, schrieb der in Berlin forschende niederländische Soziologe Ruud Koopmans. Er begründet das mit der Tatsache, dass die Diskrepanzen zwischen Einwanderern und Einheimischen in Deutschland wesentlich kleiner sind als in den Niederlanden, insbesondere in Bezug auf Bildungserfolge, Arbeitslosigkeit und Segregation in den Städten. In der Öffentlichkeit wird sogar die Forderung nach einer niederländischen Süssmuth-Kommission erhoben, um nach deutschem Ansatz (de Duitse aanpak) eine neue Integrationspolitik zu finden - konzeptionell ganz in der Linie der niederländischen Konsenspolitik.

In Deutschland wird dagegen nach wie vor das niederländische Integrationsmodell als vorbildlich empfunden, es spielte in der Diskussion um den Integrationsteil des Zuwanderungsgesetzes eine wichtige Rolle. Die Süssmuth-Kommission empfahl das niederländische Konzept als beispielhaft, ohne auf die langjährigen erfolgreichen Programme für die Aussiedler und die Asylberechtigten in Deutschland überhaupt einzugehen, die weltweit zu den größten staatlich organisierten Sprachprogrammen gehört haben dürften. Überhaupt hat das niederländische Integrationsmodell inzwischen europaweit eine Vorbildrolle und überlagert andere Traditionen auch in Ländern wie Frankreich, Österreich und der Schweiz. Gegenüber den neuen deutschen Bemühungen hat es einen zeitlichen Vorlauf, das Integrationsgesetz wurde schon 1998 verabschiedet. Alle Einwanderer sind durch einen "Vertrag" verpflichtet, sich einem Integrationstest zu unterziehen. Zielgruppen sind hauptsächlich Flüchtlinge, nachziehende Familienangehörige insbesondere aus der Türkei und aus Marokko sowie Niederländer aus den Überseegebieten Aruba und Antillen. Sie erhalten etwa 600 Stunden Sprachunterricht und werden außerdem über die niederländische Gesellschaft und über berufliche Möglichkeiten informiert. Zur Teilnahme verpflichtet sind auch Sozialhilfeempfänger, die vor 1998 in die Niederlande eingewandert sind. Wer mehr als ein Fünftel der Stunden versäumt, kann mit finanziellen Sanktionen belegt werden, was bisher allerdings nur selten praktiziert worden ist. Erste Evaluationen zum Sprach- und Integrationsangebot zeigen jedoch, dass nur 10 bis 15 Prozent aller Absolventen ein Sprachniveau erreicht hatten, das für den Arbeitsmarkt ausreichend war. Ein Vergleich des Programms mit entsprechenden deutschen Bemühungen führt ebenfalls zu einer eher skeptischen Bewertung. Quantitativ entspricht es dem Sprachunterricht für Aussiedler nach den Kürzungen der Regierung Kohl von einem ganzen auf ein halbes Jahr, die als ein wesentlicher Grund für das Absinken des Integrationsniveaus der Aussiedler in den vergangenen Jahren gelten.

II. Perzeptionen und Realitäten - ein lockerer Zusammenhang

Der rasche Wandel der Perzeptionen und ihre Widersprüchlichkeiten geben einen ersten Hinweis darauf, dass sie mit den Realitäten oft nur lose gekoppelt sind. Pauschalurteile sind häufig. Auch der wissenschaftliche Diskurs ist oft stark ideologisiert und leidet an normativer Überfrachtung und empirischen Defiziten (so mit Blick auf die USA der amerikanische Politikwissenschaftler Gary Freeman). Anhand von Einwanderergruppen werden Selbstverständnisse und Eigendefinitionsdebatten geführt, vor allem seit die Feindbilder des Kalten Krieges nicht mehr zur Verfügung stehen.

Es ist typisch für Einwanderungsländer, dass bestimmte Einwanderungsgruppen als Problem definiert werden. Im Allgemeinen lösen Neuankömmlinge in dieser Rolle die früher Gekommenen ab. In Deutschland waren dies in den sechziger Jahren die italienischen "Gastarbeiter", in den siebziger und achtziger Jahren "die Türken" und in den neunziger Jahren die "Asylanten". In den vergangenen Jahren konzentriert sich die Aufmerksamkeit eher auf die Aussiedler aus Kasachstan und Russland, denen mangelnde Integrationsfähigkeit, Kriminalität und Alkoholismus zugeschrieben wird. In den Niederlanden ist die Aufmerksamkeit seit 1991 auf den Islam und in Verbindung damit auf die Marokkaner gerichtet. In beiden Ländern wird dabei immer wieder pauschal ein "Scheitern der Integration" konstatiert. In den Niederlanden wird im "realistischen Diskurs" über eine zu weiche Behandlung der Minderheiten geklagt, die doodgeknuffeld worden seien.

Dabei stehen seit den siebziger Jahren Klischees über "sozialen Sprengstoff" oder "Zeitbombe" im Vordergrund, insbesondere mit der Befürchtung von Kriminalität und Radikalität und der Bildung von "Ghettos". Im Zuge der Sozialstaatsdebatte wird damit in den vergangenen Jahren das Belastungsargument verbunden, etwa als "Einwanderung in die Sozialsysteme" formuliert. Mit derartigen Katastrophenszenarien werden ganze Generationen oder Gruppen abqualifiziert, auch wenn die Fakten dies nicht oder nur ansatzweise hergeben. In einigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen finden sich ähnlich pauschale Denunziationen. Andererseits können wir bei Panel-Befragungen über längere Zeiträume feststellen, dass sich kontinuierlich Integration vollzieht, sowohl in Bezug auf sprachliches Lernen wie auf soziale Kontakte. Diese Normalität im Einwanderungsland ist allerdings weniger sensationell. Dies gilt sowohl in Hinsicht auf soziale Kontakte als auch in Bezug auf normative Einstellungen, etwa zur Heirat mit Ausländern.

In den achtziger Jahren waren die Perzeptionen wesentlich dadurch beeinflusst worden, dass es in den Niederlanden zu einem Konsens zwischen den Parteien über eine Minderheitenpolitik kam, während Einwanderung in Deutschland im Parteienstreit und im Wahlkampf in extremer Weise als Konfliktstoff diente. Damit entstand für die Niederlande ein tendenziell idyllisches Bild, das weder die sozialen Realitäten in Bildung und Wirtschaft noch die Meinungsdifferenzen zwischen den Parteien wiedergab. Zehn Jahre funktionierte ein Gentlemen's Agreement darüber, die Einwanderungsfragen aus den parteipolitischen Polemiken herauszuhalten, bis der liberalkonservative Fraktionsvorsitzende Bolkestein 1991 dieses Tabu gezielt brach. In dieser Zeit wurden das kommunale Wahlrecht, die Förderung von Minderheitenorganisationen, die Erleichterung der Einbürgerung, die Aufenthaltssicherung und Anti-Diskriminierungsmaßnahmen eingeführt. Eine Analyse der parlamentarischen Verhandlungen zeigt allerdings, dass bei vielen Abgeordneten durchaus eine tiefe Skepsis gegenüber Einwanderern blieb. Wenig thematisiert wurde zunächst die soziale und ökonomische Lage der "Allochthonen". Während für sie eine Minderheitenpolitik formuliert wurde, sank ihre Arbeitsbeteiligung entscheidend ab. Um die schweren Einbrüche im Beschäftigungssystem nach der zweiten Ölkrise 1979/80 abzufedern, wurden viele von ihnen in die Arbeitsunfähigkeitsrente (WAO) abgeschoben - eine komfortable Versorgung, die sie aber als Gruppe mit dem Odium der wirtschaftlichen Untätigkeit belegte. Dies war eine allgemeine Politik, auf Grund deren auch heute noch jeder sechste niederländische Arbeitnehmer zwischen 16 und 65 Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht - insgesamt 980 000 Menschen. Diese Politik sicherte den Lebensstandard der Betroffenen, hatte aber Nachwirkungen für bestimmte Einwanderergruppen, auch als die Wirtschaft sich wieder belebte.

In Deutschland war Migration in den achtziger und neunziger Jahren Thema heftiger Parteienkonflikte. In der ersten Regierungserklärung von Bundeskanzler Kohl 1982 wurde "Ausländerpolitik" zu einer der vier großen Prioritäten erklärt, sie stand insbesondere 1982/83, 1986/87, 1989 und 1992/93 im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Gleichzeitig blieb die Ausländerbeschäftigung bemerkenswert stabil, auf Ausländer zielender Personalabbau die Ausnahme. Parallel dazu stieg die Verankerung der ausländischen Beschäftigten in den Unternehmen, bei den Gewerkschaften und in den Betriebsräten an, sie gehören zur "Kernbelegschaft" etwa der großen Automobilunternehmen. Auch die Ausbildungsquoten der Jugendlichen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit näherten sich weiter den Werten für die Deutschen. 1998 absolvierten 39 Prozent der griechischen, 42 Prozent der türkischen, 37 Prozent der italienischen und 73 Prozent der spanischen Jugendlichen eine Lehre. In der Öffentlichkeit wurde dies kaum zur Kenntnis genommen, sondern es war vielfach vom "Türkenproblem" die Rede.

Die parteipolitische Polarisierung wirkte sich bis zu den Einstellungen der verschiedenen Einwanderergruppen aus. Während die meisten Ausländer mit SPD und Grünen sympathisierten, zur Zeit der Ausländerbeauftragten Liselotte Funcke auch mit der FDP, genoss die CDU/CSU Sympathien bei der große Mehrzahl der Aussiedler. Eine neue parteipolitische Bruchlinie hatte sich aufgetan, die inzwischen eine bemerkenswerte Stabilität erreicht hat. Schon die Koalitionsmehrheit von 1994 wäre ohne die Stimmen der Aussiedler nicht erreicht worden, denn diese haben im Gegensatz zu Ausländern das Wahlrecht. Erst mit zunehmender Einbürgerung ändert sich langsam die Wählerzusammensetzung. In den Niederlanden dagegen hat sich inzwischen eine Verteilung der Einwandererrepräsentanten über das gesamte Parteienspektrum ergeben, und es kommt zu unerwarteten Koalitionen und Situationen. So war der schon erwähnten Ayaan Hirsi Ali, die bis 2002 für die sozialdemokratische Parteistiftung arbeitete, nicht nur von der im Parteienspektrum rechts stehenden VVD, sondern auch von der ganz links stehenden Sozialistischen Partei eine Parlamentskandidatur angetragen worden. Ein zweites Beispiel ist der Vorschlag einer Amnestie für 5 000 Asylbewerber, den der ausscheidende LPF-Minister Hilband Nawijn im Frühjahr 2003 machte - ganz im Gegensatz zur rigiden Linie des 87-Tage-Kabinetts Balkenende.

Besonders deutlich wird die Diskrepanz zwischen realer Entwicklung und Perzeption am Beispiel der neuen Eliteneinwanderung von technischen Spezialisten und ihrer Regelung. Die deutsche "Green Card" machte große Schlagzeilen und trug entscheidend zur Veränderung des politischen Klimas bei. Sie wurde zu einem Symbol der Öffnung, obwohl ihre Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung begrenzt blieb. Materiell wichtiger war die Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Transfers innerhalb multinationaler Unternehmen, die auch andere Industriebereiche umfasst. Diese Öffnung freier unternehmensinterner Arbeitsmärkte erfolgte zehn Tage vor der Bundestagswahl 1998. Da die damalige Regierung Kohl gleichzeitig im Wahlkampf gegen jede Ausweitung der Migration eintrat, wurde die Regelung der Öffentlichkeit nicht vermittelt und blieb von den Medien und auch von der wissenschaftlichen Literatur bis heute völlig unbeachtet.

III. Die Zuwanderungsströme und ihre Kategorisierung

Das Spannungsverhältnis zwischen Perzeption und Realität bezieht sich auch auf die Kategorien der Statistik und den Umgang mit ihr. Sowohl Deutschland als auch die Niederlande waren bis in die Nachkriegszeit hinein Auswanderungsländer und haben lange gezögert, sich als Einwanderungsländer zu definieren. Deutschland nahm in seiner reduzierten Gestalt nach 1945 zwölf Millionen Vertriebene auf, hinzu kam in den Jahren 1949 - 61 die Flucht von drei Millionen Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik. In die Niederlande kamen postkoloniale Migranten: In der Nachkriegszeit waren dies zunächst 300 000 "Remigranten" aus dem unabhängig werdenden Indonesien. Weitere 200 000 kamen aus Surinam vor und nach seiner Unabhängigkeit 1974, weitere 80 000 von den niederländischen Antillen, die bis heute Bestandteil des Staates sind. Beide Länder rekrutierten seit Anfang der sechziger Jahre verstärkt Arbeitskräfte aus dem Mittelmeerraum, Deutschland einen höheren Anteil aus Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und dem ehemaligen Jugoslawien, die Niederlande aus Marokko. Beide Länder verzeichneten eine starke Einwanderung aus der Türkei. Zu Beginn der Ölkrise 1973 stoppten sie übereinstimmend die Anwerbung, mit der Folge von Rückwanderung einerseits, Familiennachzug andererseits und einer Tendenz zur Stabilisierung der Einwanderung. Seit 1980 nahm die Zahl der Asylbewerber in Deutschland, seit 1985 auch in den Niederlanden stark zu. Die Reduzierung des Asylzugangs in Deutschland 1992/93 hatte zur Folge, dass mehr Asylbewerber in die Niederlande auswichen und auch dort seit 1995 die Asylmöglichkeiten schrittweise immer weiter reduziert wurden. Seit der Lockerung der Ausreisebeschränkungen im ehemaligen Ostblock nahm die Zahl der Aussiedler rasch zu, reduzierte sich aber durch deutsche Beschränkungen des Zugangs rasch wieder. Insgesamt handelte es sich 1950 - 2001 um 4,2 Millionen Aussiedler.

Die statistische Kategorisierung der Einwanderer und ihrer Nachkommen in den beiden Ländern unterscheidet sich grundlegend. In Deutschland wird die Staatsangehörigkeit erfasst. Bis zum 1. Januar 2000 hatte das auch zur Folge, dass jedes neugeborene Kind ausländischer Eltern als Ausländer gezählt wurde, auch wenn die Familie schon über Generationen in Deutschland ansässig war und deutsch sprach. Andererseits werden Einwanderer nicht mehr gesondert erfasst, wenn sie eingebürgert sind. Das gilt zum Beispiel für Aussiedler aus Kasachstan, deren Familiensprache Russisch ist und die erst kurze Zeit in Deutschland leben (s. Tabelle 3).

Die Begrifflichkeit der "Allochthonen" und "Autochthonen" wurde eingeführt, um den Begriff "Einwanderer" zu vermeiden; damit wurde der in den achtziger Jahren gebräuchliche Begriff "minderheeden" abgelöst. Da es sich - wie unsere Tabelle zeigt - dabei zu einem großen Teil um Europäer handelt, vor allem auch um Deutsche, wird die Gruppe der "Allochthonen" weiter in "westliche" und "nichtwestliche" Allochthonen unterteilt. Zur "westlichen" Gruppe werden alle OECD-Länder mit Ausnahme der Türkei gerechnet, außerdem die in Indonesien Geborenen (meist niederländischer oder gemischter Herkunft), zur "nichtwestlichen" alle anderen Gruppen, also vor allem die in der Türkei, Marokko, aber auch in Surinam und auf den niederländischen Antillen und in Aruba Geborenen. Surinam war bis 1974 Teil des Königreichs der Niederlande, die Antillen und Aruba sind dies bis heute. Die Gruppe der nichtwestlichen "Allochthonen", die als benachteiligt gelten, umfasst also einerseits Gruppen, die bis 1973 als Arbeitskräfte angeworben worden sind und ihre Familien, andererseits postkoloniale Einwanderer, vor allem die vor und nach der Unabhängigkeit in die Niederlande gekommenen Surinamer, die mit Niederländisch als Mutter- oder Verkehrssprache aufgewachsen sind. Sie sind überwiegend Nachfahren ehemaliger Sklaven oder Vertragsarbeiter, die von der Kolonialmacht nach Surinam gebracht worden waren. In den neunziger Jahren sind außerdem die Flüchtlingszahlen stark angestiegen. Wie in Deutschland stammen die Flüchtlinge hauptsächlich aus der europäisch-asiatischen Konfliktzone, die von Bosnien über Serbien, das Kosovo, die Türkei, den Irak, den Iran bis nach Afghanistan reicht. Sie unterliegen, solange und soweit sie noch nicht oder nicht anerkannt sind, starken Beschränkungen, die ihre Eingliederung behindern. Da sie oft aus Bildungsschichten kommen, besitzen sie andererseits ein großes Innovationspotenzial.

IV. Erklärungen und Perspektiven

Auf den größeren Abstand zwischen Einheimischen und Zuwanderern in den Niederlanden auf dem Arbeitsmarkt wurde erstmals 1998 hingewiesen. Während die Arbeitslosigkeit von Ausländern in Deutschland etwa doppelt so hoch war wie die von Deutschen, war die Diskrepanz hier beträchtlich höher. "Die Mehrheit der Türken und Marokkaner zwischen 15 und 64 Jahren stand außerhalb des Arbeitsmarktes. Von den verbleibenden 44 Prozent bei den Türken bzw. 42 Prozent bei den Marokkanern war ein Drittel arbeitslos gemeldet." Inzwischen hat sich die Relation etwas verbessert. Die Arbeitslosigkeit der "nichtwestlichen" Zuwanderer liegt bei zehn, die der Einheimischen bei drei Prozent. Die Vollbeschäftigung in den Niederlanden eröffnet den Zuwanderern neue Chancen, auch wenn sich dieser Prozess langsam vollzieht. Andererseits hat die steigende Arbeitslosigkeit in Deutschland für die Zuwanderer besonders negative Auswirkungen, vor allem soweit sie weniger gut gebildet und weniger in Netzwerke einbezogen sind als Deutsche. Auch die Diskrepanzen im Bildungsbereich sind in den Niederlanden größer, wenn man die offiziellen Schulstatistiken heranzieht. 1996 verließen 8 Prozent der Kinder einheimischer, aber 35 Prozent der Kinder türkischer und 39 Prozent der Kinder marokkanischer Herkunft die Schule ohne Abschluss.

Auch hier zeigen sich in den vergangenen Jahren Verbesserungen, insbesondere schneiden die in den Niederlanden geborenen Kinder günstiger ab. Insofern ist die Situation weniger dramatisch als vor zehn Jahren.

Eine Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zeigt in den Niederlanden eine stärkere Diskrimierung bei Einstellungen durch Unternehmen, berechnet wurde eine Diskriminierungsrate von 33 Prozent in Deutschland und 56 Prozent in den Niederlanden. Dieses Muster stimmt mit den Ergebnissen einer psychologischen Untersuchung überein, die in Deutschland Mitte der neunziger Jahre eine höhere offene, in den Niederlanden dagegen eine höhere subtile Vorurteilsbereitschaft konstatierte.

Angesichts dieser Daten ist die Krise des niederländischen Multikulturalismus nicht überraschend, sie findet Parallelen in Schweden, Australien, und Großbritannien. Versucht man eine vergleichende Bilanz, so ist die Verankerung der Einwanderer in Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland weiter vorangeschritten. Das ist ein Erfolg der Konzeption der Politik der "sozialen und wirtschaftlichen Gleichberechtigung", die seit 1972 in Deutschland verfolgt worden ist und sich in einer Integration vor allem im Produktionssektor, in den Betriebsräten, den Gewerkschaften und im dualen Ausbildungssystem zeigt. In dem Maße, in dem diese Institutionen gefährdet sind, ist auch der sozioökomische Integrationsweg gefährdet. Das zeigt sich etwa in Berlin, wo der Produktionssektor weitgehend zusammengebrochen ist und auch eine engagierte Integrationspolitik dagegen nicht viel ausrichten konnte. Die niederländische Politik hat demgegenüber andere Erfolge aufzuweisen. Insbesondere ist die Mehrheit der Einwanderer, auch die Gruppe aus der Türkei, inzwischen eingebürgert worden, und sie kann an politischen Auseinandersetzungen gleichberechtigt teilnehmen. Bleibt die Vollbeschäftigung erhalten, so ist zugleich eine Verbesserung der sozialen und ökonomischen Integration zu erwarten. Auch für Deutschland wird die Wirtschaftslage in den nächsten Jahren entscheidend für die Festigung der Integration der Zuwanderer sein. In einer Marktgesellschaft hängt der Status einer Person und ebenso einer Gruppe entscheidend von der wirtschaftlichen Position ab. Eine gute Integrationspolitik kann fördern, sie kann die sozioökonomische Integration aber nicht ersetzen.

Internetverweise:

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Externer Link: https://www.imis.uni-osnabrueck.de

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Externer Link: https://www.cbs.nl

Externer Link: https://www.scp.nl

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Externer Link: https://www.inburgernet.nl

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Externer Link: https://www.cgb.nl

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Rudolf Leiprecht/Helma Lutz, The Dutch Way: Mythos und Realität der interkulturellen Pädagogik in den Niederlanden, in: Georg Auernheimer/Peter Gsettner (Hrsg.), Jahrbuch für Pädagogik, Frankfurt/M.-New York 1996, S. 239. Sie zitieren allein sechs deutsche Erziehungswissenschaftler mit dieser Vorbild-Empfehlung, auch niederländische und englische Experten äußerten sich ähnlich.

  2. Policy on the Integration of Ethnic Minorities. Lower House of the States General. Session 1993 - 1994, Doc. 23 684, Den Haag, 11 April 1994. Übersetzung: Anita Böcker/Dietrich Thränhardt.

  3. Ed van Tijn, Ons kostelijkste cultuurbezit. Over tolerantie, non-discriminatie en diversiteit, Leiden 1997, S. 4.

  4. Korrigierend dazu: Heike Hagedorn, Wer darf Mitglied werden? Einbürgerung in Deutschland und Frankreich, Opladen 2001.

  5. Vgl. Rogers Brubaker, Staats-Bürger. Deutschland und Frankreich im historischen Vergleich, Hamburg 1994.

  6. Zu den Anfängen des Konzepts vgl. Ray C. Rist, Die ungewisse Zukunft der Gastarbeiter, Stuttgart 1980; Gerhard Mahler, Zweitsprache Deutsch. Die Schulbildung der Kinder ausländischer Arbeitnehmer, Donauwörth 1974; Dietrich Thränhardt, Ausländer im deutschen Bildungssystem, in: ders., Texte zu Migration und Integration in Deutschland, Münster 1999, S. 137 - 171.

  7. Vgl. Uwe Hunger, Befragung indischer Computer-Experten in Kalifornien, Habilitationsprojekt 2002.

  8. Vgl. Zuwanderung gestalten, Integration fördern. Bericht der unabhängigen Kommission "Zuwanderung", Berlin, 4. Juli 2001; Zuwanderung steuern und begrenzen. Integration fördern. Beschluss des Bundesausschusses der CDU Deutschlands vom 7. Juni 2001 in Berlin, www.cdu.de/pt-07061/pt-beschluss.htm.

  9. Er bezeichnete den Islam als "rückständige Kultur", die die Toleranz bedrohe. "In welchem Land kann ein erklärter Homosexueller Spitzenkandidat einer großen Bewegung werden? Ich bin stolz darauf, und das soll so bleiben". Angesichts der Gefahren sollen der Gleichberechtigungsartikel in der Verfassung und die Anti-Diskriminierungsgesetze abgeschafft werden.

  10. Vgl. Baukje Prins, Het lef om taboes te doorbreker. Nieuw realisme in het Nederlandse discours over multiculturalisme, in: Migrantenstudies, 18 (2002), S. 241 - 454. Englische Fassung: The Nerve to Break Taboos: New Realism in the Dutch Discourse on Multiculturalism, in: ders./Boris Slijper (Hrsg.), Multicultural Society under Attack, Journal of International Migration and Integration, 4 (2003) 3 (i.E.).

  11. Als "Allochthone" werden im Ausland, als "Autochthone" im Inland Geborene bezeichnet. Eingeschlossen sind alle Menschen, die selbst im Ausland geboren sind oder die einen im Ausland geborenen Elternteil haben.

  12. Vgl. Paul Scheffer, Het multiculturele drama, in: NRC Handelsblad vom 29. 1. 2000; Paul Schnabel, De multiculturele samenleving is een illusie, in: De Volkskrant vom 17. 2. 2000; Paul Scheffer, De prijs van vermijding, in: NRC Handelsblad vom 26. 5. 2001.

  13. Vgl. Jaap van Donselaar/Peter R. Rodrigues, Monitor Racisme en extreem-rechts. Vierde rapportage, Amsterdam 2001 S. 126.

  14. Vgl. H. Hagedorn (Anm. 4); Dietrich Thränhardt, Die Reform der Einbürgerung in Deutschland, in: Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung, Einwanderungskonzeption für die Bundesrepublik Deutschland, Bonn 1995, S. 63 - 116.

  15. Vgl. Ruud Koopmans, Zachte heelmeesters(...) Een vergelijking van de resultaten van het Nederlandse en Duitse integratiebeleid en wat de WRR daaruit niet concludeert, in: Migrantenstudies 2 (2002), S. 87 - 92.

  16. "Vor zehn Jahren waren die Niederlande wegen der Brandanschläge und Attacken auf Ausländer über Deutschland irritiert. Doch in Deutschland ist die "moralische Panik" verschwunden. Mit Hilfe einer unabhängigen Kommission hat es die rot-grüne Regierung verstanden, neue Ausgangspunkte für Zuwanderung und Integrationspolitik zu entwickeln. Ist das auch für die Niederlande eine Perspektive?" Einladungsprospekt der Diskussionserie "Met Scheve Ogen" in sieben niederländischen Städten (unsere Übersetzung, gekürzt). Die Autoren beziehen sich mit der Forderung nach einer niederländischen Süssmuth-Kommission auch auf Forderungen des Publizisten Hendrik Jan Schoo.

  17. Vgl. Zuwanderung (Anm. 8), S. 252 - 265.

  18. In den Niederlanden wird Integration als "inburgering" bezeichnet, Einbürgerung heißt "naturalisatie".

  19. Vgl. Ines Michalowski, Integration for Newcomers. A Dutch Model for Europe? NIAS Migration Research Conference 2003, http://egora.uni-muenster.de/ifp.

  20. Vgl. Regioplan, Verscheidenheid in integratie. Evaluatie van der effectiviteit van de WIN, Amsterdam 2002, S. 95.

  21. Als Beispiel aus der jüngsten Zeit kann ein Artikel im "Spiegel" über Aussiedler dienen, der mit einem schrecklichen Kriminalfall beginnt. Anschließend heißt es, "ein "CDU-Mann" habe "offen" ausgesprochen, nur noch ein Viertel der Neuankömmlinge schaffe die Integration. Mit "Klein-Kasachstan", "Neu-Moskau", "sozialem Sprengstoff", "Problemgruppe" und "Zigtausenden Wähler(n)(...) - mögen sie auch kriminell werden oder nicht integrierbar sein" - wird das Ghetto- und Kriminalitätsmotiv angesprochen. Immigranten. "Sozialer Sprengstoff", in: Der Spiegel, Nr. 9 vom 3.3.2003, S. 40 - 42.

  22. So schreiben Heitmeyer/Müller/Schröder den männlichen türkischen Jugendlichen 1997 "Fundamentalismus" zu, obwohl ihre eigenen Zahlen - wie ein Rezensent treffend feststellt - dies nicht bestätigen: Wilhelm Heitmeyer/ Joachim Müller/Helmut Schröder, Verlockender Fundamentalismus. Türkische Jugendliche in Deutschland, Frankfurt/M. 1997, Bernhard Santel, Töten für den Islam? Eine holzschnittartige Studie über junge Türken in Deutschland, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Nr. 159, 13.7.1998, S. 14.

  23. Vgl. weitere Ergebnisse in: Dietrich Thränhardt, Deutschland als Magnetgesellschaft, in: Helmut Neuhaus (Hrsg.), Migration und Integration. Atzelsberger Gespräche 2001, Erlangen 2002, S. 24 - 28.

  24. Das Anti-Diskriminierungsgesetz selbst kam nach zehnjähriger Debatte erst 1994 zustande.

  25. Vgl. Dirk Jacobs, Nieuwkomers in de politiek. Het parlementair debat omtrent kiesrecht voor vreemdelingen in Nederland en Belgie (1970 - 1997), Gent 1998.

  26. Vgl. Dietrich Thränhardt, Einwanderungs- und Integrationspolitik in Deutschland und den Niederlanden, in: Leviathan, 30 (2002), S. 220 - 249.

  27. Vgl. Jan Motte, Vom "Wirtschaftswunder" bis zur Stahlkrise. Die Beschäftigung von Arbeitern aus der Türkei im Hüttenwerk Salzgitter 1963 - 1984, in: Klaus J. Bade/Jochen Oltmer (Hrsg.), Zuwanderung und Integration in Niedersachsen seit dem Zweiten Weltkrieg, Osnabrück 2000, S. 253 - 272.

  28. Berechnet als Prozentwert der Jugendlichen zwischen 15 und 17 Jahren nach Daten des Statistischen Bundesamtes.

  29. Vgl. Dietrich Thränhardt, Einwanderungs- und Integrationspolitik in Deutschland und den Niederlanden, in: Leviathan, 30 (2002) 2, S. 229.

  30. "Green Card" ist eigentlich eine unzutreffende Bezeichnung, da IT-Spezialisten in den USA mit einem 1 HB-Visum - ein Arbeitsvisum für Spezialisten - zugelassen werden. Der "Green Card" entsprechen in Deutschland eher die Aufenthaltserlaubnis und die Aufenthaltsberechtigung.

  31. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 nahmen international operierende Unternehmen die "Green Card" 572 Mal in Anspruch. Über unternehmensinterne Arbeitsmärkte kamen gleichzeitig aber 1 543 Beschäftigte nach Deutschland. Auch in Zeiten wirtschaftlicher Flaute behält diese Möglichkeit also Bedeutung.

  32. Vgl. auch Anita Böcker/Kees Groenendijk, Einwanderungsland Niederlande: tolerant, liberal und offen?, in: Friso Wielenga (Hrsg.), Die Niederlande, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2003 (i.E.); Dita Vogel, Einwanderungsland Niederlande - Politik und Kultur, Frankfurt/M.-London 2003 (i.E).

  33. Vgl. Melanie Kiehl/Heinz Werner, Die Arbeitsmarktsituation von EU-Bürgern und Angehörigen von Drittstaaten in der EU, in: IAB-Werkstattberichte Nr. 7 vom 30.7.1998, Tabelle 3.1 und Schaubild 3.17. Siehe neuerdings auch Heinz Wener, The Integration of Immigrants into the Labour Markets of the EU, IAB topics, (2003) 52.

  34. Jeroen Doomernik, The Effectiveness of Integration Policies towards Immigrants and their Descendants in France, Germany and the Netherlands, Genf 1998, S. 65. Übersetzung der Autoren.

  35. Vgl. ebd., S. 65. Die niederländischen PISA-Auswertungen waren wegen zu geringer Beteiligung der Befragten nicht valide und können deshalb für einen Vergleich nicht herangezogen werden. Zusätzlich macht die Diskrepanz zwischen den staatlichen Bildungsstatistiken und den Ergebnisse der PISA-Studie in Deutschland eine Auswertung problematisch. Vgl. Uwe Hunger/Dietrich Thränhardt, Der Bildungserfolg von Einwanderer-Kindern in den Bundesländern. Diskrepanzen zwischen der PISA-Studie und den offiziellen Schulstatistiken, in: Georg Auernheimer, Schieflagen im Bildungssystem. Die Benachteiligung der Migrantenkinder, Opladen 2003 (i.E.). Anmerkung der Redaktion: Siehe auch Cornelia Kristen, Ethnische Unterschiede im deutschen Schulsystem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B21 - 22/2003.

  36. Vgl. Roger Zegers de Beijl, Documenting Discrimination against Migrants in the Labour Market. A Comparative Study of Four Countries, Genf 1999, S. 58 und S. 71.

  37. Vgl. Thomas F. Pettigrew, Reactions towards the New Minorities of Western Europe, in: Annual Review of Sociology, 28 (1998) 1, S. 84f. Grundlage der Untersuchung waren die Daten des Eurobarometers.

  38. Vgl. Tomas Hammar, Schweden. Einwanderung in einen skandinavischen Wohlfahrtsstaat, in: Leviathan. Sonderheft Migration, 2003; Ghassan Hage, Multiculturalism and White Paranoia in Australia; in: Journal of International Migration and Integration, 4 (2003) 3 (i.E.); Sigrid Baringhorst, Pluralistische Integration und ethnische Konflikte. Multikulturelle Minderheitspolitik, dargestellt am Beispiel der nordenglischen Stadt Bradford, Diss. Münster 1990. Anmerkung der Redaktion: Siehe auch den Beitrag der Autorin in dieser Ausgabe.

  39. Vgl. Uwe Hunger/Dietrich Thränhardt, Die Berliner Integrationspolitik im Vergleich der Bundesländer, in: Frank Gesemann (Hrsg.), Migration und Integration in Berlin, Opladen 2001, S. 109 - 126.

Dr. iur., geb. 1959; universitair docent rechtssociologie, Instituut voor Rechtssociologie, Katholieke Universiteit Nijmegen; 2002/03 Fellow am Netherlands Institute for Advanced Study in the Humanities and Social Sciences (NIAS).
Anschrift: NIAS, Meijboomlaan 1, 2242 PR Wassenaar, NL.
E-Mail: a.bocker@jur.kun.nl.

Veröffentlichungen u.a.: (zus. mit Elspeth Guild) Implementation of the Europe Agreements in France, Germany, The Netherlands and the UK: Movement of Persons, London 2002; Identificatieplicht: oplossing of oorzaak van problemen, Nijmegen 2002.

Dr. rer. soc., geb. 1941; Professor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster; 2002/03 Fellow am NIAS.
Anschrift: NIAS, Meijboomlaan 1, 2242 PR Wassenaar, NL.
E-Mail: E-Mail Link: thranha@uni-muenster.de

Veröffentlichungen u.a.: (Hrsg. zus. mit Uwe Hunger) Einwanderernetzwerke und ihre Integrationsqualität in Deutschland und Israel, Münster und Freiburg 2000; Integrationspolitik in föderalistischen Systemen, Münster 2001.