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Erneuerbare Energien Editorial Masterplan gesucht Die internationale Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien Erneuerbare Energien - Erfolgsgaranten einer nachhaltigen Politik? Renewables, adaptationspolitisch betrachtet Das gute Leben neu denken

Die internationale Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien

Sebastian Oberthür Stefanie Pfahl Dennis Tänzler Dennis Stefanie / Tänzler Sebastian / Pfahl Oberthür

/ 15 Minuten zu lesen

Die internationale Förderung Erneuerbarer Energien verspricht neben energiewirtschaftlichen auch klimapolitische sowie außen- und sicherheitspolitische Vorteile. Sie beruht auf einer Vielzahl von Aktivitäten zum Kapazitätsaufbau und zum Finanz- und Technologietransfer in Entwicklungsländer.

Einleitung

Vom 1. bis zum 4. Juni 2004 fand in Bonn die Internationale Konferenz für Erneuerbare Energien ("Renewables") statt. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte die Weltgemeinschaft auf dem Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung in Johannesburg im August/September 2002 eingeladen. Sonnen- und Windenergie, Wasserkraft, geothermische Energie und die Nutzung vonBiomasse wurden zum ersten Mal zum alleinigen Gegenstand einer globalen Konfe- renz.



Die Bonner Konferenz zeitigte drei politische Ergebnisse. Erstens verabschiedeten die Regierungsvertreter aus 154 Ländern eine politische Erklärung, in der sie sich zum Ausbau der Nutzung Erneuerbarer Energiequellen (EE) sowie zu einer Fortführung und Intensivierung der hierauf gerichteten internationalen Zusammenarbeit bekennen. Dieses Bekenntnis wurde zweitens durch einen Internationalen Aktionsplan untermauert, in den freiwillige Maßnahmen und Zielsetzungen von Regierungen, internationalen Organisationen und zivilgesellschaftlichen Akteuren einflossen. Drittens gab die Konferenz politischen Entscheidungsträgern ein Menü von Empfehlungen für die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen zur EE-Förderung an die Hand.





Die Bonner Konferenz stellte den vorläufigen Höhepunkt der internationalen Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien dar, die sich in den vergangenen Jahren erheblich intensiviert hat. Sie bietet den Anlass, im Folgenden zunächst eine Bestandsaufnahme dieser internationalen Zusammenarbeit vorzunehmen. Daran anschließend skizzieren wir einige positive Folgewirkungen einer weltweit verstärkten Nutzung Erneuerbarer Energien auf die internationale Klimapolitik sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. Schließlich werden die Perspektiven der internationalen Zusammenarbeit zur EE-Förderung beleuchtet.

Der Stand der internationalen Förderung von Erneuerbaren Energien

Die internationale Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien erfolgt derzeit in einer Vielzahl unterschiedlichster bilateraler und multilateraler Zusammenhänge. Aktiv beteiligt sind u.a. das UN-Umweltprogramm (UNEP), das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), die UN-Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), verschiedene UN-Regionalkommissionen, die Weltbank, die Globale Umweltfazilität (GEF), regionale Entwicklungsbanken und die Internationale Energie-Agentur (IEA). Zu diesen zwischenstaatlichen Institutionen sind seit dem Johannesburger Weltgipfel 2002 globale Netzwerke getreten, in denen sich zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure zusammenschließen, um politische Ziele zu verfolgen, darunter insbesondere diemaßgeblich von Großbritannien unterstützte Renewable Energy and Energy Efficiency Partnership (REEEP). Mit unterschiedlichen Schwerpunkten widmen sich die genannten und weitere internationale Institutionen und Netzwerke einer großen Bandbreite von Aktivitäten, die im Folgenden näher beleuchtet werden.

Finanzierung von Projekten und Programmen

Da Bedarf an internationaler Finanzhilfe zur EE-Förderung insbesondere in vielen Entwicklungsländern besteht, liegt hier der Schwerpunkt der Fördertätigkeit von GEF und Weltbank, den wichtigsten internationalen Finanzquellen. Die GEF hat im Rahmen von Klimaschutzprojekten zwischen 1991 und 2003 Erneuerbare Energien mit ca. 250 Mio. US-Dollar unterstützt. Die Weltbank hat seit 1990 jährlich rund 450 Mio. US-Dollar zur Förderung Erneuerbarer Energien bereitgestellt. Allerdings machte diese Förderung zwischen 1994 und 2004 weniger als fünf Prozent des Volumens der Förderung fossiler Energieträger aus. Im Jahr 2003 belief sich die EE-Förderung der Weltbank nur noch auf 200 Mio. US-Dollar. Anlässlich der Bonner Konferenz sagte die Weltbank im Juni 2004 zu, diese Mittel jährlich um 20 Prozent aufzustocken.

Aufgrund der Vielzahl der bilateralen und multilateralen Förderprogramme und ihres unterschiedlichen Zuschnitts sind zuverlässige Angaben über die für den EE-Ausbau insgesamt aufgewandten finanziellen Mittel nicht verfügbar. Unstrittig ist, dass die finanzielle Förderung ein Vielfaches des heutigen Niveaus betragen müsste, um einen entscheidenden Beitrag zum Umbau der Energiesysteme in Entwicklungsländern leisten zu können. Allerdings muss im Gleichschritt mit einer steigenden Förderung die Fähigkeit der Empfängerländer ausgebaut werden, entsprechende Projekte umzusetzen. Denn nur so ist eine sinnvolle Verwendung der Fördermittel zu gewährleisten.

Kapazitätsaufbau und Technologietransfer

Es besteht ein breites Spektrum von Aktivitäten, um die Verfügbarkeit von geeigneten Technologien sowie das technische Know-how und die politisch-administrative Leistungsfähigkeit vor allem in Entwicklungsländern zu verbessern. So wird die praktische Einführung von EE-Technologien beispielsweise durch UNIDO, UNDP und die Weltbank unterstützt. Vor allem UNEP und verschiedene UN-Regionalkommissionen erarbeiten relevante Förderkonzepte und Machbarkeitsstudien und helfen beim Aufbau einer Energiegrundversorgung. Bei den meisten Aktivitäten in diesem Bereich werden Trainingsmaßnahmen für die Nutzer bzw. Betreiber angeboten.

Mangelhaft ist derzeit insbesondere die Schaffung der notwendigen administrativen und rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Erzeugung und Einspeisung von Energie aus regenerativen Quellen in bestehende Energiesysteme zu gewährleisten. Eine weitere Herausforderung stellt die Anpassung der meist in den Industrieländern entwickelten Technologien an die nationalen und lokalen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen in Entwicklungs- und Transformationsländern dar.

Informationsaufbereitung und -verbreitung

Verwertbare Informationen sind eine zentrale Voraussetzung für den zielgerichteten Ausbau der EE-Nutzung. Dies betrifft Informationen über einzelne Technologien und ihre Einsatzbedingungen ebenso wie Daten über den zukünftigen Energiebedarf und Analysen der politischen Rahmenbedingungen und Barrieren sowie der sozioökonomischen Vor- und Nachteile.

In diesem Bereich bestehen trotz vielfältiger Aktivitäten und Informationsquellen weiterhin erhebliche Defizite. Hervorzuheben sind die Anstrengungen der IEA, die insbesondere Daten und Analysen zu Energiebedarf und relevanten politischen Maßnahmen zur Verfügung stellt. Seit einiger Zeit berücksichtigt sie auch verstärkt das EE-Potenzial in Entwicklungsländern bei ihren Szenarien zur Entwicklung des weltweiten Energieverbrauchs. Zudem versuchen Netzwerke wie REEEP zwischen möglichen Kooperationspartnern (Gastländer, Finanz- und Implementationsinstitutionen) zu vermitteln. Trotzdem sind in vielen Entwicklungsländern grundlegende Daten zur Entwicklung von Energieangebot und -nachfrage ebenso wenig verfügbar wie sozioökonomische Analysen und systematische Untersuchungen der politischen Rahmenbedingungen und Optionen. Außerdem erschwert es die Vielfalt der potenziellen Informationsquellen möglichen Nutzern, die für sie maßgeblichen Informationen zu finden.

Maßnahmen und Ziele

Internationale Vereinbarungen zu nationalen Maßnahmen und Zielen für den EE-Ausbau können in zweifacher Hinsicht einen wichtigen Beitrag leisten. Erstens können sie als Referenzpunkt der nationalen Bemühungen um eine verstärkte Förderung Erneuerbarer Energien dienen. Zweitens können internationale Vereinbarungen andere Länder zu vergleichbaren Anstrengungen verpflichten und so Befürchtungen ausräumen, Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Dennoch hatten entsprechende Initiativen bisher nur sehr begrenzten Erfolg. Bemühungen der EU und anderer Staaten, beim Weltgipfel für Nachhaltige Entwicklung ein globales Ziel für den EE-Anteil am Energieverbrauch im Jahr 2015 festzulegen, scheiterten am Widerstand der USA und der OPEC-Staaten. Die Unterstützerstaaten schlossen sich daraufhin in der Johannesburg Renewable Energy Coalition (JREC) zusammen, um den EE-Ausbau zu fördern. Konkrete Vereinbarungen sind daraus allerdings bisher nicht erwachsen. Die EU hatte bereits 2001 in ihrer Richtlinie 2001/77/EG nationale Ziele für den Stromverbrauch aus Erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2010 vereinbart, die allerdings nicht rechtsverbindlich sind. Das Gleiche trifft auf Zielsetzungen einzelner Staaten und Akteursgruppen zu, die im auf der Bonner Konferenz verabschiedeten Internationalen Aktionsplan enthalten sind.

Ob es zu einer internationalen Vereinbarung verbindlicher Ausbauziele kommen wird, ist kaum vorherzusagen. Den oben genannten Vorteilen einer solchen Vereinbarung steht nicht zuletzt entgegen, dass viele Staaten der nationalen Selbstbestimmung in Fragen der Energieversorgung besonderes Gewicht beimessen. Dass diese Vorbehalte in einer sich weiter globalisierenden Welt an Bedeutung verlieren, erscheint möglich, ist aber keinesfalls sicher.

Auswirkungen auf andere Bereiche der internationalen Politik

Internationale Klimapolitik

Die internationale Klimapolitik befindet sich in einer entscheidenden Phase. Das Schicksal des maßgeblichen Kyoto-Protokolls von 1997, das die Treibhausgasemissionen der Industrieländer ab 2008 erstmals verbindlichen Begrenzungen unterwirft, ist angesichts der Absage von US-Präsident George Bush an das Protokoll und der ungesicherten Ratifikation Russlands in der Schwebe. Gleichzeitig sieht sich die Staatengemeinschaft in Bezug auf den internationalen Klimaschutz zwei großen Aufgaben gegenüber. Erstens ist es erforderlich, die Klimaschutzpflichten der Industrieländer weiterzuentwickeln und die USA in diesen Prozess einzubeziehen. Zweitens müssen Fortschritte in Richtung auf eine wirksame Begrenzung des Treibhausgasausstoßes in den Entwicklungsländern, der bisher keinen Beschränkungen unterliegt, erzielt werden. Nur wenn beides gelingt, können die mittel- bis langfristig weltweit erforderlichen Emissionsreduktionen erreicht werden.

Die internationale EE-Förderung kann zu einer wichtigen Triebkraft der internationalen Klimapolitik werden. Sie kann vor Augen führen, dass es machbare, bezahlbare und attraktive Alternativen zur klimaschädlichen Energieerzeugung mit fossilen Energieträgern gibt. Nach Angaben des Bundesumweltministeriums ergab sich in Deutschland aus der EE-Nutzung bereits 2003 eine Einsparung von über 50 Mio. Tonnen CO2 (mehr als fünf Prozent der Gesamtemissionen), und zwischen 1998 und 2002 entstanden im Bereich Erneuerbarer Energien rund 50 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Eine entschiedene internationale EE-Förderung kann diese positiven Erfahrungen auf eine breitere Basis stellen und dazu beitragen, Befürchtungen zu zerstreuen, dass ein wirksamer Klimaschutz wirtschaftliche Entwicklung behindern würde.

Darüber hinaus stellt eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen Nord und Süd zur EE-Förderung eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme gegenüber Entwicklungsländern dar. So können die Industrieländer nicht nur glaubhaft zeigen, dass sie zu einer wirksamen Hilfestellung bei der Verminderung von Treibhausgasemissionen in Entwicklungsländern bereit sind. Sie können zugleich einen wichtigen Beitrag zur Energieerzeugung und damit zur wirtschaftlichen Entwicklung dieser Ländern leisten.

Weiterhin verbessert die internationale EE-Förderung die gesellschaftlichen Voraussetzungen für den Klimaschutz. Indem die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern abnimmt, schwindet auch der Einfluss der diesbezüglichen Interessengruppen. Im Gegenzug entstehen mit dem Wachstum von Industrien zur EE-Nutzung zusätzliche Kapazitäten für den Klimaschutz, und klimapolitische "Helferinteressen" werden gestärkt.

Insgesamt kann die internationale EE-Förderung einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung der beiden genannten Herausforderungen der internationalen Klimapolitik leisten. Zum einen sollte so die Bereitschaft der Entwicklungsländer zu verstärkten Klimaschutzmaßnahmen zunehmen. Zum anderen werden wichtige Argumente der Klimaschutzgegner in den USA entkräftet und so die Chancen eines Wiedereinstiegs der USA in die internationale Klimapolitik verbessert.

Außen- und sicherheitspolitische Vorteile

Eine erste positive sicherheitspolitische Folgewirkung einer verstärkten EE-Nutzung folgt unmittelbar aus ihrem Klimaschutznutzen: Indem Erneuerbare Energien zur Bekämpfung des globalen Klimawandels beitragen, helfen sie, Sicherheitsgefährdungen zu mildern. Die Auswirkungen des globalen Klimawandels können vorhandene Konfliktpotenziale verschärfen, z.B. wenn ein steigender Meeresspiegel oder sich verschiebende Klimazonen zu verstärkter Migration führen oder wenn Wasserressourcen aufgrund steigender Temperaturen bzw. nachlassender Niederschläge knapp werden.

Daneben fördert eine verstärkte Nutzung Erneuerbarer Energien die Energieversorgungssicherheit. Länder wie Südkorea, China und Indien weisen mittlerweile ebenso wie die meisten OECD-Staaten eine hohe Abhängigkeit von Energieimporten auf, die in Zukunft ohne entschiedenes Gegensteuern noch zunehmen wird. Die Europäische Kommission hat prognostiziert, dass sich ohne weitere Maßnahmen die Abhängigkeit der EU von Energieimporten von derzeit ca. 50 Prozent in 20 bis 30 Jahren auf rund 70 Prozent erhöhen wird. Der zukünftige Bedarf an fossilen Energieträgern wird sich in China und Indien bis 2030 voraussichtlich verdoppeln. Weltweit ist bis 2030 mit einem Anstieg des globalen Energiebedarfs um fast zwei Drittel zu rechnen. Da die Erschließung neuer Vorkommen der Bedarfsentwicklung hinterherhinkt, erscheint ein deutlicher Preisanstieg wahrscheinlich.

Ein Großteil der Vorkommen, aus denen der zunehmende Energiebedarf gedeckt werden müsste, befindet sich in politisch instabilen Ländern und Regionen, deren geostrategische Bedeutung damit zukünftig sogar noch zunähme. Deutlich über die Hälfte der Welterdölreserven befinden sich in der Region des Persischen Golfes, und etwa zwei Drittel der Welterdgasvorkommen sind auf dem Gebiet zwischen Westsibirien und der kaspischen Region konzentriert.

Eine entschiedene internationale Förderung Erneuerbarer Energien böte die Aussicht, diese Konfliktpotenziale zumindest zu begrenzen und die außenpolitischen Handlungsspielräume für die große Mehrheit der von Energieimporten abhängigen Staaten zu erweitern. Allerdings ist angesichts des dynamisch wachsenden Energiehungers der Welt und der für eine Energiewende erforderlichen Zeit eine weitgehende oder gar völlige Unabhängigkeit vom Import fossiler Energieträger allenfalls eine sehr langfristige Perspektive.

Schließlich können Erneuerbare Energien einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung armutsbedingter Konfliktursachen (z.B. Armutsmigration) sowie zur Erhöhung der politischen Stabilität leisten. Der Zugang zu Elektrizität und Energie eröffnet wirtschaftliche und soziale Entwicklungsmöglichkeiten. Biomasse-Kraftwerke, Windkraft und Sonnenenergie erlauben beispielsweise die Elektrifizierung ländlicher Gebiete, die nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen sind, und helfen, den in vielen Entwicklungsländern allgegenwärtigen Mangel an Energie zu beheben. Und nicht zuletzt wird bei einem Ersatz von teuren Energieimporten durch heimische Erneuerbare Energiequellen die Außenhandels- und Leistungsbilanz verbessert.

Perspektiven der internationalen Zusammenarbeit

Es sprechen gewichtige energiewirtschaftliche, umweltpolitische und außen- und sicherheitspolitische Argumente für eine Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien. Im Folgenden identifizieren wir die Potenziale für weitere Fortschritte und diskutieren den Vorschlag zur Schaffung einer internationalen Organisation für Erneuerbare Energien.

Erschließung weiterer Potenziale

Bereits bei der Bestandsaufnahme der internationalen EE-Förderung ist deutlich geworden, dass die Aktivitäten erheblich intensiviert werden können. Vorhandene Finanzierungsquellen wie Weltbank und GEF müssen aufgestockt werden. Neuartige Finanzierungsquellen wie der Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (CDM) des Kyoto-Protokolls, der Anreize für privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungsländern gibt, können ausgebaut werden. Zugleich ist es erforderlich, die technischen und politisch-administrativen Kapazitäten in den Empfängerländern zu stärken, die kooperative Entwicklung neuer EE-Technologien zu intensivieren und die verfügbare Daten- und Informationsgrundlage zu verbreitern.

Darüber hinaus besteht Spielraum für Fortschritte in Richtung auf die Vereinbarung völkerrechtlich verbindlicher Ausbauziele bzw. koordinierter Maßnahmen. Ein erster Schritt dahin wäre die Schaffung eines internationalen Mechanismus, der es erlaubt, die Einlösung der im Internationalen Aktionsplan festgehaltenen Selbstverpflichtungen zu überprüfen. Die in Bonn verabschiedete politische Erklärung stellt einen solchen Überprüfungsmechanismus in Aussicht. Weitere Beratungen darüber sollen in den kommenden Jahren stattfinden. Die völkerrechtlich verbindliche Vereinbarung von Ausbauzielen bzw. konkreten Fördermaßnahmen scheint allerdings angesichts weit verbreiteter Skepsis noch in weiter Ferne und wird wohl zunächst am ehesten von einer Vorreitergruppe voranzutreiben sein.

Denkbar erscheinen weiterhin internationale Vereinbarungen über Subventionen im Energiebereich sowie über Exportbürgschaften. Die meisten Industrieländer sichern über staatliche Bürgschaften Exporte in Staaten mit risikobehafteter Zahlungsfähigkeit ab. Ein großer Anteil dieser Exportbürgschaften betrifft fossile Energietechnologie, während Erneuerbare Energien nur einen geringen Prozentsatz ausmachen. Internationale Vereinbarungen, z.B. im Rahmen der OECD, könnten eine Vorzugsbehandlung von Bürgschaften für Erneuerbare Energien zum Gegenstand haben sowie Mindestanteile von Erneuerbaren Energien an den Gesamtbürgschaften (im Energiebereich) vorsehen. Eine Vereinbarung über Subventionen könnte im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO erfolgen. Sie könnte einerseits den Abbau von Subventionen für fossile Energieträger und die Kernenergie zum Gegenstand haben, um die Marktchancen von Erneuerbaren Energien zu verbessern und für ihre Gleichberechtigung zu sorgen. Andererseits könnten auf diesem Wege international gültige Regeln für eine Vorzugsbehandlung Erneuerbarer Energien verankert werden.

Einen zentralen Ansatzpunkt für eine verbesserte internationale EE-Förderung stellt schließlich die Koordination zwischen den bestehenden Aktivitäten und Institutionen dar. Diese muss zum einen einen wirksamen Informationsaustausch sowie die Vermittlung von Informationen, Ansprech- und Projektpartnern gewährleisten. Zum anderen hat sie der zunehmenden Gefahr von Doppelarbeit und Reibungsverlusten durch die Konkurrenz zwischen verschiedenen Institutionen zu begegnen, indem sie eine Leitungsfunktion wahrnimmt und die Arbeit der im Feld tätigen Institutionen aufeinander abstimmt. Für die Ausfüllung dieser Funktionen ist ein kraftvolles politisches Mandat notwendig, um andere - möglicherweise konkurrierende - Institutionen und Akteure auf die Koordinationsbemühungen zu verpflichten. Für dieses Anforderungsprofil fehlt es bislang noch an geeigneten Mechanismen.

Eine internationale Organisation für Erneuerbare Energien?

Bereits seit dem Beginn der neunziger Jahre gibt es Vorschläge zur Schaffung einer internationalen Organisation für Erneuerbare Energien. Nicht-staatliche Akteure stellten entsprechende Forderungen vor allem im Vorfeld des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung 2002. Auch die Koalitionsvereinbarung zwischen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD aus dem Jahr 2002 verpflichtet die Bundesregierung darauf, "an der Schaffung einer Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (zu) arbeiten".

Der Zusatznutzen einer internationalen Organisation für Erneuerbare Energien könnte in der Übernahme der beschriebenen Koordinations- und Leitungsfunktion bestehen. Für die meisten anderen Aufgaben existieren bereits Institutionen, so dass die Einrichtung einer neuen dadurch kaum zu rechtfertigen wäre. Ein ebenso wenig tragfähiger Gründungsgrund ist das Bestreben, ein Gegengewicht zur IEA und zur Internationalen Atomenergie-Organisation IAEA zu schaffen, denn sein Gehalt ist weitgehend symbolisch. Einzig die beschriebene Koordinations- und Leitungsfunktion benötigt noch ein institutionelles "Zuhause".

Eine internationale Organisation für Erneuerbare Energien könnte im Kern zum einen als Vermittlungsstelle ("Clearinghouse") für Informationen, Expertise und Finanzierungsquellen dienen. Zum anderen sollte sie die Arbeit der Vielzahl von internationalen Institutionen und Akteuren aufeinander abstimmen. Ergänzend könnte sie Aufgaben bei Beratung und Technologietransfer übernehmen und als Rahmen für die Aushandlung der oben angesprochenen völkerrechtlichen Vereinbarungen dienen. Die Einrichtung einer solchen Organisation findet allerdings derzeit international kaum politische Unterstützung. Selbst die meisten Staaten, die eine entschiedene EE-Förderung befürworten, stehen der Einrichtung einer Organisation ablehnend gegenüber. Der damit erreichbare Nutzen scheint ihnen einen solchen Schritt nicht zu rechtfertigen, und viele Staaten wollen die Einrichtung neuer internationaler Institutionen grundsätzlich auf ein Minimum beschränken.

Deshalb muss das bestehende Koordinationsdefizit zunächst mit anderen Mitteln angegangen werden. Grundsätzlich scheinen zwei Optionen verfügbar: Zum einen könnten bestehende Organisationen verstärkt Koordinationsfunktionen übernehmen. Hierfür kämen in erster Linie das UNEP, das im Bereich Erneuerbare Energien bereits global tätig ist, oder die IEA, die über hohe wissenschaftliche und technische Kompetenz verfügt, in Frage. Zum anderen könnte ein freiwilliger Zusammenschluss gleich gesinnter Staaten und zivilgesellschaftlicher Akteure (u.a. Industrie, Umweltgruppen) in einem Netzwerk Leitungsfunktionen im Institutionendickicht übernehmen. Daraus könnte auf längere Sicht eine eigenständige internationale Organisation entstehen. Die an der Bonner Konferenz teilnehmenden Staaten haben vereinbart, in einem solchen Netzwerk zusammenzuarbeiten. Allerdings ist bislang unklar, ob es entsprechende Funktionen übernehmen wird.

Die Übernahme einer Koordinations- und Leitungsfunktion durch eine bestehende Organisation oder ein Netzwerk dürfte auf erhebliche politische Widerstände nicht nur der Länder mit einflussreichen Kohle- und Ölinteressen (USA, Australien, Öl exportierende Staaten) treffen. Andere wichtige Länder und Institutionen befürchten, an Einfluss und Selbständigkeit zu verlieren. Die Gewährleistung einer wirksamen Koordinierung der internationalen EE-Förderung bleibt deshalb eine noch zu bewältigende Herausforderung. Fortschritte sind unter den gegebenen Umständen möglicherweise wiederum am ehesten durch eine Vorreiterkoalition gleich gesinnter Staaten zu erreichen.

Fazit

Die internationale Zusammenarbeit zur Förderung Erneuerbarer Energien befindet sich noch in einem frühen Stadium. In einem naturwüchsigen Prozess ist aber eine Vielzahl von internationalen Initiativen entstanden, die insbesondere den Ausbau von Erneuerbaren Energien in den Entwicklungsländern vorantreiben. Weitere Potenziale für eine ausgebaute und wirksamere Förderung existieren und sollten genutzt werden, um dem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung näher zu kommen. Besonderes Augenmerk verdient die bisher unzureichende Koordinierung der vielgestaltigen Förderaktivitäten.

Die Bonner Konferenz für Erneuerbare Energien hat erste Impulse für die Bewältigung dieser Aufgaben gegeben. Zusätzliche Bemühungen werden nötig sein, um weitere Fortschritte zu machen und konkrete Vereinbarungen zu treffen. Die Bonner Konferenz hat deshalb eine Fortsetzung des Dialogs auf hoher politischer Ebene in Aussicht gestellt. Eine Plattform bietet die Kommission der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung, die für die Jahre 2006 und 2007 das Thema Energie zum Schwerpunkt erhoben hat. In Vorbereitung darauf will sich die Staatengemeinschaft schon bald erneut mit der internationalen Förderung Erneuerbarer Energien befassen.

Internet-Hinweise der Autoren

Externer Link: www.renewables2004.de
Externer Link: www.iea.org/dbtw-wpd/textbase/pamsdb/jr.aspx
Datenbank der IEA zu Politiken und Maßnahmen zur Förderung von EE in verschiedenen Ländern
Externer Link: www.erneuerbare-energien.de
Webseite des Bundesumweltministeriums zu Erneuerbaren Energien
Externer Link: www.uneptie.org/energy/act/re
Webseite des UN-Umweltprogramms zu Erneuerbaren Energien.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zu den Ergebnissen der Konferenz vgl. www.renewables2004.de.

  2. Vgl. Jan Martin Witte/Charlotte Streck/Thorsten Benner (Hrsg.), Progress or Peril? Partnerships and Networks in Global Environmental Governance. The Post-Johannesburg Agenda, Washington, D.C.-Berlin 2003.

  3. Dieser Abschnitt basiert auf Ergebnissen eines laufenden Forschungsprojektes über die internationalen institutionellen Rahmenbedingungen der EE-Förderung; für nähere Informationen vgl. www.adelphi-research.de.

  4. Vgl. Worldbank, Striking a Better Balance - The World Bank Group and Extractive Industries. Draft World Bank Group Management Response, Washington, D.C. 2004.

  5. Vgl. John Christensen, Capacity Development, Education & Training. Integrated and Sustained Action Is the Key, Bonn 2004.

  6. Vgl. Gill Wilkins, Technology Transfer for Renewable Energy. Overcoming Barriers in Developing Countries, London 2002.

  7. Vgl. Vgl. IEA, Renewables Information, Paris 2003; Marianne Haug, The Role of Renewables in Future Energy Directions, Lissabon 2002.

  8. Zu JREC vgl. www.forum.europa.eu.int/Public/irc/env/ctf/home; zur EE-Förderung in der EU vgl. Danyel Reiche (Hrsg.), Handbook of Renewable Energies in the European Union. Case studies of all Member States, Frankfurt/M. 2002.

  9. Vgl. zum Kyoto-Protokoll Sebastian Oberthür/Hermann E. Ott, Das Kyoto-Protokoll. Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert, Opladen 2000.

  10. Vgl. zu Stand und Perspektiven der internationalen Klimapolitik David Michel (Hrsg.), Climate Policy for the 21st Century: Meeting the Long-term Challenge of Global Warming, Washington, D.C. 2004.

  11. Vgl. Bundesumweltministerium, Erneuerbare Energien in Zahlen, Berlin 2004, S. 16 und 20.

  12. Vgl. zu umwelt- und klimapolitischen "Helferinteressen" Volker von Prittwitz, Das Katastrophenparadox. Elemente einer Theorie der Umweltpolitik, Opladen 1990, S. 116 - 121; S. Oberthür/H. E. Ott (Anm. 9), Kap. 2.

  13. Vgl. zur Problematik insgesamt Bundesumweltministerium (Hrsg.), Klimawandel und Konflikt, Berlin2002,abrufbar unter www.bmude/de/1024/js/download/b_broschuere_klimawandel_Konflikt.

  14. Vgl. Europäische Kommission, Grünbuch: Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit, Brüssel 2000, S. 22.

  15. Vgl. insgesamt International Energy Agency (IEA), World Energy Outlook 2002, Paris 2002; Hans-Jochen Luhmann, Die kaschierte Ölknappheit, in: Blätter für deutsche und auswärtige Politik, 48 (2003) 11, S. 1302 - 1305.

  16. Vgl. Friedemann Müller, Versorgungssicherheit. Die Risiken der internationalen Energieversorgung, in: Internationale Politik, 58 (2003) 3, S. 3 - 10.

  17. Vgl. IEA (Anm. 15), S. 95ff. und 114.

  18. Vgl. José Goldemberg, Rural Energy in Developing Countries, in: UNDP (Hrsg.), World Energy Assessment. Energy and the Challenge of Sustainability, New York 2000, S. 367 - 392.

  19. Für eine umfassendere Diskussion der sicherheitsrelevanten Wirkungen einer verstärkten EE-Nutzung vgl. Dennis Tänzler/Alexander Carius/Aike Müller, Thesen zur friedenspolitischen Wirkung einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien: Möglichkeiten einer Friedensdividende, Ms., Adelphi Research, Nov. 2003.

  20. Vgl. Frances Sussman/Ned Helme, Harnessing Financial Flows from Export Credit Agencies for Climate Protection, Center for Clean Air Policy, Washington, D.C., April 2004.

  21. Vgl. WTO, Doha Ministerial Declaration, WTO 2001; vgl. auch die Politikempfehlungen der Bonner Konferenz (Anm. 1), S. 14.

  22. Vgl. Politikempfehlungen der Bonner Konferenz (Anm. 1), S. 14.

  23. Vgl. z.B. Eurosolar, Satzungsentwurf der International Renewable Energy Agency (IRENA), Bonn 2001; Global Resource Action Centre for the Environment, International Sustainable Energy Agency. A Model Statute, New York 2001.

  24. Deutsche Bundesregierung, Erneuerung, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Berlin 2002, S. 37; abrufbar unter www. bundesregierung.de.

  25. Ähnlich Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit, Berlin-Heidelberg 2003.

Dr. phil., geb. 1966; wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Professur für Internationale Politik.
Anschrift: Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Feldkirchenstraße 21, 96045 Bamberg.
E-Mail: E-Mail Link: sebastian.oberthuer@sowi.uni-bamberg.de

Veröffentlichungen u.a.: (zus. mit Hermann E. Ott) Das Kyoto-Protokoll. Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert, Opladen 2000; (zus. mit Matthias Buck u. a.) Participation of Non-Governmental Organisations in International Environmental Co-operation: Legal Basis and Practical Experience, Berlin 2003.

Dr. phil., geb. 1968; Senior Fellow, Adelphi Research.
Anschrift: Adelphi Research, Caspar-Theys-Straße 14a, 14193 Berlin.
E-Mail: E-Mail Link: pfahl@adelphi-research.de

Veröffentlichung u.a.: Internationaler Handel und Umweltschutz. Zielkonflikte und Ansatzpunkte des Interessenausgleichs, Berlin 2000.

Dipl.-Pol., geb. 1973; wissenschaftlicher Mitarbeiter, Adelphi Research.
Anschrift: wie S. Pfahl.
E-Mail: E-Mail Link: taenzler@adelphi-research.de

Veröffentlichung u.a.: Klimawandel: Divergierende Perzeptionsbedingungen als Ursache gescheiterter Klimaverhandlungen, in: Christopher Daase/Susanne Feske/Ingo Peters (Hrsg.), Internationale Risikopolitik, Baden-Baden 2002.