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Antisemitismus im Rechtsextremismus | Rechtsextremismus | bpb.de

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Antisemitismus im Rechtsextremismus

Werner Bergmann

/ 19 Minuten zu lesen

Wenn es auch keinen inhaltlich "neuen Antisemitismus" auf der extremen Rechten gibt, so haben doch ideologische Schnittmengen mit der extremen Linken und radikalen Islamisten eine neue Situation geschaffen.

Einleitung

Rechtsextremismus ist der Sammelbegriff für ein ideologisches Weltbild, das verschiedene, eng miteinander verknüpfte Dimensionen besitzt, zu denen die Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur (Führerprinzip), Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus zählen.

Auch wenn man die Fixierung der Forschung auf nationalsozialistische Ideologieelemente, vor allem auf einen biologischen Rassismus mit seinen Überlegenheits- bzw. Minderwertigkeitsvorstellungen, als überholt kritisiert und statt dessen ein ethnopluralistisches Denken als typisch für den modernen europäischen Rechtsextremismus ansieht, der Differenzen kulturalistisch und relativistisch bestimmt, bleibt Antisemitismus zumindest in Deutschland ein für ihn konstitutives Merkmal. Für den Rechtsextremismus stellt die ethnische Homogenität des eigenen Volkes zur Sicherung kultureller, rassischer und nationaler Identität den höchsten Wert dar.

Das rechtsextreme Lager sieht drei zentrale Bedrohungen, gegen die es sich zur Wehr setzt.

Erstens: Die nationale Identität wird durch die pluralistische Demokratie und ein westliches Werteverständnis gefährdet, die den Deutschen nicht adäquat und nach 1945 von "Angloamerikanern" und Juden mittels "Umerziehung" oktroyiert worden seien. Gegen diese "geistige Knechtschaft durch das Besatzungsregime" in "Koalition mit der Holocaust-Industrie", die sich unter anderem solcher Mittel wie Globalisierung und EU-Erweiterung bedienen, setzt sich das rechtsextreme Lager unter dem Etikett der "nationalen Selbstbehauptung" zur Wehr. Der geringe Erfolg verlangt nach einer Erklärung, die verschwörungstheoretisch geliefert wird: Mächtige Gruppen im Hintergrund üben Druck auf die Eliten aus, manipulieren die öffentliche Meinung ("Kartellmedien") und entmündigen das Volk durch Konsumversprechen.

Zweitens: Zuwanderung und ethnische Minderheiten gelten als Bedrohung der ethnischen Homogenität. Antisemitismus kommt hier in doppelter Weise ins Spiel: Juden werden als "fremdvölkische Minderheit" abgelehnt, und man sieht die Einwanderung der vergangenen Jahrzehnte und die multikulturelle Gesellschaft als ein von "Hintergrundkräften" gesteuertes Vorhaben zur Schwächung der ethnischen Substanz Deutschlands. Juden werden nicht nur als Fremde betrachtet, sondern gelten, wie schon für die Nationalsozialisten, geradezu als "Anti-Volk" und als "unser ewiger Feind", dessen "Händlergeist" und "nomadische Lebensweise" sich mit dem "Deutschtum" nicht vertrage.

Drittens: Als Bedrohung wird auch die kritische Aufarbeitung der Geschichte des "Dritten Reiches" gesehen, da sie einem positiven Selbstbild der Deutschen entgegensteht und die NS-Ideologie entwertet, von der sich rechtsextreme Gruppierungen nur partiell verabschiedet haben und mit der sie von außen identifiziert werden. Dabei stellt der Holocaust das größte Problem dar, dem man einerseits durch Verschweigen, Relativieren, Leugnen, andererseits mit antisemitischen Umdeutungen, indem man die Opfer nachträglich zu Schuldigen und die Überlebenden zu Profiteuren des Holocaust-Gedenkens macht, seine historische Bedeutung zu nehmen sucht.

Antisemitismus steht im rechtsextremen Diskurs also in verschiedenen Kontexten und fungiert - anders als Ausländerfeindlichkeit - als Theorie zur Erklärung (fast) aller das nationale Kollektiv schädigenden Phänomene in Gegenwart und Vergangenheit. Antisemitische Annahmen werden einerseits - neuerdings wieder vermehrt - zur Deutung aktueller Erscheinungen (Globalisierung, Irak-Krieg, Terrorismus, Nahostkonflikt) herangezogen, doch haben sie im Rechtsextremismus immer auch eine vergangenheitsbezogene Stoßrichtung, da die Schuld der Deutschen am Holocaust wie auch die Kränkung durch die Niederlage im Zweiten Weltkrieg durch Projektion auf "die Juden" abgewehrt werden müssen.

Insofern bilden antisemitische Erklärungsmuster einen integralen Bestandteil rechtsextremer Geschichtsdeutung. Im Kampf gegen herrschende Geschichtsbilder reagiert die rechtsabweichende, sich als nonkonformistisch begreifende Subkultur auch auf den "Normalismus" der Mehrheitsgesellschaft, in der antisemitische Äußerungen ein zentrales Tabu darstellen. Dies macht die Angriffe auf Juden und die "Vergangenheitsbewältigung" so attraktiv, denn der rechtsextreme Code funktioniert als Negation des Mehrheitsdiskurses, indem er dessen (zum Teil strafbewehrte) Normen durchbricht: Der "verordnete" Philosemitismus wird in einem teilweise rabiaten Antisemitismus negiert und dabei oft ins Lächerliche gezogen.

Antisemitische Positionen werden im gesamten rechtsextremen Spektrum vertreten und haben eine Integrationsfunktion. Dennoch gibt es Unterschiede, sowohl was die Zentralität dieses Ideologieelements als auch was die Offenheit seines Auftretens betrifft.

Rechtsextreme und antisemitische Einstellungen

Betrachtet man die Größe der Einstellungspotenziale in den genannten Dimensionen des Rechtsextremismus, dann rangiert der Antisemitismus (23 %) hinter chauvinistischen (32 %), den Nationalsozialismus verharmlosenden (29 %) und fremdenfeindlichen (26 %) Einstellungen. Er fällt aber höher aus als sozialdarwinistische Überzeugungen (13 %) und die Zustimmung zu einer rechtsautoritären Diktatur (19 %). Dabei gibt es teilweise erhebliche Ost-West-Unterschiede: Insgesamt zeigen Ostdeutsche anderthalb Mal so häufig rechtsextreme Orientierungen wie Westdeutsche, seltener aber antisemitische und den Nationalsozialismus verharmlosende Anschauungen.

Was die Ursachen antisemitischer Einstellungen angeht, so weisen empirische Analysen auf ihre Diffusität hin. Die größte Erklärungskraft besitzen Faktoren, die auf der Ebene von Ideologie und Wertorientierungen liegen (rechte politische Orientierung; konservative Wertorientierungen, vor allem Nationalstolz und Autoritarismus; Unzufriedenheit mit der Demokratie).

Situative Einflüsse, wie Probleme des Arbeitsmarktes und Verteilungskonflikte, beeinflussen antisemitische Einstellungen wenig. Allerdings begünstigen Krisen, wie die Erfolgsphasen des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik zeigen, Rechtsparteien, die in ihren Publikationen antisemitische und geschichtsrevisionistische Ansichten verbreiten.

Antisemitische Einstellungen führen keineswegs immer zur Wahl einer rechtsextremen Partei, wie die Verteilung der Parteipräferenzen zeigt. Rechtsextreme wählen rechtsextreme und konservative Parteien aber überdurchschnittlich häufig. Wechselt man die Perspektive und betrachtet die Wählerschaft der rechtsextremen Parteien, dann wird deutlich, dass sie ein Sammelbecken für antisemitisch Eingestellte sind. In einer Studie von 1993 stimmten die Hälfte der Anhänger (52 %) und der Stammwähler (53 %) sowie über ein Drittel der Protestwähler (39 %) der "Republikaner" einer Liste antijüdischer Stereotypen zu (Gesamtbevölkerung: 22 %). Antisemitismus steuert die Präferenzen für politische Parteien also nur partiell.

Rechtsextreme Parteien

Die rechtsextremen Parteien präsentieren in ihren Verlautbarungen antisemitische Sinngehalte zumeist in verdeckter, mit Anspielungen arbeitender Form. Dabei unterscheiden sich NPD, DVU und "Republikaner" in der Häufigkeit und in der Intensität, mit denen judenfeindliche Ressentiments kommuniziert werden. Im DVU-Organ "National-Zeitung" spielen die Auseinandersetzung mit der vermeintlichen Instrumentalisierung des Holocaust ("Pflege des Schuldkults") seitens der Juden und die Bezugnahme auf revisionistische Literatur eine zentrale Rolle. Entsprechend wird die internationale Politik unter dem Blickwinkel einer amerikanisch-jüdischen Verschwörung gegen das deutsche Volk interpretiert.

Diese Aspekte finden in der Zeitschrift "Der Republikaner" weniger Beachtung. Dort taucht Antisemitismus allerdings im Kontext aktueller innenpolitischer Themen auf, etwa, wenn der Parteiausschluss des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann als "Fußtritt für alle Konservativen" bezeichnet und der entsprechende Artikel mit einem Bild illustriert wird, das führende deutsche Politiker, eine Kippa tragend, zusammen mit Paul Spiegel zeigt, um so den verdeckten jüdischen Einfluss auf die deutsche Politik "zu entlarven". NPD-Publikationen präsentieren antisemitische Stereotype ebenfalls eher indirekt, etwa über die Verwendung von Codewörtern wie "Ostküste" oder "Diktatur der Hochfinanz", doch treten hier antisemitische Gehalte am deutlichsten zutage.

Anhand einer Analyse von drei NPD-Zeitungen lassen sich folgende Verfahren der indirekten Präsentation identifizieren.

Falsche historische Analogien, die die Verfolgung der Juden in Zweifel ziehen bzw. die Schuld daran den Juden selbst zuweisen. Zu diesem Verfahren zählen Zweifel an der Zahl der Holocaustopfer auf der Basis von "Gutachten" und unter Berufung auf "wissenschaftliche" Experten, der Rekurs auf "Beweise" für jüdische Kriegs- und Vernichtungspläne gegen Deutschland oder das Aufrechnen der alliierten Luftangriffe auf deutsche Städte als "Bomben-Holocaust". Eine subtilere Form der Analogisierung ist die Behauptung, die "ausufernde Verfolgungswut" gegen Rechtsextreme heute entspreche der Situation der Juden im "Dritten Reich". Damit ist es möglich, antisemitische Sinngehalte in doppelter Weise zu kommunizieren: Juden werden zu politischen Gegnern des Nationalsozialismus, und die Bundesrepublik erscheint als Unrechtsstaat, weil er durch eine "jüdisch-amerikanische Protektoratsregierung" regiert werde.

Fundamentaloppositionelle Polemik gegen die Erinnerung an jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Die Herabsetzung der Opfer bedient sich einerseits der Ausweitung des Begriffs Holocaust auf andere historische Verbrechen bzw. Missstände (Vertreibungs- oder Bomben-Holocaust), andererseits seiner Verballhornung in Kürzeln wie "Holo" oder in abwertenden Bezeichnungen des Holocaust-Mahnmals als "Bundesschamanlage", "Sühne-Erlebnispark" oder "Gedenkmonstrum". Zu den Entwertungsstrategien gehört auch der stete Verweis auf die angeblich allein materiellen Interessen der Überlebenden des Holocaust bzw. ihrer Nachkommen. Damit wird unterstellt, die Erinnerungskultur sei ein Ergebnis "jüdischen Drucks", um die Deutschen niederzuhalten und gigantische Wiedergutmachungsleistungen zu erpressen. Dabei werden von der NPD aktuelle Ereignisse genutzt, um gegen die "verordnete Erinnerung" und den "Judenschutz" angehen zu können. Die OSZE-Konferenz zum Antisemitismus in Berlin 2004 wurde unter dem Titel "Neue Gefährdungen der Meinungsfreiheit" besprochen; sie diene "der Kriminalisierung von Israel- und Judenkritik".

Verwendung von Schlüsselbegriffen zur Repräsentation eines verschwörungstheoretischen und rassistischen Antisemitismus. Da radikaler Antisemitismus nicht offen propagiert werden kann, setzt man "Signalwörter" ein, die für Eingeweihte leicht entschlüsselbar sind. Bevorzugtes Thema ist die "internationale Macht" der Juden, die diese benutzen, um andere Nationen zugrunde zu richten. Die NPD-Zeitung "Deutsche Zukunft" schreibt von "jüdischen Internationalisten" oder "Führern des Weltzionismus", die von den nationalen Regierungen eine Art "Schutzgeld" erpressen, die Rede ist von einer "Diktatur der Hochfinanz", von "internationalem Großkapital" oder neuerdings von der "Holocaust-Industrie", alles Begriffe zur Repräsentation von jüdischer Macht in Politik, Wirtschaft und Medien.

Das Aufrufen antisemitischer Ressentiments durch die positive Präsentation von Holocaustleugnern. Da die direkte Leugnung des Holocaust strafbar ist, wird der Umweg über eine positive Bezugnahme auf einschlägig bekannte Holocaustleugner gewählt, deren Vorträge und Publikationen gelobt und die, zumal wenn sie wegen Volksverhetzung bestraft worden sind, zu Märtyrern der nationalen Sache stilisiert werden. Häufig finden sich auch positive Bezugnahmen auf "Mainstream"-Medien, wenn sie geeignete Informationen enthalten, um das "Auschwitzproblem" zu verkleinern. Eine andere Methode ist die positive Rezension von Büchern einschlägig bekannter Autoren, die auch in Anzeigen beworben werden.

Publikationen

Zeigt der parlamentsorientierte Rechtsextremismus eine gewisse Zurückhaltung, so finden wir in Schriften und Online-Publikationen offenen bis aggressiv-drohenden Antisemitismus. Dies gilt vor allem für die Texte Horst Mahlers, der aus der NPD wieder ausgetreten ist, weil diese seine radikalen Positionen als parteischädigend einschätzte und nicht teilen wollte. Mahler startete einen "Feldzug gegen die Offenkundigkeit des Holocaust", indem er auf seiner Website und im Rahmen des "Deutschen Kollegs" Manifeste zur "Judenfrage" verbreitete, die in ihrem wahnhaften Charakter keine Facette des Antisemitismus auslassen. Das "Verdener Manifest" vom Februar 2003 verbindet in drohendem Ton antiisraelische, revisionistische und klassisch antisemitische Anschauungen, indem es die Juden auffordert, ihren von Jahwe befohlenen Weltkrieg gegen andere Völker einzustellen und ihren Auserwähltheitsanspruch aufzugeben, wenn sie nicht vom "Heiligen Römischen Reich" vor das Weltgericht gestellt werden wollten. Es fordert ultimativ, es müsse "mit dem Seelenmord am Deutschen Volk, mit dem Völkermörder Israel und mit der Verfolgung der Holocaustungläubigen endlich ein Ende haben". Dieser Forderung ließ Mahler im März 2004 im Internet einen Aufruf zum Handeln folgen, denn das Ziel des von ihm gegründeten "Vereins zur Rehabilitierung des wegen Bezweifelns des Holocausts Verfolgten" (VRBHV) soll es sein, "endlich den Allgemeinen Volksaufstand zur Wiedererlangung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches durch einen organisierten und geordneten Angriff auf die Auschwitzlüge als dem Fundament der Fremdherrschaft über das Deutsche Volk zu beginnen".

In dieser Überspitzung werden zentrale Denkfiguren des rechtsextremen Antisemitismus gut erkennbar: Nicht die Deutschen, die Juden sind verantwortlich für Krieg und Völkermord (Täter-Opfer-Umkehr); sie verfolgen alle, die nicht an die neue "Holocaustreligion" glauben wollen (Märtyrertum), und zerstören das deutsche Volk, indem sie ihm ein falsches Geschichtsbild und Gesellschaftsmodell aufzwingen. Der Hass auf die Juden erscheint für Mahler als normale und "gesunde" Reaktion darauf.

Antijüdische Ressentiments sind im rechtsextremen Spektrum eng mit antiamerikanischen verbunden, wobei die US-Amerikaner als Marionetten der wahren jüdischen Machthaber gesehen werden. Dahinter stehen mehrere Motive: die Identifikation von "Juden und Angloamerikanern" mit Kapitalismus und Kosmopolitismus sowie das Ressentiment gegen die "Besatzungsmächte". Der "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) stellt in seinem "Vierten Grundsatz" die gewagte Theorie auf, die "welthistorische Rolle von Juden bei der Entfaltung der kapitalistischen Weltwirtschaft" sei das Ergebnis ihrer Westwanderung aus dem östlichen Mittelmeerraum: "Hier entstand jene anglo-jüdische Weltallianz aus atlantischem Seenomadentum und semitischem Wüstennomadentum, aus Atlantismus und Semitismus." Auch Franz Schönhuber sieht das "Unheil des amerikanisch-israelitischen Weltherrschaftsanspruchs" in der "Allianz der puritanisch angloamerikanischen Ostküste mit jenen kapitalkräftigen jüdischen Kreisen der Ostküste, die sich als Finanziers der Politiker betätigen und diese für ihre Zwecke einspannen". Für Schönhuber bedeutet Globalisierung "Amerikanisierung und Judaisierung". Opfer dieser "anglo-jüdischen Weltallianz" unter Zuhilfenahme internationaler Organisationen (IWF und WTO) und "Hollywoods" seien die "freien Völker", insbesondere Deutschland, Japan, der Irak, aber auch die Palästinenser, womit eine Brücke zum Antizionismus geschlagen wird.

Die antikapitalistische Globalisierungskritik und der Nahostkonflikt eröffnen der rechtsextremen Szene zusätzliche Agitationsfelder und Bündnispartner. Damit wachsen die Anknüpfungspunkte zum radikalen Islamismus, mit dem man sich schon seit längerem im Internet verlinkt hat, um pseudowissenschaftliche Gutachten, die die Nichtexistenz von Gaskammern in Auschwitz belegen und damit das Existenzrecht Israels negieren sollen, und vor allem die "Protokolle der Weisen von Zion" zu verbreiten. Für den Schweizer Holocaust-Leugner und zum Islam konvertierten Achmed Huber, der als Kontaktperson zwischen Rechtsextremen und Islamisten fungiert, markiert der 11. September 2001 den Anfang einer Allianz zwischen der "Neuen Rechten" und radikalen Moslems. Auf Resonanz treffen Hubers Vorstellungen bei Mahler, für den der Islam "jetzt zum militanten Widerstand gegen die Verwestlichung` der Welt" heranwächst.

Welche Verbindungen sich aus solchen Thesen entwickeln können, zeigte eine Veranstaltung der radikal islamistischen, zum Mord an Juden aufrufenden Gruppierung Hizb ut-Tahrir al-Islam (Islamische Befreiungspartei) im Oktober 2002 in Berlin, an der auch Mahler und der NPD-Vorsitzende Udo Voigt teilnahmen. In Interviews in der rechtsextremen Szene Berlins wurde Sympathie für den "Befreiungsnationalismus" in den palästinensischen Gebieten und im Irak bekundet, und man wusste sich in diesem Punkt mit der "achtenswerten Traditionslinken" einig, da man einen gemeinsamen Feind in "dem judeo-amerikanischen Weltherrschaftsapparat mit seiner stets gut geölten Völkermordmaschine" habe. In der Agitation gegen "zionistischen One-World-Terror" und in der Gleichsetzung von Globalisierung mit dem vermeintlich von Juden beherrschten Bankensystem der USA gibt es durchaus Anknüpfungspunkte zu Gruppierungen aus dem globalisierungskritischen Umfeld und der extremen Linken (Querfrontstrategie). Dennoch sind die Verbindungen zwischen rechtsextremem, islamistischem und linksextremem Spektrum auf einige Schnittpunkte begrenzt, und massive ideologische Gegensätze bestehen fort.

Rechte Jugendkultur: Rechtsrock

In Songtexten des so genannten "Rechtsrock" tauchen Juden als Feindbild im Vergleich zu Ausländern seltener direkt auf. Wenn dies geschieht, dann tritt das, was im parlamentsorientierten Spektrum nur chiffriert geäußert werden kann, mit größter Brutalität zutage, auch wenn einige Gruppen zur Vermeidung von Strafverfolgung und Indizierung chiffrierte CD-Versionen herausbringen und nur bei Konzerten eine verschärfte Fassung vortragen, oder indem sie strafrechtlich inkriminierte Formulierungen durch von der Szene leicht dechiffrierbare Substitute ersetzen, etwa, wenn statt von Juden von "Krummnasen, Weltnasen, Superauserwählten, Beschnittenen, zionistischen Mächten" oder, noch abstrakter, von der "Macht des Kapitals" mit dennoch erkennbarer antisemitischer Konnotation gesungen wird.

Bereits die Namen der sich als "Kampfkapellen" verstehenden Bands (zum Beispiel: WAW, Weißer Arischer Widerstand, 2002 aufgelöst; Volkszorn; Arisches Blut; Endlösung) wie auch ihre CD- und Songtitel ("Herrenrasse", "Das Reich kommt wieder", "Ran an den Feind") stehen für ein rassistisches, teilweise den Nationalsozialismus verherrlichendes Programm und zeigen, dass man sich im völkischen Widerstand gegen fremde Mächte wähnt (Songtitel: "Volk steh' auf" von der Gruppe Rassenhass, 2003), die einen "versteckten Krieg" gegen Deutschland führen und dieses knechten und ausbeuten wollen, wie es die Juden in der Vergangenheit getan hätten und auch heute wieder täten. Gewalt gegen Juden und andere Gruppen wird als Notwehr und Widerstand oder aber als Rache für vergangenes Unrecht legitimiert. Man agiert als Vertreter der "wahren" Interessen des Volkes, da man sich von den eigenen Eliten verraten fühlt, die vor den Juden kuschten.

Die Themen der Songs entfalten das gesamte Repertoire des Antisemitismus: vom kruden Rassenantisemitismus nach Art des "Stürmer", wobei häufig SA-Lieder neu aufgenommen und aktualisiert werden, über Enthüllungen "jüdischer Machenschaften" in Finanzwelt, Presse und Politik bis hin zu antizionistischem Antisemitismus und neuheidnisch motivierten Angriffen auf die jüdische Religion bzw. auf das als ungermanisch verstandene jüdisch-orientalische Christentum. Und natürlich spielt der Vernichtungsantisemitismus in der rechtsextremen Rockmusik eine wichtige Rolle, wobei "in Form von verbalen Amokläufen" und "in offen geäußerten Vernichtungsphantasien" der Holocaust einerseits geleugnet, andererseits aber auch dazu aufgerufen wird, mit dem Judenmord fortzufahren.

In etwas "elaborierteren Fassungen der gleichen Vernichtungsphantasien" begegnen uns die alten Elemente der Weltverschwörungstheorie und die eigenen Vernichtungsängste wieder, zugleich wird aber mit "Vergeltung" gedroht. Zum Komplex des Vernichtungsantisemitismus gehören auch alle positiven Bezugnahmen auf NS-Symbole, auf SA und SS, auf Konzepte wie "Arier", "Rasse", "Untermensch" sowie auf Protagonisten des NS-Regimes (Heydrich, Hess, seltener Hitler), aber auch die bedingungslose Verehrung der Wehrmacht, da diese "Zeichen" (ob Texte oder Platten-Cover) für den Nationalsozialismus und seine Verbrechen stehen.

Antisemitisches Handeln

Den größten Anteil an registrierten antisemitischen Straftaten, deren Zahl im wiedervereinigten Deutschland bereits in den neunziger Jahren (um die tausend Straftaten) gegenüber den beiden Jahrzehnten davor zugenommen hatte und sich seit 2001 auf einem nochmals erhöhten Niveau (um die 1500) stabilisiert hat, haben Propagandadelikte (Volksverhetzung), die oft von Akteuren des parlaments- und diskursorientierten Spektrums begangen werden. Im aktionsorientierten Rechtsextremismus treten aber elaborierte antisemitische Äußerungen hinter aktionistische Verhaltensweisen zurück. Eine empirische Untersuchung zum Täterspektrum bei antisemitischen Straftaten hat in den neunziger Jahren ergeben, dass die aktionsbetonten Gewaltdelikte überwiegend von männlichen Jugendlichen (oft mit Neonazi- oder Skinhead-Hintergrund) zwischen 17 und 24 Jahren verübt wurden, während das Durchschnittsalter bei Propagandadelikten deutlich höher lag.

Die vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin auf der Basis von Zeitungsnachrichten erstellte Chronologie antisemitischer Vorfälle (87 Fälle im Jahr 2004) zeigt ein von fremdenfeindlichen Straftaten abweichendes Muster. Verbale oder tätliche Angriffe auf Personen sind selten, häufiger gibt es Sachbeschädigungen, zum Beispiel wurden Hakenkreuze in das Auto eines Bochumer Rabbiners geritzt und die Reifen zerstochen. Am häufigsten sind symbolische Angriffe, also Schändungen jüdischer Friedhöfe, Mahnmale, Gedenkorte sowie antisemitische Schmierereien oder Plakatierungen im öffentlichen Raum, häufig verbunden mit rechtsextremen Losungen oder NS-Symbolen.

Diese Form der Angriffe lässt erkennen, dass Juden nicht allein als anwesende "fremde" Minderheit ins Visier der extremen Rechten geraten, sondern dass es um einen Kampf gegen die Erinnerung an die NS-Opfer und die Verbrechen des NS-Regimes geht. Beispielhaft für diese "Negation" kann ein Ereignis in Halle (Saale) am 6. Mai 2004 stehen, als acht Gedenksteine für ermordete Hallenser Juden wenige Stunden nach ihrer Verlegung im Rahmen der "Aktion Stolpersteine" von Unbekannten nachts aus dem Pflaster gerissen und gestohlen wurden - eine Tat, die auf der Internetseite des neonazistischen "Nationalen Beobachters Halle" unter dem Titel "Halle setzt ein Zeichen" bejubelt wurde.

Diese Übergriffe sind Einzelaktionen, ein Aufbau terroristischer Strukturen ist im Rechtsextremismus bisher nicht zu erkennen. Der vereitelte Sprengstoffanschlag der neonazistischen "Kameradschaft-Süd", bei dem während der Grundsteinlegung zum neuen Jüdischen Gemeindezentrum in München am 9. November 2003 hochrangige Vertreter der Juden und des Staates getroffen werden sollten, steht bisher isoliert da.

Schlussfolgerung

Ob man die parlaments-, die diskurs- oder die aktionsorientierte Szene betrachtet, überall ist in den vergangenen Jahren ein stärkeres Hervortreten von Antisemitismus erkennbar. Dies hat zwei Ursachen: Zum einen haben öffentliche Debatten die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus (Holocaust-Mahnmal und -Gedenktag, Wehrmachtsausstellung) stärker ins Bewusstsein gehoben; dies hat Reflexe des Schuldabwehr-Antisemitismus aktiviert. Zum anderen bieten weltpolitische Entwicklungen wie der Nahostkonflikt, der "Krieg gegen den Terror" und die Globalisierung Ansatzpunkte, um einen antizionistischen, antikapitalistischen, weltverschwörungstheoretischen Antisemitismus zu befördern, der zumeist mit antiamerikanischen Ressentiments zusammengeht.

Wenn es also auch keinen inhaltlich "neuen Antisemitismus" auf der extremen Rechten gibt, so haben doch ideologische "Schnittmengen" mit der extremen Linken und radikalen Islamisten eine neue Situation geschaffen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Oskar Niedermayer/Richard Stöss, Rechtsextreme Einstellungen in Berlin und Brandenburg, Berlin 2005, S. 3.

  2. Vgl. Mathias Brodkorb, Rechtsextremismus im postmodernen Umfeld. Für eine Metatheorie des Rassismus, in: Berliner Debatte Initial, 16 (2005) 3, S. 59 - 69.

  3. Vgl. Werner Bergmann/Rainer Erb, Rechtsextremismus und Antisemitismus, in: Rechtsextremismus. Ergebnisse und Perspektiven der Forschung, Politische Vierteljahresschrift, Sonderheft 27, (1996), S. 330 - 343. Exemplarisch dafür die Website des Berlin-Briefes (9. 3. 2004): "Wir wollen unser Deutschtum erhalten und wehren uns energisch gegen jede weitere Dominanz jüdischer Ideen, Fremdkulturen und Umerziehung. Deutschland muß wieder frei werden, aber nicht mit dem Judentum. Deutsche Menschen sind weder Leibeigene der Bonner Proselyten noch sind sie Untertanen des Judentums." Zit. nach Senatsverwaltung für Inneres, Abt. Verfassungsschutz, Antisemitismus im extremistischen Spektrum Berlins, Berlin 2004, S. 37.

  4. Vgl. Deutsche Stimme, (2004) 8, S. 6; dort wird "BRD" mit "Besatzungs-Republik-Deutschland" übersetzt.

  5. Auf dem NPD-Parteitag 2004 in Leinefelde (Thüringen) wurde auf einem Plakat das ZDF als "Zionistische Desinformations-Fabrik" bezeichnet.

  6. So wird z.B. Michel Friedman vorgeworfen, er verfolge die "Strategie, das ethnisch-kulturelle Immunsystem des deutschen Gastgebervolkes zu schwächen", vgl. Deutsche Stimme, (2002) 7.

  7. Vgl. zu diesem Ansatz: Manfred Lauermann, Der Rechtsradikalismus - eine Form "krimineller Subkultur"?, in: Berliner Debatte Initial, 16 (2005) 3, S. 46 - 58.

  8. Im vom "Deutschen Rechtsbüro" herausgegebenen Band "Mäxchen Treuherz und die juristischen Fußangeln. Rechtsratgeber für den politischen Aktivisten zur Verwirklichung von Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit", Oberboihingen o. J., finden sich zahlreiche Hinweise darauf, was man über Juden Negatives straflos äußern darf und was nicht.

  9. Vgl. Richard Stöss u.a., Projekt "Gewerkschaften und Rechtsextremismus", Abschlussbericht, Dezember 2004, S. 90 - 93 u. 104; eine andere Rangfolge in: O.Niedermayer/R. Stöss (Anm. 1), S. 5ff.

  10. Vgl. Werner Bergmann/Rainer Erb, Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland 1996, in: Richard Alba u.a. (Hrsg.), Deutsche und Ausländer: Freunde, Fremde oder Feinde?, Opladen 2000, S. 401 - 443.

  11. Laut einer Studie von 2004 gibt es keinen signifikanten Zusammenhang von Antisemitismus mit sozialstruktureller Desintegration; schwache Zusammenhänge bestehen mit dem Gefühl politischer Machtlosigkeit und fehlender Anerkennung. Vgl. Kirsten Endrikat/Wilhelm Heitmeyer, Desintegration und Gruppenbezogenene Menschenfeindlichkeit (GMF). Was muss und kann soziale Arbeit beeinflussen?, Workshop der Freudenberg-Stiftung, Weinheim 2005, S. 9.

  12. Hinsichtlich der Leugnung des Holocaust gibt es große Unterschiede im rechten Lager. Während sie für den Neonazismus zum ideologischen Kernbestand zählt, glaubten 1994 nur 8 % der "Republikaner"-Anhänger, "daß an der These, es sei nur Propaganda der Siegermächte, daß die Nazis Millionen von Menschen umgebracht haben, etwas dran" sei; vgl. Forsa-Umfrage, Die Deutschen und der Nationalsozialismus, Mai 1994.

  13. In der Studie von Niedermayer und Stöss (Anm. 1) erklärten 26 % der Berliner und 31 % der Brandenburger Befragten mit rechtsextremem Weltbild, sie würden eine rechtsextreme Partei wählen (gegenüber 4 % bzw. 7 % der sonstigen Befragten).

  14. Vgl. Elisabeth Noelle-Neumann, Rechtsextremismus in Deutschland, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 18.3. 1993.

  15. Vgl. "Angela Merkel an Israels Nasenring", in: National-Zeitung vom 26.8. 2005. In dem Artikel wird Merkel ein allzu gutes Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Jüdischen Weltkongresses, Edgar Bronfman, und mit Paul Spiegel ("dem zentralen Chef") attestiert.

  16. Die Abbildung findet sich in: Der Republikaner, (2003) 11 - 12, S. 2; ähnlich auf dem Titelblatt von Nation und Europa, 54 (2004) 1, mit dem Untertitel: "Allmählich reicht es".

  17. Die Anspielungen rekurrieren auf religiös, geographisch oder historisch mit den Juden verknüpfte Sachverhalte wie "Altes Testament", "Sinai", "Zion"; auch revisionistische Inhalte werden verschlüsselt, wenn man verkürzt über "historische Wahrheit", "die sechs Millionen" schreibt oder Holocaust in Anführungszeichen setzt; vgl. Informationsdienst gegen Rechts, Holocaustleugnung und neuer Antisemitismus, online unter www.idgr.de (10.8. 2005).

  18. Vgl. Juliane Wetzel/Christina Herkommer, Zum Antisemitismus der NPD. Eine Analyse der Zeitungen von drei NPD-Landesverbänden 1998 - 2001, Berlin 2002 (www.gruene-fraktion.de/cms/files/dokbin/31/31381.gastbeitrag_antisemitismus_und_npd.pdf [26. 9. 2005]). Untersucht wurden: "Zündstoff. Deutsche Stimme für Berlin und Brandenburg", "Sachsen Stimme" und "Deutsche Zukunft". Im Folgenden wird daraus zitiert.

  19. Deutsche Stimme, (2004) 6, S. 6.

  20. Vgl. ebd., (1998) 10, S. 20.

  21. Vgl. Zündstoff, (2000) 3, S. 9, apabiz, Chronologie, Februar 2004 und Deutsche Stimme, (2004) 5, S. 2.

  22. Vgl. Deutsche Stimme, (2004) 6, S. 6.

  23. Vgl. Deutsche Zukunft, (1999) 1, S. 5 sowie (2000) 8, S. 7 und 18; Deutsche Stimme (2004) 5, S. 10.

  24. Die "Deutsche Stimme" (2004) 11, S. 12, bezieht sich auf "Der Spiegel", der das "4-Millionen- Auschwitz-Dogma" in Frage stelle. Zum Begriff "Auschwitzproblem" vgl. ebd. (2004) 6, S. 6.

  25. Vgl. Rainer Erb/Andreas Klärner, Antisemitismus zur Sinnstiftung. Horst Mahler vor Gericht, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, 14 (2005).

  26. Staatsanwaltschaft Berlin, Anklageschrift Mahler, zit. nach ebd.

  27. Website des KDS (9. 3. 2004), zit. nach: Senatsverwaltung (Anm. 3), S. 14.

  28. Nation und Europa, 52 (2002) 2, S. 50.

  29. Vgl. das Titelbild von Nation und Europa, 54 (2004) 5, auf dem Sharon und Bush zu sehen sind; Untertitel: "Die Achse des Bösen".

  30. Die Themen Globalisierung, EU-Erweiterung und Proteste gegen die sozialpolitischen Maßnahmen der rotgrünen Bundesregierung ("Hartz IV") nutzen die Rechtsextremen auch zur antisemitisch gefärbten Kritik am Regierungsprogramm. Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt forderte "Deutsches Geld für deutsche Aufgaben statt Finanzierung von UNO, NATO, EU und Holocaust-Denkmälern"; vgl. Deutsche Stimme, (2004) 8.

  31. Vgl. Juliane Wetzel, Antisemitismus und Holocaustleugnung als Denkmuster radikaler islamistischer Gruppierungen, in: Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Extremismus in Deutschland. Erscheinungsformen und aktuelle Bestandsaufnahme, Bonn 2004, S. 253 - 272.

  32. Vgl. Washington Post vom 28.4. 2002 (online-Version).

  33. Vgl. Explizit (Organ der Hizb ut-Tahrir), März-Juni 2002, zit. nach Verfassungsschutzbericht 2003, S. 191.

  34. Vgl. Thomas Haury, Der neue Antisemitismusstreit der deutschen Linken, in: Doron Rabinovici u.a. (Hrsg.), Neuer Antisemitismus? Eine globale Debatte, Frankfurt/M. 2004, S. 137.

  35. Vgl. zu den Grenzen der Bündnisfähigkeit: Tânia Puschnerat, Antizionismus im Islamismus und Rechtsextremismus, in: Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Feindbilder und Radikalisierungsprozesse, Bonn 2005, S. 42 - 73.

  36. Henning Flad führt dies auf den höheren polizeilichen Druck bei antisemitischer Hetze und den geringeren Politisierungsgrad der rechten Musikszene zurück; vgl. ders., Trotz Verbot nicht tot. Ideologieproduktion in den Songs der extremen Rechten, in: Christian Dornbusch/Jan Raabe (Hrsg.), RechtsRock. Bestandsaufnahme und Gegenstrategien, Münster 2002, S. 91 - 123.

  37. Vgl. Rainer Erb, "Er ist kein Mensch, er ist ein Jud'". Antisemitismus im Rechtsrock, in: Dieter Baacke u.a. (Hrsg.), Rock von Rechts II. Milieus, Hintergründe und Materialien, Bielefeld 1999 , S. 142 - 159. Erb zitiert ein Lied von Frank Rennicke, das in der verbotenen Textfassung lautete: "Ihr Sturmsoldaten jung und alt, nehmt die Waffen in die Hand, denn der Jude haust ganz fürchterlich im deutschen Vaterland", während es in der eingespielten Version "denn der Feind, der haust" hieß (S. 157).

  38. Vgl. die Gruppe Faustrecht auf der "Schulhof-CD" der NPD für den Bundestagswahlkampf 2005.

  39. Vgl. die Band Volkszorn, CD "Im Namen des Volkes", Lied: "Lieber tot als euer Sklave sein", dort: "Kein Ignatz Bubis kann mich noch stoppen, meine Rache wird blutig sein, niemand bleibt verschont", zit. nach R. Erb (Anm. 37), S. 154.

  40. Sehr drastisch in dem Lied "In den Arsch" der Gruppe Landser, CD "Rock gegen oben", 1998: "Wenn der große Vorsitzende/von dem Zentralrat der Superauserwählten/wieder was zu meckern hat, die Bonzen/da in Bonn, (...) /fangen gleich an zu kriechen/ jeder will der erste sein (...). In den Arsch (...)".

  41. Vgl. das Lied "Volk steh auf", wo es unter anderem heißt: "Wir brennen alle Judaskirchen ab, denn wir brauchen hier kein Christentum" (Verfassungsschutzbericht 2003, S. 45).

  42. Vgl. H. Flad (Anm. 36), S. 114: Etwa die Strophe des Liedes "Ausgeburt der Hölle" von den White Aryan Rebels (2001): "Und die Geschichte wird sich wiederholen/und diesmal so, wie ihr sie uns falsch erzählt./Und so haben heute sechs Millionen/ ihr eigenes Schicksal schon selber gewählt". Vgl. auch die Lieder "Ab in den Ofen" und "Kein Mensch" von der Gruppe Macht und Ehre, CD "Herrenrasse", 1997.

  43. Vgl. H. Flad (Anm. 36), S. 115: "Freimaurer-Loge, Zionisten/Weltverschwörer, Humanisten/ Sie nehmen unser Schicksal in ihre Hand" (Weltherrschaft, "Stahlgewitter", 1998). In dem Lied "Ran an den Feind" von Landser (2000) wird der Gegenschlag angekündigt: "Wir stellen die Auserwählten/ (...) Wir halten Gericht/ihre Weltmacht zerbricht."

  44. Vgl. R. Erb (Anm. 37), S. 150.

  45. Alltägliche Pöbeleien oder beleidigende Anrufe und Briefe werden oft gar nicht angezeigt, und viele Straftaten werden aus der Anonymität heraus begangen, sodass eine Zurechnung auf rechtsextreme Motive oder gar Organisationszugehörigkeit schwierig ist.

  46. Vgl. Rainer Erb, Antisemitische Straftäter der Jahre 1993 bis 1995, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, 6 (1997), S. 160 - 180.

  47. Am 6.5. 2004; am Folgetag geschah dasselbe in Leipzig, was auf eine koordinierte Aktion hindeutet.

  48. Titelblatt von Nation und Europa, 55 (2005) 3: Abbildung des Holocaust-Mahnmals mit der Unterschrift: "Im Labyrinth ewiger Schuld?"

Dr. phil., geb. 1950; Professor am Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) der Technischen Universität Berlin, Ernst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin.
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