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Anmerkungen zur Zukunft des Kapitalismus - Essay | Krise der Weltwirtschaft | bpb.de

Krise der Weltwirtschaft Editorial Anmerkungen zur Zukunft des Kapitalismus - Essay Anatomie der Weltwirtschaftskrise: Ursachen und Schuldige Plädoyer für einen regulierten Kapitalismus Rückkehr des Keynesianismus: Anmerkungen aus ordnungspolitischer Sicht War 2008 das neue 1931? "Islamic Finance" und die Finanzmarktkrise

Anmerkungen zur Zukunft des Kapitalismus - Essay

Roland Tichy

/ 10 Minuten zu lesen

Die Finanzkrise stellt infrage, was die vergangenen beiden Jahrzehnte geprägt hat: Wohlstand, Globalisierung und Demokratisierung. Doch der Kapitalismus ist ein System, das sich stets neu erfindet.

Einleitung

Glasnost, Perestroika und der Fall der Berliner Mauer haben die Dreiteilung der Welt in Westblock, Ostblock und "Dritte Welt" vor rund zwei Jahrzehnten aufgehoben. Im Zuge der Globalisierung traten weit mehr als eine Milliarde Menschen in China und Russland in die Weltwirtschaft ein, machten sich Hunderte von Millionen in Indien, Brasilien und anderswo auf den langen Marsch Richtung Demokratie, Kapitalismus und Wohlstand, halbierte sich die Zahl derjenigen, die in absoluter Armut leben.


Ja, der Kapitalismus der Jahre, seit US-Präsident Ronald Reagan begann, den Ideen des liberalen Ökonomen Milton Friedman zum Durchbruch zu verhelfen, ist in der Krise. Die Weltwirtschaft schrumpft erstmals seit 60 Jahren, aus mehr wird weniger. Gigantische Kapitalmengen, die in den Wachstums- und Schwellenländern investiert wurden, fließen zurück in die Herkunftsländer. Weltweit verlieren Menschen ihre Arbeitsplätze.

Globale Enteignung der Mittelschichten

Gerade die aufstrebenden Mittelschichten, die Treiber der gesellschaftlichen Entwicklung und tragenden Säulen des Staates, wurden durch die Exzesse der Wall Street weltweit enteignet: Wohlhabende Rentner in Florida wurden durch den als Milliardenbetrüger überführten Fondsmanager Bernard Madoff um die Hälfte oder noch mehr ihres Ersparten gebracht und müssen den Golfplatz mit einem Job bei McDonald's tauschen. Millionen von Menschen in Schanghai und am Perlflussdelta sehen sich um die Früchte ihrer Arbeit betrogen, die ihnen erstmals in der Geschichte Chinas menschenwürdigen Wohnraum, bescheidenen Wohlstand, Bildung und medizinische Versorgung gebracht haben. In vielen Ländern Asiens und in Indien ist die Lage nicht anders; selbst der traumhafte Reichtum der russischen Oligarchen schwindet dahin wie ein Durchschnittseinkommen gegen Monatsende. In den Golfstaaten verlieren die Gastarbeiter aus Indien und Asien ihre Jobs, die aus europäischer Sicht an Sklavenhalterverhältnisse erinnern - aus Sicht der Betroffenen jedoch Einkommen und Fortkommen für ihre Familien auf den Philippinen und in Thailand bedeuten.

Noch haben wir gar nicht begriffen, welche Wucht die Krise wirklich entfalten kann: Millionen junger Menschen haben den Duft des Wohlstands kennengelernt - was geschieht, wenn der feine Duft verweht? Sie werden sein Verschwinden nicht tatenlos hinnehmen. In den damals demografisch jungen Gesellschaften Europas hat die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre zu einer Radikalisierung beigetragen, die zu einer der Ursachen des Zweiten Weltkriegs wurde. Der Aufstand der Jungen, die sich plötzlich um ihre Zukunft bedroht sehen, kann sich heute wiederholen. Zugegeben: In Deutschland ist davon wenig zu spüren. Vorerst federn wir die Krise mit dem Instrumentarium des Sozialstaats ab. Aber aus der Kurzarbeit kann schnell Arbeitslosigkeit werden; die Renten sind gerade erhöht worden - aber die Generation der heutigen Beitragszahler muss damit rechnen, dass ihre Renten noch schneller als erwartet schrumpfen und ihre private Altersvorsorge erodiert. Damit könnte die Finanzkrise die gesellschaftliche Stagnation und den Abstieg vom Wohlstandsgipfel beschleunigen.

Bitte mehr von diesem Kapitalismus

Jetzt beherrscht eine seltsame Widersprüchlichkeit die Diskussion: Kapitalismuskritiker und Globalisierungsgegner haben Oberwasser in Medien und Talkshows, und ihre Wut ist nachvollziehbar, ihre Forderung nach einem anderen Wirtschaftssystem verständlich. Aber gleichzeitig werden von seinen schärfsten Kritikern Forderungen gestellt, die den Kapitalismus wieder in sein Recht einsetzen: Woher soll das Wachstum in China kommen, wenn nicht aus der Kombination von Kapitalismus nach dortiger Machart in Kombination mit Globalisierung? Wie sollen die erneute Verelendung und der wachsende Hunger in der "Dritten Welt" bekämpft werden, wenn nicht durch steigende Einkommen, höhere Rohstoffpreise und eine kapitalistisch geprägte Wachstumsdynamik, die das Pro-Kopf-Einkommen seit den 1980er Jahren stark erhöht, die Kindersterblichkeit in Süd- und Ostasien signifikant reduziert und weltweit die Lebenserwartung verbessert hat? Die mitleidig herabgereichte Entwicklungshilfe wirkte wohl nicht und wird es nie tun. Und woher sollen die Mittel für den Umbau der Wirtschaft in Richtung einer green economy kommen, wenn nicht aus dem Erfindungsgeist eines Gesellschaftssystems, das ständig Neuerungen belohnt und Umbrüche ermöglicht, die vorher niemals denkbar waren? Langsam wird auch den Kritikern der Globalisierung klar: Die Globalisierung hat weltweit Wohlstand erzeugt - ihre Rücknahme würde weltweit Armut produzieren.

Wir brauchen mehr von diesem "bösen Kapitalismus", und daher müssen die Ursachen der Krise sauber analysiert werden. Die Allmachtsfantasien, die in den vergangenen Jahren viele Bankmanager befallen haben und zu ihren exzessiven Geschäften trieben, werden nur noch übertroffen durch die Allmacht, die ihnen jetzt zugeschrieben wird: Die Gier und Dummheit der Geldverwalter soll also diese globale Krise ausgelöst haben. Zu viel der Ehre!

Die erste Ursache der Krise liegt darin, dass die Politik weltweit und in den USA insbesondere die Schuldenmacherei ermöglicht und belohnt hat. Jeder US-Bürger sollte ohne genaueres Ansehen seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zum Immobilienbesitzer avancieren und durch Kauf auf Pump die Konjunktur stimulieren. Damit sollte auch die wirtschaftliche Schockstarre nach 9/11 überwunden werden. Für dieses Ziel wurden Geld und Kapital künstlich verbilligt, Regularien gelockert und alle Beteiligten animiert, kräftig die Blase aufzupumpen.

Gerne haben die Banken die Einladung angenommen und ihre Schalterhallen zu Spielhöllen umgebaut, in denen sie ihre Glaubwürdigkeit verspielt haben. Am Blasebalg des heutigen Fegefeuers aber stand eine staatliche Geld- und Finanzpolitik. Das Marktversagen muss jetzt korrigiert werden. Und wenn jetzt die Rettung in der Verstaatlichung liegen soll - waren es nicht die deutschen Staats- und Landesbanken, die besonders wüst und gegen Sinn, Verstand und Regel gezockt haben? Die ihre Begrenzungen via Irland und außerhalb der Bilanzen überschritten und überdehnt haben - kontrolliert von Politikern? Es ist wahr, dass viele Banker zu gewissenlosen Boni-Jägern herabgesunken sind, und es macht wütend, wie sie mit prallen Geldsäcken davonstolzieren. Aber welcher Verantwortliche der Staatsbanken wurde zur Verantwortung gezogen? Mittlerweile übersteigt in Hamburg die Haftung, die jeder Bürger für die halbstaatliche HSH-Nordbank zu tragen hat (16 661 Euro pro Kopf), die Staatsverschuldung. Konsequenzen wurden daraus in Deutschland nicht gezogen, außer dass ein paar besonders unfähige Manager ausgetauscht wurden. Das ist Marktwirtschaft pervers.

Richtig regulieren und Globalisierung zulassen

Dabei zeigt der G-20-Gipfel in London, dass die internationale Staatengemeinschaft bereit und in der Lage ist, notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Folgt man dem Gipfel-Kommuniqué, dann werden zukünftige große Hedgefonds in die Gesamtbetrachtung der Finanzmärkte einbezogen, außerbilanzielle Aktionen verunmöglicht, Ratingagenturen ihrerseits überprüft, die vollständige Weitergabe von Risiken an immer neue Wiederverkäufer eingeschränkt, höhere Risikovorsorge eingeführt. Wichtiger noch als jede Einzelmaßnahme ist die Bereitschaft und Fähigkeit, die weltweiten Finanzströme zu regulieren und Übertreibungen auszuschließen. Damit ist viel erreicht - und doch sollte vor Übertreibungen gewarnt werden. So wurden seit dem Platzen der "Dotcom-Blase" im Jahre 2000 Finanzmärkte auf Teufel komm raus reguliert, allein in Deutschland mit einem Dutzend zusätzlicher Finanzmarktgesetze - aber an der falschen Stelle. Die Gefahr besteht, dass die Regulierungsfeuerwehr bald mit ihrem Löschwasser Beteiligte und Unbeteiligte ertränkt, während es ganz woanders lichterloh zu brennen beginnt. Die Zukunft bleibt ungewiss, und für neue Entwicklungen sollte die Tür offenbleiben. Nicht nur immer mehr, sondern zielgenaue Regulierung ist gefragt. Der Kapitalismus neigt zu Übertreibungen, die in neue Krisen führen, weil er die Findigkeit der Menschen nicht nur zulässt, sondern reich belohnt. Die Alternative ist die kontrollierte, normierte, und damit stagnierende Wirtschaft, die bleiern wiederholt, was schon gestern erkennbar unzureichend war, statt ständig Neues auszuprobieren. Dabei ist die größte Bedrohung nicht die Regulierung der Banken, sondern die Abschottung der Märkte. Der Rückfall in die Enge der nationalen Wirtschaft aber macht alle ärmer und schließt den Transfer von Wissen und Kapital in unterentwickelte Regionen aus.

Deflation vor Inflation

Während sich viele vor der Inflation fürchten, beherrscht die Deflation der Werte die Märkte. Vor einem Jahr war Daimler noch 60 Milliarden Euro wert - heute gibt es für die Hälfte dieser Summe als Zugabe noch BMW obendrauf, wie auf dem Gemüsemarkt die Extra-Banane. Konzerne zum Schleuderpreis - wann gibt es Hochhäuser zum Preis eines Reihenhauses in München? Nur eines ist falsch in der Deflation: in neue Anlagen zu investieren. Denn sie sind morgen weniger wert. Das beschleunigt den Abschwung. Der Kapitalismus investiert nur, wenn er Werte schafft, nicht, wenn sie sich auflösen. Deflation ist Gift für die Wirtschaft - und am Horizont droht sie von ihrem Gegenteil abgelöst zu werden. Denn wir leben in einer paradoxen Welt: Die Notenbanken schleusen immer neue Billionen in den Markt, doch das frische Geld entfaltet keine Kaufkraft. Damit steht die Welt in den kommenden Jahren vor der großen Herausforderung, der sich aufbauenden Inflationswoge entgegenzuwirken.

Nicht alle sind Opfer

Ja, viele Bankmanager haben versagt. Die ehrgeizigen Boni-Jäger von Dresdner Bank und Hypo Real Estate geben der "Fratze Kapitalismus" ihr Gesicht. Das ist nicht neu. Der Kapitalismus hat wagemutige Unternehmer hervorgebracht - und schwächliche Söhne. In den 1960er Jahren war es Gunter Sachs. Das Unternehmen der Vorfahren hat er mitten im Wirtschaftswunder verscherbelt für eine damals so unfassbare Summe Geldes, die trotz aller Verschwendung und Verdummung nicht kleinzukriegen war. Aus einem Hubschrauber hat er rote Rosen auf Brigitte Bardot herabregnen lassen - das bleibt von ihm, der dauerhaft schlechte Ruf der Erben. Solche Zerrbilder wird es, in zeittypischer Ausprägung, immer wieder geben. Wir werden sie aushalten müssen. Aber ist Gier und Verblendung, mangelnde Einsichtsfähigkeit und Selbstkritik ihr alleiniges Privileg? Deuten nicht auch einige Finger auf uns selbst zurück? Wurde etwa jemand gezwungen, sein Geld in Island anzulegen oder bei Lehman Brothers zu investieren? Es hat Fehlberatung gegeben - aber die Infantilisierung oder Selbstentmündigung einer Gesellschaft, deren Mitglieder sich grundsätzlich als Opfer ohne Selbstverantwortung sehen, hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Wir wollen immer mehr, aber nichts dafür tun, nichts verstehen. Die Finanzmärkte sollen uns bereichern, ohne dass wir ihr Wirken bearbeiten.

In Deutschland fehlt jede breite Ausbildung zum Thema private Finanzen. Der Kauf eines Sofas wird genauer überlegt als der eines Zertifikats, wir wälzen Autokataloge und überblättern Geschäftsbedingungen. Geld gilt als schmutzig, Spekulation als undeutsch und verwerflich. Diese romantische Haltung muss einer nüchternen, informierten Einstellung weichen. Ohne moderne Kapitalmärkte gibt es keine leistungsfähige Wirtschaft. Exzesse sind zu begrenzen, aber statt einer statischen, rückwärtsgewandten Regulierung werden wir eine dynamische, sich verändernden Entwicklungen begleitende Regulierung brauchen, die von einem tiefen Verständnis der Dynamik mehr geprägt ist als von einem verständnislosen Vollzug gestriger Vorschriften.

Jede Krise kennt Gewinner

Hinter der Kulisse verschieben sich die Gewichte. Wer verdient wirklich an und in der Krise? Riesige Imperien brechen zusammen oder werden auf Kosten der Steuerzahler künstlich am Leben erhalten. Dabei beschleunigt sich nur eine ständige Erneuerung und Umverteilung vom Alten zum Neuen, die Krise wirkt wie ein Katalysator des Geschehens. Zu Beginn der Industrialisierung, in der Weltwirtschaftskrise nach 1929 oder beim Zusammenbruch des Ostblocks - märchenhaft reich wurden mutige Hände, die die neuen Gelegenheiten und Möglichkeiten der Technik, Wissenschaft und der Bedürfnisse der Menschen erkannten und nutzten, die aufsammeln, was zittrige Hände wegwarfen. Neue Unternehmen und neue Unternehmer betreten die Bühne. Es sind solche, die erkennen, worin die Bedürfnisse der neuen Zeit liegen.

Sicher ist unsicher

"Les Trente Glorieuses", die drei glorreichen Nachkriegsjahrzehnte, in denen Westeuropa zugleich eine wohlhabendere und gerechtere Gesellschaft wurde, sind wohl unwiderruflich vorbei. Während Europa schon längst stagnierte, hat der Kapitalismus Milton Friedmans in den USA und Asien zu einer ungeheuren Wachstumsdynamik geführt. Unsere zunehmend auf Bewahrung ausgerichtete Gesellschaft wird mit tief greifenden Umstürzen konfrontiert, und keine Rentenversicherung und kein Arbeitsamt wird uns davor wirklich bewahren können. Festgefügte Sicherheiten zerbröseln. Zu anderen Zeiten und an anderen Orten ist man sich dessen bewusst. In Ostdeutschland und Osteuropa wurden festgefügte Lebensläufe über Nacht entwertet - wie viele Bankkonten und Festanstellungen heute im Westen. Die Westdeutschen und Westeuropäer müssen den Umgang mit der Unsicherheit neu lernen.

Anything goes geht doch nicht

Die rauschhaften Jahre des billigen Kredits und der märchenhaften Erträge aus windigen Papieren sind vorbei. Die Multioptionsgesellschaft der individualisierten Verantwortungslosigkeit stößt an Grenzen. Konservativere Anlageformen, Sparen statt besinnungsloses Konsumieren, Nachhaltigkeit als Verhaltensprinzip, vielleicht sogar wieder mehr Familie und Beständigkeit geben Halt. Schlägt dieser Wertkonservatismus in einen Strukturkonservatismus um? Wie steht es um seine zeitliche Perspektive? Die Art, wie wir wirtschaften, bestimmt auch unser Leben und umgekehrt. Je länger die wirtschaftliche Depression dauert, umso tiefer werden auch die gesellschaftlichen Veränderungen sein - und dabei geht es nicht nur um ein paar Bilanzierungsvorschriften, sondern um eine gesellschaftliche Dimension.

Die USA bleiben mächtig

Man hört die Freudenseufzer der Linken und mancher ganz Rechter darüber, dass die USA - endlich! endlich! - ihre wirtschaftliche und politische Vormachtstellung verlieren. Wahr ist: Die Ursachen der derzeitigen Krise liegen auch in einem Ungleichgewicht der globalen Wirtschaften. Die USA verschuldeten sich, um zu konsumieren - China nutzte diese Exportchancen, wurde darüber zur "Fabrik der Welt" und finanzierte den US-Konsum dadurch, dass es die vereinnahmten Gelder dort wieder anlegte. In kleinerem Maßstab hat Deutschland in ähnlicher Weise davon profitiert und den globalen Aufschwung mit Maschinen und Investitionsgütern ausgestattet. Die damit verbundene Rohstoffnachfrage hat in den Erdölländern und Russland zu ungeheuren Reichtümern geführt.

Jetzt kommt es zu einer Korrektur auch dieser Ungleichgewichte. Über ihr Ergebnis sind nur Voraussagen unter größter Unsicherheit möglich. Etwa so: Die Selbstheilungskräfte der USA sind zur Überwindung geeigneter als die europäische Industrie- und Sozialpolitik, die eher bestehende Strukturen zementiert. Nach der Verstaatlichung werden die angelsächsischen Länder eher früher als später wieder zur Liberalisierung zurückfinden, da sie pragmatisch statt ideologisch entscheiden. Deutschland wird sehr viel länger brauchen und Frankreich zurückbleiben. Oder gelingt es Deutschland, gestützt auf seine breite industrielle Basis, als Trittbrettfahrer der weltweiten Erholung mitzufahren? Welche Wirkung entfalten gesellschaftliche Krisen in Folge der Wirtschaftskrise? Werden sich die Innovationsfähigkeit und Anpassungsgeschwindigkeit offener Gesellschaften im Umgang mit der Finanzkrise erneut bewähren, oder sind eher die autoritär-kapitalistischen Systeme nach dem Vorbild Chinas die Gewinner?

Kapitalismus erfindet sich neu

Das ist es ja, was seine Gegner nicht wahrhaben wollen: Dass der Kapitalismus wie jedes lebende System sich wandeln, anpassen, verändern kann - und das, weil er nicht zentral gesteuert ist, sondern alle Marktteilnehmer ständig suchen, finden, sich selbst zerstören und neu erfinden. Die Lehre des österreichischen Ökonomen Joseph Schumpeter von der "Kraft der schöpferischen Zerstörung" wird sich erneut bestätigen.

Geb. 1955; Chefredakteur der "Wirtschaftswoche", Kasernenstraße 67, 40213 Düsseldorf.
E-Mail: E-Mail Link: roland.tichy@wiwo.de