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Nollywood | Nigeria | bpb.de

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Nollywood Schaufenster eines sich behauptenden Nigerias

Françoise Ugochukwu

/ 12 Minuten zu lesen

Nollywood, die Anfang der 1990er Jahre beginnende "nouvelle vague" des nigerianischen Films, ist heute dem Unesco-Institut für Statistik zufolge nach dem indischen Bollywood-Kino und noch vor Hollywood die zweitgrößte Filmindustrie der Welt. In Nigeria ist die Branche mit über einer Million direkt oder indirekt Beschäftigten inzwischen nach dem Landwirtschaftssektor der zweitwichtigste Arbeitgeber.

Zu Beginn stand Nollywood für eine andere Art, Filme zu produzieren und zu drehen, die quer lag zu den Traditionen der ersten Generation von Filmemacher:innen des Landes und die Regeln der Kunst erschütterte. Ein Film entstand in sehr kurzer Zeit – ein Dreh dauerte zwischen 14 Tagen und maximal drei Monaten –, mit spärlichen technischen Mitteln sowie Regisseur:innen und Produzent:innen ohne einschlägige Ausbildung. Diese ersten, zum Teil vom Wandertheater der Volksgruppe der Yoruba inspirierten Filme, meist Produktionen mit kleinen Budgets, die direkt auf Videokassette erschienen und über transnationale informelle Netzwerke verbreitet wurden, waren zum Großteil unter freiem Himmel gedreht, in Hinterhöfen, auf Straßen oder Wegen, die kein gefertigtes Bühnenbild oder sonstige Vorbereitungen erforderlich machten, oder in von Privatpersonen gemieteten Innenräumen, mit Kostümen aus der Garderobe der Schauspieler:innen selbst.

Laut dem Regisseur und Filmproduzenten Okechukwu Ogunjiofor, der als "Erfinder" Nollywoods gilt, entstand das neue nigerianische Kino aus einem Bedürfnis heraus. Damals, als junger, mittelloser Absolvent ohne Anstellung, lief er geradezu über vor Geschichten, die er zu erzählen hatte. Kenneth Nnebue, ein Händler, der leere Videokassetten verkaufte und auf dem Idumota-Markt in Lagos yorubische Filme vertrieb, streckte ihm das Geld vor, das das Erscheinen des ersten Nollywood-Films "Living in Bondage" 1992 möglich machte. Ogunjifor beschreibt dieses Kino der 1990er Jahre als "Guerilla-Kino: leichtes Equipment, keine Pause, Arbeit bei Tag und bei Nacht auf mehreren Posten gleichzeitig in einem kleinen Team".

Die Produktion von Nollywood-Filmen ist seit 1999 regelrecht explodiert, als die nunmehr zivile Regierung die Meinungs- und Pressefreiheit in Nigeria weitgehend wieder einführte. Schätzungen zufolge entstehen jährlich bis zu 2500 Filme. Seit ihren Anfängen hat sich die nigerianische Filmproduktion stark verändert und bietet heute ein Kaleidoskop des Alltags in Nigeria, der Geschichte des Landes und seiner vielfältigen Verbindungen ins Ausland. Zugleich zeugt sie von einem Willen zur Verwurzelung in einen sprachlichen und kulturellen Humus, von einer moralischen und didaktischen Mission sowie von einer bemerkenswerten Anpassungsfähigkeit.

Verortung

Genaugenommen bezeichnet das Label "Nollywood" Filme aus dem Süden des Landes, vor allem igboische Filme, die meist auf Englisch oder Pidgin geschrieben sind. Informell wird das nigerianische Kino nämlich in verschiedene Sparten unterteilt, die der ursprünglichen Verortung der jeweiligen Filme entsprechen.

Die yorubischen Filme sind größtenteils auf Yoruba verfasst und auch stark von der Kultur der Yoruba geprägt; manchmal ist die Rede von "Yoruwood". Sie werden über eigene Internetseiten verbreitet. "Die Beziehung dieses Kinos zu Nollywood bleibt uneindeutig. Die yorubische Filmbranche ist als anders anerkannt, aber aus Anstand und um ihre historische Priorität und anhaltende Vitalität anzuerkennen, wird sie häufig als Teil Nollywoods behandelt."

Im stark von der Volksgruppe der Hausa geprägten nördlichen Bundesstaat Kano hat sich als Reaktion auf Nollywood das Label "Kannywood" entwickelt. Die Mehrheit der hausaischen Filmemacher:innen betrachtet ihre von Bollywood beeinflussten Filme als Ausdruck hausaischer und muslimischer Kultur und Werte. Die Produktionen sind in der Regel auf Hausa – der Sprache, auf der vorwiegend im Norden des Landes kommuniziert wird.

Andere Volksgruppen im Süden Nigerias haben sich ebenfalls stärker der Filmbranche zugewandt und produzieren seit knapp zehn Jahren – wenn auch noch wenige – Filme in ihren jeweiligen Sprachen, darunter Edo, Ijo, Itsekiri und Urhobo. Deren Umlauf beschränkt sich auf einen kleinen Markt und ein neues Online-Publikum. Erwähnenswert ist auch die fruchtbare filmische Zusammenarbeit zwischen Nigeria und Ghana, "Nollywood Ghallywood", die auf eine jahrzehntelange Rivalität folgte.

Engagierte Filme

Die Mehrheit des afrikanischen Publikums und der Kritiker:innen auf dem Kontinent betrachtet das Kino als Erzählkunst. Entsprechend beschreiben sich nigerianische Filmemacher:innen auch als moderne Erzähler:innen. Der Regisseur Bon Emeruwa fasst seinen Beruf mit folgenden Worten zusammen: "Ich kann nicht die Geschichten der Weißen erzählen. Sie sprechen von ihrer eigenen Geschichte in ihren Filmen. Das sind immer dieselben wesentlichen Themen, Liebe, Action … Wir, wir erzählen das auf unsere Weise, auf unsere nigerianische Art, auf unsere afrikanische Art." Obwohl die Versuchung stark ist, der internationalen Nachfrage und der Verheißung von Renommee nachzugeben, entscheiden sich die meisten Nollywood-Filmemacher:innen dafür, das kulturelle Erbe ihres Landes für alle in Wert zu setzen, mit einem gleichermaßen spielerischen wie didaktischen Ziel – ein Modell ganz im Zeichen ihrer mündlichen Traditionen.

Die Themen von Nollywood-Filmen, die also ursprünglich und vor allem von Nigerianer:innen für Nigerianer:innen produziert wurden und werden, sind dem täglichen Leben, lokalen Ereignissen oder der Geschichte des Landes entliehen. Die Filme erzählen individuelle Geschichten, die in einem das Land abbildenden sozialen Umfeld eingebettet sind, oder folgen dem Weg nigerianischer Migrant:innen in Raum und Zeit. Religion spielt eine wichtige Rolle, seien es traditionelle Formen und/oder vor allem das Christentum. Die vom Alltag und von Lokalnachrichten inspirierten Filme versuchen, "die Realität in all ihren Dimensionen" zu zeigen, und werden vom breiten Publikum auch als kaum retuschiertes Abbild der Wirklichkeit wahrgenommen. Lange spiegelten die Produktionen sogar das Tempo des Alltags in Nigeria wider – eine Zeit, die sich ewig zu ziehen scheint. Aber die jüngeren Filme nähern sich der international üblichen Länge von rund eineinhalb Stunden.

Angesichts der Schwächen der nigerianischen Presse hat sich Nollywood einer dreifachen Wächtermission verschrieben: Alle nigerianischen Filme zeugen in unterschiedlicher Ausprägung vom selben Bestreben, das Publikum zu unterrichten, die Übel in der nigerianischen Gesellschaft anzuprangern und zu versuchen, ausgehend von einer Verfilmung der Konsequenzen und der möglichen Lösungswege, moralische Lehren daraus abzuleiten. Die Vergangenheit wird neu interpretiert, um das Publikum anzuregen, sie zu überwinden. Durch edutainment, eine Verbindung aus education (Bildung, Erziehung) und entertainment (Unterhaltung), bergen die Produktionen eine Bildungsbotschaft, die die Filmemacher:innen an die Gesellschaft richten. Sie illustrieren das Rennen um schnelles Geld, Wohnprobleme, Korruption, Kriminalität in den Städten oder Vetternwirtschaft. Die Mehrheit der Filme ist also eher düster, selbst wenn es, wie die junge Regisseurin Chiama Onyenwe erklärt, "sogar in diesem Kontext Freude, Lachen, Musik und Liebe" gibt.

Seit der Rückkehr Nigerias zur Demokratie im Jahr 1999 wagen die Filmemacher:innen es zunehmend, auch die interethnische Gewalt zu thematisieren, und versuchen sich an politischer Satire. Mit dem Ziel, neue Zuschauer:innen auf internationaler Ebene anzusprechen, widmen sie sich auch immer mehr neuen Themen wie der Ungleichheit zwischen Männern und Frauen, Sexualität oder Migration.

Strukturell zeichnen sich Nollywood-Filme durch den hohen Stellenwert aus, den sie dem Vortrag in Form von Monologen oder einer Stimme aus dem Off einräumen, in Abwandlung der Rolle des Erzählers. Ein binärer Aufbau lässt viel Raum für Dialoge im Wechsel beziehungsweise in Kombination mit Vorträgen und Musik oder Berichten und Rückblenden. Eine dem Film eigene Titelmusik wird regelmäßig aufgegriffen, um durch die entstehende Pause ein Innehalten zu ermöglichen, um das behandelte Thema zu reflektieren. Das Lied kann auf Englisch sein, ist häufig aber auf Igbo und manchmal auf Yoruba, auch in englischsprachigen Filmen – ein Zeugnis der musikalischen Verbundenheit zur ursprünglichen Sprache.

Generell bringen die Produktionen eine multikulturelle und vielsprachige Schauspieler:innen- wie Zuschauer:innenschaft zusammen. Im Laufe der Jahre ist zwar trotz der Menge unterschiedlicher Sprachen, die im Land gesprochen werden, das nigerianische Englisch, gemeinsam mit Yoruba, die Sprache geblieben, in der die Filme gedreht werden. Aber auch das nigerianische "Naija"-Pidgin, lange als Sprache der kleinen Leute angesehen sowie des Austauschs zwischen den Volksgruppen, auf den Märkten und in den ethnisch gemischten Regionen wie dem Bundesstaat Plateau, der Gegend des Nigerdeltas oder der Megacity Lagos, kommt seit einiger Zeit in manchen Filmen vor, insbesondere in Komödien, während sich sein Gebrauch demokratisiert und weiterentwickelt.

Beim Dekor wechseln sich Außen- und Innensettings ab, mit einer Präferenz für öffentliche Räume, die den Dialog und den Austausch begünstigen. Orte werden auf Grundlage von Stereotypen und Symbolen stilisiert, um jedem zu erlauben, sie sich anzueignen. So wird ein dörflicher Kontext etwa durch verwachsene oder schlammige Wege, Hütten und Felder dargestellt, während opulente Anwesen, Prachtstraßen voller Autos und Einzelhandelsriesen für einen städtischen Kontext stehen.

Während die nigerianischen Filmemacher:innen von Beginn an einen enormen Output hatten, kann ein Großteil ihrer Produktionen als "durch und durch und essenziell generisch" bezeichnet werden, da die Mehrheit der Regisseur:innen lange "auf Grundlage eines immer gleichen Rahmens aus Themen und Szenariotypen arbeitete". Insofern offenbaren diese Filme "die grundsätzliche Einheit Nollywoods, die auf den Werten seines Publikums basiert: einem Sinn für Moral und einer Verbundenheit mit der Gemeinschaft".

Publikumslieblinge

Während die Anfänge Nollywoods noch eher wenig Beachtung fanden – sah man in seinem Output doch vor allem einen Haufen "Wegwerffilme" –, hat sich angesichts des enormen Erfolgs Respekt eingestellt: Stand die reiche nigerianische Filmproduktion 2015 noch für zehn Prozent der Verkäufe, waren es drei Jahre später schon 45 Prozent, also rund 14 Millionen Euro. Nollywood-Filme sind zum Schaufenster Nigerias geworden. Ihre Beliebtheit verdanken sie vor allem einem afrikanischen Publikum, das sich danach sehnt, seine eigenen Kulturen auf der Leinwand beziehungsweise dem Bildschirm zu sehen.

In Nigeria selbst sind die Filme noch als günstige DVDs auf Märkten und in Kiosken erhältlich. Zunehmend werden sie aber auch online verbreitet, im Fernsehen und bei Streamingdiensten sowie auf Mobiltelefonen angesehen. In den großen Städten des Landes werden sie auch im Kino gezeigt. Sie zirkulieren in ganz Afrika und in der weltweiten afrikanischen Diaspora, wo sie Zuschauer:innen jeden Alters ansprechen und anschließend die Gespräche und Diskussionen nähren oder sogar in der kirchlichen Bildung aufgegriffen werden.

Nach und nach haben die nigerianischen Filmemacher:innen ihre eigenen Vertriebsgesellschaften geschaffen, etwa Nollywood Factory von Obi Emelonye, MainFrame Productions von Tunde Kelani oder Talking Drum Entertainment von Moses Babatope. Kunle Afolayan hat jüngst seine Produktionsgesellschaft KAP und eine Filmakademie eröffnet. Nollywood verfügt heute über ein breites Vertriebsnetzwerk, das ihm erlaubt, ein internationales Publikum zu erreichen.

Die jüngeren nigerianischen Filmemacher:innen, die ein neues Publikum ansprechen möchten, stehen heute vor einem Dilemma: Die einen probieren neues Material aus und verschieben nach und nach die Themen ihrer Drehbücher, um auch ein westliches Publikum anzusprechen, und träumen von Mäzen:innen und einem Budget, das ihnen erlauben würde, große vielversprechende Filme zu drehen, die ihnen eine Präsenz auf den Filmfestivals garantieren würden und sie auf die internationale Bühne katapultieren könnten. Andere bemühen sich, die Qualität ihrer Filme mit Bordmitteln zu verbessern, um ihr lokales oder regionales Publikum zu bedienen. So entwickelt sich die nigerianische Filmproduktion auf zwei Ebenen weiter, indem einerseits mehr internationale Koproduktionen eingegangen werden und ein "neues" Nollywood entsteht, während andererseits dem nigerianischen Publikum weiterhin die traditionellen Filme geboten werden.

Gleichzeitig haben sich in vielen Ländern des afrikanischen Kontinents, etwa in Uganda, Sambia, Tansania oder Botswana, eigene Filmbranchen entwickelt, die dem Nollywood-Modell nacheifern. Das ist eine Gelegenheit für Nigeria, entsprechende Ausbildungsangebote vorzuhalten, die den Bedürfnissen in diesen Ländern entspricht. Eine solche Süd-Süd-Kooperation dürfte die Wettbewerbsfähigkeit Nollywoods verstärken und zugleich das internationale Ansehen des afrikanischen Kinos erhöhen.

Vom "Video" zum Filmkanon

Während Nollywood großen Anklang beim nigerianischen Publikum und in der breiten Diaspora gefunden hat und auch in den Kinos des frankophonen Afrikas sehr gut ankommt, hat es die "westlichen" Gewohnheiten erschüttert und die traditionelle Unterscheidung zwischen Kino- und Fernsehfilm sowie Filmen für besondere Märkte und klassische Vertriebswege infrage gestellt. Wie der Filmhistoriker Frank Ukadike um die Jahrtausendwende feststellte, "impliziert der Triumph des Videofilms nicht unbedingt die Umstellung des Mediums Zelluloidfilm, aber eher die Transzendenz der Begrenzungen, die die Konventionen des Zelluloidfilms vorschreiben". Sprachen die ersten Arbeiten zu Nollywood noch von "Videofilmen ", erkennt der 2016 erschienene Band "Nigerian Film Genres" de facto die extreme Flexibilität nigerianischer Filmemacher:innen an, die innerhalb einiger Jahre selbstständig von einem Trägermedium zum nächsten übergingen und dabei stets von den Vorteilen der jeweils neuen Technologien profitierten.

Das nigerianische Kino setzt sich von der vereinfachenden Typologie ab, die das "westliche" dem afrikanischen Kino gegenüberstellt. In einem raschen Häutungsprozess hat Nollywood einen dritten Weg zwischen nigerianischen und afrikanischen Gussformen beschritten, bevor es Koproduktion mit Hollywood eingeht. "Das Phänomen Nollywood (…) hat die afrikanische Filmproduktionslandschaft transformiert, und Forscher müssen neue Paradigmen vorlegen, um in der Lage zu sein, diese Äußerungen in den Filmkanon einzubeziehen", was auch immer das gewählte Trägermedium ist.

Andere Klassifikationen, wie etwa jene, die Hoch- und Populärkultur einander gegenüberstellen – Filmkunst und populäres Kino, Spielfilm und Kurzfilm –, die dazu dienen, Nollywood vom restlichen afrikanischen Kino zu unterscheiden, sind ihrerseits im Begriff, ersetzt zu werden. Mit der Entwicklung Nollywoods geht eine Ablehnung von Schulen und Kategorisierungen einher, die von außen auferlegt werden, eine Infragestellung von Traditionen, ein Aufkommen neuer Modelle und neuer Formen, die Bewegung und Vielfalt Vorschub leisten. Hier werden gelernte Werte verschoben und rein künstlerische Prioritäten abgelehnt, zum Vorteil einer Darstellung des Alltäglichen mit didaktischer und kommerzieller Zielsetzung – und dieser Ansatz wurde vom nigerianischen und afrikanischen Publikum mehr als gutgeheißen, wie es der Erfolg dieser Filme zwischen Autor:innen- und Populärfilmen beweist. "Ein Blick auf den kritischen Diskurs über das afrikanische Kino zeigt deutlich, dass (…) es im Bereich der Filmwissenschaften nicht mehr möglich ist, Nollywood aus dem afrikanischen Filmkanon auszuschließen."

Unaufhaltsames Unternehmen

Als im Mai 2020 die Kinos in Nigeria aufgrund der Covid-19-Pandemie geschlossen waren und man den Verlust einer Viertelmillion Arbeitsplätze in Nollywood befürchtete, notierte die Nachrichtenagentur AFP: "Die aktuelle Krise ist auch die Gelegenheit, Neues auszuprobieren. In diesem Klima hat einer der besten nigerianischen Diaspora-Regisseure das Unmögliche geschafft: ein in vier Tagen mit einem Mobiltelefon ohne Körperkontakt zu seinen Schauspielern gedrehter Film (…). Mitten in der Corona-Krise, die die nigerianische Filmindustrie hart trifft, spiegelt diese Wette des Filmemachers Obi Emelonye Nollwood: eine Mischung aus ‚starrsinnigem Optimismus‘ und Improvisationskunst." Ähnlich ist die Parodie des Hollywood-Actionfilms "Extraction" zu bewerten, die die Brüder Ikorudu Boiz im Juni 2020 in Jos mit Haushaltsartikeln und Spielzeugen drehten und die auf Twitter bereits über elf Millionen Mal angesehen wurde. Einmal mehr beweisen die nigerianischen Filmemacher:innen, was der Dokumentarfilm "Dans les coulisses de Nollywood" 2019 auf den Punkt brachte: "Nollywood ist eine Gruppe von Leuten, die wirklich ihre Geschichte erzählen wollen. Nichts wird sie aufhalten."

Übersetzung aus dem Französischen: Anne-Sophie Friedel, Bonn.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Ikechukwu Obiaya, Behind the Scenes: The Working Conditions of Technical Workers in the Nigerian Film Industry, in: Andrew Dawson/Sean P. Holmes (Hrsg.), Working in the Global Film and Television Industries, London 2012, S. 109-120, hier S. 110.

  2. Vgl. Alessandro Jedlowski, Nigerian Migrants, Nollywood Videos and the Emergence of an Anti-Humanitarian Representing of Migration in Italian Cinema, in: Emma Bond/Guido Bonsaver/Federico Faloppa (Hrsg.), Destination Italy: Representing Migration in Contemporary Media and Narrative, Oxford 2015, S. 397–414.

  3. Vgl. Ezinne Ezepue, The New Nollywood: Professionalization or Gentrification of Cultural Industry, in: Sage Open 3/2020, Externer Link: https://doi.org/10.1177/2158244020940994. Siehe auch Enquête d’Afrique – Okey Ogunjiofor, l’un des premiers fondateurs de Nollywood, TV-Reportage, Canal+ Afrique 2019.

  4. Vgl. Ezepue (Anm. 3).

  5. Zit. nach Régis Kamdem, Nollywood: le cinéma nigérian à la conquête du monde, Dokumentarfilm, Canal+ 2018.

  6. Vgl. Michelle Sun, Nigerias gigantische Filmwelt, 13.10.2020, Externer Link: http://www.zu-daily.de/daily/zuruf/2020/10-13_sun-nigerias-gigantische-filmwelt.php. Zwischen 1992 und 2005 waren es mindestens 7000.

  7. Vgl. Anouk Batard, Nollywood, a Field Under Construction: Struggle for Legitimacy and Domination Through Distinction, Vortrag, Symposium "Reading & Producing Nollywood", University of Lagos, 23.–25.3.2011.

  8. Jonathan Haynes (Hrsg.), Nollywood. The Creation of Nigerian Film Genres, Chicago 2016, S. XXIII.

  9. Vgl. etwa Birgit Meyer, Sensational Movies – Video, Vision and Christianity in Ghana, Berkeley 2015.

  10. Zit. nach Emmanuel Ostian/Katia Pecnik/Stéphane Kenech, Nollywood, l’eldorado du cinéma au Nigeria, TV-Reportage, France 24 2016.

  11. Zit. nach Franco Sacchi, This Is Nollywood, Dokumentarfilm, 2007.

  12. Vgl. Françoise Ugochukwu, Nollywood on the Move, Nigeria on Display, Trier 2013, S. 181.

  13. Selbst das Informationsministerium erkennt ihre Rolle für die soziale Mobilisierung, die Information der Bevölkerung sowie deren Bewusstseinsbildung, moralische Erziehung und sogar, bei gegebenem Anlass, für Propaganda. Vgl. Emmanuel Igah (Hrsg.), Nigeria Handbook – All you Want to Know About Nigeria, Federal Ministry of Information, Abuja 2014, S. 154.

  14. Zit. nach Ostian/Pecnik/Kenech (Anm. 10).

  15. Haynes (Anm. 8), S. XXV, S. XXVII.

  16. Pierre Barrot, Nollywood: Le phénomène vidéo au Nigeria, Paris 2005, S. 6.

  17. Vgl. Kamdem (Anm. 5).

  18. Frank Ukadike Nwachukwu, Image of the "Reel" Thing: African Video-Films and the Emergence of a New Cultural Art, in: Social Identities 3/2000, S. 243–261, hier S. 243.

  19. Vgl. Etwa Olivier Barlet, Les cinémas d’Afrique noire. Le regard en question, Paris 1996; ders., African Cinemas: Decolonizing the Gaze, London 2001; ders., Not a Normal Nigerian Movie Industry Product!, Interview mit Faruk Afolabi Lasaki, 24.6.2008, Externer Link: http://africultures.com/not-a-normal-nigerian-movie-industry-product-7694; ders., Les cinémas d’Afrique des années 2000. Perspectives critiques, Paris 2012; Barrot (Anm. 16); Matthias Krings, Bollywood in Afrika. Mediale Transfers und populäre Videos in Nigeria, Vortrag, Afrika Colloquium, Institut für Historische Ethnologie, Frankfurt/M. 16.12.2004; ders./Onookome Okome (Hrsg.), Global Nollywood: The Transnational Dimensions of an African Video Film Industry, Bloomington 2013; Onookome Okome/Jonathan Haynes, Cinema & Social Change in West Africa, Jos 1995; Onookome Okome, Die Stadt in Angst. Lagosbilder im nigerianischen Videofilm am Beispiel von Kenneth Nnebues Rituals (1997), in: Tobias Wendl (Hrsg.), Africa Screams – Das Böse in Kino, Kunst und Kult, Wuppertal 2004, S. 211–218; Postcolonial Text 2/2007: Nollywood. West African Cinema.

  20. Vgl. Alexie Tcheuyap, African Cinema(s): Definitions, Identity and Theoretical Considerations, in: Critical Interventions. Journal of African Art History and Visual Culture 1/2011, S. 10–26, hier S. 14.

  21. Ebd., S. 23.

  22. Krings/Okome (Anm. 19), S. 18.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Françoise Ugochukwu für Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de

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ist habilitierte Afrikanistin und forscht an der Open University in Milton Keynes, Vereinigtes Königreich. E-Mail Link: francoise.ugochukwu@open.ac.uk