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Was bedeutet für dich Europa? | Themen | bpb.de

Was bedeutet für dich Europa?

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Frieden statt Krieg, eine einmalige und grenzenlose Idee, viel mehr als nur die EU: "Europa" kann für vieles stehen. Wir haben junge Engagierte aus dem bpb-Projekt Young European Professionals (YEPs) gefragt.

Europa bedeutet für mich... ...Frieden statt Krieg, Freiheit statt Unterdrückung, Demokratie statt Tyrannei, Gleichheit statt Ungerechtigkeit... Christian Gonder, 17 Jahre Interner Link: Zum Kurz-Interview ... eine einmalige und grenzenlose Idee, die in einem endlosen und verbindenden Projekt umgesetzt wird... Judith Papenfuß, 19 Jahre Interner Link: Zum Kurz-Interview ... viel mehr als "nur" die EU... Jan-Philipp Wagner, 20 Jahre Interner Link: Zum Kurz-Interview ... die Gewährleistung von Freiheit und Demokratie, Europa ist Heimat... Moritz Bartsch, 20 Jahre Interner Link: Zum Kurz-Interview

Was Europa genau für die vier bedeutet und was besonders schwer zu vermitteln ist - zu den kompletten Interviews geht´s hier entlang:

YEP - Europa gestalten!

Das Young European Professionals (kurz: YEP) Netzwerk versteht sich als Zusammenschluss junger Multiplikatoren/innen, die anderen jungen Menschen Europa, die EU und deren Politik näher bringen wollen. Das Netzwerk ist ein Peer-to-Peer Projekt der Bundeszentrale für politische Bildung, das 2005 in Zusammenarbeit mit der regionalen Vertretung der Europäischen Kommission in Bonn ins Leben gerufen wurde.

Die Altersspanne der Netzwerkmitglieder reicht von 16 bis 24 Jahren. Die gegenwärtig rund 50 aktiven Mitglieder des Netzwerks fungieren als Multiplikatoren/-innen für europapolitische Themen und Fragestellungen, die für die Lebenswelt junger Menschen von Bedeutung sind.

Das YEP-Netzwerk lebt von dem aktiven Engagement seiner Mitglieder. Bei regelmäßig stattfindenden Ausbildungsworkshops erweitern sie ihre Kenntnisse, reflektieren aktuelle Entwicklungen und pflegen den Austausch im Netzwerk.

Interner Link: Weitere Informationen gibt es hier.

Christian Gonder (17 Jahre), Schüler aus Alsfeld

Christian Gonder (© privat)

Was bedeutet Europa für dich?
Ein vereintes Europa – das bedeutet für mich Frieden statt Krieg, Freiheit statt Unterdrückung, Demokratie statt Tyrannei, Gleichheit statt Ungerechtigkeit und nicht zuletzt Selbstbehauptung in einer Welt, in der die vergleichsweise kleinen europäischen Nationalstaaten alleine auf weiter Flur chancenlos wären.

Was ist besonders schwierig an der EU zu vermitteln und warum? Wie könnte man das verbessern?
Der Prozess der europäischen Integration ist einzigartig. Denn bei der EU handelt es sich um eine Organisation sui generis, die momentan beides ist: Staatenbund und Bundesstaat. Dementsprechend besteht ihre institutionelle Architektur aus einem komplexen Gefüge supranationaler und intergouvernementaler Organe. Außerdem geht es um einen beispiellosen Machttransfer, der nur nachzuvollziehen ist, wenn man die konzeptionellen und historischen Grundlagen der Integration kennt.

Welche Rolle spielen dabei das EP-Parlament und die anstehenden Europawahlen?
Noch ist es etwas Zeit, bis die Bürger Europas wieder an die Wahlurnen gerufen werden. Aber nie zuvor war die Europawahl von solch einer Bedeutung. Denn das Klischee des machtlosen Parlaments stimmt mit der Realität kaum mehr überein. Als einziges demokratisch legitimiertes Organ der EU nimmt das EP-Parlament eine herausragende Rolle ein – und muss so vor allem in der Öffentlichkeit mehr Zuspruch erfahren.

Was sagen die Teilnehmer eurer Seminare über Europa?
So reizvoll die europäische Idee sein mag, zu viele Bürger lässt die Europäische Union in einem Gefühl der Machtlosigkeit zurück. Nicht wenige Jugendliche fühlen sich weder in Europa beheimatet noch von den Brüsseler Institutionen repräsentiert. Die Distanz und das Misstrauen gegenüber dem bürokratisch organisierten "Brüssel-Europa" wachsen. Vielerorts ist sogar von einem "Monster Europa" die Rede.

Wie siehst du die Zukunft Europas?
Wir stehen vor Weichenstellungen, die womöglich entscheiden, ob die Geschichte der Integration auch nach den nächsten 60 Jahren als erfolgreich bewertet werden kann. In Zeiten zunehmender Ungleichheit gilt es, einen Interessensausgleich zu organisieren, der den inneren Frieden sichert. Auf institutioneller Ebene müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, die es uns ermöglichen, politische Verantwortung klar zu lokalisieren und zwischen politischen Alternativen zu wählen. Um dies möglich zu machen, brauchen wir einen Konsens. Es ist die womöglich wichtigste Aufgabe für uns YEP‘s, eine überparteiliche europäische Plattform zu schaffen!

Judith Papenfuß (19 Jahre), Abiturientin aus Bonn

Judith Papenfuß (© privat)

Was bedeutet Europa für dich?
Europa ist für mich eine einmalige und grenzenlose Idee, die in einem endlosen und verbindenden Projekt umgesetzt wird, das immer so weit gebaut wird, wie die menschliche Vorstellungskraft reicht.

Bei euren Seminaren: Was sagen die Teilnehmer über Europa? Was äußern sie an Kritik bzw. an Vorurteilen?
Es gibt zwei Formen der aufkommenden Kritik: Zum einen die sehr oberflächliche Kritik, die häufig mit Unwissenheit oder Politikverdrossenheit im Allgemeinen zu tun hat. Sie wird in Form folgender Kritikpunkte geäußert: Die EU ist viel zu fern von den Menschen; ich habe keinen Einfluss auf Europa; Europa schränkt meine Freiheiten ein, ohne, dass ich etwas dagegen tun kann. Die zweite Form der Kritik ist jene von „Europa-Experten“, die sich auf sehr konkrete Projekte oder Aspekte bezieht. Beispiele hierfür sind die Euro-Politik, die nicht ausreichend verfasste Legitimation der EU in die Souveränität der Staaten einzugreifen (fehlende Verfassung) oder Ähnliches.

Was ist besonders schwierig an der EU zu vermitteln und warum? Wie könnte man das verbessern?
Was besonders schwer zu vermitteln ist, kommt auf die Zielgruppe an. Grundsätzlich ist es aber immer schwer, die abstrakten Aspekte Europas zu vermitteln, also alles, was nicht unmittelbar von den Bürgern gespürt wird, bzw. nur teilweise wahrgenommen wird, zum Beispiel die Euro-Politik, die Institutionen oder Gesetzgebungsverfahren. Alles, was man sich nicht vorstellen kann, weil man keinen Bezug dazu hat, ist auch immer schwierig zu erklären und anschaulich zu machen. Hinzu kommt, dass es gerade bei den abstrakten Themen aus Unwissenheit viele Missverständnisse oder Vorurteile gibt. Hierbei wäre es wichtig, die Themen in den Medien (hierbei vor allem in den Hauptnachrichten und den Medien, die am meisten genutzt werden) anschaulicher und vor allem vielseitiger zu beleuchten, um Vorurteile abzubauen, Aggressionen zu mindern und Verständnis zu schaffen. Wissen bedeutet Macht. Verständnis bedeutet Frieden!

Welche Rolle spielen dabei die Europawahl bzw. das Europaparlament?
Die Institutionen, deren Arbeit und deren Wahl, so auch die Europawahl 2014, sind leider für die meisten Jugendlichen immer noch ein recht abstraktes Thema, obwohl sie so greifbar sind. Das Bewusstsein dafür, dass die Europawahl nicht weniger wichtig ist für meine persönliche Zukunft und meinen persönlichen Alltag als die Bundestagswahl oder die Entscheidung, welche Ausbildung ich anstrebe, muss deutlicher geschaffen werden. Hierfür müssen die Kanäle, die von Jugendlichen Aufmerksamkeit erfahren, viel massiver genutzt werden! Facebook, Istagram und Co. müssen europäisch sprechen!

Wie siehst du die Zukunft Europas?
Die Zukunft von Europa hängt ganz alleine an uns und unserer Vorstellungskraft. Alles ist möglich, in jede Richtung. Ich persönlich wünsche mir, dass Europa alle Zeit friedlich bleiben wird. Dass ich, meine Kinder, Enkel und alle folgenden Generationen in einem stabilen und unerschütterlichen Frieden leben können!

Jan-Philipp Wagner (20 Jahre), Student in Dundee/Schottland

Jan-Philipp Wagner (© privat)

Was bedeutet für dich Europa?
Europa ist viel mehr als "nur" die EU! Es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen, denn sonst benachteiligen wir diejenigen europäischen Staaten, die keine EU-Mitglieder sind, und diejenigen Menschen, die keine EU-Bürger sind. Das Spannungsfeld zwischen der EU und dem restlichen Europa birgt sowohl Chancen als auch Gefahren und es ist wichtig, dass wir über den Tellerrand der EU schauen.

Bei euren Seminaren: Was sagen die Teilnehmer über Europa?
Die meisten Teilnehmer haben keine vorgefestigten Vorurteile oder Kritik mit Bezug auf die EU. Sie sind offen und möchten etwas erfahren, um sich selbst eine Meinung bilden zu können. Aber natürlich gibt es auch kritische Äußerungen. Diese richten sich häufig an die Finanzierung der EU, an die Repräsentation der Bürger innerhalb der EU und an die Wirtschaftspolitik der EU in der Krise. Kritische Einstellungen der Teilnehmer führen normalerweise zu sachlichen und lösungsorientierten Diskussionen, in denen die verschiedenen Sichtweisen auf eine Thematik aufgezeigt werden, damit die Teilnehmer ihren Horizont erweitern und sich eine Meinung bilden können.

Was ist besonders schwierig an der EU zu vermitteln und warum? Wie könnte man das verbessern?
Es ist immer schwierig zu erklären, wie die EU im Detail funktioniert. Was gibt es für Institutionen? Wie werden Entscheidungen getroffen? Wer hat wieviel Macht und warum, und wie kann diese Entscheidungsmacht genutzt werden? Was können wir als Bürger der EU machen, um die politischen Entscheidungsprozesse zu unseren Gunsten zu beeinflussen? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht immer leicht zu finden und auch nicht leicht zu vermitteln. Wenn wir uns aber darauf konzentrieren, den Menschen zu zeigen, wie groß die Rolle der EU in ihrem alltäglichen Leben ist, erleichtert das den Vermittlungsprozess.

Welche Rolle spielt dabei die Europawahl bzw. das Europäische Parlament?
Die Europawahlen sind immer sehr wichtig. Denn durch sie können die Bürger der EU aktiv die politische Entwicklung und Zukunft der EU beeinflussen. Die Wahl 2014 ist die erste nach der Wirtschafts- und Schuldenkrise, die die verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU unterschiedlich stark getroffen hat. Es wird interessant sein, zu sehen, wie die EU-Bürger auf die wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten, die die Krise mit sich gebracht hat, reagieren.

Wie siehst du die Zukunft Europas?
Die Wahl zum Europäischen Parlament im Mai 2014 wird richtungsweisend sein. Ich vermute, dass die europaskeptischen Parteien im neuen Parlament stärker vertreten sein werden, was natürlich die Prozesse der europäischen Integration verlangsamen und verschleppen wird. Insgesamt ist es, glaube ich, wichtig, dass wir überdenken, wieviel EU wir wollen, wieviel EU richtig ist und was an der EU für uns wichtig ist. Europäische Integration und die Verteilung der Kompetenzen innerhalb des politischen Systems der EU sollte überdacht werden um die EU besser auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten. Besonders im Bereich der Migrationspolitik muss sich die EU zeitnah weiterentwickeln und einen gemeinsamen Lösungsweg erarbeiten.

Moritz Bartsch (20 Jahre), leistet Europäischen Freiwilligendienst in Crowthorne/Großbritannien

Moritz Bartsch (© privat)

Was beutetet Europa für mich?
Europa ist für mich die Gewährleistung von Freiheit und Demokratie, Europa ist Heimat; Europa ist dort, wo ich mich respektiert und ernst genommen fühle. Hier kann ich so sein, wie ich bin. Diese Ideen von Menschen- und Bürgerrechten, Partizipation, Rechtsstaatlichkeit und Solidarität finden in Europa unsere Umsetzung. Wir sind Europa - in Vielfalt geeint! Europa ist mehr als ein Kontinent, mehr als Krisengipfel. Europa ist die Zukunft als Antwort auf die Vergangenheit - die Jugend Europas ist aufgefordert, diese aktiv zu gestalten.

Welche Rolle spielt die Europawahl?
Wenn 2014 ein neues Parlament gewählt wird, warten auf seine neue Mitglieder die größten Herausforderungen in der neueren Geschichte Europas. Die Fliehkräfte in Europa sind kritisch, Europa muss sich entscheiden. Nur ein starkes Parlament kann das Einläuten der Phase der Postdemokratie verhindern. Nur ein starkes Parlament kann ein demokratisches Europa sicherstellen. Die Liste der zu lösenden Fragen ist lang: Wie können wir die Wirtschaftskrise überwinden? Wie können wir die Jugendarbeitslosigkeit abbauen? Wie können wir die Staatsverschuldung zurückfahren? Wie können wir mit den Herausforderungen des demographischen Wandels umgehen? Wie können wir die richtigen Antworten auf den Klimawandel, den Terrorismus und endlichen Rohstoffe finden? Von der Stärke des Parlamentes hängt auch ab, wie wir die Zukunft Europas gestalten. Nur eine hohe Wahlbeteiligung bei der Wahl zum Europaparlament kann seinen gewählten Repräsentanten die notwendige Autorität an die Hand reichen, Mut zur Gestaltung zu haben.

Wie sehe ich die Zukunft Europas?
Die Zukunft dieser Idee von der Unversehrtheit der Würde einer Person, ein Europa der Menschen- und Bürgerrechte, kann eigentlich nur in eine Richtung führen - in eine gemeinsame Richtung zu mehr gemeinsamer Verantwortung, mehr supranationaler Zusammenarbeit. Die Fragen der Zukunft sind globale Fragen, sie müssen auch global beantwortet werden. Ein Rückbesinnen auf ausschließlich nationale Interessen würde zu einer Stagnation, zu einer Rezession des Intellekts führen. Die Staaten Europas sind unsere Freunde und auf Freunde schießt man nicht - diese simple Wahrheit droht in Vergessenheit zu geraten. Freunden hilft man! Man hilft auch und gerade dann, wenn es mal nicht so rund läuft. Solidarität und Brüderlichkeit sind Tugenden! Gute Freunde erkennt man daran, ob sie einem auch noch die Hand reichen, gleichwohl ein Malheur passiert ist. Diese Krise hilft uns, über Europa zu diskutieren, verschiedene Ansichten zu überprüfen und zu bewerten. Vielleicht müssen wir auch in einigen Jahren bestimmte Argumente und Standpunkte neu überdenken. Die Zukunft ist kein abgeschlossener Zustand, sondern vielmehr ein Prozess des Gestaltens. Ich sehe nur eine gemeinsame Zukunft für diese alte Idee - ohne Kooperation haben wir keine Chance. Es geht immer um Macht und Herrschaft - nur gemeinsam als ein vereintes und geeintes Europa können wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft nach unserer Meinung gefragt werden.

Fussnoten