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Arbeit und Arbeitsmarkt - Angleichung bei sich verfestigenden Strukturdifferenzen

Ina Krause

/ 7 Minuten zu lesen

Die langjährige Abschöpfung der Arbeitskraftpotentiale hat in vielen Regionen in Ostdeutschland zu einer dauerhaften Abwertung des Wirtschaftsstandortes geführt. Mit der Energiewende, der Digitalisierung und der wirtschaftspolitischen Bearbeitung der Corona-Krise kommen weitere Anforderungen auf die ostdeutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu.

Arbeiter auf einer Baustelle in Potsdam (© picture-alliance, Soeren Stache/dpa-Zentralbild/ZB)

30 Jahre nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung laufen die langjährigen transformationsbedingten Umbauprozesse auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt langsam aus. Die Arbeitslosigkeit hat einen historischen Tiefstand von rund 6,4 Prozent (Stand August 2019) erreicht und ist damit auf unter einem Drittel des Wertes von 20,4 Prozent im Rekordjahr 2005 sowie auf weniger als die Hälfte des Wertes von 14 bis 15 Prozent in den Nachwendejahren 1991 bis 1995 geschrumpft. Sie gleicht sich damit weiter dem gesamtdeutschen Niveau von 5,1 Prozent (Stand August 2019; IAB) an. Allerdings sind dies Durchschnittswerte und für knapp die Hälfte aller Kreisgebiete in Ostdeutschland wird immer noch eine Interner Link: überdurchschnittliche Arbeitslosenquote von 7,2 bis 13,8 Prozent berichtet (Blien et. al. 2019; S. 8). Gleichzeitig gilt es zu berücksichtigen, dass die positive Entwicklung der Arbeitslosigkeit aber auch mit demographischen Verwerfungen in den ostdeutschen Ländern einhergehen, wodurch Fach- und Nachwuchskräfteknappheiten entstehen, die sich auf die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen nicht günstig auswirken.

So entwickelt sich die positive Arbeitsmarktentwicklung an vielen Orten in Ostdeutschland aus Sicht der ansässigen Betriebe auch als ein Problemherd. Im Jahr 2017 berichten über 40 Prozent der Betriebe, dass sie nicht mehr alle für Fachkräfte ausgeschriebenen Stellen besetzen können. Dabei fehlten in Ostdeutschland im ersten Halbjahr 2018 590.000 Fachkräfte (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2019; S. 52). Aufgrund der schwachen Nachwuchskohorten wird dieses Problem auf absehbare Zeit erhalten bleiben.

Allerdings erweist sich der nüchterne Blick auf die Arbeitslosenstatistik als nicht hinreichend, um den ost-westdeutschen Annäherungsprozess am Arbeitsmarkt seit der Wiedervereinigung beschreiben zu können. Denn dieser könnte über die anhaltenden Strukturunterschiede hinwegtäuschen, die nach wie vor bestehen. Beobachten lassen sich deutliche Differenzen:

  • im Mobilitätsverhalten der Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt (siehe Erlinghagen 2017),

  • in den Beschäftigungschancen und -bedingungen der Arbeitskräfte in Ost- und Westdeutschland – besonders sichtbar sind die anhaltenden Einkommens- und Lohnniveauunterschiede zwischen den Regionen (siehe Kalina/Weinkopf 2018)

  • und in der Struktur der Betriebslandschaften hinsichtlich des Branchenzusammensetzung, der Wirtschaftskraft und der Größe der in den Regionen angesiedelten Arbeitgeber (siehe IWH 2019; Item Produktivitätsunterschiede Wyrwich auf dieser Plattform).

Alle genannten Strukturunterschiede stehen in einem engen Zusammenhang miteinander und lassen sich auch als langfristige Folgen des intensiven Umbauprozesses der ostdeutschen Wirtschaftsstruktur und Betriebslandschaft beschreiben. Der Transformationsprozess des ostdeutschen Arbeitsmarktes seit dem Jahr 1990 soll dafür in drei Phasen dargestellt werden.

Die Phase des eruptiven Umbruchs und dynamischen Wandels des ostdeutschen Arbeitsmarktes 1990 bis 1998

Von besonderer Bedeutung für den gesamten Verlauf des Transformationsprozesses des ostdeutschen Arbeitsmarkts war die erste Phase des eruptiven Umbruchs im Zeitraum der Jahre 1990 bis 1994 sowie des fortgesetzten dynamischen Wandels ostdeutscher Arbeitsmarktstrukturen im Zeitraum 1995 bis 1998.

Der mit der Währungsunion von DDR und BRD am 1.7.1990 eingeleitete und im Zuge der deutsch-deutschen Wiedervereinigung ab 3. Oktober 1990 intensivierte Umbau der Wirtschaftsstruktur und Betriebslandschaft der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit dem Ziel der Integration dieser in das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland (BRD) umfasste im Rückblick betrachtet drei parallel verlaufende tiefgreifende Restrukturierungsprozesse.

Im Zeitraum der Jahre 1990 bis 1994 wurden in Ostdeutschland innerhalb kürzester Zeit gleichzeitig

  1. die Eigentumsverhältnisse vollständig neu reguliert,

  2. die etablierten und durch die politischen Korridore des Kalten Krieges vorgezeichneten wirtschaftlichen Kooperations- und Handelsbeziehungen nachhaltig verändert sowie

  3. die grundlegende Art des betriebswirtschaftlichen Denkens und der betrieblichen Innovationspolitik in Frage gestellt, wobei die ideologisch geprägte Rahmung betrieblicher Personalbesetzungs- und Entlohnungsstrategien vollständig umgestellt wurde.

Dabei folgten die strukturellen Umbauprozesse dem zeitgenössischen wirtschaftspolitischen Leitbild des Neoliberalismus, welches sich auch in größeren Privatisierungsvorhaben staatlicher Industriebeteiligungen der Bundesrepublik Deutschland in den 1980 bis 1990er Jahren wie etwa der Interner Link: Privatisierung von VW, Lufthansa oder deutscher Staatsbetriebe wie der Post und der Telekom widerspiegelten.

Im Zuge des beschriebenen radikalen dreifachen Umbauprozesses der DDR-Wirtschaftsstruktur wurden somit umfangreiche Privatisierungsprozesse der DDR Wirtschaft durch die vom Bundesgesetzgeber betraute Behörde der Treuhandanstalt durchgeführt. Dabei bewirken Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen in privatisierten Betrieben, die Eingliederung von ehemaligen DDR-Betrieben und Wirtschaftsstruktureinheiten als abhängige Niederlassungen in westdeutsche Konzernstrukturen und Betriebsstillegungen den eruptiven strukturellen Wandel der ostdeutschen Betriebslandschaft im Zeitraum 1990 bis 1994 und zeigten auch im Zeitraum der Jahre 1995 bis 1998 weiterhin ihre Folgen in Form des rasanten Anstiegs der Arbeitslosenzahlen in den neuen Bundesländern sowie der stetigen Abwanderung vieler Ostdeutscher aus ihren Heimatregionen (IWH 2019).

Grafik 1: Beschäftigungsdynamik in Ostdeutschland gesamt (Interner Link: Grafik zum Download). Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Analysen des Instituts für Arbeit und Berufsforschung aus dem Jahr 2018 spiegeln diese intensiven Umbauprozesse und deren langfristigen Folgen deutlich wider. Sie zeigen, dass Anfang der 1990er Jahre die Stellenumschlagsraten über 40 Prozent (siehe Grafik 1, 2) betrug. Das bedeutet, dass beispielsweise im Jahr 1993 42 Prozent aller bestehenden Stellen wegfielen oder neu entstanden. Dabei wurden in Ostdeutschland 12 Prozent mehr Stellen auf- und 14 Prozent mehr abgebaut als in Westdeutschland (siehe Grafik 2). Im Jahr 1998 betrug die Umschlagsrate immerhin noch 29 Prozent, wobei noch 4 Prozent mehr Stellen in Ostdeutschland auf und 6% mehr abgebaut wurden als in Westdeutschland.

Grafik 2: Differenz der Raten von Stellenabbau und Stellenaufbau in Betrieben (Ost-West-Differenz) (Interner Link: Grafik zum Download). Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Phase der Stagnation und Verfestigung von Strukturunterschieden 1998 bis 2008

Zum Ende der 1990er Jahre stagniert der oben beschriebene dynamische Umbauprozess der ostdeutschen Wirtschaft. Gerade der Prozess des weiteren Stellenaufbaus kommt ab dem Jahr 1999 in Ostdeutschland vorerst zum Stillstand und die Dynamik wandelt sich in einen überwiegenden Abbau von Stellen (siehe Grafik 2). Auch die Arbeitslosenquote stagniert in den ostdeutschen Bundesländern im Zeitraum der Jahre 1999 bis 2006 auf hohem Niveau bei rund 20% (siehe Item Interner Link: Arbeitslosigkeit auf dieser Plattform).

Gleichzeitig haben sich in den Betrieben und wirtschaftlichen Struktureinheiten marktliberale Grundsätze der Unternehmens- und Personalführung fest etabliert. Diese lassen sich auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit und dem damit verbundenen Anpassungsdruck auf die Arbeitskräfte auch gegen gewerkschaftliche Aktivitäten dauerhaft durchsetzen und verfestigen sich in Form von strukturellen Unterschieden in den Personalbesetzungsstrategien von ost- und westdeutschen Arbeitgebern.

Sichtbar werden diese strukturellen Unterschiede beispielsweise in Form einer im Vergleich mit Westdeutschland seit Anfang der 1990er Jahre durchgängig wesentlich höheren Rate unfreiwilliger Arbeitsmarktmobilität (siehe Grafik 3). Diese Rate schwankt zwar mit der konjunkturellen Entwicklung, liegt aber immer weit über dem westdeutschen Wert. Im Zeitraum der Jahre 1999 bis 2004 steigt die unfreiwillige Arbeitsmarktmobilität in Ostdeutschland nochmals auf Rekordwerte. Rund 10 Prozent aller bestehenden Beschäftigungsverhältnisse werden in diesen Zeitraum jährlich aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung beendet. (vgl. Grafik 4)

Grafik 3: Mobilitätsgründe in Ost- und Westdeutschland; Anteil der Kündigungen und Entlassungen an allen im jeweiligen Jahr beendeten Beschäftigungsverhältnissen (gleitende 2 Jahresdurchschnitte) (Interner Link: Grafik zum Download). Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Aber auch die in Ostdeutschland bereits seit Anfang der 1990er Jahre forcierte Ausweitung atypischer und niedrig entlohnter Beschäftigung weist auf die besondere Situation auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt hin. Beobachten lässt sich dies einerseits in Form der Quote befristeter Beschäftigung, die im Zeitraum 1998 bis 2008 in Ostdeutschland bereits zwischen einem Anteil von 7 bis 8 Prozentpunkten schwankt. Der Wert für Westdeutschland liegt 1998 bei knapp 4 Prozent, gleicht sich aber bis zum Jahr 2008 zunehmend an. (vgl. Müller et. al., Grafik 4) Andererseits zeigen Berechnungen des Institut für Arbeit und Qualifikation, dass der Anteil von Beschäftigten im Niedriglohnbereich in Ostdeutschland bereits seit Mitte der 1990er Jahr bei durchgängig über 35 Prozent aller Beschäftigten liegt, während der Vergleichswert für Westdeutschland im Zeitraum der Jahre 1995 bis 2010 stetig steigt, dann aber bis ins Jahr 2016 hinein auf einem Niveau von rund 20 Prozent stagniert.

Grafik 4: Entlassungs- und Kündigungsraten bezogen auf die Zahl der Beschäftigten zum Zeitpunkt der Befragung (Interner Link: Grafik zum Download). Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Den Arbeitnehmern in Ostdeutschland wird somit im Zuge des Komplettumbau des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems und unter dem Druck der angespannten Arbeitsmarktsituation eine kollektive und individuelle Anpassungsleistung an die Erfordernisse des Marktes abgefordert, die über das Maß des Flexibilisierungsgrades des westdeutschen Arbeitsmarktes dieser Zeit weit hinaus geht. Gleichzeitig wirken die Entwicklungen in Ostdeutschland auch auf die Regulierungspolitik des gesamtdeutschen Arbeitsmarktes zurück. Mit Umsetzung der Hartz IV Reformen in den Jahren 2004 bis 2008 wird die Deregulierung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes für Gesamtdeutschland mit dem Ziel des Abbaus der hohen Arbeitslosenzahlen, die auf dem Arbeitsmarkt der frühen 2000er Jahre vorherrschen, intensiv vorangetrieben. Die mit den Reformen vorangetriebene Eindämmung des zweiten Arbeitsmarktes sowie die Kürzung staatlich subventionierten beschäftigungsfördernden und weiterbildenden Maßnahmen verstärkt aber auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt nochmal den Anpassungsdruck auf die Arbeitskräfte und Betriebe und ist in der Folge somit eng mit der weiteren Verfestigung der aufgezeigten Strukturunterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland verbunden.

Grafik 5: Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland (nur Hauptbeschäftigung keine Schüler, Studenten und Rentner) (Interner Link: Grafik zum Download). Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Phase der Annäherung der Arbeitsmarktdynamiken bei verfestigten Strukturunterschieden ab 2008

Im Nachgang der vollständigen Umsetzung des Hartz IV Reformpaketes nähern sich die Arbeitsmarktdynamiken Ost- und Westdeutschland immer weiter an. Deutlich wird dies einerseits an der abnehmenden Differenz in den Stellenumschlagsraten zwischen Ost- und Westdeutschland (siehe Grafik 1) sowie auch an den in beiden Landesteilen deutlichen sinkenden Arbeitslosenzahlen. Gleichzeitig sind inzwischen eine zunehmende Ausweitung atypischer Beschäftigungsformen in Ost- und Westdeutschland zu beobachten und eine Annäherung des Niveaus der beiden Regionen.

Dennoch wirken die im Zuge der beschleunigten Transformation der ostdeutschen Wirtschaftsstruktur und Betriebslandschaft eingeleiteten Liberalisierungs- und Flexibilisierungsprozesse auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt weiterhin deutlich nach. Sie bewirken die Verstetigung von strukturellen Unterschieden. Dies zeigt sich besonders prägnant am weithin breiten Niedriglohnsektor, dem über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg seit Mitte der 1990er Jahre über ein Drittel aller Arbeitskräfte in Ostdeutschland zugerechnet werden müssen. (Grafik 5)

Die hohen Anpassungsleistungen ostdeutscher Arbeitnehmer an die Erfordernisse des Transformationsprozesses führten dazu, dass lange Zeit fachlich gut qualifizierte Arbeitskräfte ihrer Arbeitsleistungen unter dem Druck der Massenarbeitslosigkeit weit unter westdeutschen Tarifen anboten. Ostdeutschland wurde somit von westdeutschen, ausländischen und einheimischen Investoren vor allem als preisgünstiger Standort für arbeitsintensive Produktions- und Dienstleistungsprozesse wahr- und angenommen, was sich bis heute in seiner Wirtschaftsstruktur widerspiegelt. Es mangelt Ostdeutschland an strukturprägenden Großbetrieben mit strategischen Unternehmensfunktionen und Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. (vgl. Item Interner Link: Anpassungsprobleme in der Unternehmenslandschaft) Wachstumsimpulse geben im Osten somit vor allem starke und dynamisch wachsende mittelständische Unternehmen sowie Universitäten und Forschungseinrichtungen als Treiber von Innovationen, diese Impulse genügen aber noch nicht um das Lohngefälle zwischen Ost-und Westdeutschland auszugleichen.

Die langjährige Abschöpfung der Arbeitskraftpotentiale – nun gefährdet durch den demografischen Umschlag sowie die fehlenden Investitionen in das Humankapital der Beschäftigten und die technische Ausstattung der Betriebsstätten – hat in vielen Regionen in Ostdeutschland zu einer dauerhaften Abwertung des Wirtschaftsstandortes geführt. Mit der Energiewende (Braunkohle in der Lausitz, Automobilindustrie), der Digitalisierung und der wirtschaftspolitischen Bearbeitung der Corona-Krise kommen weitere Anforderungen auf die ostdeutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu. Von der Bewältigung dieser Probleme und Aufgaben hängt die weitere Entwicklung der Lebensbedingungen und -Chancen in Ostdeutschland ab.

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Dr. Ina Krause ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Makrosoziologie der TU Dresden. Zu ihren Schwerpunkten gehören Organisationsforschung, Arbeitsmarktforschung, Soziale Ungleichheit und Methodenforschung (Betriebs- und Organisationsdaten).