Lagerkomplex des KZ Ravensbrück
Zum Lager Ravensbrück zählte eines der größten Frauen-KZ des NS-Regimes. Ebenso befand sich dort ein Männerlager sowie in unmittelbarer Nähe ein Jugend-KZ. Zehntausende Frauen, Männer und Kinder starben in Ravensbrück. Bernhard Strebel beschreibt die Häftlingsgruppen, die tägliche Zwangsarbeit sowie den Ausbau und die Organisation des Lagers. Das KZ-Ravensbrück entwickelte sich immer stärker zum Vernichtungslager.Einleitung
Das Konzentrationslager Ravensbrück war das zentrale und neben dem in Auschwitz-Birkenau größte Frauenlager des nationalsozialistischen KZ-Systems. Im Laufe seiner sechsjährigen Existenz entwickelte sich Ravensbrück von Mai 1939 bis Ende April 1945 zu einem regelrechten Lagerkomplex.Neben dem großen Frauenlager umfasste das KZ Ende 1944/Anfang 1945 einen "Industriehof" mit Betrieben der SS-eigenen "Gesellschaft für Textil- und Lederverwertung mbH" (Texled), ein kleines Männerlager, das "Jugendschutzlager" Uckermark, eine Filiale des Elektrokonzerns Siemens & Halske und ab Dezember 1944 das dazugehörige "Siemenslager" sowie 13 größere Außenlager für weibliche und männliche Häftlinge im nordöstlichen Raum des Reichsgebietes.
Organisation und Bewachung
Als erster Lagerkommandant fungierte SS-Hauptsturmführer Max Koegel, dessen KZ-Karriere 1933 in Dachau begonnen hatte. Nach seiner Versetzung in das KZ Lublin/Majdanek im August 1942 wurde SS-Hauptsturmführer Fritz Suhren als Lagerkommandant bis Ende April 1945 eingesetzt.Im Unterschied zu den Männerlagern erfolgte die innere Bewachung in den Frauenlagern ausschließlich durch die sogenannten SS-Aufseherinnen. Im Januar 1945 waren rund 540 SS-Aufseherinnen im Stamm- sowie den Außenlagern tätig. Darüber hinaus diente Ravensbrück ab Frühjahr 1942 als zentrales Ausbildungslager innerhalb des KZ-Systems. Von den insgesamt mindestens 2.600 SS-Aufseherinnen, die dort ihre Ausbildung absolvierten, hatten sich etwa zehn Prozent freiwillig beworben. Bei über drei Vierteln aller Aufseherinnen jedoch handelte es sich um Fabrikarbeiterinnen im durchschnittlichen Alter von 26 Jahren, die erst 1944 im Zusammenhang mit dem Einsatz weiblicher KZ-Häftlinge in der Rüstungsindustrie zumeist "dienstverpflichtet" worden waren. Abgesehen davon, dass man ihnen eintrichterte, die Häftlinge seien "minderwertige und verkommene Frauen" und "Volksfeinde", stellte die Ausbildung zur Aufseherin in Ravensbrück in erster Linie ein "learning by doing" dar. Eingebunden in ein System strenger militärischer Disziplin, sollte das Verhalten gegenüber den Häftlingen von anderen Aufseherinnen abgeschaut und nachgeahmt werden. Die Mehrzahl der Aufseherinnen fügte sich – nach anfänglichen Momenten des Erschreckens – auf erstaunliche und zugleich bedrückende Weise in die von ihnen verlangten Tätigkeiten und leistete ihren individuellen Beitrag dazu, den Terror in Ravensbrück und seinen Außenlagern aufrecht zu erhalten.