Gesundheit im Dienste der Produktion?
Das betriebliche Gesundheitswesen und der Arbeitsschutz im Uranbergbau der DDR
Beim Aufbau des Gesundheitssystems der Wismut AG hatten die Funktionsträger des Uranbetriebs nicht nur das Wohl ihrer Beschäftigten im Blick. Bemühungen um Unfall- und Krankheitsreduzierung oder die Einrichtung von Schonarbeitsplätzen standen gleichzeitig im Dienste des sozialistischen Wettbewerbs. Doch Leistungsdruck und Arbeitssicherheit ließen sich nicht immer vereinbaren.Einleitung

Die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft Wismut war einer der größten Betriebe in der DDR und einer der außergewöhnlichsten. Über 40 Jahre lang, von 1947 bis 1990, produzierte und lieferte er Uranerz für die sowjetische Atomindustrie, beschäftigte in dieser Zeit ca. eine halbe Million Menschen und gehörte zu den Sonderversorgungsbereichen in der Volkswirtschaft der DDR. Die Kumpel erhielten nicht nur die höchsten Löhne in der Industriearbeiterschaft der Republik, sie kauften auch in ihren eigenen Läden und Kaufhäusern, besuchten betriebseigene Kulturhäuser, Gaststätten und Ferienheime – und nahmen ein betriebliches Gesundheitswesen in Anspruch, das mit seinen zahlreichen Sanatorien, Kliniken und Kurheimen eine engmaschige medizinische Versorgung bot.
Da der Bergmannsberuf eine höhere Gefahr für Leib und Leben mit sich bringt als andere Professionen, erscheint ein gut ausgestattetes Gesundheitssystem nur folgerichtig. Doch in der gesamten auf "Betriebszentriertheit" ausgerichteten Ideologie der SED-Führung ging es auch um eine Medizin im Sinne der Erhaltung der Produktivkraft und somit einer Indienststellung des Gesundheitswesens in die Produktion. Besonders sinnfällig aber wird dies in einem Unternehmen, das stärker als andere Betriebe auf Leistung und Erfolg ausgerichtet war – lieferte es doch "Erz für den Frieden" und die sowjetischen "Freunde".[1]