UNESCO und die kulturelle Bildung
Auf UNESCO-Ebene ist die kulturelle Bildung im Aufwind: Nicht zuletzt die Einrichtung von UNESCO-Lehrstühlen und die Veranstaltung zweier Weltkonferenzen innerhalb von vier Jahren zeigen, dass das Thema eine immer wichtigere Rolle spielt.
Warum UNESCO die kulturelle Bildung entdeckt hat
Die verheerenden Erfahrungen von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg führten nicht nur zur Gründung der Vereinten Nationen/UN. Schnell entstand auch der Wunsch nach einer Organisation, die - unter dem Dach der UN - die Durchsetzung der Menschenrechte, die Förderung einer "Kultur des Friedens und der Demokratie" und des Rechts auf Bildung vorantreiben sollte. Die UNESCO, 1945/1946 gegründet, nahm sich dies vor allem in drei Bereichen vor: Bildung, Wissenschaft und Kultur (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization).Bekannt wurde die UNESCO zunächst vor allem durch die Maßnahmen zum Schutz von Kulturgut, erst durch die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten (1954), später durch die Welterbe-Konvention ("Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt", 1972). Doch Schutz von Bedrohtem, Bewahrung von Erhaltenswertem muss immer auch in eine nach vorne, in die Zukunft schauende, sowie eine bildungsorientierte Strategie eingebunden sein. Wie eng der Zusammenhang zwischen Bewahrung objektiven Kulturguts und der Bildung subjektiver Haltungen in der Bevölkerung ist, zeigte sich 2008/2009 in Dresden: Die Mehrheit der Bevölkerung hat sich in einem demokratischen Verfahren für den Bau einer Brücke über die Elbe entschieden und damit nicht nur die Störung der als Welterbe geschützten Kulturlandschaft Dresdner Elbtal in Kauf genommen, sondern zugleich auch die mit der Entscheidung verbundene Aberkennung des Titels "Welterbe". Verkehrsvorteile wogen offensichtlich schwerer als Kultur- und Anerkennungsverlust. War das ein Versagen kultureller Bildung?
Wenn geschützte Kultur darüber hinaus nicht nur bewahrt, sondern auch noch gefördert und weiterentwickelt werden soll, sind entsprechende Bildungsprozesse unabdingbar. So kommt an dieser entscheidenden Stelle, auch unter dem Gesichtspunkt der UNESCO-Ziele, die kulturelle Bildung ins Spiel, die die Scharnierstelle zwischen Kunst/Kultur auf der einen und Bildung/Erziehung auf der anderen Seite darstellt (Analoges gilt auch für die Politische Bildung oder für eine Bildung im Hinblick auf Nachhaltigkeit). Doch für die "ressortübergreifende" kulturelle Bildung wurde selbst bei der UNESCO bislang noch kein systematisch sinnvoller Ort gefunden - wie auch bei fast allen nationalen Regierungen weltweit: Einmal gehört sie zur Kulturabteilung, einmal zur Bildung. Die Schaffung von UNESCO-Lehrstühlen zur kulturellen Bildung bietet hier eine elegante, ressortunabhängige Perspektive. Der weltweit zweite befindet sich seit 2010 in Deutschland, an der Universität Erlangen-Nürnberg.